Bande (Gruppe)

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Die Räuberbande des Schwarzen Veri, Gemälde von Johann Baptist Pflug, frühes 19. Jahrhundert

Bande ist nach deutschem Strafrecht eine Bezeichnung für mehrere zusammenwirkende Straftäter und damit eine kriminelle Vereinigung. In der Umgangssprache, insbesondere in der Hip-Hop-Szene wird dafür auch der Anglizismus Gang verwendet.

Begriffsbestimmung im deutschen Recht

Der Begriff umfasste nach Auffassung der deutschen Rechtsprechung bis ins Jahr 2001 mindestens zwei, nach einer Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen wieder mindestens drei Bandenmitglieder, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen.[1] Die überwiegende Literaturmeinung vertritt ebenfalls den Standpunkt, dass es sich dabei um mindestens drei Bandenmitglieder handeln müsste.[2] Begründet wird dies damit, dass erst bei drei Mitgliedern eine erhöhte Gefährlichkeit besteht, die sich unter anderem aus der Gruppendynamik ergibt. Weiterhin sollen nicht Mittäter von den Bandendelikten erfasst werden, die mit organisierter Kriminalität nichts zu tun haben. Relevant ist der Begriff zum Beispiel beim Tatbestand des Bandendiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB).

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es nicht mehr notwendig, dass alle Bandenmitglieder gemeinsam vor Ort sind, was eine sogenannte „Aktionsgefahr“ darstellt. Es reicht vielmehr aus, wenn die Bandenmitglieder in beliebiger Form organisatorisch zusammenwirken (Beispiel: einer entwendet die Sache, der andere steht „Schmiere“, der dritte verkauft sie). Die Bandenmitglieder müssen sich auch nicht kennen oder persönlich verabredet haben. Ausreichend ist allein der Wille, sich mit mindestens zwei anderen zur Begehung zukünftiger Straftaten zu verbinden.

Vereinigte Staaten

New York

In den USA wird der Begriff „Gang“ für eine Straßenbande verwendet; bereits in den 1860er-Jahren bildeten sich solche kriminellen Vereinigungen, wie z. B. die irischen Boodles in New York City. Angeschoben durch die Einwanderungswellen verstärkte sich die Bildung ethnischorientierter Straßenbanden. In diesen „Big Five“ genannten klassischen Banden organisierten sich die Iren bei den Whyos, Hudson Dusters oder Gophers, Italiener in der Five Points Gang und osteuropäische Juden in der Eastman Gang. Nach 1900 waren davon im Wesentlichen nur die Eastmans und die Five Pointers übriggeblieben.

Fast alle dieser Big Five wurden von Politikern der Tammany Hall eingespannt; Banden wie die Eastman Gang oder die Whyos boten illegale Dienstleistungen nach einer Preisliste an. Allerdings waren auch die Mafia und die Camorra nach New York City gekommen. Über die Black Hand Gang wurde die Unione Siciliana unterwandert. Die darüber kontrollierten italienischen Stimmen waren mit Sicherheit von besonderem Interesse der Tammany Hall. Gefördert durch die Alkoholprohibition bildeten sich fünf Clans der US-amerikanischen Mafia heraus, die auch die Fünf Familien genannt werden. Dementsprechend kam es zur Auflösung dieser klassischen Straßenbanden von New York City bis 1920.

Los Angeles

Eine Hochburg des Bandenwesens in den USA ist die Stadt Los Angeles in Kalifornien. Insbesondere der Stadtteil South Los Angeles ist die gefährlichste Region der Stadt. Hier bekämpfen sich die Bloods und Crips, die 18th Street Gang, die Mara Salvatrucha, und weitere Banden gegenseitig. Außerdem gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Afroamerikanern und Latinos. All diese Gangs beanspruchen ein bestimmtes Territorium und haben jeweils eigene Erkennungszeichen, wie Farben, Kleidung, Tätowierungen, Handzeichen und Graffiti.

