Diversity Management

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Diversity Management (auch Managing Diversity) bzw. Vielfaltsmanagement ist Teil des Personalwesens (engl. Human-Resources-Managements)[1] und wird meist im Sinne von „soziale Vielfalt konstruktiv nutzen“ verwendet. Diversity Management toleriert nicht nur die individuelle Verschiedenheit (engl.: diversity) der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sondern hebt diese im Sinne einer positiven Wertschätzung besonders hervor und versucht, sie für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen. Die Ziele von Diversity Management sind es, eine produktive Gesamtatmosphäre im Unternehmen zu erreichen, soziale Diskriminierungen von Minderheiten zu verhindern und die Chancengleichheit zu verbessern. Dabei steht aber nicht die Minderheit selbst im Fokus, sondern die Gesamtheit der Mitarbeiter in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Bei den Unterschieden handelt es sich zum einen um die äußerlich wahrnehmbaren Unterschiede, von denen die wichtigsten Geschlecht, Ethnie, Alter und Behinderung sind, zum anderen um subjektive Unterschiede wie die sexuelle Orientierung, Religion und Lebensstil. Siehe dazu auch die Definition von Diversity.

Farbliche Vielfalt

Definitionen

Diversity im Unternehmenskontext

Der Begriff Diversity, der meist mit „Diversität“, „Heterogenität“, „Vielheit“ oder „Verschiedenartigkeit der Belegschaft“ oder in leicht positiver Konnotation mit „Vielfalt“ übersetzt wird, ist vielschichtig und facettenreich. Die aktuelle Diskussion bewegt sich zwischen den Polen der Gleichstellungspolitik einerseits (siehe auch Diversität (Soziologie)) und einer proaktiven Wettbewerbsorientierung andererseits. Clutterbuck verdeutlicht:

„At one extreme, diversity can be seen as a means of overcoming injustice – righting wrongs – and at the other as a means of enhancing individual and group contribution to the organization’s goals.“

David Clutterbuck: Establishing and sustaining a formal mentoring programme for working with diversified groups[2]

Die Begriffsfassungen von Diversity unterscheiden sich hinsichtlich der Merkmale und des Umfangs sozialer Inklusion, die aufgrund ihrer Auswirkung auf die Arbeitsbeziehungen forschungsrelevant werden. Am weitesten - wenn auch weg von dem politischen Impetus der Gleichstellung - geht die Definition nach Dieter Wagner und Peyvand Sepehri, wenn sie unter Diversity jegliche Unterschiede fassen, durch die sich Menschen in Organisationen auszeichnen.[3]

Differenzierter formulieren Thomas und Ely:

„Diversity should be understood as the varied perspectives and approaches to work that members of different identity groups bring.“

David Thomas, Robin Ely: Harvard Business Review[4]

Die Auffassungen divergieren insbesondere in Bezug auf das Ausmaß, in dem neben sichtbaren demographischen Diversitätsmerkmalen wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion und Bildungsstand (surface-level diversity) auch nicht sichtbare Merkmale wie kulturelle Werthaltungen und Erfahrungen (deep-level diversity) von Interesse sind. Während sichtbare Attribute für Teilhabe und Partizipation an Arbeits- und Entscheidungsprozessen in Gruppen eine wichtige Funktion haben, kann die Qualität und die Verteilung von nicht sichtbaren oder nur schwer erkennbaren Unterschieden unmittelbare Leistungs- und Ergebnisrelevanz für Unternehmen entfalten.[5] Eine Begriffsfassung, die über eine rein summarische Erfassung relevanter Unterschiede von Mitarbeitern und Organisationseinheiten hinausgeht, bietet Hays-Thomas, die mit der Auswirkung der Diversität auf die Arbeitsbeziehungen zugleich die Begründung für die unternehmerische Relevanz von Diversity liefert:

„We will use the term ‚diversity‘ to refer to differences among people that are likely to affect their acceptance, work performance, satisfaction, or progress in an organization.“

Rosemary Hays-Thomas: The psychology and management of workplace diversity[6]

Mit dieser Definition wird die Tatsache der Konstruktion von Unterschiedlichkeit hervorgehoben. Unterschied entsteht aus Über- und Unterordnung und zeigt sich in Positionen und hierarchischen Ebenen. Der Wert der Diversität wird wesentlich durch die Perspektiven bestimmt, die die Organisation bezüglich der leistungsrelevanten Merkmale ihrer Mitglieder einnimmt.

