Geobrugg
Geobrugg AG
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Sitz | Romanshorn, Schweiz |
Leitung | Andrea Roth (Geschäftsführer) Stephan Wartmann (CEO Brugg Seiltechnik Holding) Otto H. Suhner (VR-Präsident) |
Branche | Bau- und Sicherheitswesen |
Website | www.geobrugg.com www.netech.geobrugg.com |
Die Geobrugg AG mit Sitz in Romanshorn ist ein Schweizer Hersteller von Schutzsystemen. Geobrugg gehört zur Kabelwerke Brugg AG Holding. Zusammen mit den Tochtergesellschaften Fatzer AG, Brugg Drahtseil AG, Fortatech AG und Brugg Contec AG ist Geobrugg Teil des Geschäftsbereichs Seiltechnik. Einsatzgebiete der Geobrugg-Systeme sind Steinschlagschutz, Böschungsstabilisierung, Hangmuren- und Murgangschutz, Lawinenschutz, Tunnelsicherung, Motorsportbarrieren, Netzarchitektur und Einschlagschutz.
Unternehmen
Die Geobrugg AG entwickelt und produziert Netze und Geflechte aus hochfestem Stahldraht, welche weltweit vor gravitativen Naturgefahren und beschleunigten Objekten schützen. Am Hauptsitz in Romanshorn sind 141 Mitarbeiter beschäftigt (Stand 2015).
Drahtseilnetze fanden zunächst im Lawinenschutz Verwendung. Dabei wurden Dreiecksnetze mit rechteckigen Maschen auf Holzstützen, später auf Stahlstützen aufgespannt. Zur ersten Installation kam es 1951 am Schafberg in Pontresina in der Schweiz. Die Kabelwerke Brugg AG erhielt im gleichen Jahr das Patent auf diese neue Art des Lawinenschutzes.
Die Lawinenverbauungen waren in der schneefreien Zeit immer wieder Steinschlägen ausgesetzt und hielten diese erfolgreich zurück. Diese Beobachtung hat Herrn Bindschädler als Mitarbeiter der Kabelwerke Brugg AG auf die Idee gebracht, Drahtseilnetze auch originär für den Steinschlagschutz einzusetzen. Das weltweit erste aus Drahtseilnetz bestehende Steinschlagschutz-Bauwerk wurde 1958 zum Schutz von Freileitungen bei Campocologno-Cavaglia in der Südschweiz errichtet.
In den darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Produktpalette konstant weiter: Schutzlösungen vor Naturgefahren wie Erdrutschen, Hangmuren, Murgängen und Lawinenverbauungen wurden realisiert, und es erschlossen sich immer mehr Anwendungsbereiche. So finden sich Netze von Geobrugg auch im Motorsport, in der Architektur, in der Tunnelsicherung und als Einschlagschutz. Seit 2008 firmiert Geobrugg als eigenständige Aktiengesellschaft innerhalb der Gruppe Brugg.
In Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), dem WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und anderen Forschungsinstitutionen werden neue Lösungen getestet und permanent weiterentwickelt. Im Oktober 2011 erreichte Geobrugg einen neuen Weltrekord für Steinschlagbarrieren: Es gelang, einen Testblock von 20 Tonnen mit einer Auftreffgeschwindigkeit von über 100 km/h und einer Einschlagenergie von 8‘000kJ erfolgreich zu stoppen.
Niederlassungen
Die Firma verfügt über Tochtergesellschaften in Italien, Österreich, Spanien, Polen, USA, China, Chile und Australien sowie über fünf Produktionsstätten in der Schweiz, in den USA, Japan, Australien und in China. Qualifizierte Partner sind in über 50 Ländern im Einsatz. Weltweit beschäftigt Geobrugg über 340 Mitarbeiter (Stand 2015).
Tätigkeitsgebiet
Steinschlagschutz
Im Steinschlagschutz kommen Netze aus hochfestem Stahldraht als Barrieren zum Einsatz. Die Steinschlagschutzbarrieren halten Energien bis zu 8‘000 kJ auf und stoppen Testblöcke von 20 Tonnen mit einer Fallgeschwindigkeit bis 100 km/h.
