Frauenkirche (Grimma)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Juli 2016 um 10:43 Uhr durch Ghostwriter123 (Diskussion | Beiträge) (Korr.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Frauenkirche zu Grimma

Die Frauenkirche in der Altstadt von Grimma ist die evangelisch-lutherische Kirche der Stadt. Der Sakralbau prägt mit seinen beiden mächtigen, jeweils 43 Meter hohen Türmen das Stadtbild von Grimma maßgeblich mit. Ihren Ursprung hat die Kirche in einer nach 1170 entstandenen, kleinen Marktkirche Unserer lieben Frauen St. Marien nahe dem alten Markt, heute Baderplan.

Geschichte

Seitenansicht von Süden
Portal
Blick auf die Altstadt von Grimma mit der Frauenkirche
Querschiff
Nord-Ost-Seite
Denkmal für Martin Luther auf dem Frauenkirchhof

Ende des 12. Jahrhunderts entstand in der Nähe des alten Marktplatzes (des heutigen Baderplans) eine romanische Kirche, wo zuvor eine Holzkirche stand.

Ab 1220 wurde die Frauenkirche in gotischem Stil erweitert. Das Kirchenschiff hat vier Spitzbogen-Arkaden auf quadratischen Pfeilern, die in ein Kreuzrippengewölbe münden. Das Querschiff entstand um 1462; der Stadtbrand von 1430 hatte auch die Kirche beschädigt. Bis zur Reformation unterstand die Frauenkirche dem Bischof von Merseburg und war Sitz eines Archidiakons. Im Jahr 1529 erhielt Grimma eine Superintendentur.

Bauwerk

Die Frauenkirche Grimma ist eine aus Rochlitzer Stein aufgeführte dreischiffige Pfeiler-Basilika mit Querschiff, rechtwinklig geschlossenem Hauptchor im Osten (Altarraum), zwei halbkreisförmigen Apsiden (Nischen) und breiter Westvorhalle mit Türmen.

Der älteste Teil der Kirche ist die Ende des 12. Jahrhunderts entstandene Westturmfront im romanischen Baustil. Das breite Turmwerk bildet eine mit gekuppelten Rundbogenfenstern versehene Halle. Darüber teilt es sich in zwei einzelne Türme mit je drei Stockwerken, ebenfalls mit gekuppelten Rundbogenfenstern mit unterschiedlich gemeißelten Kapitellen. Die Höhe beider Türme beträgt nach Christian Gottlob Lorenz 82 Ellen, das sind 43 Meter.

Wohl bis 1240 wurde das im gotischen Baustil errichtete Schiff oder Langhaus vollendet, ursprünglich ohne Querschiff. Das entstand bei der Teilerneuerung um 1462.

Ursprünglicher Untergrund der Kirche sind Kies und toniger Lehm im Hochwasserbereich der Mulde. Das Gelände wurde daher wie auch der Kirchhof um etwa 1,5 Meter aufgeschüttet. Bauliche Änderungen erfolgten 1837, 1888 und 1928.

Das Schiff hatte ursprünglich eine flache Decke und wurde wohl beim Umbau 1462 eingewölbt. Die mit Sockel und Kämpfern versehenen Pfeiler tragen spitze Bögen. Die drei miteinander kuppelnden, schlanken Fenster des Altarraumes finden sich in gleicher Weise an der Mulden- bzw. Ost-Seite der Klosterkirche Grimma.

Altar

Das bedeutendste Kunstwerk der Frauenkirche ist der um 1510 entstandene spätgotische Flügelaltar. Er gilt als Werk des „Meisters des Knauthainer Altars“. Er zeigt im Mittelteil die Geburt Christi, im Unterteil und den Flügeln weitere Szenen aus der Weihnachtsgeschichte (Maria und Elisabeth, die Anbetung der Weisen, die Verkündigung der Geburt Christi). Der Altar trägt einen um 1510 entstandenen Flügelschrein der Spätgotik, der 1837 entfernt und 1924 wieder aufgestellt wurde.

Der Altar hat folgende Bildwerke:

  • Unterteil (Predella): Der Engel verkündet der knienden Maria die Geburt Jesu.
  • Mittelschrein: Christgeburt. Das Kind auf Leinen, zwei Engel beugen sich darüber. Maria betend. Josef naht mit der Laterne und schützt die Augen vor dem Licht. Rind und Esel im Stall von Bethlehem. Auf Goldgrund Landschaft mit Hirten und Herden.
  • Linker Flügel: Maria bei Elisabeth (Mutter Johannes des Täufers).
  • Rechter Flügel: Anbetung der Weisen aus dem Morgenland.
  • Außenseiten des in der Passionszeit geschlossenen Altars:
    • Gemalte Bildwerke: Heiliger Georg, Heiliger Christophorus.
    • In der Mitte: Flucht nach Ägypten, Kindermord zu Bethlehem.

Die Bilder mit Einfluss offenbar der Cranachschen Schule entstanden wohl zwischen 1520 und 1530. Das Altar-Kruzifix ist eine Barock-Plastik aus dem Jahr 1729.

