Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse

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Film
Titel Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse
Produktionsland DDR
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1954
Länge 127 Minuten
Stab
Regie Kurt Maetzig,
Johannes Arpe
Drehbuch Michael Tschesno-Hell,
Willi Bredel
Musik Wilhelm Neef
Kamera Karl Plintzner
Schnitt Lena Neumann
Besetzung
Filmplakat an einer Litfaßsäule beim Leipziger Hauptbahnhof

Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse ist eine deutsch Filmbiografie der DDR-Filmproduktionsgesellschaft DEFA, der 1954 unter der Regie von Kurt Maetzig entstand. Im Jahr 1955 erschien der zweite Teil Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse, welcher den Zeitraum zwischen 1930 und 1944 umfasst. Vorbilder waren nach Langenhahn die sowjetischen Monumentalfilme Micheil Tschiaurelis wie Der Schwur (Kljatwa, 1946), Der Fall von Berlin (Padenije Berlina, 2 Teile, 1949/1950) und Das unvergeßliche Jahr 1919 (Nesabywajemy god 1919, 1952).

Handlung

Der Film beginnt in den ersten Novembertagen des Jahres 1918. Der junge Thälmann kämpft in jener Zeit an der Westfront und hört vom revolutionären Aufstand in Kiel. Er desertiert, um seinen Genossen in Hamburg beizustehen. Als die Revolution durch den Verrat rechter Sozialdemokraten und die Zersplitterung der Arbeiterklasse in Gefahr gerät, versucht er, die Arbeiter zu einigen. Die unübersehbare Not der einfachen Leute wird zusehends größer. In dieser Situation will der Hamburger Polizeisenator die Löschung einer Schiffsladung mit Lebensmitteln aus Petrograd verhindern. Thälmann setzt sich diesem Vorhaben entgegen. Im Oktober 1923 beginnt der Hamburger Aufstand. Als Schuldiger für dessen Scheitern wird der amerikanische Agent August Thalheimer genannt, der in diesem Film aber gar nicht mitspielt.

Hintergrund

Der Film entstand auch durch den Druck der SED-Führungsspitze. So ermahnte Walter Ulbricht 1952 die Künstler: „Die DEFA sollte dazu übergehen, Filme über den Kampf um den Aufbau der Grundlagen des Sozialismus zu bringen, (…) und noch mehrere solcher Filme herausbringen, die hervorragende Persönlichkeiten der Geschichte unseres Volkes in ihrem Schaffen darstellen.“ Der Generalsekretär des Zentralkomitees griff persönlich in das Drehbuch ein und fällte ein durchaus positives Urteil: Der Film vermittle „ein lebendiges Bild von der Rolle Ernst Thälmanns.“ Das Werk kann als einer der wichtigsten Propagandafilme der DDR gewertet werden, allerdings wurde er über die Jahre kürzer. Seit 1961 mussten die Zuschauer auf die Szene mit Josef Stalin verzichten. Wilhelm Pieck, der in dem Film einen Kurzauftritt hat, wurde von seinem Sohn Arthur Pieck dargestellt.

Für die Rolle Thälmanns war nach einem Bericht der Zeit von 1954 ursprünglich Gustav Knuth, und, nach dessen Ablehnung, Claus Holm, vorgesehen. Holm verließ jedoch die DDR und siedelte nach Westberlin über.

Kritiken

„Historisch-biografischer Bilderbogen, der die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung nachzuzeichnen versucht und die historische Wahrheit durch eine ‚parteiliche Sicht auf die Geschichte‘ ersetzt. Gelungen sind weniger die pathetischen Rededuelle als die abenteuerlichen Kampfszenen in den Hamburger Katakomben.“

Lexikon des internationalen Films[1]

Auszeichnungen

  • Nationalpreis der DDR 1954:
    • Nationalpreis I. Klasse an Kurt Maetzig (Regie und Drehbuch)
    • Nationalpreis I. Klasse an Willi Bredel und Michael Tschesno-Hell (Drehbuch)
    • Nationalpreis I. Klasse an Karl Plintzner (Kamera)
    • Nationalpreis I. Klasse an Günther Simon
  • Internationales Filmfestival Karlovy Vary 1954: Friedenspreis

