Emanuel Kemper

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Emanuel Kemper (1928)
Plakette in der Lübecker Jakobikirche zur Erinnerung an das 50-jährige Jubiläum Kempers als Organist (1922)

Emanuel Philipp Kemper, ursprünglich Kempper (* 14. Juni 1844 in Lübeck; † 10. Mai 1933 ebenda) war ein deutscher Organist und Orgelbauer und Begründer eines Familienbetriebs in Lübeck. Das Orgelbauunternehmen wurde zum einen durch die Restaurierung historischer Orgeln Norddeutschlands und zum anderen durch den Neubau einiger Großorgeln bekannt, die zu ihrer Zeit zu den größten Orgeln der Welt gehörten.

Geschichte

Emanuel (Philipp) Kemper

Emanuel (Philipp) Kemper war der Sohn des Musiklehrers Adolf Kemper. Er erlernte nach dem Besuch der Lübecker Domschule den Beruf des Tischlers. Anschließend erfolgte eine Orgelbaulehre bei der dänischen Firma Marcussen & Søn. Im Orgelspiel und in der Harmonielehre erhielt er Unterricht durch den Jakobi-Organisten Johann Stiehl und den Organisten der Reformierten Kirche, Konrad Geibel, den Bruder von Emanuel Geibel. Die eigene Firma wurde im Jahr 1868 begründet.[1] Da er in diesem Zuge die Orgelbaufirma von Theodor Vogt übernahm, wurde ihm die Verantwortung fast aller Orgeln Lübecks übertragen. Von 1872 bis zum Jahresende 1930 wirkte er zugleich als Organist an der Lübecker Jakobikirche, wo Hugo Distler sein Nachfolger wurde.

Karl (Reinhold) Kemper

Sein Sohn Karl (Reinhold) Kemper (* 1880 in Lübeck; † 1956 ebenda) übernahm im Jahr 1910 das Unternehmen, das unter dem Namen Emanuel Kemper & Sohn firmierte. Karl Kemper führte die mechanische Schleiflade wieder ein und wurde als bedeutender Vertreter der Orgelbewegung bekannt.[1] Seine behutsame Instandsetzung der Orgel in Altenbruch (1925) unter Beratung von Hans Henny Jahnn und seine Restaurierungen von Barockorgeln in den 1920er und 1930er Jahren hatten Vorbildcharakter für einen verantwortlichen Umgang mit dem historischen Material.[2] 1919 erfuhr der Betrieb eine Erweiterung, und Ende der 1920er Jahre entstand eine Filiale in Ostpreußen. Einzelne Orgeln wurden bis nach Schweden, Luxemburg, den Mittelrhein und Rom geliefert.

Emanuel (Magnus) Kemper

Der Enkel Emanuel (Magnus) Kemper (* 1910 in Apenrade; † 1978 in Lübeck)[3] beschränkte sich wieder auf Norddeutschland und den Mittelrhein.[4] Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs brachten eine hohe Nachfrage nach Neubauten. Seine Restaurierungen werden aus der heutigen Perspektive teils kritisch gesehen.[5] Nach seinem Tod erlosch das Unternehmen und wurde als Lübecker Orgelbau GmbH (E. Kemper) unter Leitung von Emanuel III Kemper (* 1947 in Lübeck) neu eröffnet.[4]

Werke (Auswahl)

