Kaschmir-Konflikt

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Gebietsansprüche in Kaschmir:
Unter indischer Kontrolle (Bundesstaat Jammu und Kashmir, von Pakistan beansprucht)
Unter pakistanischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Asad Kaschmir)
Unter pakistanischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Gilgit-Baltistan)
Unter chinesischer Kontrolle, von Indien beansprucht (Aksai Chin)
Shaksgam-Tal (von Pakistan an China abgetreten, von Indien nicht anerkannt und beansprucht)

Der Kaschmir-Konflikt ist ein Territorialkonflikt um das Gebiet des ehemaligen, 1947 aufgelösten indischen Fürstenstaats Jammu und Kashmir. Die Konfliktparteien sind Indien, Pakistan und die Volksrepublik China, die jeweils Anspruch auf Teile des umstrittenen Territoriums erheben, bzw. diese Gebiete unter Kontrolle halten.

Wesentlich aufgrund des Kaschmir-Konfliktes kam es zu fünf Kriegen: den indisch-pakistanischen Kriegen von 1947 bis 1949, 1965, 1972 (hier waren allerdings wesentlich die Ereignisse in Bangladesch dominierend) und 1999, sowie zum indisch-chinesischen Grenzkrieg von 1962. Alle drei Konfliktparteien verfügen mittlerweile über Nuklearwaffen. Die Vereinten Nationen unterhalten seit 1949 eine Beobachtermission (UNMOGIP) im Grenzgebiet.

Historische Hintergründe

Vorgeschichte und Kolonialisierung durch die Briten

Seit dem 10. Jahrhundert drang der Islam allmählich in Indien ein. Nach und nach gerieten zunächst der Punjab und später Kaschmir unter islamische Herrschaft und ein wesentlicher Teil der Bevölkerung nahm die islamische Religion an. Nach der Schlacht bei Panipat 1526 wurde das Mogulreich von islamischen Eroberern in Nordindien begründet, das zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung um 1700 herum große Teile des indischen Subkontinents umfasste. Auch Kaschmir gehörte zum Mogulreich. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurde das Mogulreich zunehmend geschwächt, was Invasionen von außerhalb ermöglichte. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts etablierte sich im Osten des Iran, in Afghanistan und Pakistan das Durrani-Reich, das auch die Kontrolle über Kaschmir gewann. Von Bengalen aus drang die Britische Ostindien-Kompanie vor. In der Schlacht bei Plassey 1757 besiegte ein britisches Kontingent unter Robert Clive eine weit größere Armee des Mogulherrschers, der anschließend ganz Bengalen an die Britische Ostindien-Kompanie abtreten musste. Das Mogulreich verfiel in den folgenden Jahrzehnten weiter und wurde schließlich nach dem Indischen Aufstand von 1857 ganz von den Briten annektiert.

Auch das Durrani-Reich erwies sich als nicht sehr langlebig. 1819 wurde Kaschmir durch das Sikh-Reich im benachbarten Punjab erobert. Das Sikh-Reich geriet jedoch auch mit der Britischen Ostindien-Kompanie in Konflikt und wurde von dieser im Ersten Sikh-Krieg militärisch besiegt. Der Sieg der Briten wurde wesentlich durch den Verrat einzelner Heerführer in der Sikh-Armee begünstigt. Gewissermaßen als Belohnung für seinen Verrat erhielt der Heerführer Gulab Singh 1846 den Titel eines Maharadschas und das Herrschaftsgebiet über Jammu und Kashmir. Kurz danach brach ein Aufstand im Punjab aus, der dazu führte, dass der gesamte ehemalige Sikh-Staat nach dem Zweiten Sikh-Krieg von der Britischen Ostindien-Kompanie annektiert wurde. Jammu und Kashmir wurde ein Fürstenstaat innerhalb Britisch-Indiens unter der durch Gulab Singh begründeten hinduistischen Dynastie.