Böschungsstabilisierung
Zur Stabilisierung von Böschungen wird das Geflecht aus hochfestem Stahldraht mit Felsnägeln und Krallplatten im Boden verankert. Verwitterter oder rutschender Untergrund wird so aktiv gesichert. Durch das dünne Geflecht bleibt das Landschaftsbild weitgehend unberührt; eine erneute Begrünung und nachhaltige Stabilisierung wird begünstigt.
Hangmuren- und Murgangschutz
An steilen, instabilen Hängen können sich Erdrutsche oder Hangmuren bilden, die sich spontan lösen und mit grosser Geschwindigkeit abfliessen. Fliessen diese in ein Gerinne, kann sich daraus ein Murgang entwickeln. Je nach Fliessgeschwindigkeit und Volumen entfalten Murgänge und Hangmuren eine extrem zerstörerische Wirkung. Barrieren aus hochfestem Stahldraht bieten Infrastruktur und Menschen weitestgehend Schutz vor dieser Naturgefahr, der gegenüber Lösungen aus Beton auch aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten interessant ist.
Lawinenschutzschutz
In enger Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Lawinenforschungsinstitut (SLF) entwickelt Geobrugg Systeme gegen Lawinen und Schneelasten. Die flexiblen Lawinenverbauungen aus Stahldrahtnetzen halten grosse Schneemassen zurück bzw. mindern die Lawinengefahr erheblich. Einem Anreissen der Lawinen und damit einer Prozessinitialisierung wird vorgebeugt.
Tunnelsicherung
Die hochfesten Geflechte werden weltweit in Minen-, Strassen- und Eisenbahntunnels eingesetzt, um Oberflächen zu sichern und Ausbrüche zu verhindern.
Motorsportbarrieren
Geobrugg ist spezialisiert auf die Entwicklung, Planung, Herstellung und Installation von Motorsportbarrieren. Die Entwicklung der Zäune erfolgte dabei in enger Zusammenarbeit mit der FIA. Neben permanenten Streckenzäunen bietet Geobrugg auch einen mobilen Fangzaun, Zäune für Boxengassen sowie Lösungen für Streckenposten oder Kameraöffnungen. Motorsportbarrieren von Geobrugg schützen Zuschauer wie Rennpiloten weltweit in Formel 1, Formel E und MotoGP. Sie sind auf permanenten und temporären Rennstrecken, Stadtkursen sowie auf Testgeländen im Einsatz. Folgende Formel-1-Rennstrecken wurden bislang mit Motorsportbarrieren von Geobrugg ausgestattet: Sepang International Circuit (Malaysia), Red Bull Ring (Spielberg, Österreich), Circuit of The Americas (Austin, USA), Yas Marina Circuit (Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate), Autódromo Hermanos Rodríguez (Mexiko-Stadt, Mexiko), Autodrom Sochi (Russland).
Architektur
Geobrugg bietet projektspezifisch angepasste Lösungen in den verschiedensten Ausführungen: Die hochfesten Geflechte dienen beispielsweise als Aussenfassaden oder werden als Fallschutz bei Brücken und Treppenhäusern eingesetzt. In weiteren Bereichen finden diese Verwendung als Ein-/Ausbruchschutz. Geobrugg konzipierte zum Beispiel Netzfassaden für die Bilbao Arena in Spanien und erstellte die mit dem IOC/IAKS Award ausgezeichnete Aussensportanlage Heerenschürli in Zürich. In Projekten wie diesen zeichnet Geobrugg sowohl für Planung, Design, Materiallieferung wie auch für Montage verantwortlich.
