Gabrielle Roy

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Gabrielle Roy, 1945

Gabrielle Roy, CC, FRSC (* 22. März 1909 in Saint-Boniface, heute zu Winnipeg gehörig; † 13. Juli 1983 in Ville de Québec) war eine franko-kanadische Schriftstellerin. Sie zählt zu den wichtigsten kanadischen Autorinnen der Nachkriegszeit.

Leben und Schaffen

Gabrielle Roy war das jüngste der elf Kinder von Léon and Mélina Roy.[1][2]. Sie wuchs im ländlich geprägten Teil von Manitoba auf, wurde aber auch von den kosmopolitischen Einwanderern beeinflusst. Ihr Vater kümmerte sich als Staatsbeamter um die Einwanderer und deren Integration.[3]
Nach ihrer Ausbildung an der Académie Saint-Joseph und am Winnipeg Normal Institute unterrichtete Roy von 1929 bis 1937 als Lehrerin an mehreren Schulen.[1] In ihrer Freizeit spielte sie Theater im Le Cercle Molière in Saint-Boniface.[4] 1937 ging sie für zwei Jahre nach Frankreich und England, um Drama zu studieren. In dieser Zeit begann sie zu Schreiben. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kehrte Roy 1939 nach Kanada zurück und ließ sich in Montreal nieder.[1] Dort war sie als freiberufliche Journalistin tätig.[2]

Ihr erster Roman Bonheur d'occasion aus dem Jahr 1945 zeichnete ein realistisches Portrait der Arbeiterschaft von Saint-Henri, einem südwestlichen Viertel von Montreal. In seiner französischen Originalfassung erhielt der Roman 1947 den Prix Femina.[2] Der Einfluss dieses Buches reichte tief in die Bevölkerung und wird als ein auslösendes Element für die Stille Revolution gewertet.[5]:152 Es zog so viel öffentliche Aufmerksamkeit nach sich, dass sich Roy entschloss, nach Manitoba zurückzuziehen. 1947 wurde der Roman ins Englische übersetzt; The Tin Flute wurde 1947 mit dem Governor General’s Award for Fiction ausgezeichnet und verkaufte sich allein in den Vereinigten Staaten über eine dreiviertel Million Mal. 1983 wurde der Roman von Claude Fournier verfilmt.

Im August 1947 heiratete Roy den Arzt Marcel Carbotte. Während ihres gemeinsamen Frankreichaufenthaltes (1947–1950) schrieb sie La Petite Poule d'eau,[1] das zum Teil auf autobiografischen Erinnerungen basiert. 1950 zog Roy nach Québec. 1954 veröffentlichte sie Alexandre Chenevert: caissier. Obwohl ihr dieser dunkle und emotionale Roman viel Kritik einbrachte, gilt er als eines der bedeutendsten Werke des psychologischen Realismus in der kanadischen Literatur.[6]

Gabrielle Roy starb im Alter von 73 Jahren an Herzversagen. Ihre Autobiografie La Détresse et l'enchantement wurde postum 1984 veröffentlicht.

Ehrungen

Roy gilt als eine der wichtigsten und einflussreichsten Schriftstellerinnen des französischsprachigen Kanadas. Ihr Werk wurde u. a. mit drei Governor General’s Awards (1947, 1957, 1978), dem Prix Femina (1947), der Lorne Pierce Medal der Royal Society of Canada (1948), dem Prix Duvernay (1956) und dem Prix David (1971) ausgezeichnet.[1] 1967 wurde Roy zum Companion des Order of Canada ernannt.[7] Überdies tragen einige Schulen in Kanada ihren Namen, ebenso die Bibliothek in Québec. Die kanadische Nationalbibliothek Library and Archives Canada präsentierte sowohl ihre veröffentlichten als auch unveröffentlichten Werke, Korrespondenzen und Manuskripte. Das Haus in Winnipeg, in dem Gabrielle Roy von 1909 bis 1937 mit ihrer Familie gelebt hat, wurde restauriert und 2003 als historisches Museum für die Öffentlichkeit geöffnet.[8] Ab 2004 druckte die kanadische Zentralbank auf der Canadian Journey-Ausgabe der 20-Dollar-Note[9] ein Zitat aus Roys Roman The Hidden Mountain (La montagne secrète):

„Could we ever know each other in the slightest without the arts?“

„Könnten wir einander jemals im Entferntesten verstehen, ohne die Kunst?“

Trivia

1963 setzte sich Roy dafür ein, dass die Expo 67 in Montréal das Motto Terres des hommes bzw. Man and His World erhielt, was auf Antoine de Saint-Exupérys Buch Wind, Sand und Sterne zurückgeht.

Werke (Auswahl)

  • 1945: Bonheur d'occasion (The Tin Flute)
  • 1950: La Petite Poule d'Eau (Where Nests the Water Hen)
  • 1954: Alexandre Chenevert: caissier (The Cashier)
    • Gott geht weiter als wir Menschen, Übers. Theodor Rocholl, List 1956
  • 1955: Rue Deschambault (Street of Riches)
  • 1961: La Montagne secrète (The Hidden Mountain)
  • 1966: La Route d'Altamont (The Road Past Altamont)
    • Straße nach Altamont, Übers. Renate Benson, Nachw. Arnim Arnold, Manesse Verlag 1970
  • 1970: La Rivière sans repos (Windflower)
  • 1972: Cet été qui chantait (Enchanted Summer)
  • 1975: Un jardin au bout du monde (Garden in the Wind)
  • 1976: Ma vache Bossie (My Cow Bossie)
  • 1977: Ces Enfants de ma vie (Children of My Heart)
  • 1978: Fragiles lumières de la terre (The Fragile Lights of Earth)
  • 1979: Courte-Queue (Cliptail)
  • 1984: La Détresse et l'enchantement (Enchantment and Sorrow)
  • 1987: L'Espagnole et le Pékinoise (The Tortoiseshell and the Pekinese)

Literatur

Weblinks

Commons: Gabrielle Roy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e François Ricard, Gabrielle Roy auf: thecanadianencyclopedia.com, abgerufen am 13. August 2015.
  2. a b c Gabrielle Roy (1909–1983) auf: maisongabrielleroy.mb.ca, abgerufen am 13. August 2015.
  3. Jürgen von Stackelberg: Grenzüberschreitungen: Studien zu Literatur, Geschichte, Ethnologie und Ethologie, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek 2008, ISBN 978-3940344045, S. 165.
  4. Le Cercle Molière auf: thecanadianencyclopedia.com, abgerufen am 13. August 2015.
  5. Patrick Corcoran, „Gabrielle Roy (Manitoba, 1909–1983)“, in: Patrick Corcoran, The Cambridge Introduction to Francophone Literature, Cambridge University Press 2007, ISBN 978-0521849715, S. 152–157.
  6. Neeru Tandon und Anshul Chandra (Hrsg.), Margaret Atwood: A Jewel in Canadian Writing. New Delhi: Atlantic Publishers & Distributors, 2008 ISBN 978-8126910151 S. 3.
  7. Order of Canada: Gabrielle Roy, C.C. auf: archive.gg.ca, abgerufen am 13. August 2015.
  8. L’historique de la maison natale de Gabrielle Roy auf: maisongabrielleroy.mb.ca, abgerufen am 13. August 2015.
  9. Could we ever know each other in the slightest without the arts? auf: stopbcartscuts.wordpress.com, abgerufen am 13. August 2015.