Die Teilung des Indischen Subkontinents

Im Jahr 1885 wurde der Indische Nationalkongress gegründet, der als eines seiner Ziele die vermehrte Mitsprache von Indern in der kolonialen Verwaltung proklamierte. Unter der Führerschaft Mohandas Karamchand Gandhis wandelte sich der Kongress zu einer Massenbewegung, die Selbstverwaltung für Indien innerhalb des Britischen Weltreichs forderte. Im Kongress arbeiteten auch Muslime an führenden Positionen mit. 1905 gründeten Muslime die Muslimliga, um vermeintliche Muslim-Interessen besser zu vertreten. Der Muslim-Hindu-Gegensatz weitete sich aus und wurde auch durch die Briten begünstigt, die in den Muslimen weniger rebellische Untertanen sahen. In der Lahore-Resolution 1940 forderte die Muslim-Liga einen eigenen Muslim-Staat auf der Grundlage der sogenannten Zwei-Nationen-Theorie. Dieser Muslim-Staat „Pakistan“ solle alle mehrheitlich von Muslimen bewohnten Provinzen Indiens umfassen.

Im August 1947 erhielten die beiden Staaten Indien und Pakistan ihre Unabhängigkeit. Die unter direkter britischer Herrschaft stehenden Provinzen waren zuvor entlang der Religionsgrenzen geteilt worden. Mehrheitlich muslimische Gebiete kamen an Pakistan und mehrheitlich hinduistische, sowie Sikh-Gebiete an Indien. Insbesondere betraf dies die beiden Provinzen Bengalen und Punjab, in denen sowohl Hindus als auch Muslime lebten. Die Angehörigen der verschiedenen Regionen lebten jedoch seit Jahrhunderten nicht vollständig voneinander getrennt, sondern in den mehrheitlich muslimischen Gebieten des Punjab und Bengalens gab es zahlenmäßig starke Hindu-Minderheiten, und umgekehrt. Kurz nach der Teilung kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen die jeweiligen Minderheiten. Nach Millionen zählende Flüchtlingsströme von Hindus nach Indien und Muslimen nach Pakistan waren die Folge.

Den zahlreichen indischen Fürstenstaaten war freigestellt, welchem der beiden Staaten, Indien oder Pakistan sie sich anschließen wollten. Den allermeisten kleinen Fürstenstaaten im Binnenland blieb realistischerweise keine andere Möglichkeit, als sich dem nächstgelegenen bzw. sie umgebenden Staat anzuschließen. Sie erhielten dabei umfangreiche Privilegien, u. a. eine Apanage durch den jeweiligen Staat garantiert und blieben häufig nominell weiterhin Oberhaupt der Verwaltung ihres ehemaligen Staates. Die beiden größten Fürstenstaaten waren Hyderabad in Südindien und Kaschmir im Norden. Beide Fürsten zögerten mit einer Anschlusserklärung und versuchten eine Weile, eine unabhängige Politik zwischen Pakistan und Indien zu betreiben. Die Jammu & Kashmir National Conference (JKNC), eine Partei in Jammu und Kashmir, die mehrheitlich aus Muslimen bestand, äußerte sich gegen einen Anschluss an Pakistan. Um den Anschluss des Fürstentums Kaschmir an Pakistan zu beschleunigen entsandte letzteres Freischärler und später auch reguläre pakistanische Truppen. Als die Invasoren der Hauptstadt Srinagar immer näher kamen, bat der Maharaja von Jammu und Kaschmir, Hari Singh, Indien um Hilfe. Indien bot ihm diese unter der Bedingung, dass er den Anschluss seines Landes an Indien erklärte. Nachdem der Maharaja dem Beitritt zu Indien zugestimmt hatte, sandte Indien ein großes Aufgebot an Truppen nach Kaschmir. Es kam zu einem raschen Sieg der indischen Truppen.