Aus der 1888 abgebrochenen Nikolaikirche stammen drei um 1519 gefertigte, kunstvolle Altarfiguren: Petrus (im Altarraum links), Paulus (rechts) und Maria mit Kind (im Schiff links).

Kanzel und Taufstein

Die neugotische Kanzel ist im 19. Jahrhundert entstanden: in der Mitte Jesus, zu beiden Seiten die vier Evangelisten.

Der Taufstein stand ursprünglich in der 1888 abgebrochenen Nikolaikirche von Grimma. Er wurde 1598 im Renaissance-Stil geschaffen. 1943 wurde er in die Frauenkirche geholt, deren ehemaliger Taufstein in die Klosterkirche Grimma kam und jetzt in der Stadtkirche St. Aegidien in Colditz steht. Das Taufbecken aus Messing ist aus dem 15. Jahrhundert und zeigt Adam und Eva, die Schlange, die Pforte des Paradieses und Ranken. Die Inschrift in gotischen Buchstaben lautet vermutlich „Maria hilf“.

Orgel

Die pneumatische Orgel wurde 1928 von Hermann Eule Orgelbau Bautzen errichtet und 1974 sowie 1995 erneuert. Sie hat 30 Register, verteilt auf 2 Manuale und das Pedal. Spiel- und Registertraktur sind pneumatisch.

Glocken

Das ursprüngliche Geläut bestand aus drei Bronzeglocken: der großen aus dem Jahr 1453 mit dem Ton "d", der mittleren aus dem Jahr 1463 mit dem Ton "g" und der kleinen aus der Zeit um 1400. Die kleine Glocke wurde im Jahre 1940 verkauft. Die dafür neu gegossene Glocke musste im Jahre 1942 als „Glockenspende[1] an das Nazi-Regime abgetreten werden. Im Jahr 1997 wurde eine neue mittlere Glocke gegossen und geweiht.[2]

Varia

  • An der Frauenkirche steht ein von Ernst Rietschel gestaltetes Denkmal für den Reformator Martin Luther. Das Denkmal auf dem Frauenkirchhof wurde zu Luthers 400. Geburtstag am 10. November 1883 enthüllt, es erinnert an Luthers zehn Aufenthalte in Grimma zwischen 1519 und 1544. Die Büste ist einer der fünf ersten Abgüsse vom Denkmal in Worms. Diese ersten fünf galten damals noch als Original und wurden deshalb vom Künstler signiert. Daher trägt die Luther-Büste in Grimma auf der Rückseite den Namenszug von Ernst Rietschel.[3]
  • Aus Sorge vor zu kostspieligen Instandsetzungsarbeiten gab es um 1535 den Plan, die Frauenkirche abzutragen und die Steine zum Bau einer neuen Muldebrücke zu verwenden. Dies konnte Luthers Freund Georg Spalatin verhindern. In Grimma gab es damals die Ansicht, dass die Klosterkirche Grimma und die Nikolaikirche ausreichend wären.
  • Das Gelände um die Frauenkirche war der Friedhof für die Oberstadt, bis 1542 vor dem Pappischen Tor ein neuer Friedhof angelegt wurde. Die innerstädtische Friedhofsmauer wurde 1799 abgetragen.[4]

Einzelnachweise

  1. Ein entsprechendes Dekret an die Reichsminister war am 23. Februar 1940 ergangen. In diesem Dekret von Generalfeldmarschall Hermann Göring heißt es: „Im letzten Weltkrieg ist die Erfassung von Metallgegenständen so spät eingeleitet worden, dass das Sammlungsergebnis nicht in dem erforderlichen Umfange für die Zwecke der Kriegsführung eingesetzt werden konnte. Ich ordne deshalb an, dass bereits jetzt beschleunigt alle Gegenstände aus Kupfer, Zinn, Nickel, Blei und deren Legierungen, die sich in Verwaltungs- und Unterrichtsgebäuden, Bibliotheken, staatlichen Krankenhäusern, Erholungsheimen usw. der öffentlichen Hand als deren Eigentum befinden (…), auszusondern und (…) zur unentgeltlichen Ablieferung an die vom Reichswirtschaftsminister zu benennenden Stellen bereitzuhalten sind.“ – Quelle: Jutta Heller / Fanny Wuttke: Die Geschichte der Pfarrkirche St. Wenceslai zu Wurzen. Herausgeber: Förderverein zur Erhaltung der Wurzner Stadtkirche (Vorsitzender: Karl-Heinz Maischner), Format A4, 74 Seiten, Wurzen 1999, Seite 33 (Die Dokumentation ist im Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Wurzen verfügbar.)
  2. http://www.navigator-leipzig-mittelsachsen.de/inhaltsverzeichnis/details/poi-901000049-1-Frauenkirche_Grimma.html
  3. Leipziger Volkszeitung, Ausgabe Muldental, 27. August 2014, S. 34
  4. http://www.frauenkirche-grimma.de/

Weblinks

Commons: Frauenkirche (Grimma) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 13′ 57,5″ N, 12° 43′ 35,9″ O