Gesundheitsmanagement

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Gesundheitsmanagement ist die planvolle Organisation mehr oder weniger komplexer gesellschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen und Institutionen zum Zweck der Erhaltung und zur Förderung der Gesundheit der Bevölkerung.

Grundlagen

Gesundheitsmanagement beinhaltet eine Vielzahl von Aufgaben und Funktionen zum Organisieren von Gesundheit, insbesondere in Form der Gesundheitsförderung. Es gründet in einem biopsychosozialen Gesundheitsverständnis. Das Ziel ist die Stärkung gesundheitlicher Bewältigungsprozesse wie die bedarfsgerechte Versorgung. Umgesetzt wird Gesundheitsmanagement in gesundheits- und sozialpolitischen Institutionen, wie die Selbsthilfegruppe über die Wohlfahrtspflege bis zu den Institutionen der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, bekannt unter dem Begriff Soziale Sicherung. Zweitens werden Aufgaben bezeichnet, wie die Planung, Organisation, Steuerung, Regulation und Evaluation gesundheitsbezogener Dienstleistungen (vgl. Niehoff, J.-U., Braun, B., 2003, S. 107).

Methodologisch ist Gesundheitsmanagement ein Querschnittsfach, integriert mehrere Disziplinen wie Sozialmedizin, Gesundheitsökonomie, Medizinrecht und Medizinsoziologie und zählt systematisch zu den Gesundheitswissenschaften, insbesondere in der Ausprägung von "New Public Health" (vgl. Mann, B., 2005; Waller, H., 2002). Im Kontext der Gesundheitsziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Gesundheitsmanagement ein Strategieansatz der "Gesundheit für alle". Als Betriebliches Gesundheitsmanagement hat dieser gesundheitsbezogene Ansatz eine wissenschaftliche und praktische Weiterentwicklung erlangt.

Managementansätze

Schwartz und Wismar (1998, S. 560–564) sprechen von vier Grundorientierungen des Managements; sie sind in dem Konzept zielorientierten Managements (Management by Objectives) verwurzelt:

  • populations- oder gemeindebezogen
  • anbieterorientiert
  • patienten-, klienten- und konsumentenorientiert
  • systemorientiert

Populations- oder gemeindebezogen

Hierbei handelt es sich um einen "klassischen europäischen Zugang zur Organisation des Gesundheitswesens" (vgl. Schwartz/Wismar, 1998, S. 561) auf dem Hintergrund der Idee einer bevölkerungsweiten Versorgung. In Großbritannien wäre als Beispiel der National Health Service zu erwähnen, in Deutschland die Gesetzliche Krankenversicherung mit einem Versicherungsgrad von ca. 89 %. Traditionell lokale bzw. regionale Bezüge sind auch in Schweden zu finden.

Anbieterorientiert

Anbieterorientierte Managementkonzepte betreffen die Bedarfsplanung und Sicherstellung auf der Anbieterseite z. B. durch Krankenhäuser und sonstige Gesundheitseinrichtungen (vgl. Goldschmidt AJW/Hilbert J, 2011), Human-Resources-Management mit der Frage nach der Funktion und der Führung menschlicher Arbeitskraft in Institutionen des Gesundheitswesens und die Technologieplanung (vgl. Schwartz/Wismar, 1998, S. 562). Unterschieden wird in einen instrumentellen und realen gesundheitlichen Bedarf. Der instrumentelle Bedarf bezieht sich auf verfügbare Mittel zur Behandlung, wie die ambulante Versorgung, stationäre Versorgung, Betten oder Ärzte. Der reale Bedarf kann weiter gespannte Versorgungsleistungen beinhalten wie die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz (Betriebliche Gesundheitsförderung) oder an Schulen (z.B. Gesund Leben Lernen), Verkehrsberuhigung, Umweltschutz oder Sozialarbeiter in Arztpraxen (vgl. ebenda).

Patienten- und Konsumentenorientiert

Patientenbedürfnisse einheitlich zu definieren ist schwierig, da es um subjektive Patientenbedürfnisse geht. Generell kann jedoch festgehalten werden, dass die Notwendigkeit gesehen wird, dass Patienten die Möglichkeit haben, ihre Rechte durchzusetzen. Die Patientenorientierung, so Schwartz und Wismar, steht in der deutschsprachigen Literatur zum Gesundheitsmanagement – anders als in USA – erst am Beginn (S. 563). International wird die Patientenorientierung auf drei Ebenen diskutiert (ebenda):

  • Patientenorientiertes Management von Qualität
  • Management von Dienstleistung
  • Konsumerismus-Ansatz

Im Mittelpunkt eines Patientenorientes Management von Qualität stehen die gesundheitsspezifischen „Kunden“-Bedürfnisse, wie sie unter dem Total-Quality-Management-Ansatz (TQM) diskutiert werden. Management von Dienstleistungen analysiert gesundheitliche Versorgung als Teil einer Dienstleistungswirtschaft. Der Konsumerismus-Ansatz geht von der umstrittenen Diskussion einer Konsumentensouveränität des Patienten aus, zumal die Wahlmöglichkeiten im Gesundheitswesen zwischen verschiedenen Dienstleistungen erheblichen Beschränkungen unterliegen (S. 564).

