Konrad Paul Liessmann

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Konrad Paul Liessmann (* 13. April 1953 in Villach) ist Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Er ist Universitätsprofessor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen wurde er zum „Wissenschaftler des Jahres 2006“ ernannt. Am 28. Juli 2016 hielt er die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele.

Beruflicher Werdegang

Konrad Paul Liessmann studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie an der Universität Wien und schloss 1976 sein Magisterium ab, promovierte 1979 und habilitierte 1989. 2011 wurde er auf die Professur für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien berufen. Seine Liebe zur Literatur kam durch Karl May zustande.[1]

Seit 1996 ist er der wissenschaftliche Leiter des Philosophicum Lech und Herausgeber der gleichnamigen Buchreihe im Zsolnay-Verlag. Von 2002 bis 2006 war er Leiter des Friedrich-Heer-Arbeitskreises der Österreichischen Forschungsgemeinschaft und Herausgeber der Werke Friedrich Heers im Böhlau-Verlag.

Von Oktober 2004 bis Oktober 2008 war Liessmann an der Universität Wien Studienprogrammleiter für Philosophie und Bildungswissenschaft. Von 2008 bis 2012 war Liessmann Vizedekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft.[2] Von 2011 bis 2015 war er Vizepräsident der „Deutschen Gesellschaft für Ästhetik“. Außerdem ist er seit 2010 Vizepräsident der „Gesellschaft für Bildung und Wissen“, seit 2012 Gründungsmitglied und Obmann der „Internationalen Günther Anders-Gesellschaft“ und seit 2014 Leiter des Universitätslehrganges „Philosophische Praxis“ an der Universität Wien.

Liessmann veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche und essayistische Arbeiten zu Fragen der Ästhetik, Kunst- und Kulturphilosophie, Gesellschafts- und Medientheorie sowie Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts. Sein Denken ist von Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Adorno und vor allem von Günther Anders geprägt, zu dem er in dessen letzten Lebensjahrzehnt regelmäßigen persönlichen Kontakt pflegte. In einem Artikel, den Liessmann zum 80. Geburtstag von Günther Anders verfasste, schildert Liessmann die erste Begegnung mit Anders. Liessmann organisierte auch im Jahre 1991 das erste internationale Symposion zu Günther Anders in Wien und leitet seit 2012 ein Forschungsprojekt zur Erschließung des Nachlasses von Günther Anders.[3]

Liessmann beteiligt sich an öffentlichen Diskursen: Seine Kritik am aktuellen Bildungssystem durch die Kapitalisierung des Geistes veröffentlichte er vor allem in seinen Werken Theorie der Unbildung, Die Irrtümer der Wissensgesellschaft und Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Auch kontroverse Essays und Kommentare in den Feuilletons der Tageszeitungen Der Standard, Die Presse, NZZ und der Wochenzeitschrift profil behandeln aktuelle Fragen und Diskurse zu gesellschaftspolitischen Themen. Seit 2016 ist er regelmäßiger Gast der Sendereihe „Sternstunde Philosophie“ des Schweizer Fernsehens. Durch seine kontinuierliche Präsenz in den deutschsprachigen Medien prägt er das Bild des Faches Philosophie in der Öffentlichkeit.

Im Januar 2007 wurde Liessmann mit dem Titel „Wissenschaftler des Jahres 2006“ vom Club der österreichischen Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten ausgezeichnet. Diese Auszeichnung wird den Wissenschaftern vor allem für das Bemühen verliehen, ihre Arbeit und ihr Fach der breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen. Mit der Auszeichnung verbunden ist die Benennung eines Sterns nach Liessmann.

Zu seinem 60. Geburtstag wurde von zahlreichen Wissenschaftern und Personen des öffentlichen Lebens eine Festschrift verfasst, die sich auf Liessmanns berufliche Tätigkeit bezieht. Darin heißt es, seine Philosophie ließe sich in drei Dynamiken, von Gesellschaftstheorie zur Kulturkritik, vom Wissen zur Bildung und vom Schönen zum Kitsch unterteilen. Darin finden sich u. a. Beträge von Robert Pfaller, Martin Seel, Klaus Albrecht Schröder, Lambert Wiesing, Volker Gerhard, Andreas Gruschka, Franz Schuh und Barbara Schneider-Taylor.