Auf die Gefahr, dass durch eine Betrachtungsweise, die Menschen primär aufgrund einzelner Merkmale als Angehörige bestimmter Gruppen klassifiziert - ganz gleich ob so Gleichheit oder Verschiedenheit qualifiziert werden soll -, kontraproduktive stereotype Denk- und Verhaltensmuster gefördert werden, wird sehr deutlich hingewiesen. Die Alternative ist ein Diversity-Begriff, der die Individualität als das Wesen menschlicher Existenz in den Vordergrund rückt.[7]

Diversity Management

Diversity Management, die Gestaltungsdimension der Vielheit, beinhaltet nach Taylor Cox „planning and implementing organizational systems and practices to manage people so that the potential advantages of diversity are maximized while its potential disadvantages are minimized.”[8] Es sind intensive Bemühungen zum Aufbau von Alleinstellungsmerkmalen durch Diversity Management zu beobachten. Unternehmen haben ebenso wie Anbieter von Arbeitskraft dann Aussicht auf hohe Renditen, wenn es ihnen gelingt, ihre Leistung gewissermaßen als Unikate zu gestalten und zu vermarkten. Andererseits folgen Unternehmen dem ökonomischen Primat des Common acting. Sie zelebrieren Egalität und Generalisierung, um aus der Glättung von teuren Unterschieden durch Einbezug bisher unterrepräsentierter Gruppen Kostenvorteile zu generieren. Mithin ist die Praxis der Diversität durch die Optimierung des Verhältnisses von Individualität und Heterogenität einerseits und Generalisierung und Homogenität andererseits gekennzeichnet. Diversity Management bezeichnet somit die Kunst der situativen Optimierung von Heterogenität und Homogenität zur Erreichung gesetzter Ziele. Hierzu werden neben den äußerlich wahrnehmbaren und subjektiven Unterschieden auch fach-/branchenfremdes Wissen und Erfahrungen von Arbeitskräften (Quereinsteiger) gezielt eingesetzt, um die Heterogenität auf allen Ebenen durchzusetzen, z. B. um den Zugang zu neuen Gruppen auf dem Absatzmarkt zu eröffnen oder Produkte aus Sicht verschiedener Gruppen zu optimieren (siehe Diversity Marketing). Auch bei Fachkräfteengpässen wird Diversity Management zur Erschließung neuer Zielgruppen genutzt, die bislang noch nicht im Fokus der Personalauswahl lagen.[9] Im Kontext der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund existiert seit Januar 2011 eine Fachstelle Diversity Management mit Sitz in München. Diese Fachstelle unterstützt lokale Netzwerke bei der Realisierung von Diversity Management.

Entwicklungshintergrund

Diversity Management begann ursprünglich als sozio-politische Graswurzelbewegung in den USA der 1960er Jahre als Zusammenfluss der Frauenrechtsbewegung und der Bürgerrechtsbewegung. In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich Diversity Management aber auch zu einem Konzept der Unternehmensführung, das die Verschiedenheit der Beschäftigten beachtet und zum Vorteil aller Beteiligten nutzen möchte.

Die Beschäftigung mit Diversity Management im europäischen Raum folgt der Dynamik der Internationalisierung. International tätige Konzerne werden im Zuge von Unternehmenszusammenschlüssen mit Zielsetzung und Leitlinien des Diversity Management amerikanischer Prägung konfrontiert und fungieren als Katalysator bei der Entwicklung eines europäisch geprägten Diversity Management, das der unterschiedlichen Genese der Managementsysteme und Organisationskulturen in beiden Kulturräumen Rechnung trägt. Der Stand der wissenschaftlichen Erforschung des Diversity Management ist noch durch Uneinheitlichkeit gekennzeichnet. Eine Studie von Roland Berger Strategy Consultants aus dem Jahr 2011 hat jedoch gezeigt, dass Unternehmen Probleme haben, ein umfassendes Diversity Management zu implementieren. So wurden von rund 70 % der befragten Unternehmen geregelte Minderheitenquoten abgelehnt, da mitunter Mitarbeiter ausschließlich aus gesetzlichen Gründen befördert werden müssten.[10]

Als Befund lässt sich festhalten, dass ein zweifacher Paradigmenwechsel zu erkennen ist:

