Hildegard von Thüringen

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Wappen Wartburgkreis - Ludowinger Löwe und schwarze Henne auf grünem Dreiberg.

Hildegard von Thüringen (* um 1045; † 1104)[1], auch Hildegard von Schauenburg genannt, war die Stammmutter der Henneberger.

Leben und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Ehe (um 1060) Hildegards mit Poppo I. (* um 1030; † 1078)[1] reiht sich ein, in die ihrer Geschwister, die in zu den Territorien ihrer Eltern, Ludwig und Cäcilie, benachbarte Herrschaften einheirateten: Beringer nach Wettin/Camburg an der Saale, Uta nach Linderbeche bei Erfurt und Adelheid nach Wippra bei Sangerhausen.[2] Ihr Bruder Ludwig der Springer, nach der älteren Literatur zunächst mit der Tochter eines Sachsenherzogs Ulrich verheiratet[3], schließt erst 1085 die Ehe mit Adelheid von Stade, der verwitweten Pfalzgräfin von Sachsen auf der Burg Zscheiplitz, womit es ihm gelang in den hohen Adel einzuheiraten. Über das Leben Hildegards wie ihrer Geschwister ist wenig bekannt, selbst über den sagenumwobenen Ludwig den Springer. Ungewiss ist etwa, ob der 1015 in einer Urkunde Heinrichs II. genannte Graf, mit dem seltenen Namen Hamezo, in dessen Grafschaft im thüringischen Westergau u. a. Wanfried lag, ein Vorfahre Hildegards war. Der von Heinrich IV. 1085 als Halberstädter Bischof eingesetzte Hamezo wurde jedenfalls als avunculus Graf Ludwigs bezeichnet.[4][5][6]

Poppos I. Herkunft wird von Godebold und Poppo genannten Brüdern angenommen, die in enger Beziehung zum Kloster Fulda standen. Der Stammbaum der Henneberger beginnt jedoch mit Poppo I. und Hildegard. Ihr Sohn Poppo II. nannte sich nach dem Frankenstein bei Salzungen.[7] Ihr Sohn Godebold II. nannte sich als erster nach der Burg Henneberg. Die Burg lag an der Hohen Straße von Würzburg nach Thüringen und bestand schon im 10. Jahrhundert.[8] Poppo I. war, wie sein Schwager Ludwig, im Gefolge Heinrichs IV. zu finden. Er starb 1078 in der Schlacht bei Mellrichstadt. Ludwig der Springer wurde wahrscheinlich von Heinrich IV. 1080 zum Grafen erhoben.[9]

In zweiter Ehe heiratete Hildegard den edelfreien Thimo von Nordeck, der wohl im Besitz der Ruprechtsburg war.

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gotebold II. von Henneberg (* vor 1078; † 6. Februar 1144); ⚭ Luitgart von Hohenberg († 3. Juni 1145), Burggraf von Würzburg (1094), Domvogt (1102), Stifter Kloster Veßra (1131/1135)
  • Poppo II. von Frankenstein (* vor 1078; † 21. August 1118); ⚭ Beatrix von Gleichen († 1120), Stammvater der Herren von Frankenstein, Lichtenberg, Wasungen, Irmelshausen und Sternberg
  • N.N. Tochter; ⚭ Gozmar I. von Reichenbach († 1118/1119); Domvogt von Fulda (1108), Sohn von Gozmar, Hochvogt von Fulda (1062)
  • Gebhard von Nordeck (* ; † ), Gründer Cella St. Blasii, 1112 von Bischof Erlung von Würzburg, geweiht, im Besitz der Ruprechtsburg, verkaufte die Burg Nordeck an seinen Halbbruder Gotebold II. von Henneberg.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbindung Hildegards und Poppos I. wirkte lange nach. So ist von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Ludowingern und Hennebergern, deren Territorien direkt aneinander grenzten, nichts bekannt. Bekannt ist nur eine Auseinandersetzung zwischen Ludwig IV. und Poppo VII. - Ludwig war von Dietrich dem Bedrängten, Markgraf von Meißen als Vormund für seinen unmündigen Sohn, Heinrich III. bestimmt worden. Ludwig, der die Markgrafschaft ab 1221 tatsächlich verwaltete, drängte seine Schwester Jutta, Heinrichs Mutter und Markgräfin von Meißen mit der Zeit aus der Regierung. Jutta heiratete nun 1223 heimlich, ohne Zustimmung Ludwigs Poppo VII. Dass der resultierende Konflikt zwischen Ludwig und Poppo sehr schnell beigelegt wurde, kann man auf die noch wache Erinnerung an die gemeinsamen Urahnen, namentlich Hildegard zurückführen.[10]

