Kirche Schmannewitz

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Kirche Schmannewitz und Pfarrhaus (Bildmitte)

Die Kirche Schmannewitz – im Volksmund wegen ihres Erbauers auch George-Bähr-Kirche Schmannewitz genannt – ist ein Kirchengebäude der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens in Schmannewitz, einem Ortsteil von Dahlen, im sächsischen Landkreis Nordsachsen. Die barocke Kirche wurde 1732 nach Plänen von George Bähr errichtet.

Gestalt und Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seitenansicht

Die barocke Dorfkirche wurde 1731–1732 als einschiffiger Sakralbau errichtet. Der achteckige Kirchturm und die Innenausstattung mit den Emporen stammen vom Ende des 18. Jahrhunderts.

Dass die Kirche einen besonderen Baumeister hatte, wurde erst Anfang der 1960er Jahre beim Umbau des Kirchturmes entdeckt.[1] Dabei kam ein acht Seiten umfassendes Dokument zum Vorschein, aus dem hervorging, dass der Entwurf für die Schmannewitzer Kirche von George Bähr, dem Baumeister der Frauenkirche in Dresden stammte.[2] Die Erneuerungen 1961/62 umfassten das Kupferdach und die Vergoldung der Kugel auf der Turmspitze. Auch die Turmuhr wurde generalüberholt.[1]

Die Kirche steht unter Denkmalschutz und wurde nach den historischen Plänen restauriert.

Im Jahre 2000 gab es eine umfassende Außenerneuerung, bei der der Putz größtenteils erneuert und beschädigte Sandsteingewände der Fenster repariert wurden. Auch wurde die Kirche vollständig angestrichen.

Die für George Bähr typischen Baumerkmale finden sich ebenfalls an und in diesem Bauwerk: Ebenso wie die Frauenkirche zu Dresden ist sie auch eher ein Zentralbau. Der Kirchturm steht nicht in westlicher und auch nicht ganz in östlicher Ausrichtung, vielmehr ist er am östlichen Ende etwas in Richtung Mitte des Kirchenschiffs gerückt. Typisch ist auch der Kanzelaltar mit der Kanzel oberhalb des Altars. Die Grundform der Kirche ist ein Kreuz.

Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2021 sollte das Kirchendach neu gedeckt und beschädigte Balkenköpfe repariert werden. Doch es zeigte sich, dass sich unter dem Fußboden auf dem Kirchendachboden offenbar seit Jahrzehnten Feuchtigkeit zwischen steinernem Sims und den Deckenbalken angesammelt und so Hausschwamm sowohl Balkenenden als auch die darunter liegende Holzschwelle zerstört hatte, die die Verbindung zum Sims bildete. Nun muss ein Betonringanker gegossen und mit Eisenstäben mit dem Sims verbunden werden. Auch wurden mehrere Balken mit starken Schäden über dem Altarraum festgestellt. Deshalb wurde der gesamte Altarraum eingerüstet, die Kirche ist nicht nutzbar. Die Kirchgemeinde muss für diese nicht geplante Sanierung zusätzlich mehr als 100.000 Euro aufbringen und hofft dafür auf Spenden.[3]

Innengestaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kanzelaltar
Tauflese, seltene Kombination aus Taufbecken und Lesepult

Bei der Innenerneuerung wurden auch die für das Barock typischen bleiverglasten Fenster eingesetzt und der Sandstein im Altarraum und Gang erneuert. Die gerundete freitragende Empore ist zur Sicherheit mit zwei Eisensäulen gestützt.

Die ursprünglichen Wandmusterungen und Farbgebungen wurden von dem Kunstmaler Taubert erneuert. Die Fassade des Kanzelaltars offenbart den ländlichen Barockstil der Ursprungsepoche. Die kunstvolle Bemalung von einfachem Holz sollte den Anschein einer hochwertigen und edlen Ausstattung mit Marmorsäulen, Samtvorhängen und Goldquasten erwecken.

