Egon Gleau

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Egon Gleau (* 5. September 1937 in Fraßdorf, Landkreis Dessau-Köthen[1]; † 21. Dezember 2021[2][3]) war ein deutscher Militärwissenschaftler und General der Nationalen Volksarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik.

Er war 1. Stellvertreter des Chefs der Militärakademie „Friedrich Engels“ (1985–1990) sowie vordem Kommandeur der 4. Mot.-Schützendivision der NVA (1979–1983).[4]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Egon Gleau wuchs in einer fünfköpfigen Landarbeiterfamilie zwei Jahre in Fraßdorf auf, bevor die Eltern ab 1939 versuchten, in der Stadt Dessau-Alten unter einfachen Verhältnissen mit Hilfsarbeiten ihre Existenz zu sichern. Dort besuchte er ab 1943 die Schule, die er mit der 8. Klasse abschloss und mit gutem Prädikat verließ, um auf Drängen des Vaters eine Berufsausbildung zu beginnen. Von 1951 bis 1953 erlernte er den Beruf des Feinmechanikers, den er danach bis 1955 als Facharbeiter ausübte.[5]

Mit seinem freiwilligen Eintritt am 17. Juni 1955 in die bewaffneten Organe der DDR wurde Gleau Angehöriger der Kasernierten Volkspolizei (KVP).

Zunächst begann Gleau 1955 die Heranbildung zum Unteroffizier an der KVP-Kommandoschule Potsdam „Ruinenberg“ (als Unteroffiziersschüler), bevor er sich entschloss die Offizierslaufbahn einzuschlagen.[5] Im selben Jahr wurde er als Offiziersschüler an die Infanterieschule Erfurt versetzt, die 1956 in die Infanterieschule Plauen aufging.[6] Anfang 1956 wurde Gleau in die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR übernommen. 1957 trat er in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ein.[4] Im August 1958 beendete er die Offiziersschule erfolgreich mit der Ernennung zum ersten Offiziersdienstgrad Unterleutnant.[4][5]

Laufbahn im Truppen- und Stabsdienst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Egon Gleau war in seiner ersten Offiziersdienststellung bis 1960 als Zugführer im Aufklärungsbataillon AB-8 der 8. Mot.-Schützendivision (8. MSD) – Standort Schwerin Stern-Buchholz eingesetzt. Von 1960 bis 1962 war er Kompaniechef der Spezial-Aufklärungskompanie AklK-5 des Militärbezirks V – Standort in Pasewalk. Berufsbegleitend erwarb er in den Folgejahren den Schulabschluss der 10. und 12. Klasse in Grundlagenfächern.[4][5]

Danach war er in der Funktion Offizier für Spezialausbildung eingesetzt: zunächst 1962–1964 im Kommando MB V in Neubrandenburg und im Anschluss 1964–1965 in der Verwaltung Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV) in Strausberg. Die Verwendung als Offizier für Gefechtsausbildung Mot.-Schützen im Kdo MB V folgte 1965 bis 1966.[5]

Von 1966 bis 1969 war Gleau Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons FJB-5 – Standort Prora.[4]

Von 1969 bis 1972 absolvierte Egon Gleau das dreijährige Direktstudium für Truppenkommandeure der operativ-taktischen Führungsebene an der sowjetischen Militärakademie „M. W. Frunse“ in Moskau, das er als Diplom-Militärwissenschaftler (Dipl.-Mil.) 1972 abschloss.

Nach dem Diplomstudium war er 1972 bis 1973 Leiter der Unterabteilung Spezialausbildung (LUASpezA) im Kommando Landstreitkräfte (Kdo LaSK) – am Standort Geltow bei Potsdam.

Von 1973 bis 1975 war Gleau Kommandeur des Mot.-Schützenregiments MSR-2 der 1. Mot.-Schützendivision – am Standort Stahnsdorf.

Von 1975 bis 1977 absolvierte Egon Gleau in einem zweijährigen Direktstudium an der Militärakademie des Generalstabes der Streitkräfte der UdSSR in Moskau eine operativ-strategische Kommandeursausbildung, die er 1977 mit dem Diplom der Generalstabsakademie abschloss.[5]

Nach seiner Rückkehr aus der UdSSR wurde er 1977 bis 1979 als Stellvertreter des Kommandeurs für Ausbildung der 11. Mot.-Schützendivision (11. MSD) eingesetzt – Standort des Stabes in Halle (Saale).

