BARD Engineering

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BARD Holding GmbH

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Rechtsform GmbH
Gründung September 2003
Sitz Emden
Leitung Geschäftsführer: Michael Baur (CEO), Carsten König (COO), Manuel Althoff (CFO)[1]
Mitarbeiterzahl 540 (2013)[2]
Umsatz EUR 221 Mio (2011)[3]
Branche Anlagenbau, Windenergie
Website bard-offshore.de

Die BARD Engineering GmbH ist ein Unternehmen, das in der Entwicklung, der Produktion, der schlüsselfertigen Errichtung und dem Betrieb von Offshore-Windkraftanlagen Vorreiterstellung hatte. Die aus sieben Unternehmen bestehende Gruppe beschäftigte bis zu 1000 Mitarbeiter.[4]

Im Sommer 2013 stellte das Unternehmen mit BARD Offshore 1 trotz Betreten von technologischem Neuland und mit erheblicher Verzögerung und unerwartet hohen Kosten den ersten kommerziellen Offshore-Windpark (OWP) in der deutschen Nordsee fertig. Im November 2013 kündigte das Unternehmen an, den Betrieb des OWP BARD Offshore 1 auf eine neue Betreibergesellschaft (Off-Shore Wind Solutions) zu übertragen und den verbleibenden Geschäftsbetrieb mangels Folgeaufträgen aufzugeben; nur rund 300 Beschäftigte werden in der neu gegründeten Gesellschaft weiterbeschäftigt.[5]

Geschichte

Luftbild des Produktionsstandort Emden (2010)

BARD Engineering wurde im September 2003 mit dem Ziel der Entwicklung und Errichtung von Offshore-Windparks von dem russisch-deutschen Investor Arngolt Bekker, der nach der Auflösung der Sowjetunion in Russland im Energiesektor erfolgreich unternehmerisch tätig war, gegründet. BARD bedeutet „Bekker Arngolt Russland Deutschland“. Bekker investierte bis 2009 in Emden und Cuxhaven etwa 100 Millionen Euro an eigenen Mitteln.

Vom Ingenieurbüro Aerodyn Energiesysteme in Rendsburg hat sich BARD Engineering eine 5-MW-Windenergieanlage (WEA) entwickeln lassen (BARD 5.0).[6] Diese wurde bis 2012 am Standort Emden vorwiegend aus zugelieferten Komponenten montiert, wobei die Rotorblätter aus eigener Fertigung stammten. Zunächst wurden zwei Prototypen zu Testzwecken beim Windpark Rysumer Nacken bei Emden errichtet. Eine weitere Anlage wurde im Oktober 2008 im ufernahen Onshore-Bereich vor Hooksiel nördlich von Wilhelmshaven auf einem von BARD entworfenen Tripile-Fundament in Betrieb genommen. Ab 2008 befand sich der Windturbinentyp in der Serienfertigung. Im Februar 2011 wurden die Generatorgondeln der Anlagen auf dem Rysumer Nacken durch eine Neuentwicklung mit 6,5 MW Nennleistung ersetzt.

2009 begann die Errichtung des ersten kommerziellen Windparks BARD Offshore 1 im Bereich der deutschen AWZ der Nordsee errichtet. Der Windpark befindet sich rund 90 km nordwestlich der Insel Borkum und umfasst eine etwa 60 km² große Fläche; er hat im Endausbau eine Leistung von 400 MW, verteilt auf 80 Windenergieanlagen (WEA) zu je 5 MW. Hohe Kosten, unerwartete technische Schwierigkeiten und wetterbedingte Verzögerungen bei der Errichtung des Windparks führten zu hohen Verlusten und stark wachsenden Finanzierungsbedarf. Ende 2010 wurden die Unternehmensanteile Bekkers (87 %) vor dem Hintergrund einer drohenden Insolvenz auf einen Treuhänder übertragen; zeitgleich schied Bekker aus dem Unternehmen aus. Im Geschäftsjahr 2011 hatte die Gruppe einen Verlust von 164 Mio. Euro bei einem negativen Eigenkapital von 840 Mio. Euro.[3] Unter einem neuen Management wurde jedoch u.a. die Finanzierung des Windparks BARD Offshore 1 gesichert.