Sehenswert ist auch die Tauflese – eine seltene Kombination aus Taufbecken und Lesepult –, die nicht zur Originalausstattung gehört. Von Pfarrer Gerhard Hemmann in einem schlechten Zustand entdeckt und von der Ateliergemeinschaft Rosi Schwabe und Stephan Türmer aus Dresden restauriert, ist sie seit dem Frühjahr 2008 in ihrer ursprünglichen Form zu sehen.

Die zweite Empore auf der Nordseite der Kirche (wo der Ofen steht) war ursprünglich nicht vorhanden. Sie stammt aus der Kirche zu Cröbern bei Leipzig; sie fiel zur DDR-Zeit dem Braunkohletagebau zum Opfer, für den die gesamte Ortschaft abgebaggert wurde.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Prospekt der Rühle-Orgel

Die dem barocken Klangideal nachempfundene Orgel schuf 1977 die Werkstatt für Orgelbau C. Rühle aus Moritzburg. Sie hat 17 Register, zwei Manuale und Pedal.

Die Vorgänger-Orgel wurde im Jahre 1887 durch die Firma Schrickel in Eilenburg umgebaut.[1]

Die Orgel (Spieltraktur: mechanisch, Art der Windladen: Schleiflade, Registertraktur: mechanisch, Stimmtonhöhe: 440 Hz) hat laut der Orgeldatenbank ORKASA[4] folgende Disposition:

I Manual
Principal 8′
Rohrflöte 8′
Octave 4′
Nassat 223
Waldflöte 2′
Mixtur III-IV 0
II Manual
Gedackt 8′
Rohrflöte 4′
Principal 2′
Quinte 113
Terz 135
Zimbel III 0
Pedal
Subbaß 16′
Octavbaß 08′
Cantus Firmus III 0
Posaune 16′
Dulcian 08′
  • Koppeln: Manualkoppel, Pedalkoppel I, Pedalkoppel II, Tremulant

Geläut[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche Schmannewitz hatte drei Bronze-Kirchenglocken. Während im Jahre 1824 sich „ein Umgießen der mittleren der drei Glocken durch eine Firma G. A. Janke in Leipzig als notwendig erwies, war dies bei der kleinen Glocke im Jahre 1878 erforderlich.“[1] Die mittlere Glocke mit dem Ton as und die kleine Glocke mit dem Ton c mussten im Zweiten Weltkrieg abgegeben werden und wurden eingeschmolzen.

Seit 1955 hat die Kirche folgendes vollständige Geläut: Die erste Glocke mit dem Ton fis′ wiegt 680 kg und stammt aus dem Jahr 1440. Die zweite Glocke a' wiegt 361 kg und war von der Glockengießerfamilie Schilling aus Apolda 1952 aus Bronzeschrott des Hamburger Glockenfriedhofs gegossen worden. Dieser Bronzeschrott war der Kirchgemeinde vom sächsischen Landeskirchenamt zugewiesen worden. Sie trägt den Akten zufolge die Jahreszahl 1952 und die Aufschrift „SOLI DEO GLORIA“. Die dritte Glocke, gestimmt auf den Ton d″ wiegt 172 kg und stammt aus dem Jahr 1907 (ebenfalls Schilling-Söhne) – sie war bis 1955 die kleine Glocke der Kirche Terpitz.[5]

Sonnenuhr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonnenuhr

Eine Besonderheit ist die am Kirchenschiff angebrachte historische Sonnenuhr mit den vier Jahreszahlen 1830, 1904, 1963 und 2000. Es handelt sich um eine Vertikalsonnenuhr.[6]

Kirchgemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Altardetail

Die Reformation wurde im herzoglichen Sachsen durch Herzog Heinrich den Frommen im Jahre 1539 eingeführt und n der Folgezeit auch in Schmannewitz.[1]

Die Kirchgemeinde Schmannewitz hat seit Januar 2018 keine eigene Pfarrstelle mehr.[7]