Danach führte Gleau von 1979 bis 1983 als Kommandeur die 4. Mot.-Schützendivision (4. MSD) – Standort des Stabes in Erfurt. Am 7. Oktober 1982 wurde er zum Generalmajor ernannt.

Von 1983 bis 1984 arbeitete er in der Funktion Stellvertreter des Chefs und Chef Ausbildung (StCCA) des Militärbezirks III.

Tätigkeit an der Militärakademie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1985 wurde Egon Gleau nach Dresden an die Militärakademie „Friedrich Engels“ (MAFE)[7] versetzt und übernahm dort die Dienststellung 1. Stellvertreter des Chefs der Militärakademie (1. StC-MAFE). In dieser Eigenschaft wurde er zum Mitglied des Wissenschaftlichen Rates der Militärakademie „Friedrich Engels“ berufen und wirkte an Qualifizierungsmaßnahmen des Lehrkörpers mit, war an Promotionsverfahren, Abschlussprüfungen und Diplomverteidigungen beteiligt.[8]

Seine Funktion des 1. Stellvertreters beinhaltete, neben typischen Aufgaben aus dem Bereich eines Chefs des Stabes, die Führungsverantwortung für die Gestaltung von Lehre und Forschung im Zentralen Lehrstuhl Grundlagen der Operativen Kunst und für den postgradualen Kurs „Akademischer Lehrgang leitender Offiziere der NVA, der Grenztruppen der DDR und der Zivilverteidigung“.[8] Damit verbunden war die Vorbereitung (Planung, Organisation, Training) eines mobilzumachenden Armeestabes im Verteidigungszustand.[5]

Im Auftrag des Chefs der Militärakademie war er verantwortlich für den Empfang und die Betreuung von Delegationen aus dem In- und Ausland. Gleau war Vorsitzender der Sportkommission an der Militärakademie.[9]

Im Vorfeld der Auflösung der Nationalen Volksarmee wurde Egon Gleau, wie die meisten Generale der NVA, auf Ministerbefehl[10] am 30. September 1990 aus dem aktiven Dienst entlassen.

1990 und in den Folgejahren war Egon Gleau weiter beruflich als Bauleiter für ein Dresdner Architekturbüro tätig und konnte seine langjährigen bauwirtschaftlichen Erfahrungen bei Baubesprechungen und -kontrollen bis zum Erreichen des Rentenalters 2001 einsetzen.[5]