Stimmen zum Film

„Die führende Idee dieser Filme (Ernst Thälmann I und II) war für mich, dass dieser Arbeiterführer Ernst Thälmann gesagt hatte: ‚Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, und wer Hitler wählt, wählt den Krieg.‘ Allein diese klare Aussage rechtfertigte den Film, der aber in vielen Einzelheiten von der stalinistischen Geschichtsauffassung geprägt ist. (…) Der Film versucht, Thälmann auf einen Sockel zu stellen. Und das halte ich für falsch, hielt ich übrigens damals schon. (…) Ich habe den Film gemacht, und der erste Teil ist meiner Meinung nach in Grenzen ansehbar und hat auch künstlerische Qualitäten, während der zweite Teil mehr und mehr abfällt wegen der Überfülle des Stoffes und der Idealisierung der Gestalt. In vielen Punkten ist er mir einfach peinlich.“

„… Aber das ist nicht Biographie, nicht einmal ein Ausschnitt aus einer Biographie Ernst Thälmanns, sondern es ist der von Parteiideologen und ihren sowjetischen Zensoren unternommene Versuch, die Wahrheit der deutschen und europäischen Geschichte nach dem ersten Weltkriege umzubiegen in eine Zweckwahrheit der Tendenz. Sie besagt, daß Deutschlands blutig-schwerer Weg der letzten 30 Jahre vermieden worden wäre, wenn sich die Deutschen schon nach 1918, Ernst Thälmann folgend, vertrauensvoll dem immer gleichbleibend freundlichen Helfer der Sowjetunion in die Arme geworfen hätten.

Der Regisseur Kurt Mätzig, der letzte der Defa verbliebene Könner, drehte vor vielen Jahren den imponierenden Film Ehe in Schatten. Die dort erlebte suggestive Bildkraft ist auch im Thälmann-Film lebendig – um so erschreckender freilich, als es sich um eine gestellte historische und menschliche Kulisse handelt. Um einen Propagandafilm, der alles von den Russen gelernt hat: von der Staffage ihrer Tendenzfilme, die ein Leben, das längst im Schema erstarrt ist, auf der Leinwand gespenstisch wiedererwecken wollen.“[2]

Weblinks

Literatur

  • Willi Bredel, Michael Tschesno-Hell: Ernst Thälmann - Sohn seiner Klasse. Literarisches Szenarium. Henschelverlag, Berlin 1954
  • Heinz Kersten: Das Filmwesen in der Sowjetischen Besatzungszone. Bonn 1954.
  • Sandra Langenhahn: Ursprünge und Ausformung des Thälmannkults. Die DEFA-Filme „Sohn seiner Klasse“ und „Führer seiner Klasse“. In: (Hrsg.): Leit- und Feindbilder in DDR-Medien (Schriftenreihe Medienberatung Heft 5). Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1997, ISBN 3-89331-250-1, S. 55–65.
  • Russel Lemmons: Hitler’s Rival: Ernst Thälmann in Myth and Memory. Lexington 2012 (ausführlich zu den Filmen Kapitel 4, S. 157–185)
  • Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme, Zeitzeugen über die DEFA. Berlin 2006.
  • Thälmann. Mit kernigem Silberblick. In: Der Spiegel. Nr. 14, 1954, S. 38 f. (online – Rezension zum Film).
  • W. Beer: Der ostzonale Thälmann-Film … oder die Kunst, Geschichte zu fälschen. In: Die Zeit, Nr. 13/1954
  • Kolorierter Teddy. In: Die Zeit, Nr. 45/1955

Einzelnachweise

  1. Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 14. Oktober 2016.
  2. W. Beer: Der ostzonale Thälmann-Film … oder die Kunst, Geschichte zu fälschen. In: Die Zeit, Nr. 13/1954