  • Zum einen ist eine veränderte Schwerpunktsetzung des Diversity Managements zu beobachten. Wurden bis in die späten 90er Jahre mit Diversity Management nahezu ausschließlich Programme der „positiven Diskriminierung“ und der „Affirmative Action“ assoziiert, die auf Assimilation und Eingliederung benachteiligter Gruppen zielten, findet inzwischen eine zunehmende Ausweitung der Zielsetzung im Hinblick auf eine tiefgreifende Änderung der Unternehmenskultur statt, in der Wertschätzung und Bewusstsein für die Einzigartigkeit jedes Individuums als grundlegende Werte verankert sind.[11] Der Fokus auf die quantitative Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen in der Struktur der Belegschaft hat sich zugunsten der Erforschung und Gestaltung der qualitativen Komponente der Arbeitsbeziehungen heterogener Belegschaften verschoben.
  • Mit dieser Schwerpunktverlagerung vollzieht sich ein weiterer Paradigmenwechsel in der personalwirtschaftlichen Forschung und Praxis. Das „Defizitmodell“ im Umgang mit Minderheiten in der Organisation, durch das eine Sozialisierung im Hinblick auf die dominante Unternehmenskultur und damit faktisch das Einebnen von Unterschieden in der Belegschaft erreicht wurde, ist durch eine Diversität berücksichtigende Personalpolitik abgelöst worden. Die Homogenisierungsstrategie ist einer Strategie der Anerkennung und Nutzung von Vielfalt gewichen, die über die Zielsetzung der Gleichstellung hinaus durch die Unterstützung informeller Netzwerkbildung, den Abbau von Stereotypbildung und differentielle personalpolitische Angebote gegenüber den einzelnen Beschäftigtengruppen geprägt ist (Vedder 2006). Inwieweit diese Befunde allerdings für austauschbare gering qualifizierte Arbeitnehmer auf Einfacharbeitsplätzen gelten, ist sehr in Frage zu stellen. Hier haben nur wenige Unternehmen Diversity-Konzepte entwickelt - in Deutschland z. B. Lindt & Sprüngli.

Ziele und Inhalte

Mit Diversity Management verbinden sich operationale und strategische Zielsetzungen. Die strategische Zielsetzung besteht in der Erhöhung der Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Marktbedingungen durch den Aufbau eines einzigartigen, schwierig imitierbaren Humankapitals. Diversity Management zielt in der operationalen Ausrichtung auf erhöhte Problemlösefähigkeit heterogener Gruppen. Diversity Management wird in Subzielen operationalisiert.

In dem in Deutschland noch jungen Gebiet des Diversity Management ist bereits eine Binnendifferenzierung zu beobachten. Mit personenbezogenen und verhaltensbezogenen Aspekten werden zwei Inhaltsbereiche des Diversity Management unterschieden.

Personenbezogene Aspekte

Personenbezogenen Aspekten (ethnische Herkunft, Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss) wird durch speziell auf Zielgruppen zugeschnittene Maßnahmen Rechnung getragen, etwa zur Migrationsproblematik, zur Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer und zum Umgang mit Generationenvielfalt und der Beachtung von unterschiedlichen Bedürfnissen der Geschlechter (Gender Mainstreaming). Allerdings beziehen nur wenige Unternehmen ausdrücklich auch die sexuelle Orientierung ihrer MitarbeiterInnen in das Verständnis von Diversity ein. IBM (in den USA schon seit 1983) und Ford Köln[12] gehören zu diesen Ausnahmeunternehmen.

Verhaltensbezogene Diversität

Verhaltensbezogene Diversität bezieht sich darauf, „wie Menschen in bestimmten Situationen reagieren als Folge […] ihrer personenimmanenten Eigenschaften.“[13] Maßnahmen, die verhaltensbezogene Aspekte (verhaltenswirksame Einstellungen gegenüber und Erfahrung im Umgang mit Diversität) zum Gegenstand haben, zielen auf die Schaffung eines für das Diversity Management günstigen Umfeldes. Dabei kann in der Praxis beobachtet werden, dass Stereotype die Inhalte bestimmen. Man geht gewissermaßen davon aus, dass eine bestimmte Maßnahme als „Allzweckmittel“ zur Herausbildung des erwünschten Verhaltens genutzt werden kann. So wird z. B. bei der Eingliederung von Mitarbeitern ausländischer Herkunft auf Sprachunterricht Wert gelegt. Wenn dies ohne Beachtung des kulturellen Hintergrundes erfolgt, kann es vorkommen, dass z. B. Frauen aus muslimischen Ländern aufgrund von kulturellen Tabus als Einzelpersonen nicht teilnehmen dürfen. Im Gegensatz zum Methodenentwurf „aus einem Guss“ ist im genannten Beispiel das Anbieten von Deutschunterricht für Paare muslimischer Herkunft eine zielgruppenangepasste Maßnahme. Stereotypbildung ohne Situationsorientierung behindert die nutzbringende Erschließung von Heterogenität. Hier kann es zu diskriminierendem Verhalten gegenüber Minoritäten kommen. Gerade dieses Beispiel wirft die Frage auf, ob Gender nur ein gleichwertiges Identitätsmerkmal neben anderen ist oder ob Diversity-Merkmale je nach Kultur oder Region sehr unterschiedliche Konnotationen haben.[14]