Die Pfarrer[8] der Kirche Schmannewitz:

  • 1550: Tungel, Johannes
  • 1567: Schreiber, Valentin; geboren 1529 in Bautzen
  • 1568: Themming, auch Thimmig, Abraham; geb. 1544 in Oschatz
  • 1596: Lönick, Georg; geb. 1551 in Lausa
  • 1596: Themming, auch Thimmig, Christian; geb. in Schmannewitz
  • 1630: Calbitz, Georg; geb. 1599 in Oschatz
  • 1638: Lorenz, Johann; geb. 1601 in Oschatz
  • 1663: Kreisel, Christian; geb. 1630 in Zschochau
  • 1692: Kreisel, Johann Tobias
  • 1707: Bratring, Markus; aus Perleberg
  • 1741: Lossius, Johann David; geb. 1707 in Rochlitz
  • 1790: Forbriger, Christian Friedrich; geb. 1758 in Glauchau
  • 1832: Schoch, Friedrich August; geb. 1768 in Dresden-N.
  • 1844: Engler, Johann Friedrich Traugott; geb. 1806 in Kleinböhla, heute Ortsteil der Stadt Dahlen
  • 1877: Hartlich, August Hermann; geb. 1823 in Chemnitz
  • 1888: Hanitzsch, Martin Theodor
  • 1889: Weicker, Gotthold (Gottlob); geb. 1833 in Chemnitz
  • 1902: Hühn, Georg Adolf; geb. 1859 in Ochsensaal
  • 1928: Männchen, Rudolf Eduard; geb. 1883 in Dresden
  • 1949–1978: Fischer, Gerhard
  • 1979: Hemmann, Gerhard[9]
  • 2018: Mette, Kathrin[7]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Varia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ofen in der Kirche, mit Holz befeuert
  • Die Kirche Schmannewitz wird nach wie vor (Stand: Februar 2020) von einem seitlich links im Kirchenschiff freistehenden, mit Holz befeuerten Ofen beheizt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Dorfkirche Schmannewitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Cornelius Gurlitt: Schmannewitz. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 28. Heft: Amtshauptmannschaft Oschatz (II. Teil). C. C. Meinhold, Dresden 1905, S. 270.
  • Sachsens Kirchengalerie – Die Inspection Oschatz. Dritter Band, vierte Abtheilung. Dresden 1840

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Otto Friedrich: Die Kirche zu Schmannewitz wurde von George Bähr geplant. In: Neue Zeit, 11. Juni 1986, S. 3 [Kirchen in unserem Land]
  2. Die George-Baehr-Kirche zu Schmannewitz auf dem Webportal outdooractive.com, abgerufen am 31. Januar 2020.
  3. Kirche außer Betrieb! Abgerufen am 8. September 2021.
  4. Informationen zur Orgel der Kirche Schmannewitz auf dem Webportal evlks.de, abgerufen am 10. Februar 2020.
  5. Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen – Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg.: Evangelisch-Lutherisches Landeskirchenamt Sachsens. 2. aktualisierte und ergänzte Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 354.
  6. Die Kirche Schmannewitz auf dem Webportal kirche-an-der-dahlener-heide.de (Memento des Originals vom 31. Januar 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kirche-an-der-dahlener-heide.de, abgerufen am 31. Januar 2020.
  7. a b Jana Brechlin: Pfarrerin Kathrin Mette wird in Schmannewitz verabschiedet. Leipziger Volkszeitung, Online-Portal, 9. Januar 2018. Abgerufen am 31. Januar 2020.
  8. Sächsisches Pfarrerbuch. Die Parochien und Pfarrer der Ev.-luth. Landeskirches Sachsens (1539-1939), Freiberg i. S. 1939/40, S. 587; DNB 560527977
  9. Angaben des Webportals pfarrerbuch.de, abgerufen am 10. Februar 2020.

Koordinaten: 51° 23′ 52,5″ N, 12° 59′ 4,9″ O