Die Kriege um Kaschmir

Die indischen Kampfhandlungen in Kaschmir begannen am 27. Oktober 1947 (Erster Indisch-Pakistanischer Krieg). Die Aufgabe der indischen Armee war, die pakistanischen Invasoren aus dem Tal von Kaschmir zu vertreiben. Diese zogen sich dann bis Muzaffarpur zurück, wo Azad Kashmir (freies Kaschmir) ausgerufen wurde. Die „Northern Territories“ gehörten damals nicht zu Azad Kaschmir, sondern zu Pakistan. Lord Mountbatten wollte für eine Übergangszeit Generalgouverneur beider Nachfolgestaaten werden. Jinnah durchkreuzte jedoch diesen Plan. Da er in Pakistan den Posten des Generalgouverneurs wählte, beherrschte er seinen Staat mit Hilfe von Armee und Bürokratie. Anfang 1948 wurde die UNCIP (United Nations Commission for India and Pakistan) gegründet. Diese strebte eine politische Lösung, mit einer Volksabstimmung als Ziel an. Die indische Armee eroberte im Mai 1948 Kargil und stieß 80 km weiter vor bis an einen Punkt, der später der Endpunkt der Waffenstillstandslinie werden sollte. Das Waffenstillstandsabkommen (Karachi Agreement) wurde am 27. Juli 1949 abgeschlossen, welches unzureichend war, da die Waffenstillstandslinie nicht exakt festgelegt wurde. Nur in den Gebieten, die umkämpft waren existierte die Waffenstillstandslinie, nicht jedoch im nördlich gelegenen Hochland. Die Grenze wurde in etwa über den Siachen-Gletscher festgelegt. Nach 1949 gab es eine längere Zeit des Waffenstillstands.

Pakistan orientierte seit 1954 Richtung Westens, während Indien zur Sowjetunion einging, aber bündnisfrei blieb. Nachdem Indien 1962 im Grenzkrieg mit China eine Niederlage erlitten hatte, schloss Pakistan ein Bündnis und einen Grenzvertrag mit China ab. Ab 1962 begann Indien aufzurüsten, weswegen Pakistan Indien den Krieg erklärte (Zweiter Indisch-Pakistanischer Krieg). Muhammed Ayub Khan griff am 1. September 1965 die einzige Verbindung nach Kaschmir an. Am 26. September 1965 wurde der Waffenstillstand ausgerufen.

Der Krieg 1971 (Dritter Indisch-Pakistanischer Krieg, auch Bangladesch-Krieg), der mit einer Kapitulation Pakistans endete, hat Kaschmir zuerst nicht betroffen. Im Shimla-Abkommen von 1972 wurde die Waffenstillstandslinie in Line of Control umbenannt.

Entwicklung zwischen 1947 und 1982

Sheikh Abdullah wollte ein unabhängiges Kaschmir, das ein säkularer, sozialistischer Staat sein sollte. Er setzte die Bodenreform um und kam so in einen Konflikt mit dem Maharaja. Indien bemühte sich für die schrittweise Eingliederung von Kaschmir. Kaschmir hatte die Oberhoheit über Außenpolitik, Verteidigung und Kommunikation an Indien abgetreten, ansonsten blieb es autonom. Im Juli 1952 wurde mit dem Delhi-Abkommen diese Autonomie bekräftigt und Kaschmir bekam eine eigene Flagge. S. Abdullah wollte weiterhin einen völlig unabhängigen Staat, weswegen Indien misstrauisch wurde und ihn ins Gefängnis steckte. Er kam zwar wieder frei, wurde aber wegen seiner Forderung, eine Volksabstimmung durchzuführen, bald wieder inhaftiert. Er wurde dann 1968 freigelassen, durfte aber nicht an den Wahlen 1972 teilnehmen, die er aller Wahrscheinlichkeit nach gewonnen hätte. Die „Plebiscite Front“, die sich für Volksabstimmungen einsetzte, wurde jedoch wieder zugelassen.