Somit wird deutlich, dass Diversity Management als transformative Unternehmensstrategie einer entsprechenden Systemerweiterung um Gender Mainstreaming bedarf, um effektiv und nachhaltig Veränderungen in Entscheidungsprozessen und Organisationsstrukturen zu bewirken. Stereotype können sich aber auch manifestieren in Form von Bereichsdenken, verstanden als Diversität aufgrund unterschiedlicher Ziele. Symptomatisch für derartige Stereotypbildung sind Aussagen wie „Mitarbeiter der technischen Abteilung können nicht kundenorientiert denken“ oder „Mit denen kann man nicht zusammenarbeiten.“ Durch solche self-fulfilling prophecies können die Arbeitsbeziehungen nachhaltig beeinträchtigt und die erforderliche Diversität vermindert werden.[15]

Theoretischer Zugang

Der theoretische Forschungsstand in Deutschland stellt sich als Folge der Orientierung an der amerikanischen Forschungstradition als eklektisch, mit wenig eigenen Schwerpunktsetzungen, dar.[16] Ein großer Anteil der Forschung zu Diversity hat sich ihrem Zusammenhang mit dem unternehmerischen Erfolg gewidmet, um die Legitimationsbasis von Maßnahmen des Diversity Management zu erweitern. Die zunehmende Konzentration auf die ökonomische Dimension auch in der anglo-amerikanischen Forschung lässt die Frage offen, auf welchem Weg die als wertvoll erkannte Diversität der Belegschaft gezielt geschaffen werden kann. Forschungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den Aufbau der für das Diversity Management notwendigen Kompetenz. Hier bietet die Forschung zu interkultureller Kompetenz, d.h. Kompetenz im Umgang mit kultureller Vielfalt, einen ersten Ansatzpunkt, wobei der Schwerpunkt auf die Bewusstmachung von Stereotypen und die Entwicklung eines Führungsstils zu legen ist, der Ambiguitätstoleranz aufweist und Unsicherheit auf der Seite der Mitarbeiter zu reduzieren vermag.[17]

Empirisch-praktischer Zugang

Gestaltungsdefizite lassen sich auf allen Analyseebenen feststellen. Die Mehrheit der auf der Ebene des Individuums ansetzenden empirischen Studien vergleicht die Auswirkung unterschiedlicher Arten von Diversität, etwa bezüglich Alter, Geschlecht oder ethnischer Abstammung, auf Variablen wie Leistung, Arbeitszufriedenheit und vertikale Mobilität von Mitarbeitern. Forschungsgegenstand ist auch der Vergleich von Beförderungshäufigkeit und Leistungsbeurteilungen benachteiligter Gruppen mit denjenigen dominierender Gruppen in der Organisation. Generalisierte, vom Individuum abstrahierende Aussagen sind mit Vorsicht zu interpretieren, da Maßnahmen des Diversity Management sich auf der individuellen Ebene unterschiedlich auswirken je nachdem, ob die Organisationsmitglieder der Minoritäten- oder Majoritätengruppe in der Organisation angehören. Es ist zudem eine beträchtliche Variation in der Stärke des Zusammenhangs (Korrelation) zwischen Diversität und Leistung innerhalb dieser Gruppen zu beobachten.[18] Auf der individuellen Ebene zielen die Maßnahmen der Herbeiführung eines jeweils typischen Leistungsangebots von Personen auf die doppelte Zielsetzung der Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit (Employability) einerseits und der Komplettierungsfähigkeit des angebotenen Humanvermögens zur Herausbildung einer einzigartigen Unternehmensleistung (Wettbewerbsfähigkeit) andererseits. Arbeitsanbieter müssen deshalb fortgesetzt analysieren, wie ertragswahrscheinlich ihr gegenwärtiges Leistungspotential ist und welche Umstellungsbefähigung (mental, methodisch, fachlich) als „Reserve-Diversität“ sie potentiell wechsel- bzw. umstellungsfähig hält. Die Unternehmen müssen über die Deckung des aktuellen leistungsorientierten Bedarfs an diverser Befähigung hinaus die quantitative und qualitative Entwicklung des Angebots von Humanressourcen auf den relevanten Arbeitsmärkten analysieren. Die Passung zwischen dem Angebot von Humanressourcen und den sich verändernden Anforderungen zur Sicherung der zukünftigen Unternehmensleistung ist laufend zu überprüfen.