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1903 Lübeck Aula der Ernestinenschule II/P 9 1956 ausgebaut und über Kemper an die Zionskirche in Hamburg (SELK) verkauft, dort 1982 abgebrochen, die Fassade heute in der Herz-Jesu-Kirche (Düsseldorf-Derendorf)
1916 Lübeck Aegidienkirche
III/P 47 1916 Neubau hinter historischem Prospekt; 1939/40 von Karl Kemper eingreifend umgebaut, 1982 ersetzt → Orgel der Aegidienkirche (Lübeck)
1930/31 Nordhausen St. Jacobi III/P 38 Kirche und Orgel wurden bei der Bombardierung Nordhausens im Zweiten Weltkrieg zerstört
1935–1938 Danzig Marienkirche V/P 120 Weitgehend Neubau, aufgeteilt in Haupt- und Chororgel; im Zweiten Weltkrieg zerstört
1955 Lamstedt St.-Bartholomäus-Kirche
II/P 28 Umbau der pneumatischen Orgel von Ernst Röver (1907) in eine mit mechanischer Traktur
1955 Mainz-Mombach St.-Nikolaus-Kirche II/P 18
1955 Gütersloh-Spexard St. Bruder Konrad II/P 10
1955 Unna-Hemmerde Ev. Kirche Hemmerde II/P 14
Luxemburg-Bonneweg Église Paroissiale V/P 77
1959 Estebrügge St. Martini
III/P 35 Neubau hinter historischem Prospekt von Arp Schnitger (1702)
1959 Hamburg-Hamm Dreifaltigkeitskirche II/P 1983 durch die Fa. Lötzerich umgebaut und auf 30 Register auf drei Manualen und einem Pedal erweitert[6]
1960 Mainz Mainzer Dom VI/P 113 Unter weitgehender Verwendung der alten viermanualigen Orgel von Klais (1928)
1960 Lübeck Johanneum
die Orgel wurde 2001 abgerissen der Spieltisch befindet sich im Mecklenburgischen Orgelmuseum in Malchow
1960/1968 Hamburg Hauptkirche Sankt Jacobi
IV/P 68 Der Neubau von 1960 (III/P/45) wurde von Kemper 1968 erweitert.[7]
1962 Köln Herz-Jesu-Kirche
III/P 35
1962 Jastrzębia Góra Kosciól sw. Ignacego Loyoli IV/P 75
1963 Ingelheim am Rhein Burgkirche II/P 30 Hinter historischem Prospekt der Gebr. Stumm (1755) → Orgel der Burgkirche (Ingelheim)
1963 Koblenz Rhein-Mosel-Halle IV/P 71 zu ihrer Zeit eine der größten Profanorgel Deutschlands
1957–1965 Lübeck Jakobikirche
IV/P 67 Erweiterungsumbau der Großen Orgel; bereits 1935 war durch Kemper eine Restaurierung nach Plänen von Distler und Erich Thienhaus erfolgt → Orgeln der Jakobikirche (Lübeck)
1965 Morsum (Sylt) St. Martin II/P 12
1966 Hollern St. Mauritius II/P 27 Umbau der Orgel von Arp Schnitger (1690) und Philipp Furtwängler (1858) → Orgel von St. Mauritius (Hollern)
1967 Lübeck-Kücknitz Dreifaltigkeitskirche
II/P 19
1968 Lübeck Marienkirche V/P 100 Seinerzeit eine der größten Orgeln der Welt mit mechanischer Traktur → Große Orgel der Marienkirche (Lübeck)

Literatur

  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0.
  • Ralph Nickles: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Hauschild Verlag, Bremen 1995, ISBN 3-929902-62-1.
  • Uwe Pape: Orgelbauwerkstätten und Orgelbauer in Deutschland von 1945 bis 2004. Pape Verlag, Berlin 2004.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Johann Hennings und Wilhelm Stahl: Musikgeschichte Lübecks. Band II: Geistliche Musik. Bärenreiter, Kassel und Basel 1952.

Weblinks

Commons: Kemper-Orgeln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 221.
  2. Vogel: Orgeln in Niedersachsen. 1995, S. 13, 221.
  3. GND=136631622; Bayer. Musikerlex. Online
  4. a b Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 222.
  5. Vogel: Orgeln in Niedersachsen. 1995, S. 61, 64, 278.
  6. Homepage der Dreifaltigkeitskirche, gesehen 23. August 2011.
  7. VOX extra, Nr. 9, 2008: Wiedergewinnung der Kemper-Orgel (PDF; 840 kB), gesehen 1. Januar 2011.