Das Abkommen mit Indira Gandhi, der „Kashmir Accord“ war eine Art Kapitulation für ihn. Es gab nun keine Neuwahlen mehr in Kaschmir und er wurde auf Befehl Indira Gandhis eingesetzt und war ihr somit unterstellt. Indira Gandhi ließ 1975 in Indien den Notstand ausrufen und regierte mit diktatorischen Vollmachten, was 1977 zu ihrer Wahlniederlage führte. Es kam zu Neuwahlen in Kaschmir und Jammu in denen Sheikh Abdullah als Sieger hervorging und hiermit demokratisch legitimierter Ministerpräsident war. 1980 kehrte Indira Gandhi wieder an die Macht zurück. In Kaschmir war die junge Generation Muslime enttäuscht, da kaum Arbeitsplätze vorhanden waren. Ein Drittel des Staatsdienstes war durch kaschmirische Pandits besetzt. Es kam zu Pogromen, die dazu führten, dass die meisten Hindus aus dem Tal Kaschmir fliehen mussten, Diese Pogrome wurden vom islamischen Fanatismus angetrieben. Die Region wurde zu einem „Pulverfass“, dessen Explosion der Sheikh Abdullah noch eine Zeit lang zu verhindern vermochte.

Entwicklung ab 1982

Farooq Abdullah wurde 1982 nach dem Tod seines Vaters Sheikh Abdullah dessen Nachfolger als Parteiführer der JKNC und Chief Minister von Jammu und Kashmir. Die indische Premierministerin Indira Gandhi versuchte, ihn aus machtpolitischem Kalkül heraus zu stürzen. Dies gelang ihr und von 1984 bis 1986 gelangte ihr Kandidat Ghulam Mohammad Shah auf den Posten des Chief Ministers. Die Unzufriedenheit und damit einhergehende Unruhen nahmen in Jammu und Kashmir jedoch derartig zu, dass der Bundesstaat 1986 für einige Monate unter direkte Kontrolle der Zentralregierung (president’s rule) gestellt werden musste. Danach wurde wieder Farooq Abdullah, der sich inzwischen mit der Kongresspartei verbündet hatte, Chief Minister. Die Wahlen zum Parlament 1987 gewann die Koalition aus JKNC und Kongresspartei, jedoch wurde die Wahl weithin als grob gefälscht angesehen. Der dreiste Wahlbetrug führte zu einer Radikalisierung der Opposition.[1]

Todesopfer aufgrund von terroristischer Gewalt in Jammu und Kashmir 1988 bis 2015
Todesfälle aufgrund von terroristischer Gewalt
in Jammu und Kashmir 1988 bis 2015*[2]
Jahr Todesfälle
Zivil-
personen
Sicherheits-
personal
Terroristen Gesamt
1988 29 1 1 31
1989 79 13 0 92
1990 862 132 183 1177
1991 594 185 614 1393
1992 859 177 873 1909
1993 1023 216 1328 2567
1994 1012 236 1651 2899
1995 1161 297 1338 2796
1996 1333 376 1194 2903
1997 840 355 1177 2372
1998 877 339 1045 2261
1999 799 555 1184 2538
2000 842 638 1808 3288
2001 1067 590 2850 4507
2002 839 469 1714 3022
2003 658 338 1546 2542
2004 534 325 951 1810
2005 521 218 1000 1739
2006 349 168 599 1116
2007 164 121 492 777
2008 69 90 382 541
2009 55 78 242 375
2010 36 69 270 375
2011 34 30 119 183
2012 16 17 84 117
2013 20 61 100 181
2014 32 51 110 193
2015* 15 25 55 95
Gesamt* 14.719 6170 22.910 43.799
* bis einschließlich August 2015