Die von Ely und Thomas 2001 und von Kochan et al. 2003 auf Gruppenebene durchgeführten Untersuchungen der Wirkungsbeziehung zwischen Diversity und unternehmerischen Erfolgsgrößen konnten keine unmittelbaren Zusammenhänge nachweisen. Dieser Befund deckt sich mit dem Forschungsstand zur Leistung heterogen zusammengesetzter Gruppen, demzufolge in Bezug auf das kognitive Leistungsverhalten keine signifikant höhere Leistung heterogener Gruppen im Vergleich zu homogenen Gruppen nachgewiesen werden konnte. Die Mehrzahl der Studien zur Leistung heterogener Gruppen wurden als „black-box“-Studien durchgeführt, d.h. es wurde von intervenierenden Variablen zwischen Diversity und Leistung abstrahiert. Die Uneindeutigkeit der identifizierten Wirkungsrichtungen legt nahe, weitere empirische Forschung zur Klärung des Verhältnisses zwischen sogenannten „first level outcomes“ (Veränderung von Fluktuationsraten, Produktivität, Problemlösequalität, Gruppenkohäsion) und „second level outcomes“ (Gewinn, Marktanteil, Effektivität) durchzuführen (Cox 1993). Auf der Gruppenebene sind insbesondere „altersdiverse“ Teams, Kern- und Peripherie-Arrangements und Netzwerke fester und freier Leistungserbringer hinsichtlich ihrer Leistungsbeiträge, der Gestaltungsvoraussetzungen und der zu erwartenden Kosten der Beschäftigung heterogener Belegschaften zu untersuchen.

Auf der Ebene der Gesamtorganisation besteht insbesondere Forschungsbedarf zur Interaktion zwischen Organisationsmitgliedern[19]. Bestehende Instrumente wie Job-Rotation, Projektlaufbahnen und cross-pollination sind zur gezielten Schaffung von Diversität zu nutzen, um funktions- und geschäftsbereichsübergreifend Diversität in den Kooperationsbeziehungen aufzubauen. Geleitet von der Erkenntnis, dass das Potenzial heterogener Gruppen nicht mit der Summe aller Einzelpotenziale gleichzusetzen ist, sondern dass sich der Wert der Diversität insbesondere in der gelungenen themen- bzw. zielbezogenen Interaktion herausbildet, sind Potenzialbeurteilung und Mentoring auf die Anforderungen heterogener Gruppen so abzustimmen, dass sich auf Ebene der Gesamtorganisation zweckdienliche Wirkungen hinsichtlich der angestrebten Unternehmensziele ergeben.

Die inzwischen als klassisch zu bezeichnende Diversity-Management-Typologie von Thomas und Ely identifiziert drei wesentliche Stoßrichtungen des Diversity Management in Unternehmen und lenkt gleichzeitig den Blick darauf, „how context might shape people’s thoughts, feelings, and behaviours[…]and how these, in turn, might influence the role of cultural diversity in the work group’s functioning.“[20].

Empirisch induktiv ermittelte Formen des Diversity Management werden zu drei Paradigmen verdichtet:

Discrimination-and-fairness-Paradigma

Unter den Vorzeichen des “discrimination-and-fairness“-Paradigmas wird ein Zielbündel, bestehend aus Gleichstellung (equal opportunity), Gleichbehandlung (fair treatment) und sozialer Gerechtigkeit (social justice), verwirklicht. Anstoß sind bzw. waren rechtliche Vorgaben zur Gleichbehandlung von Minoritäten bei Rekrutierung, Entlohnung und Förderung. Ein Gradmesser der Zielerreichung besteht etwa in der Erfüllung von Beschäftigungsquoten. Die zugrundeliegende Werthaltung postuliert: „It is not desirable for diversification of the workforce to influence the organization’s work or culture. The company should operate as if every person were of the same race, gender, and nationality.”[21]. Mit der Nivellierung der bestehenden Unterschiede wird Mitarbeitern die Möglichkeit genommen, ihre in den Arbeitsbeziehungen wirksam werdende Individualität in die Verbesserung von Strategie, Arbeitsprozessen und Verfahrensweisen einzubringen. Auch entfällt die Bewusstmachung von Vielfalt als Mittel zur Erhöhung der Identifikation mit der Organisation.[22]. Der Zwang zur Gleichbehandlung und das Gebot des „common acting“ fördern Passivität und ausweichendes Verhalten. Motivation und Eigenaktivität zur Verbesserung der persönlichen Situation werden reduziert.