Debattenbeiträge

Liessmann äußert sich regelmäßig zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. So sprach er sich dagegen aus, Donald Trump oder den FPÖ-Politiker Norbert Hofer als Rechtspopulisten zu bezeichnen, da sich hinter deren Bewegungen berechtigte Anliegen verbergen würden.[4] Zum Thema geschlechtergerechte Sprache fordert Liessmann gemeinsam mit anderen eine „Rückkehr zur sprachlichen Normalität“. Derzeit zwinge ein „minimaler Prozentsatz kämpferischer Sprachfeministinnen der nahezu 90-prozentigen Mehrheit ihren Willen auf“.[5] Beim Gendern der Sprache sei er „stockkonservativ“, so Liessmann.[6] Auch Anglizismen sehe er kritisch. So habe er sich lange "gegen den Anglizismus Handy verwehrt".[7] Liessmann war offensichtlich nicht bekannt, daß es sich bei dem Wort "Handy" überhaupt nicht um einen Anglizismus handelt.

Liessmann beteiligte sich an einer Festschrift für den ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.[8]

Ausgewählte Publikationen

Buchveröffentlichungen

  • Ästhetik der Verführung. Kierkegaards Konstruktion der Erotik aus dem Geiste der Kunst (= Anton Hain. Bnad 21). Hain, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-445-06021-5; Erweitere Neuausgabe: Sonderzahl, Wien 2005, ISBN 978-3-85449-241-2.
  • Ohne Mitleid. Zum Begriff der Distanz als ästhetische Kategorie mit ständiger Rücksicht auf Theodor W. Adorno. Passagen, Wien 1991.
  • Karl Marx *1818 +1989. Man stirbt nur zweimal. Sonderzahl, Wien 1992 (2. Auflage 1993).
  • Kierkegaard - Zur Einführung. Junius, Hamburg 1993 (2. Auflage 1999; 3. Auflage 2003; 4 Auflage 2010; chinesische Übersetzung 2010).
  • Der Aufgang des Abendlandes. Eine Rekonstruktion Europas. Sonderzahl, Wien 1994.
  • Der gute Mensch von Österreich. Essays 1980-1995. Sonderzahl, Wien 1995 (2. Auflage 1996).
  • Philosophie der modernen Kunst. WUV-Universitätsverlag, Wien 1993 (2. erweiterte Auflage 1994, 3. Aufl. 1998, UTB-Ausgabe 1999, 2. Aufl. der UTB-Ausgabe 2000, tschechische Übersetzung 2000; spanische Übersetzung 2006; russische Übersetzung 2010).
  • Vom Nutzen und Nachteil des Denkens für das Leben (= Vorlesungen zur Einführung in die Philosophie, Band 1.) WUV-Universitätsverlag, Wien 1997, ISBN 3-85114-345-0 (2. Auflage 1998, niederländische Übersetzung 1999).
  • Die großen Philosophen und ihre Probleme. Vorlesungen zur Einführung in die Philosophie 2. WUV-Universitätsverlag, Wien 1998 (2. Auflage 1999, niederländische Übersetzung 2000, UTB-Ausgabe 2001, 2. und 3. Auflage der UTB-Ausgabe 2003).
  • Philosophie des verbotenen Wissens. Friedrich Nietzsche und die schwarzen Seiten des Denkens. Zsolnay, Wien 2000 (2. Auflage 2000, 3. Auflage 2002).
  • Günther Anders. Philosophie im Zeitalter der technologischen Revolutionen. C. H. Beck, München 2002.
  • Kitsch! oder warum der schlechte Geschmack der eigentlich gute ist. Brandstätter, Wien 2002.
  • Reiz und Rührung. Über ästhetische Empfindungen. WUV-Universitätsverlag, Wien 2003; UTB Ausgabe 2008
  • Spähtrupp im Niemandsland. Kulturphilosophische Diagnosen. Zsolnay, Wien 2004, ISBN 978-3-552-05303-8.
  • Die Insel der Seligen. Österreichische Erinnerungen. Studienverlag, Innsbruck 2005.
  • Der Wille zum Schein. Über Wahrheit und Lüge. Zsolnay, Wien 2005, ISBN 978-3-552-05339-7.
  • Theorie der Unbildung. Die Irrtümer der Wissensgesellschaft. Zsolnay, Wien 2006, ISBN 978-3-552-05382-3 (2.-6. Aufl. 2006, 7. -15. Aufl. 2007, 17. Aufl. 2008; Taschenbuchausgabe (Piper) 2008; Tschechische und Kroatische Übersetzungen 2008, mazedonische Übersetzung 2012).
  • Zukunft kommt! Über säkularisierte Heilserwartungen und ihre Enttäuschung. Bibliothek der Unruhe und des Bewahrens im Styria-Verlag, Graz 2007.
  • Schönheit. UTB facultas.wuv Wien 2009.
  • Hodnota Clovéka. Filosoficko-politicke Eseje. Nadace Dagmar a Václava Havlovich VIZE 97. Praha 2010.
  • Das Universum der Dinge. Zur Ästhetik des Alltäglichen. Zsolnay, Wien 2010. (Tschechische und slowenische Übersetzung 2012, bulgarische Übersetzung 2014).
  • Bildung ist ein Lebensprojekt. Martin Kolozs im Gespräch mit Konrad Paul Liessmann. Studienverlag, Innsbruck 2011.
  • Lob der Grenze. Kritik der politischen Unterscheidungskraft. Zsolnay, Wien 2012, ISBN 978-3-552-05583-4.
  • Ein optimistischer Blick auf den Pessimismus. Wieser, Klagenfurt 2013 (gem. mit Bazon Brock).
  • Philosophie der modernen Kunst. Erweiterte Neuausgabe, Wien: facultas.wuv 2013.
  • Grenzen (in) der Kunst. (gemeinsam mit Thomas Daniel Schlee) Wieser, Klagenfurt 2014, ISBN 978-3-99029-122-1.
  • Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift. Zsolnay, Wien 2014, ISBN 978-3-552-05700-5.
  • Totgesagte leben länger. Karl Marx und der Kapitalismus im 21. Jahrhundert. Hanser, München 2015 (hanserbox E-Book).
  • Vom Kopf zur Hand, ... und dazwischen eine ganze Welt. Wieser, Klagenfurt 2015 (Gemeinsam mit Wolfgang Ullrich, Peter Strasser und Eduard Kaeser).