Nach der Wahlniederlage der Kongresspartei bei der gesamtindischen Wahl 1989 wurde Vishwanath Pratap Singh Premierminister. Kurz nach der Regierungsbildung kam es zur Entführung der Tochter des aus Kashmir stammenden indischen Innenministers Mohammad Sayeed durch Terroristen, was einen härteren Kurs der Regierung zur Folge hatte. Jagmohan wurde als Gouverneur nach Srinagar entsandt. Farooq Abdullah trat deswegen zurück. Bald danach kam es zu einem blutigen Massaker, bei welchen Sicherheitskräfte auf Demonstranten schossen. Hiermit hatte die Zeit des Staatsterrors und der mörderischen Militanz der Rebellen begonnen. Jagmohan glaubte, die Pandits retten zu müssen, da er Angst hatte vor Pogromen, und führte eine riesige Evakuierung durch. Einige Pandits blieben jedoch.

Nach der sowjetischen Invasion Afghanistans 1979 lichteten sich die Reihen der Rebellen nicht, da es immer noch einen ständigen Zustrom an islamischen Glaubenskämpfern gab. Nach dem Rückzug der Sowjetunion aus Afghanistan wurden diese dort nicht mehr gebraucht. Die ISI (Inter-Services Intelligence) wurde durch den pakistanischen Präsidenten Zia gegründet. Sie war zum einen ein effizienter militärischer Abschirmdienst, zum anderen für den Einsatz und die Rüstung islamischer Glaubenskrieger zuständig. Die ISI verfolgte eine eigene Politik und wurde zu einem großen Teil durch amerikanische Gelder finanziert. Außerdem lockte Zia eine große Zahl von Taliban ins Land. Die Direktoren fanden in den jungen afghanischen Flüchtlingen gute Rekruten.

Beide Parteien beanspruchten den gesamten Siachengletscher. Seit 1984 kommt es dort stets zu Kämpfen. Eigentlich geht es bei diesem Kampf nicht um den Gletscher, sondern um den Zugang zum südlichen Karakorum-Pass. Indien hatte im Krieg zwischen 1959 und 1962 einen Teil des Staates Jammu und Kaschmir an China verloren. Deswegen wurde der Karakorum-Pass überhaupt so wichtig, da er eine wichtige Handelsverbindung zwischen Kaschmir und China wurde. In Kaschmir bildeten sich viele radikale Parteien und Terroristenorganisationen mit völlig verschiedenen Interessen aus. Einige wollte einen säkularen, unabhängigen Staat. Andere wie die HUM wollen einen islamischen Staat und sind bereit ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen. Der Terror richtete sich auch gegen prominente Führer aus den eigenen Reihen. Vielfach waren die Opfer religiöse, fundamentalistische Führer, aber auch unter den „normalen“ Politikern gab es Opfer.

Indien setzte in der Folge immer mehr Sicherheitskräfte in Kaschmir ein. Das zeigte jedoch keinen Erfolg. 1985 wurde die „National Security Guard“, eine nationale Sicherheitswache gegründet. Sie umfasste etwa 7500 Spezialisten. Die Landespolizei arbeitete jedoch ungern mit von der indischen Regierung gesandten Sicherheitskräften zusammen, was auch untereinander zu kleineren Auseinandersetzungen führte. Die verhafteten Terroristen wurden gefoltert und häufig auch getötet. Dies stachelte den Zorn der Terroristen aber nur weiter an.

Nach 1989 folgte eine ein Jahrzehnt andauernde Zeit schwacher indischer Regierungen, die zum Teil nur kurze Zeit amtierten. 1991 kam es erneut zu Wahlen, nach denen eine Minderheitsregierung der Kongresspartei gebildet wurde. Diese musste die inneren Probleme Indiens in den Griff kriegen, denn man stand aufgrund eines Zahlungsbilanzdefizit kurz vor dem Staatsbankrott. Die Kongresspartei beschloss die Liberalisierung der indischen Wirtschaft und die Abwertung der Währung, wie dies von der Weltbank gefordert wurde. In Indien selber kam es zu Konflikten zwischen Hindu-Nationalisten und islamischen Fundamentalisten. Nicht nur Jammu und Kashmir, sondern auch die Bundesstaaten Punjab und Assam waren schwer kontrollierbare Unruheherde.