Access-and-legitimacy-Paradigma

Auf der Entwicklungsstufe des „access-and-legitimacy“-Paradigmas wird die Vielfalt der Belegschaft als Wettbewerbsfaktor erschlossen. Durch Nachbildung der demographischen Struktur der Kundengruppen in der Belegschaft, z.B. durch Einsatz von Kundenmanagern („key account managers“) mit entsprechender personeller und qualifikatorischer Passung, sollen Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Es besteht jedoch die Gefahr, dass „access-and legitimacy leaders are too quick to push staff with niche capabilities into differentiated pigeonholes without trying to understand what those capabilities really are and how they could be integrated into the company’s mainstream work.” (Thomas/Ely 1996, 83). Werden einzelne Leistungsträger auf ihre minoritätenspezifischen Fähigkeiten reduziert, ohne für Informations- und Kompetenzaustausch in der Organisation Sorge zu tragen, wird Diversity Management als „Insellösung“ realisiert. Mangelnde Durchlässigkeit der Organisation behindert Lerneffekte[23], Diversity Management bleibt punktuell und auf die operative Ebene beschränkt.

Learning-and-effectiveness-Paradigma

Eine wesentliche Begriffserweiterung erfährt Diversity Management beim „learning-and-effectiveness“-Paradigma. Durch die Nutzung der in der Diversität der Belegschaft gründenden Vielfalt der Zugänge zu Arbeitsgestaltung, Aufgabenplanung und Problemlösung lernt die Organisation. Durch Hinterfragung organisatorischer Funktionen, Strategien, Prozesse und Verfahrensweisen sollen Mitarbeitern Freiheitsgrade und Wertschätzung vermittelt und im Gegenzug Innovation durch Beteiligung gefördert werden.[24] Stärker als beim „Diskriminierung-und-Fairness“ und „Marktzugangs-und-Legitimitäts“-Paradigma stellt das „Lern-und-Effektivitäts“-Paradigma auf organisationales Lernen und die ökonomische Nutzbarmachung der Diversity ab. Erfolg begründet die Legitimität von Diversity-Maßnahmen. Es ist jedoch fraglich, ob die Erkenntnisse zum organisationalen Lernen sich bruchlos auf die Problemstellung des Diversity Management übertragen lassen, besteht doch ein Unterschied zwischen der Zusammenarbeit in homogenen Gruppen und den besonderen Anforderungen, die Gruppen-Heterogenität an Qualifikation und Identifikation ihrer Mitglieder stellt.[25]

Im Gegensatz zur deskriptiven Vorgehensweise von Thomas und Ely vertritt Cox 1991 eine dezidiert präskriptive Orientierung mit dem Ziel der Maßnahmengenerierung in Übereinstimmung mit den strategischen Zielen zur Verwirklichung einer multikulturellen Organisation[26]. Das prozessual orientierte Modell von Cox et al. 2001 geht über die Nennung idealtypischer Entwicklungsphasen des Diversity Management hinaus und strebt eine Integration in die strategische Unternehmensführung an. Das Ergebnis ist ein fünfstufiger Regelkreis der Transformation zu einer multikulturellen Organisation. Dieser setzt sich aus den Elementen Führung („leadership“), Messung der Diversity-Kompetenz in der Organisation („Research and Measurement“), Anstoß eines internen Lernprozesses („Education“), Anpassung von Rekrutierung, Vergütung, Personalentwicklung und Arbeitsgestaltung auf Anforderungen des Diversity Management („Alignment of management systems“) und Erfolgskontrolle („Follow-up“) zusammen[27]. Cox berücksichtigt bei aller strategischen Orientierung jedoch durchaus die emotionale Reaktion der Mitarbeiter auf die Trainingsprogramme und fordert ihre breite Beteiligung.[28] Ein breites Spektrum von Sensibilisierungs. und Trainingsmethoden findet sich bei Weißbach et al. 2009.