Egon Gleau war maßgeblich als Leiter des Organisationskomitees an den Vorbereitungen für das Kolloquium am 10. Januar 2009, zum 50. Gründungstag der Militärakademie, beteiligt. Die Veranstaltung der Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS e. V.) gestaltete sich zu einem Höhepunkt im kritischen Rückblick auf ihre wissenschaftlichen Leistungen. Dies war die größte und aufwändigste DSS-Veranstaltung mit circa 250 in- und ausländischen Teilnehmern. Diese Leistung von Egon Gleau und seinem Organisationskomitee wurde in der Eröffnungsansprache von Wolfgang Scheler gewürdigt.[11]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Egon Gleau: Die 4. MSD in Erfurt. In: Autorenkollektiv: Der Militärbezirk Leipzig. 1956–1990. Kurzer geschichtlicher Abriss. (Hrsg.) Förderverein für das Militärhistorische Museum Anhalt e. V., Dessau-Roßlau 2016, S. 23–34.
  • Martin Poller /Peter Schreiber: Die Geschichte der 4. Motorisierten Schützendivision der Nationalen Volksarmee 1956 bis 1990. Verlag Rockstuhl, 2. bearbeitete Auflage, Bad Langensalza 2020, ISBN 978-3-95966-414-1, 256 S.
  • Wolfgang Demmer / Eberhard Haueis: Militärakademie „Friedrich Engels“ 1959 bis 1990. Eine Dokumentation. (Hrsg.) Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V.: Dresden 2008, 159 S. [5]
  • Gerold Möller (Hrsg.): 11. Motorisierte Schützendivision. Halle, Bad Frankenhausen, Hermsdorf, Sondershausen, Weißenfels, Wolfen, Zeithain. Geschichte und Tradition. Entwicklung und Dokumentation. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage, Eigenverlag, Halle 2001, 134 S.
  • Klaus Froh / Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA. Ein biographisches Handbuch. 4. Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Seit 1893 existierte in Anhalt ein Landkreis Köthen, der 1932 im Landkreis Dessau-Köthen aufging. Seit 1945 gehörte der Landkreis zum Land Sachsen-Anhalt und ab 1949 zur DDR. Am 1. Juli 1950 wurde wieder ein Landkreis Köthen gebildet.
  2. Nachruf für Generalmajor a. D. Egon Gleau. Verband zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR, abgerufen am 7. Januar 2022. sowie Ehrendes Gedenken Abruf am 7. Januar 2022.
  3. Mitteilung aus der Familie (Chat von Account Karin und Egon Gleau am 21. Dezember 2021, 09.46 Uhr) Zit.: „Hallo … , Egon ist heute um 1.30 Uhr eingeschlafen.“
  4. a b c d e Kurzbiografie von Egon Gleau. In: Klaus Froh / Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA. Ein biographisches Handbuch. 2. durchgesehene Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3, S. 101.
  5. a b c d e f g h Nach Angaben aus einem Interview am 19./20. November 2020 mit Generalmajor a. D. Egon Gleau.
  6. Die Infanterieschule Plauen war ab 1. November 1956 aus der Zusammenführung der Infanterieschulen Erfurt, Döbeln und Naumburg entstanden. (Quelle: Befehl Nr. 1/56 des Ministers für Nationale Verteidigung vom 10. Februar 1956 über die „Bildung der Nationalen Volksarmee, des Ministeriums für Nationale Verteidigung und die Einführung der Uniformen der Nationalen Volksarmee“ zum 1. März 1956.) Die Infanterieschule Plauen wurde Ende 1960 in Offiziersschule I für mot.-Schützenkommandeure umbenannt. (Quelle in: DVH 8/14–4722, Bl. 51 ff. – Zitiert bei Klaus-Jürgen Haffner: „Die Einheit von Geist und Macht“ – Qualifikations- und Selektionsstrukturen in HVA, KVP und NVA von 1949 bis 1973/74. Dissertation, Hamburg 2004, S. 179–185. (PDF (Memento des Originals vom 28. November 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/edoc.sub.uni-hamburg.de))
  7. Abkürzung in: ZMSBw: Standortdatenbank NVA und GT/DDR. [1]
  8. a b Bereich des 1. Stellvertreters des Chefs der Militärakademie. In: Wolfgang Demmer, Eberhard Haueis: Militärakademie „Friedrich Engels“ 1959 bis 1990. Eine Dokumentation. Hrsg.: Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Heft 95 (Sonderausgabe), Dresden 2008 ISSN 1436-6010, S. 34–36.[2]
  9. Die Sportkommission war das militärische Standbein der Sportarbeit an der Lehreinrichtung in Zusammenarbeit mit der gesellschaftlichen Sportorganisation „Armeesportvereinigung Vorwärts Dresden“. (Quelle: Wolfgang Demmer, Eberhard Haueis: Militärakademie „Friedrich Engels“ 1959 bis 1990. Eine Dokumentation. Hrsg.: Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS) e. V., DSS-Arbeitspapiere, Heft 95 (Sonderausgabe), Dresden 2008 ISSN 1436-6010, S. 34–36.[3])
  10. Befehl 28/90 MfAV vom 15. August 1990. In: (Hrsg.) BUNDESARCHIV – MILITÄRARCHIV: Nationale Volksarmee. Bestand DVW 1, Ministerium für Abrüstung und Verteidigung, Band: Minister für Abrüstung und Verteidigung, Parlamentarischer Staatssekretär, Chef der Nationalen Volksarmee. Bearbeitet von Albrecht Kästner, Freiburg 1999, Einleitung S. V.
  11. Dresdener Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V. (Hrsg.): Militärakademie „Friedrich Engels“. Historisch-kritische Nachbetrachtung zum 50. Jahrestag ihrer Gründung. In: DSS-Arbeitspapiere, Nr. 95, Dresden 2009, ISSN 1436-6010, S. 10–12. [4]