Möglicherweise spielte Hildegards Ehe auch beim Erwerb der Wartburg durch Ludwig den Springer eine Rolle, die nach der Reinhardsbrunner Geschichtsschreibung 1067 auf Frankensteiner Land (Metilstein)[11], Lehensmänner Fuldas und Heinrichs IV., gegründet wurde. Dieses Land, ein bewaldeter Höhenrücken, gehörte zur Mark Lupnitz, die bis ins Tal der Elte reichte.[12], deren Wildbann das Kloster Fulda 1014 von Heinrich II. erhalten hatte. Wahrscheinlich bestand auf dem Höhenrücken bereits sehr früh eine Warte, denn das Gelände unterhalb, nahe Stedtfeld, wo die Via Regia (auch Antsantvia oder Hohe Straße genannt) aus dem Wald ins Hörseltal trat und die Via Regia Lusatiae von Norden her auf selbige traf, war sehr gut einsehbar.[13] Das Gelände an der Hörsel heißt noch heute Spicke (von lat. specio = ausspähen, oberdeutsch spicken[14]).[15] Der prächtige Palas der Wartburg wurde allerdings erst ab den 1150er Jahren, und zwar nicht auf altem Fundament, sondern völlig neu angelegt.[16]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Eckhard Preuschhof: Ahnen der Geschwister Preuschhof. 2. Auflage. Band 2. BoD, 2024, ISBN 978-3-7583-2551-9, S. 602.
  2. Tobias Weller: Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert. In: Rheinisches Archiv. Band 149. Böhlau, Köln 2004.
  3. Herrmann Wagener: Neues Conversations-Lexikon. F. Heinicke, Berlin 1863, S. 443 (Ludwig der Springer).
  4. Rudolf Meyer: Die Domkapitel zu Goslar und Halberstadt in ihrer persönlichen Zusammensetzung im Mittelalter. In: Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Band 5. Vandenhocck & Ruptecht, Göttingen 1967, S. 268.
  5. Johannes Fritsch: Die Besetzung des Halberstädter Bistums in den vier ersten Jahrhunderten seines Bestehens. Diss. phil. Halle 1913, S. 33 (Anmerkung 2).
  6. Theodor Knochenhauser: Geschichte Thüringens zur Zeit des ersten Landgrafenhauses (1039-1247). Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1871. OUTLOOK, 2022, ISBN 978-3-368-22033-4, S. 42 f.
  7. Anonym: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Alterthumskunde. Neue Folge, Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1878. 1. Auflage. Band 1. Anatiposi (BoD), 2023, ISBN 978-3-382-06308-5, S. 399.
  8. Ines Spazier: Die Burgruine Henneberg in Südthüringen - Stammburg der Henneberger Grafen. In: Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (Hrsg.): Weimarer Monographien zur Ur- und Frühgeschichte. Band 44, Nr. 1. Beier & Beran, Archäologische Fachliteratur, Langenweissbach 2017, ISBN 978-3-95741-057-3, S. 83 ff.
  9. Karl Robert Wenck: Ludwig der Springer. In: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Allgemeine Deutsche Biographie. Band 19, 1884, S. 589 f. (wikisource.org [abgerufen am 13. Mai 2024]).
  10. Janis Witowski: Graf Poppo VII. von Henneberg - Ein thüringisch-fränkischer Herrschaftsträger zur Stauferzeit. In: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen. Kleine Reihe. 1. Auflage. Band 62. Böhlau, Köln 2022, ISBN 978-3-412-52328-2, S. 101 f.
  11. Werner Mägdefrau: Mittelalterliches Thüringen 1024-1130. 4. Auflage. Rockstuhl, Bad Langensalza 2015, ISBN 978-3-932554-49-0, S. 67 ff.
  12. Volker Schimpf: Die Heden-Orte in Thüringen. In: Concilium medii aevi. Band 11, 2008, S. 40 (Anmerkung 92).
  13. Gerd Bergmann: Straßen und Burgen rund um Eisenach. MFB Verlagsgesellschaft, Eisenach 1993.
  14. Ludwig Doederlein: Lateinische Synonyme und Etymologien. Vierter Theil. Friedr. Christ. Wilh. Vogel, Leipzig 1831, S. 310.
  15. Mark Escherich, Christian Misch, Rainer A. Müller: Entstehung und Wandel mittelalterlicher Städte in Thüringen. 1. Auflage. Lukas, Berlin 2007, S. 176 f.
  16. Ulrich Klein: Die Gründung der Wartburg – Mythos und Befund. In: Mitteilungen der DGAMN: Gründung im archäologischen Befund. Band 27, 2014.