Johann Michael Scheffelt

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Johann Michael Scheffelt

Johann Michael Scheffelt (* 14. März 1795 in Mundingen; † 13. November 1853[1] in Williamsville[2]) war Vogt von Steinen und republikanischer[3] Abgeordneter der 2. Kammer der badischen Ständeversammlung und der badischen verfassunggebenden Versammlung von 1849.

Leben

Scheffelt war der Sohn des Richters und Almosenpflegers von Mundingen, Johann Jakob Scheffelt (1755–1813), und dessen zweiter Ehefrau, Susanne Brodbeck († 1796).[4] Seine Ausbildung erhielt er am Pädagogium Lörrach und der Fellenbergschule in Hofwil.

Am 4. März 1818 heiratete er Verena Grether aus Tumringen die Tochter des Tumringer Vogts Onophrion Grether.[5] Mit ihr hatte er drei Söhne, Ernst Friedrich (1819–1866), Ludwig Onophrion (1822–1858) und Johann Friedrich (1827–1851).[6]

Er war Landwirt und Gastwirt[7] und betrieb auch eine Brauerei. 1844 bezog er mit seiner Familie in Steinen einen Neubau, das heutige Gasthaus zur Sonne.

Der Vogt von Steinen

Am 1. April 1818 zog Scheffelt nach Steinen, wo er den Hof seiner verwitweten Tante übernahm. Aufgrund seiner in Hofwil erworbenen Kenntnisse führte er in seiner Landwirtschaft neue Methoden ein und wechselte beispielsweise von der Dreifelderwirtschaft zur Fruchtwechselwirtschaft. Sein Erfolg machte seine Landwirtschaft zum Vorbild für die örtlichen Bauern. 1820 wurde er in den Bürgerausschuss gewählt und 1822 wurde er Vogt von Steinen und Höllstein. Er nahm dieses Amt bis 1832 wahr und machte sich insbesondere durch die Initiierung von Hochwasserschutzmassnahmen an Steinenbach und Wiese verdient. 1836 wurde er von der Gemeinde mit der Abwicklung der Zehntablösung beauftragt.

Der Politiker

Er war Mitglied der badischen Ständeversammlung (1835 bis 1841) für den Wahlbezirk der Ämter Schopfheim und Kandern[8] und 1841 bis 14. Mai 1849 für den Wahlbezirk des Amtes Lörrach[9] und zählte in der badischen Kammer zu den Republikanern. Vom 10. Juni 1849 bis 28. Juni 1849 (während der badischen Revolution) war Scheffelt Mitglied der badischen verfassunggebenden Versammlung.[10]

Nach dem Einmarsch der Preußen in Baden 1849 floh Scheffelt zunächst nach Langenbruck in der Schweiz und emigrierte dann in die USA. Er kam am 6. November 1849 mit der Hannah Brooker als Michel Schefelt gemeinsam mit dem 28 Jahre jüngeren Louis Schefelt in New York an[11] und bewirtschafte danach einen kleinen Bauernhof in Williamsville bei Cheektowaga im Staat New York, USA.[12] [13] Scheffelt betrieb Gemüseanbau und hielt sich wenige Stücke Milchvieh.

In Baden wurde er am 28. Januar 1850 wegen Hochverrats zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Sein Vermögen war bereits am 16. Juli 1849 beschlagnahmt worden. Erst im Juni 1851 wurde es freigegeben, wobei seine Söhne 3000 Gulden an den Staat abführen mussten.[14]

Hecker über Scheffelt

Am 19. April 1848 - einen Tag vor dem Gefecht auf der Scheideck kam Friedrich Hecker mit seiner Freischar durch Steinen. In seinen Erinnerungen schrieb er: „Auch hier traf ich einen alten lieben Freund, den Abgeordneten Scheffelt aus der badischen Deputiertenkammer, der in Steinen wohnhaft ist. Ein schlichter, verständiger Mann, dessen politisches Leben nicht eine Stunde der Sache des Volkes untreu geworden ist. Sein Empfang war der eines betrübten und besorgten Freundes, er glaubte nicht an das Gelingen des Zuges, ich mochte sagen, was ich wollte.“[15]

Gedenken

In seinem Geburtsort, Emmendingen-Mundingen, gibt es eine Johann-Michael-Scheffelt-Straße.

Literatur

  • Ernst Friedrich Bühler: Johann Michael Scheffelt 1795–1853. In: Ekkhart-Jahrbuch 1968, S. 121–136
  • Ernst Friedrich Bühler: Johann Michael Scheffelt. In: Steinen. Chronik eines Dorfes, Lörrach-Haagen 1982, S. 240-251
  • Ulrich Peter Ecker: „Nein, lieber will ich in einem Lande wohnen, wo man die Freiheit als das höchste menschliche Glück betrachtet!“ Die Korrespondenz des badischen Republikaners Johann Michael Scheffelt zwischen 1849 und 1853. In: Schau ins Land, Band 116, 1997, S. 291-360 online bei UB Freiburg
  • Albrecht Krause, Sabrina Müller: Séparés par la nationalité, unis par la liberté. Haus der Geschichte Baden-Württemberg, 1998, Seite 234 (Mit Portrait von Scheffelt)
  • Jan Merk: „... und glaubet, daß ich in Amerika zu gebrauchen bin.“ Briefe von Johann Michael Scheffelt und Wilhelm Wagner aus der Emigration. Eine Auswahl. In: Allmende Nr. 56/57 (1998), S. 116-140.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag auf der Homepage der Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA bei der Universität Oldenburg
  2. gem. dem bei Ecker abgedruckten Briefverkehr befand sich die Farm Chectowaga in Williamsville
  3. Joachim Rumpf: Über die „Freiheit“. Einige Überlegungen und Erfahrungen, S. 4
  4. s. Bühler S. 240
  5. s. Bühler S. 242; mit dessen Sohn - der ebenfalls Onophrion hieß - führte Scheffelt später aus dem amerikanischen Exil einen regen Briefverkehr
  6. s. Bühler S. 248
  7. Albrecht Krause; Sabrina Müller; Haus der Geschichte Baden-Württemberg: Séparés par la nationalité, unis par la liberté. Haus der Geschichte Baden-Württemberg, 1998, Seite 234 (Mit Portrait von Scheffler).
  8. siehe Liste der Mitglieder der Badischen Ständeversammlung 1835
  9. siehe Liste der Mitglieder der Badischen Ständeversammlung 1846
  10. für die bei Bühler S. 247 zu findende Aussage, dass Scheffelt zu den Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung findet sich kein Beleg; in der Datenbank Frankfurter Nationalversammlung online ist kein Eintrag für Scheffelt vorhanden; auch im Vorparlament war er gem. der Mitgliederliste auf www.bundesarchiv.de nicht vertreten. Es gab einen Joseph Scheffold aus Dürrheim mit dem Scheffelt allenfalls verwechselt wurde
  11. Eintrag auf der Homepage der Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA bei der Universität Oldenburg; auf dem gleichen Schiff kam auch Christian Friedrich Kiefer nach Amerika
  12. Inhaltsverzeichnis K1/124 Nachlass Johann Michael Scheffelt (1795-1853) im Stadtarchiv Freiburg im Breisgau
  13. Eintrag auf dem Landesbildungs-Server Baden-Württemberg
  14. s. Ecker S. 296
  15. Friedrich Hecker: Die Erhebung des Volkes in Baden für die deutsche Republik im Frühjahr 1848, Schabelitz, Basel 1848, S. 54 online bei der Badischen Landesbibliothek.