Systemorientiert

Der Hintergrund für diese Sichtweise ist die Verknüpfung eines wachsenden Versorgungsbedarfs mit steigenden Finanzierungsproblemen. Dabei wird dieser Zusammenhang als "systemabhängiges Steuerungsproblem im Gesundheitswesen" (vgl. Schwartz/Wismar, S. 25) interpretiert. Diese Finanzierungsorientierung hat in den meisten industriegesellschaftlichen Gesundheitswesen an Bedeutung gewonnen. Ebenfalls auf der Systemebene ist eine "outcome-orientierte Zieldiskussion" zu beobachten. Sie orientiert sich an den tatsächlichen Gesundheitsresultaten bei Patienten und Bevölkerungsgruppen.

Qualifikationen

Die Kernkompetenzen beziehen sich erstens auf die Analyse historischer, soziologischer und volkswirtschaftlicher Dimensionen der Gesundheitssicherung. Hierbei gewinnt die Soziale Sicherheit, einschließlich der Konflikte in diesem System, eine große Bedeutung. Weitere Kernkompetenzen beinhalten zweitens die soziale Fähigkeit, sich in den Interessen- und Problemlagen gesundheitsbezogener Dienstleistungen auszukennen. Denn die Begründung und Bewertung von Zukunftsoptionen für die systemische und wirtschaftliche Gestaltung der Gesundheitsdienstleistungen ist eine wichtige Zielrichtung.

Neben den Kernkompetenzen werden weitere Fertigkeiten ("skills") aufgezeigt (vgl. Niehoff, Braun, 2003, S. 107):

  1. konzeptionelle und organisatorische Fertigkeiten
  2. soziale Kompetenz bei der Führung personaler Dienstleistungen
  3. Beherrschung personal- und betriebswirtschaftlicher Prozesse
  4. Kenntnis der Rechtsgrundlagen

Studiengänge und -abschlüsse

Studienabschlüsse oder Berufsbezeichnungen im Gesundheitsmanagement werden meist als Zusatzqualifikation erworben, seltener sind grundständige Studiengänge. Oft erfolgt ein wirtschaftswissenschaftliches Aufbaustudium begleitend zum medizinischen Beruf. Der Abschluss erfolgt je nach Umfang und Vorbildung mit einem Zertifikat oder einem akademischen Grad.

Literatur

  • Ralf Brand: Sportpsychologische Interventionen und Gesundheitsverhalten. Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-5615-9.
  • Andreas J.W. Goldschmidt, J. Hilbert (Hrsg.): Krankenhausmanagement mit Zukunft. Thieme, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-13-161231-1.
  • Stefan Hoffmann, Stefan Müller (Hrsg.): Gesundheitsmarketing: Gesundheitspsychologie und Präventions. Hans Huber, Bern 2010, ISBN 978-3-456-84801-3.
  • Michael Kastner (Hrsg.): Leistungs- und Gesundheitsmanagement – psychische Belastung und Altern, inhaltliche und ökonomische Evaluation. Pabst, Lengerich/ Berlin 2010, ISBN 978-3-89967-657-0.
  • Bernhard Mann: Gesundheit und Gesellschaft. In: Sozialwissenschaften und Berufspraxis. (SuB), 28. Jg. (2005) Heft 1, ISSN 0724-3464, S. 120–128.
  • Jens-Uwe Niehoff: Gesundheitssicherung - Gesundheitsversorgung - Gesundheitsmanagement. Grundlagen, Ziele, Aufgaben, Perspektiven. 1. Auflage. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Berlin 2008, ISBN 978-3-939069-48-5.
  • Jens-Uwe Niehoff, Bernard Braun: Sozialmedizin und Public Health. 1. Auflage. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2003, ISBN 3-8329-0118-3.
  • F.W. Schwartz, B. Badura, R. Leidl, H. Raspe, J. Siegrist (Hrsg.): Das Public Health Buch. Gesundheit und Gesundheitswesen. 1. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München/ Wien/ Baltimore 1998, ISBN 3-541-17441-2.
  • Heiko Waller: Sozialmedizin. 5. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2002, ISBN 3-17-017015-5.

Siehe auch

Weblinks