Einschlagschutz
Im Bereich Einschlag- und Explosionsschutz finden sich vielfältige Anwendungen für hochfeste Stahldrahtgeflechte. Aufgrund ihrer extremen Festigkeit ist es möglich, fliegende Objekte nach Explosionen oder hoher Beschleunigung sicher zu stoppen. Mit dem Einsatz von Spezialbremsen können auch grosse Energien fallender Objekte zuverlässig aufgenommen werden. Haupteinsatzgebiet sind Prüfstände und industrielle Fertigungsbetriebe, ausserdem werden mobile Strassenschutzzäune, Wasserbarrieren und Ankersicherungen hergestellt.
NETECH®
Der Bereich NETECH® bildet das Volumensegment der Geobrugg AG, das standardisierte, kostengünstige, aber dennoch hochfeste Stahldrahtgeflechte anbietet. Sie finden Verwendung als Schutz vor Naturgefahren, vor Raubfischen in Aquakulturen sowie in der Tunnelsicherung
Testanlagen
Die Klimaerwärmung hat das Risiko für verheerende Naturkatastrophen weltweit massiv erhöht. Das verstärkte Gefahrenpotenzial erfordert zuverlässige Massnahmen, um Menschen vor Lawinen, Erdrutschen und Steinschlag zu schützen. Die Geobrugg AG prüft ihre Systeme in Zusammenarbeit mit Schweizer Forschungsinstitutionen regelmässig in 1:1-Feldversuchen. Zulassungstests nach den Richtlinien von EOTA (ETAG027) sowie gemäss BAFU gewährleisten die Einhaltung von Sicherheitsstandards. Die durchgeführten Versuche bilden die Basis für die weitere Optimierung der Systeme.
Walenstadt
Seit 2001 prüfen die Ingenieure der WSL und Geobrugg in der Testanlage Lochezen bei Walenstadt neu entwickelte Steinschlagschutzsysteme. Nach Analyse der Messdaten werden die Steinschlagschutzbarrieren durch das BAFU oder die EOTA offiziell freigegeben. Als weltweit erster Hersteller hat Geobrugg Steinschlagbarrieren im Vertikalwurf getestet.
Winterthur
In einem dreijährigen Forschungsprojekt wurde von 2012 bis 2015 unter Leitung der Berner Fachhochschule eine Böschung simuliert, um das Tragverhalten von flexiblen Böschungsstabilisierungssystemen unter möglichst realen Bedingungen zu analysieren. Dazu wurde ein 13 x 15 Meter grosser Stahlrahmen mit Bodenmaterial gefüllt und mithilfe eines 500-Tonnen-Raupenkrans bis zu einem Winkel von 85 Grad schräg gestellt. Die Funktionalität der stabilisierenden Netze und der Vernagelung wurde dadurch intensiv auf die Probe gestellt.
Weitere Testgelände
Geobrugg nutzt weitere Testgelände in der ganzen Schweiz:
- Versuchsstollen Hagerbach: Test der Anwendungen für Tunnelsicherung (2009)
- Illgraben: Test der Murgangbarrieren in Zusammenarbeit mit der WSL (2005–2008)
- Saint-Léonard: Test der Steinschlagvorhänge in Zusammenarbeit mit der WSL (2009–2012)
- Vancouver: Test der hybriden Steinschlagschutzbarrieren (seit 2015)
- Vauffelin: Horizontaltestanlage zur Prüfung von Fangzäunen, betrieben durch DTC AG (seit 2009)
- Veltheim: Test der Hangmurenbarrieren in Zusammenarbeit mit der WSL (2008–2011)
Weblinks
- Website der Geobrugg AG
- Website der Kabelwerke Brugg AG Holding
- Website der WSL
- Website des SLF
- Website der Berner Fachhochschule
- Website des Versuchsstollens Hagerbach
- Website der DTC AG
- Website der FIA
Einzelnachweise
- „Schweiz rüstet sich gegen Hangmuren“, SF Tagesschau, Schweizer Fernsehen, 23. August 2009
- „Wenige Sekunden für den optimalen Schutz“, Tages-Anzeiger, 3. Juli 2009
- „Geobrugg sichert Rennstrecke in Sotschi“, ECO, SRF, 13. Oktober 2014