Diversity Compliance

Seit in Kraft treten diverser Anti-Diskriminierungsrichtlinien in der Europäischen Union (siehe: Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) hat das Thema Diversity Management eine Compliance-Dimension erhalten, denn die Nichteinhaltung bestimmter Diversity-Standards wird nun sanktioniert. In Deutschland und Österreich hat sich der Gesetzgeber zur Erreichung einer Abschreckungswirkung gegenüber diskriminierenden Unternehmen dazu entschieden, Opfern eine zivilrechtliche, materielle Entschädigung – ähnlich einem Schmerzensgeld – zuzubilligen. Entgegen bisherigen Gepflogenheiten in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen müssen Entschädigungszahlungen nach den zu Grunde liegenden Richtlinien explizit eine abschreckende Höhe haben, wobei sich die Abschreckung explizit auch auf Mitbewerber bezieht (Generalprävention). Die Einhaltung von Regeln des Diversity Managements bedeutet daher nicht mehr nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern die Nichteinhaltung auch einen Wettbewerbsnachteil, da Marktteilnehmer, die sich nicht diversity-konform verhalten, mit erheblichen finanziellen Strafen rechnen müssen und so im Wettbewerb zurückgeworfen werden.[29] Somit wird ein gender- und diversitygerechter Managementstil zu einer maßgeblichen Schlüsselqualifikation für Führungspositionen – was sich in einer wachsenden Anzahl von Qualifizierungsangeboten und Fachveranstaltungen zeigt.

Kritik

Patricia Purtschert kritisiert, dass bei Diversity Management nicht Fragen der Gerechtigkeit, sondern Fragen der Gewinnmaximierung im Zentrum der Betrachtung stehen und die kritische Betrachtung nur auf der lokalen Ebene stattfindet und nicht die Organisationsstruktur als ganzes umfasst.[30]

Literatur

  • ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 1/2012: Diversity Management und soziale Arbeit. www.genios.de
  • H.-J. Aretz, K. Hansen: Diversity und Diversity Management im Unternehmen – Eine Analyse aus systemtheoretischer Sicht. Münster 2002
  • M. Becker, A. Seidel (Hrsg.): Diversity Management: Unternehmens- und Personalpolitik der Vielfalt. Stuttgart 2006
  • R. Bendl, E. Hanappi-Egger, R. Hofmann (Hrsg.): Agenda Diversität: Gender- und Diversitätsmanagement in Wissenschaft und Praxis. Hampp, München 2006
  • T. Jr. und T. H. Cox, P. O’Neill: Creating the multicultural organization: a strategy for capturing the power of diversity. Business school management series. University of Michigan. Michigan 2001
  • P. Dick: Organizational efforts to manage diversity: do they really work? In: Davidson, M. J./Fielden, S. L. (Edt.): Individual Diversity and Psychology in Organizations. Chichester 2003, pp. 131–148
  • J. Dietz, L.-E. Petersen: Diversity Management. In: Björkmann, I./Stahl, G. (Edt.): Handbook of Research in international Human Resource management. Camberly 2005, pp. 223–243
  • A. Frohnen: Diversity in Action. Mulitnationalitaet in globalen Unternehmen am Beispiel Ford. transcript. Bielefeld 2005
  • M. E. A. Jayne, R. L. Dipboye: Leveraging Diversity to improve business performance: re-search findings and recommendations for organizations. In: Human Resource Management, No. 04, 2004, pp. 409–424
  • A. Knoth: Managing Diversity – Skizzen einer Kulturtheorie zur Erschließung des Potentials menschlicher Vielfalt in Organisationen. Tönning, Der Andere Verlag, 2006
  • Andreas Merx: Von Antidiskriminierung zu Diversity: Diversity-Ansätze in der Antidiskriminierungspraxis. Online-Beitrag im Rahmen des Dossiers Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz der Themenwebsite Migration - Integration- Diversity der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2006
  • Andreas Merx, Joana Vassilopoulou: Das arbeitsrechtliche AGG und Diversity-Perspektiven. In: Verena Bruchhagen, Iris Koall (Hrsg.): Diversity Outlooks - Managing Diversity zwischen Ethik, Profit und Antidiskriminierung. LIT. Münster 2007, S. 354-385
  • Barbara Weißbach, Hans-Jürgen Weißbach, Angelika Kipp: Managing Diversity. Konzepte – Fälle – Tools. Ein Trainings-Handbuch. Dortmund 2009, ISBN 978-3-924100-36-0