Hörfunkreihe

  • Denken und Leben. Annäherungen an die Philosophie in biographischen Skizzen. 5-teilige ORF-CD-Edition, Wien 1999 
  • Denken und Leben II. Annäherungen an die Philosophie in biographischen Skizzen. 4-teilige ORF-CD-Edition, Wien 2000 
  • Denken und Leben III. Annäherungen an die Philosophie des 20. Jahrhunderts in biographischen Skizzen. 5-teilige ORF-CD-Edition, Wien 2001 
  • Denken und Leben IV. Annäherungen an die Philosophie in biographischen Skizzen. Rebellen und Exzentriker. 4-teilige ORF-CD-Edition, Wien 2007
  • Erzählen und Denken. Michael Köhlmeier und Konrad Paul Liessmann im Dialog über Staat, Schönheit und Geld. 3-teilige ORF-CD-Edition, Wien 2011

Herausgeberschaften

  • Das Millennium. Essays zu tausend Jahren Österreich. Wien: Sonderzahl, 1996 (gem. mit Gernot Heiß). 
  • Faszination des Bösen. Über die Abgründe des Menschlichen. Wien München: Zsolnay, 1998 (=Philosophicum Lech 1)
  • Im Rausch der Sinne. Kunst zwischen Animation und Askese. Wien München: Zsolnay, 1999 (=Philosophicum Lech 2)
  • Perspektive Europa. Modelle für das 21. Jahrhundert. Wien: Sonderzahl, 1999 (gem. mit Gerhard Weinberger)
  • Die Furie des Verschwindens. Über das Schicksal des Alten im Zeitalter des Neuen. Wien: Zsolnay, 2000  (=Philosophicum Lech 3)
  • Der Vater aller Dinge. Nachdenken über den Krieg. Wien: Zsolnay, 2001 (=Philosophicum Lech 4)
  • Der listige Gott. Über die Zukunft des Eros. Wien: Zsolnay, 2002  (=Philosophicum Lech 5)
  • Die Kanäle der Macht. Freiheit und Herrschaft im Medienzeitalter. Wien: Zsolnay, 2003 (=Philosophicum Lech 6)
  • Ruhm, Tod und Unsterblichkeit. Über den Umgang mit der Endlichkeit. Wien: Zsolnay 2004 (=Philosophicum Lech 7)
  • Die Dichter und das Denken. Wechselspiele zwischen Literatur und Philosophie. Wien: Zsolnay 2004 (gem. mit Klaus Kastberger)
  • Der Wille zum Schein. Über Wahrheit und Lüge. Wien: Zsolnay 2005 (=Philosophicum Lech 8)
  • Der Wert des Menschen. An den Grenzen des Humanen. Wien: Zsolnay 2006 (=Philosophicum Lech 9)
  • Die Freiheit des Denkens. Wien: Zsolnay 2007 (=Philosophicum Lech 10)
  • Die Gretchenfrage. "Nun sag', wie hast du's mit der Religion". Wien: Zsolnay 2008 (=Philosophicum Lech 11)
  • Geld. Was die Welt im Innersten zusammenhält? Wien: Zsolnay 2009 (=Philosophicum Lech 12)
  • Kritik & Utopie. Positionen & Perspektiven. Gem. hg. mit Hubert Chr. Ehalt und Wilhelm Hopf. Münster: Lit 2009