Historisch gehen die heutigen Gangs von Los Angeles zurück auf zunehmende Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und Weißen im Lauf der 1940er Jahre. Zu dieser Zeit zogen zahlreiche Schwarze nach Los Angeles, konnten aber in den damaligen ghettos keinen ausreichenden Wohnraum finden. Dem Versuch, aus dem ghetto auszubrechen und in anderen Stadtteilen Wohnraum zu beziehen, setzten die dortigen weißen Einwohner starke Segregationsbestrebungen entgegen, die teilweise bis zur Eintragung von Rassenbeschränkungen in die Grundbücher reichten und weite Teile der Stadt für Nicht-Weiße unzugänglich machten. Nur im Süden und Südwesten, wo die Wohngebiete der unteren, weißen Mittelschicht lagen, konnten Schwarze noch Wohnraum finden, stießen hier aber ebenfalls auf Widerstand.[3]

Mitte bis Ende der 1940er Jahre wurden vor diesem Hintergrund schwarze Anwohner vor den Grenzen des Central-Avenue-ghettos von Gangs weißer Jugendlicher wie den Spookhunters terrorisiert. Im Gegenzug gründeten sich erste schwarze Gangs wie die Businessmen, Slausons oder Flips, die oft den einzigen Schutz vor rassistischen Angriffen boten, zugleich aber auch eine kulturelle oder soziale Heimat darstellten. [4]

Andere Begriffsprägungen

Während des Russischen Bürgerkriegs wurden gegen die Bolschewiki bzw. gegen die Tscheka und die Rote Armee operierende Partisanen wie Nestor Machno als Banditen bezeichnet, um ihre politischen Motive zu denunzieren.(Leggett, S. 334-338)

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Begriff vor allem in der Form Bandenbekämpfung von der nationalsozialistischen Propaganda gebraucht. Man wollte mit dieser Herabwürdigung die eher heroisch klingende Bezeichnung Partisanen vermeiden.

Im Zuge der 68er-Bewegung, die sich – teilweise – in Form von terroristischen Gruppen wie der Rote Armee Fraktion, der Bewegung 2. Juni und der Revolutionären Zellen zu kriminellen Vereinigungen zusammenschloss, erfuhr der Begriff der „Bande“ in Teilen der Alternativbewegung eine positive Umdeutung. „Bildet Banden!“ war in den 1970er Jahren eine gängige Parole in diesem Umfeld und oft in Verbindung mit dem Konterfei Pippi Langstrumpfs in Flugschriften abgedruckt oder auf Hauswände gesprüht.

In der Hip-Hop-Szene kam es ebenfalls zu einer positiven Prägung des Begriffs „Gang“, nicht zuletzt in Form einer Romantisierung des Ghetto-Lebens. Das Leben als „Gangster“ in einer Straßenbande wird im Gangsta-Rap glorifiziert. Andererseits trat der Hip Hop aber auch als Befriedung des Bandenwesens auf, etwa in Initiativen wie der durch den New Yorker DJ Afrika Bambaataa gegründeten, einflussreichen Organisation Zulu Nation.[5] Der Begriff der Gang wird hier auch für den Freundeskreis benutzt.

In den 1970er Jahren prägte Mao Zedong, der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas den Begriff Viererbande, um eine ihm missliebige Gruppe von vier Führungskräften seiner Staatspartei zu kennzeichnen, darunter Jiang Qing, seine Gattin.

Sonstiges

Unter großen Banden, die konkurrierende Absatzmärkte in gleichen geographischen Gebieten pflegen, sind Bandenkriege (wie beispielsweise in Mexiko und Brasilien) nicht selten. Sie dienen dazu, das Einflussgebiet zu vergrößern. Je weniger Bandenkonkurrenz pro Deliktsgruppe, umso größer wird das Monopol einer Bande.

Literatur

  • Stefan Schubert: Gangland Deutschland. Wie kriminelle Banden unser leben bedrohen. Riva Verlag, München 2014, ISBN 978-3-86883-326-3.
  • Unterkapitel: Soviet methods of combating banditry, in: George Leggett: The Cheka. Lenin´s political police, Oxford (Clarendon Press) 1981, S. 334-338. ISBN 0-19-822552-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BGH-Urteil vom 22. März 2001 – GSSt 1/00. Veröffentlicht in Neue Juristische Wochenschrift 2001, S. 2266,
  2. Dr. Roland Schmitz in Münchener Kommentar, Band 3 (§§ 185-262) zu § 244 Rn. 35f.
  3. Mike Davis: City of Quartz. Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles und neuere Aufsätze. 3. Auflage. Verlag der Buchläden Schwarze Risse u. a., Berlin u. a. 1999, ISBN 3-924737-23-1, S. 189–194.
  4. Mike Davis: City of Quartz. Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles und neuere Aufsätze. 3. Auflage. Verlag der Buchläden Schwarze Risse u. a., Berlin u. a. 1999, ISBN 3-924737-23-1, S. 335–337.
  5. Vgl. Gabriele Klein, Malte Friedrich: Is this real? Die Kultur des HipHop (= Edition Suhrkamp 2315). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-12315-7, S. 27.