1996 wurde erneut gewählt und danach auch endlich die 6 Jahre andauernde president's rule über Jammu und Kashmir aufgehoben, so dass Wahlen zum Bundesstaatsparlament abgehalten werden konnten, die von der „National Conference“ gewonnen wurden. Es entstand auch eine „dritte Kraft“, die aus mehr als einem dutzend Regionalparteien bestand. Es handelte sich zwar um eine Minderheitsregierung, aber sie wurde vom Nationalkongress geduldet. Nun war die Gelegenheit gekommen für Farooq Abdullah wieder an die Macht zu kommen. Die Wahlen wurden von der „außerparlamentarischen Opposition“ boykottiert, welche immer noch ein Problem für ihn darstellten.

Die Konfrontation zweier Atommächte

Indien verfolgte eine Politik der „nuklearen Ambiguität“. Niemand wusste genau, ob Indien im Besitz von Atomwaffen war. Das weltweite Erstaunen war umso größer, als Indien fünf Atomtests durchführte und damit an die Öffentlichkeit ging. Da US-Präsident Richard Nixon 1971 bereit war, auf Indien Atomwaffen abzusetzen und man wusste, dass er es nicht getan hätte, wenn Indien selbst Atomwaffen gehabt hätte, wurde das Atomprogramm von Indira Gandhi vorangetrieben. Pakistan sah diese Entwicklung und wurde von China mit der entsprechenden Technologie versorgt, die nötig war um Atomwaffen herzustellen. 1998 wurde die pakistanische Ghaurirakete getestet, worauf Indien seinerseits mit einer Testserie antwortete. Pakistan baute 1960 einen Forschungsreaktor, mit dem erste Schritte für den Bau einer Atombombe unternommen wurden. Bhutto wollte dadurch die Parität mit dem sonst übermächtigen Indien sichern. 1990 wurde von Pakistan offen erklärt, dass man die Atombombe hatte. Die Theorie der gegenseitigen Abschreckungen gilt in Südasien nicht. Vor allem Pakistan ist bereit einen nuklearen Erstschlag zu führen, wenn es sich von Indien bedroht fühlt. Da die Situation zwischen den Atommächten sich immer weiter zuspitzte, ging Vaypayee zu einer Friedensoffensive über. Es kam zu einem Treffen in Lahore, wo dieser demonstrativ Sharif umarmte. Das nützte jedoch kaum etwas, denn kurz darauf folgte der Angriff auf Kargil; dies enttäuschte Vaypayee sehr. Neue Gespräche kosteten ihn von da an große Überwindung.

Der Konflikt um Kargil

Die Operation im Raum Kargil wurde unter Zia ausgearbeitet. Sharif billigte im November 1998 den Plan von Musharraf. Die pakistanischen Kommandos besetzten die Höhenzüge. Auf der indischen Seite merkte man davon vorerst nichts. Erst als ihre Stellungen unter Artilleriebeschuss genommen wurden, merkte man dort, dass es sich um einen Großangriff handelte. Der Gegenschlag war umso energischer. Im Juni 1999 eroberten die indischen Truppen fast alle besetzten Gebiete zurück. US-Präsident Bill Clinton wollte vermitteln. Vajpayee nahm an und nach einigem Zögern auch Sharif. Er wurde von Clinton in Washington empfangen, was Sharif als Erfolg wertete, da er eine „Internationalisierung“ des Konfliktes erreicht hatte. Sharif wollte sich Musharrafs entledigen, doch dieser gewann die Oberhand und entledigte sich des Premierministers elegant. Er ließ ihn strafrechtlich verfolgen und drängte ihn ins Exil. Er übernahm erst später das Amt des Präsidenten und lässt erst nach 5 Jahren Wahlen durchführen. So sicherte er sich eine nahezu unanfechtbare Machtposition.