Im August 2013 wurde der Offshore-Windpark mit ca. zwei Jahren Verspätung über der ursprünglichen Planung eingeweiht. In der Planung befand sich außerdem ein weiterer Offshore-Windpark mit der Bezeichnung „Veja Mate“. Die Fläche dieses Windparks befindet sich in unmittelbarer Nähe zu BARD Offshore 1, somit auch etwa 90 km nördlich von Borkum und soll ebenfalls 400 MW leisten. Darüber hinaus wurden weitere Genehmigungsanträge beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gestellt. Drei Windparks waren zudem im niederländischen Teil der Nordsee vorgesehen. Im September 2013 wurden drei Offshore-Windpark-Projekte der BARD Engineering in der Nordsee vom ebenfalls im Windenergie-Bereich tätigen Unternehmen PNE Wind für 17 Mio. Euro übernommen.[7][8]

Im November 2013 kündigte das Unternehmen an, aufgrund fehlender Folgeaufträge und Investoren den Betrieb einzustellen. Rund 300 Mitarbeiter sollen in der neu gegründeten Gesellschaft Off-Shore Wind Solutions (OWS) übernommen werden, deren Aufgabe Betrieb und Wartung des Windparks BARD Offshore 1 sein wird. Auch die Immobilien und Schiffe des Konzerns werden an diese Gesellschaft übergeben.[5][9]

Technik

Vorgefertigte Rotorgondeln des Typs BARD 5.0 in Emden

Mit der „BARD 5.0“ fertigte die BARD eine speziell für den Offshore-Einsatz und damit für hohe Windgeschwindigkeiten konzipierte Windkraftanlage. Die Anlage besitzt eine Nabenhöhe von 90 Meter und einen Rotordurchmesser von 122 Meter und ist konventionell mit einem Getriebe bestückt. Sie erreicht ab 12,5 m/s Windgeschwindigkeit ihre Nennleistung und wird ab 25 m/s abgeschaltet. Eine auf diesem Grundkonzept aufbauende Anlage mit einer Nennleistung von 6,5 MW befand sich Ende der 2000er Jahre in der Entwicklung.

Die Prototypen der WEA BARD 5.0 wurden 2007 an Land auf dem Spülfeld Rysumer Nacken an der Knock westlich von Emden aufgestellt und erprobt.[10] Im Herbst 2008 wurde ein weiterer Prototyp erstmals im Wasser in der Außenjade vor Hooksiel nördlich von Wilhelmshaven installiert. Dabei wurde zum ersten Mal ein BARD-Tripile-Fundament gesetzt. Die erzeugte Energie wird über eine 20-kV-Leitung an die Wilhelmshavener Gas- und Elektrizitätswerke geliefert.[11]

