Brabag
Die Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) war eine 1934 gegründete Pflichtgemeinschaft der Braunkohlenindustrie im nationalsozialistischen Deutschen Reich zur Kohlehydrierung im Rahmen der Autarkiebestrebungen.
Geschichte
Im Jahre 1933 wurde zwischen der I.G. Farben und dem Deutschen Reich mit dem Feder-Bosch-Abkommen ein so genannter Benzinvertrag zur Erzeugung des Synthetischen Benzins abgeschlossen. Am 21. September 1934 rief Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht die führenden Industriellen der Kohle- und Mineralölindustrie zu einer Sitzung, in der er erklärte, dass die bedrohliche Devisenlage den Ausbau der heimischen Treibstoffproduktion unabdingbar mache. Kurz danach erließ er dafür, nachdem eine freiwillige Vereinbarung scheiterte, die „Verordnung über die Errichtung von Pflichtgemeinschaften in der Braunkohlenwirtschaft“ und berief vorbehaltlich weiterer Anschlüsse die folgenden zehn Pflichtmitglieder:
- I.G. Farben,
- Ilse Bergbau AG,
- Deutsche Erdöl AG,
- Werschen-Weißenfelser Braunkohlen AG,
- Braunkohlen- und Brikett-Industrie AG,
- AG Sächsische Werke,
- Elektrowerke AG,
- Rheinische AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation,
- Mitteldeutsche Stahlwerke und
- Anhaltische Kohlenwerke.[1]
Infolgedessen schlossen sich im Oktober 1934 die genannten zehn Unternehmen zur BRABAG zusammen. Im November 1934 kamen, unter Androhung von unbegrenzten Geldstrafen und persönlicher Inhaftierung durch Schacht, weitere Mitgliedsfirmen hinzu. Die beteiligten Firmen mussten für mehrere hundert Millionen Reichsmark Kredite aufnehmen, um die benötigten Werke zu finanzieren. Der Gewinnsatz wurde auf 5 % festgelegt.
Die BRABAG hatte ihren Sitz am Schinkelplatz 1 in Berlin. Aufsichtsratsvorsitzender war Wilhelm Keppler, Vorstandssprecher wurde Friedrich Carl Arthur Kranefuß. Vorstandsmitglieder waren u.a. Heinrich Koppenberg, Alfred von Vollard-Bockelberg und Helmut Wohlthat.
Von der I.G. Farben mit ihrem Leit-Werk für Synthetisches Benzin, den Leunawerken, als Lizenzgeber erhielt die BRABAG die Technologie zur Kohlehydrierung nach dem Bergius-Pier-Verfahren. Aber auch das Fischer-Tropsch-Verfahren wurde angewandt.
In den vier Standorten der BRABAG wurden in den 1930er und 1940er Jahren nach diesem Verfahren aus der Braunkohle zunächst Synthesegas (CO/H2) und flüssige Kohlenwasserstoffe hergestellt. Diese dienten dann der Herstellung von Benzin. Die Standorte waren:
- Böhlen (heute Dow Chemical), Baubeginn 1934, Bergius-Pier-Verfahren,
- Magdeburg-Rothensee, Baubeginn 1935, Bergius-Pier-Verfahren,
- Schwarzheide (heute BASF), Baubeginn 1935, Fischer-Tropsch-Verfahren,
- Tröglitz bei Zeitz (heute Chemie- und Industriepark Zeitz), Baubeginn 1937, Bergius-Pier-Verfahren.
Die BRABAG hatte mit den vier Werken eine Kapazität von zusammen 980.000 Jahrestonnen als Treibstoffhersteller im Deutschen Reich. Sie beschäftigte dazu unter anderem 13.000 KZ-Häftlinge in sechs Außenlagern, z. B. in Schwalbe II bei Königstein/Sächsische Schweiz.
Siehe auch
- NS-Zwangsarbeit
- Imre Kertész arbeitete in Rehmsdorf, einem Außenlager des KZ Buchenwald, als Zwangsarbeiter für die Brabag, siehe seinen Roman eines Schicksallosen
- Carlo Mierendorff, nach seiner KZ-Haft Mitarbeiter ab 1938
Literatur
- Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50276-8
- Tobias Bütow & Franka Bindernagel: Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der „Freundeskreis Himmler“. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2003, ISBN 3-412-09303-3; 2., durchges. Aufl. 2004, ISBN 3-412-04904-2
- Stephan Jegielka: Monopole und Gestapo - Der Konzernabwehrbeauftragte der Braunkohle Benzin A. G. . Rundbrief 1 BAG Antifaschismus 2016, S. 53-56, ISSN 1864-3833.
- Adam Tooze: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. München 2007, S. 148 ff.
Weblinks
- Sächsisches Staatsarchiv Leipzig: 20633 - Brabag (Braunkohle-Benzin AG Berlin), Werk Böhlen
- Sächsisches Staatsarchiv Leipzig: 20632 - ASW (Aktiengesellschaft Sächsische Werke), Braunkohlen- und Großkraftwerk Böhlen
Einzelnachweise
- ↑ Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974, ISBN 3406502768, S. 183