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wayne Cascio: Managing Human Resources. 2007 (7. Aufl.), McGraw-Hill Publishing
  2. David Clutterbuck, Belle Rose Ragins (Hrsg.): Mentoring and diversity: an international perspective. Butterworth-Heinemann, 2002, ISBN 978-0-7506-4836-3, David Clutterbuck: Establishing and sustaining a formal mentoring programme for working with diversified groups., S. 55.
  3. Dieter Wagner, Peyvand Sepehri: Managing Diversity – alter Wein in neuen Schläuchen? In: Zeitschrift Personalführung. Nr. 5. Deutsche Gesellschaft für Personalführung, 1. Mai 1999, S. 18–21 (Online [abgerufen am 7. April 2010]).
  4. David Thomas, Robin Ely: Making differences matter: A new paradigm for managing diversity. In: Harvard Business Review. Nr. 5. Harvard Business School Publishing, 1996, S. 80 (Online (PDF-Datei; 260 kB) [abgerufen am 7. April 2010]).
  5. Margaret S. Stockdale, Faye J. Crosby (Hrsg.): The psychology and management of workplace diversity. Wiley-Blackwell, 2004, ISBN 978-1-4051-0096-0, Mark Agars, Janet Kottke: Models and practice of diversity management: A historical review and presentation of a new integration theory, S. 73.
  6. Margaret S. Stockdale, Faye J. Crosby (Hrsg.): The psychology and management of workplace diversity. Wiley-Blackwell, 2004, ISBN 978-1-4051-0096-0, Rosemary Hays-Thomas: The Contemporary Focus on Managing Diversity, S. 12.
  7. Vgl. A. Knoth: Managing Diversity – Skizzen einer Kulturtheorie zur Erschließung des Potentials menschlicher Vielfalt in Organisationen, Tönning, Der Andere Verlag, 2006, S. 37 ff.
  8. Hans-Jürgen Aretz, Katrin Hansen: Diversity und Diversity-Management im Unternehmen. In: Managing diversity. Band 3. Lit Verlag, 2002, ISBN 978-3-8258-6395-1, S. 11.
  9. RKW Kompetenzzentrum: Fachkräfte finden & binden – Vielfalt nutzen. Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen. Eschborn 2014, S. 4f.
  10. Roland Berger Strategy Consultants - Dream-Team statt Quote - Studie zu Diversity und Inclusion (PDF-Datei; 1,49 MB)
  11. Maria Schwarz-Wölzl, Christa Maad: Diversity and Managing Diversity. Teil 1: Theoretische Grundlagen. Zentrum für Soziale Innovation, Wien 2003/2004, S. 25 f. (Online [PDF]).
  12. Silke Schrader, Diversity-orientiertes Marketing: Gay Marketing, 2008, E-Book, ISBN 978-3-640-17002-9
  13. Thomas 2001, 40
  14. Kreienkamp 2007, 16f, 138f.
  15. Stumpf/Thomas 1999, 37
  16. Als Ausnahmen mit eigener theoretischer Konzeptualisierung sind die Ansätze von Krell, G. (1998), Koall (2001, 2002), Aretz, H.-J./Hansen, K. (2002), Wagner, D./Sepehri, P. (2000) und Petersen, L.-E./Dietz, J. (2005), Knoth, A. (2006) zu nennen.
  17. Sackmann/Bissels/Bissels 2002, 51 f.
  18. Dick 2003, 137
  19. Dietz/Petersen 2005, 228
  20. Ely/Thomas 2001, 237
  21. Thomas/Ely 1996, 81
  22. Thomas/Ely 1996, 82
  23. Thomas/Mack/Montagliani 2004, 33
  24. Thomas/Ely 1996, 80
  25. Agars/Kottke 2004, 61
  26. Sackmann/Bissels/Bissels 2002, 50
  27. Cox/Cox/O’Neill 2001, 19
  28. Taylor Cox Jr.: Creating the Multicultural Organization. Wiley, San Francisco 2001, S. 77 ff.
  29. Merx 2006; Merx/Vassilopoulou 2007, S.22 ff.
  30. http://www.woz.ch/artikel/rss/12213.html; Purtschert, Patricia: Diversity Management: Mehr Gewinn durch weniger Diskriminierung? Von der Differenz im Umgang mit Differenzen, in: femina politica 16 (2007), Nr. 1, 88-96.