  • Die Gondel BARD 5.0 gehört zur 5-Megawatt-Klasse und hat eine Masse von 280 Tonnen. Die Einschaltwindgeschwindigkeit (vin) beträgt 3 m/s, die Nennwindgeschwindigkeit (vr) 12,5 m/s. Die Abschaltwindgeschwindigkeit vout (600 s Durchschnittswert) beträgt 25 m/s, die Abschaltwindgeschwindigkeit vA (1 s Durchschnittswert) 30 m/s. Die Gondel ist auf eine Lebensdauer von 20 Jahren konstruiert.[12]
  • Die Nennleistung (elektr. Ausgang) des Generators, eine doppelt gespeiste Asynchronmaschine, beträgt 5.276,2 kW, das Nenndrehmoment (Eingang) 42,9 kNm, die Nenndrehzahl 1.212 min−1. Der Wirkungsgrad bei Nennleistung liegt bei 0,968.
  • Das Getriebe verfügt über zwei Planetenstufen und eine Stirnradstufe. Das Übersetzungsverhältnis liegt bei 1:97, die Nennleistung (Eingang) bei 5.630 kW. Das Nenndrehmoment (Eingang) liegt bei 4.300 kNm. Der Wirkungsgrad bei Nennleistung beträgt 0,970.
  • Die Rotorblätter, gefertigt aus glasfaserverstärkten Kunststoffen auf Epoxidharz-Basis, haben eine Blattmasse (inkl. Blattanschluss) von ca. 28,5 t und eine maximale Blatttiefe von 5,96 m. Die Nabenmasse (inkl. Pitchlager und Ausrüstung) beträgt ca. 70 t bei einer Nabenhöhe von 90 m,[13] der Rotorkreisdurchmesser 122 m.[14]

Die zur Verankerung auf dem Meeresboden erforderlichen dreifüßigen Fundamente (Tripile-Gründung) sind eine Spezialkonstruktion. Sie werden auf Rammrohren montiert, die ihrerseits etwa 30 Meter tief in den Meeresboden gerammt werden. Die jeweils rund 500 Tonnen schweren Stahlelemente wurden von der zur BARD-Gruppe gehörenden Cuxhaven Steel Construction (CSC) gefertigt. Für die Versorgungs- und Wartungsarbeiten auf See wurde ein Spezialschiff mit der sogenannten SWATH-Technik entworfen, das auf der Werft Abeking & Rasmussen in Lemwerder gebaut wurde. Für die Errichtung der Windkraftanlagen vor Ort und ihrer Verankerung auf dem Meeresgrund wurde das Errichterschiff Wind Lift I konstruiert und gebaut, die bei Bedarf auf dem Meeresboden stehen und bis auf 45 Meter Höhe ausgefahren werden kann, wodurch ein Arbeiten ohne Welleneinfluss und in ausreichendem Abstand zur Meeresoberfläche möglich wird.[15]

Gliederung des Unternehmens

BARD Emden Energy

Die BARD Emden Energy GmbH & Co. KG in Emden führte mit knapp 400 Mitarbeitern (2009) die Endmontage der Windkraftanlagen des eigenentwickelten Typs BARD 5.0 durch und fertigte selbst die GFK-Rotorblätter.[16] Wegen fehlender Folgeaufträge wurde nach Pressemeldungen die Fertigung im September 2012 geschlossen; ein Teil der Mitarbeiter wurde von anderen Unternehmen der BARD-Gruppe übernommen.

Cuxhaven Steel Construction

Hafenanlage mit Monopiles in Cuxhaven

Die Cuxhaven Steel Construction GmbH (CSC) betrieb ab April 2008 in Cuxhaven mit ca. 360 Mitarbeitern (2009) die Serienproduktion der von der BARD-Gruppe eigenentwickelten Gründungsstruktur aus Stahl für Offshore-Windkraftanlagen, die sogenannten „BARD Tripile“.[17] Die von Cuxhaven Steel Construction entwickelte und patentierte Trägerstruktur eignet sich für Wassertiefen von 25 bis rund 50 Meter. Stützkreuz und Streben sind aus Flachstahlelementen geschweißt. Die Verbindungszonen von Stützkreuz und den drei Rammpfählen wurden mit Spezialbeton verklebt.[18] Der Geschäftsbetrieb wurde zum 30. April 2013 eingestellt. Ca. 25 Mitarbeiter kamen in einer anderen BARD-Gesellschaft unter.

BARD Building

Die BARD Building GmbH & Co. KG übernahm die Installation der Windparks. Für diesen Zweck wurde das Spezialkranschiff „Wind Lift I“ in Auftrag gegeben.