Die Krieg-in-Sicht-Krise

Den Auftakt zu dieser Krise bildete ein Terroranschlag auf das indische Parlament. (Hinter diesem Anschlag wird nicht die pakistanische Regierung vermutet.) Er diente allerdings dazu, einen Keil zwischen beide Länder zu treiben. Doch der Erfolg wurde im letzten Moment vereitelt. Trotzdem marschierten indische Truppen an die Grenze Pakistans auf. Musharraf sah sich bedroht und musste darauf bedacht sein einen Konflikt mit Indien zu de-eskalieren. Darauf folgte eine Friedensoffensive. An der Gipfelkonferenz (SAARC) Anfang 2002 schüttelte Musharraf Vajpayee demonstrativ die Hand. Die Spannungen waren vorübergehend reduziert. Doch Mitte Mai folgte ein Terroranschlag auf eine kleine indische Garnison. Vajpayee blieb besonnen. Seit 1999 ist es in Kaschmir unter Farooq Abdullah verhältnismäßig ruhig. Omar Abdullah wurde Staatsminister im indischen Außenministerium. Die Popularität Musharrafs nahm ab und die Fundamentalisten wollten ihn sogar umbringen. Deswegen führte er einige Raketentestflüge durch. Diese dienten v. a. als interne Machtdemonstration. Trotzdem waren Indien, die USA und die westlichen Mächte schockiert über diese Provokation.

In den letzten Jahren kamen scharenweise Vermittler nach Indien und Pakistan. Diese internationale Aufmerksamkeit kam Musharraf zugute. Der Höhepunkt war das asiatische Gipfeltreffen in Almaty. Niemand könnte etwas für Indien tun, außer den USA. Indien gestand schließlich den USA eine diplomatische Rolle bei der Lösung des Kaschmirkonflikts zu, ließ sie aber nicht die Rolle des Vermittlers übernehmen.

Siehe auch

Literatur

  • Rudolf Geiger: Die Kaschmirfrage im Lichte des Völkerrechts. Duncker & Humblot, Berlin 1970.
  • Rudolf Geiger: Kashmir. In: Rudolf Bernhardt u. a. (Hrsg.): Encyclopedia of Public International Law. Band 12, S. 195–200.
  • Patrick Hönig: Der Kaschmirkonflikt und das Recht der Völker auf Selbstbestimmung. Duncker & Humblot, Berlin 2000.
  • Mohammed Soeed Chaudry: Der Kaschmirkonflikt, seine Ursachen, sein Wesen sowie Rolle und Bemühungen der Vereinten Nationen. Weltforum Verlag, München 1996.
  • Sumit Ganguly: Conflict unending: India-Pakistan tensions since 1947. Columbia University Press, New York 2001.
  • Mushtaqur Rahman: Divided Kashmir: Old problems, new opportunities and for India, Pakistan and Kashmiri people. Lynne Rienner Publishers, London 1996.
  • Dietmar Rothermund: Krisenherd Kaschmir: Der Konflikt der Atommächte Indien und Pakistan. 2002.
  • Victoria Schofield: Kashmir in the crossfire. Tauris, London 1996.
  • Robert G. Wirsing: India, Pakistan and the Kashmir dispute: on regional conflict and ist resolutions. Saint Martin’s Press, New York NY 1994.
  • Hermann Kreutzmann: Streit um Kaschmir. In: Geografische Rundschau. Jg. 54, Nr. 3, 2002, S. 56–61.
  • N.N.: Autonomie, die letzte Chance für Kashmir. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. Juli 2000, Zürich, S. 35–38.
  • N.N.: Gefährliche Eskalation im Kashmir-Konflikt. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Juni 1999, Zürich, S. 21–25.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Altaf Hussain: Kashmir's flawed elections. In: BBC News. 14. September 2002, abgerufen am 18. Oktober 2014 (englisch).
  2. Fatalities in Terrorist Violence 1988 - 2015. South Asia Taerrorism Portal, abgerufen am 15. August 2015 (englisch).