BARD Service

Die BARD Service GmbH wurde für den Betrieb der Windparks gegründet. Das Unternehmen mit 94 Mitarbeitern (2009) unterhält in Emden eine Betriebs- und Servicezentrale. Im Windpark „BARD Offshore 1“ ist in der Wohneinheit der Umspannplattform rund um die Uhr ein Wartungsteam stationiert, das über den Offshore-Windpark-Tender Natalia Bekker verfügt.[19]

BARD Logistik

Die BARD Logistik GmbH befasste sich mit allen Transportaufgaben, insbesondere dem Transport des Materials zu den Baufeldern der Offshore-Windparks inklusive der Export- und Importabwicklung, der Bemannung der Schiffe, dem Personaltransfer per Hubschrauber und Boot, dem sogenannten Housekeeping für die BARD-Schiffe und Plattformen sowie der kompletten Ver- und Entsorgung aller Einheiten.[20]

Siehe auch

Literatur

  • Dierk Jensen: Strammer Kurs gen Offshore. Die junge Bard-Gruppe will Deutschlands ersten kommerziellen Windpark vor der Küste betreiben. Die Montagetechnik steht schon bereits. In: Financial Times Deutschland, 30. Oktober 2009
  • Bard Offshore 1: Paradebeispiel für Tücken der Energiewende. Windpark-Verzögerungen durch erhebliche Probleme - Hohe Schulden. In: Täglicher Hafenbericht vom 28. August 2013, S. 1+3

Weblinks

Commons: BARD Engineering – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. welt.de 13. Juni 2012: Windkraft-Pionier Bard kämpft ums Überleben. - Offshore-Konzern findet keine Investoren
  2. BARD-Gruppe stellt sich im Windenergiemarkt neu auf. (pdf; 173 kB) Pressemitteilung. BARD Holding, 19. August 2013, abgerufen am 21. November 2013.
  3. a b Konzernabschluss zum 31. Dezember 2011; eingesehen bei www.unternehmensregister.de am 22. November 2013
  4. ndr.de/regional (Memento vom 3. Februar 2013 im Internet Archive)
  5. a b Offshore Wind Solutions GmbH (OWS) soll Betrieb und Service des Hochseekraftwerkes BARD Offshore 1 übernehmen, Pressemitteilung (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive) (pdf; 39 kB).
  6. http://www.windpowermonthly.com/article/961552/newcomer-fast-track-offshore---5-mw-turbine
  7. PNE WIND AG erwirbt drei Offshore-Projekte in der Nordsee. Pressemitteilung vom 17. September 2013, abgerufen am 24. September 2013
  8. PNE Wind kauft Projekte von Bard. In: Täglicher Hafenbericht vom 19. September 2013, S. 15
  9. handelsblatt.com: Meereswindpark-Pionier Bard stellt Betrieb ein, abgerufen am 3. Februar 2016.
  10. bard-offshore.de, gesehen 20. August 2012
  11. nwzonline.de: Bard mit Testanlage im Zeitplan, gesehen 20. August 2012
  12. bard-offshore.de: BARD 5.0, gesehen 20. August 2012
  13. Datenblatt, S. 12.
  14. Deutschlandfunk: Auf windiger See, gesehen 20. August 2012
  15. Die Zeit 20, 2010 vom 12. Mai 2010, S. 38: Portrait Arngolt Bekker
  16. bard-offshore.de: BARD Emden Energy GmbH & Co. KG, gesehen 20. August 2012
  17. Arbeitsplätze bei BARD gefährdet? (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive), nordsee-zeitung.de.
  18. dinse-gmbh.de: 490-Tonnen-Kollosse optimal verbinden (PDF-Datei; 194 kB), gesehen 20. August 2012
  19. bard-offshore.de: Management, gesehen 20. August 2012
  20. bard-offshore.de: BARD Logistik GmbH, gesehen 20. August 2012

Koordinaten: 53° 20′ 19″ N, 7° 12′ 59,9″ O