  • Grundbegriffe der europäischen Geistesgeschichte. Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit, Eros, Schönheit, Glück, Arbeit, Macht, Krieg, Tod. 10 Bände. Wien: Facultas WUV UTB 2009
  • Vom Zauber des Schönen. Reiz, Begehren und Zerstörung. Wien: Zsolnay 2010 (=Philosophicum Lech 13)
  • Der Staat. Wieviel Herrschaft braucht der Mensch. Wien: Zsolnay 2011 (Philosophicum Lech 14)
  • Die Jagd nach dem Glück. Bedingungen und Grenzen guten Lebens. Wien: Zsolnay 2012 (=Philosophicum Lech 15)
  • Tiere. Der Mensch und seine Natur. Wien: Zsolnay 2013 (=Philosophicum Lech 16)
  • Sackgassen der Bildungsreform. Ökonomisches Kalkül – Politische Zwecke – Pädagogischer Sinn. Wien: facultas.wuv 2013 (gem. mit Katharina Lacina)
  • Ich. Der Einzelne in seinen Netzen. Wien: Zsolnay 2014 (=Philosophicum Lech 17)
  • Es gibt Kunstwerke – Wie sind sie möglich? München: Fink 2014. (gem. mit Violetta L. Waibel)
  • Schuld und Sühne. Nach dem Ende der Verantwortung. Wien: Zsolnay 2015 (=Philosophicum Lech 18)
  • Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren. Wien: Zsolnay 2016 (=Philosophicum Lech 19)

Auszeichnungen

Weblinks

Commons: Konrad Paul Liessmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Presseartikel

Einzelnachweise

  1. http://diepresse.com/home/kultur/literatur/4828751/Generation-Harry-Potter-trifft-Karl-May
  2. Biographie Liessmanns
  3. Konrad Paul Liessmann: Das Undenkbare Denken. Philosophie des letzten Zeitalters. Günther Anders zum achtzigsten Geburtstag. Extrablatt, Wien 1982, S. 50–52.
  4. Petra Paterno: „Kunst lässt Unerträgliches genießen“ - Wiener Zeitung Online. Abgerufen am 3. August 2016.
  5. Brief gegen Binnen-I: Ministerin sieht „falsches Zeichen“. Abgerufen am 3. August 2016.
  6. Konrad Paul Liessmann: „Beim Gendern der Sprache bin ich stockkonservativ“. Abgerufen am 24. August 2016.
  7. Konrad Paul Liessmann: „Ich gehe nur zu weiblichen Ärzten“ | PROFIL.at. 28. Juli 2014, abgerufen am 6. September 2016.
  8. Andreas Khol, Reinhold Lopatka, Wilhelm Molterer: Zukunft denken. Festschrift für Wolfgang Schüssel. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2005, ISBN 978-3-486-57840-9 (amazon.de [abgerufen am 3. August 2016]).
  9. Sortimenter-Brief 6/10, Fachinformationen zu Buchmarkt, -verkauf und -werbung in Österreich, 1. Juni, Hrsg. vom Verlagsbüro Schwarzer Wien, S. 9
  10. http://www.vize.cz/de/aktuell.php?id=545
  11. derStandard.at - Watzlawick-Ehrenring für Konrad Paul Liessmann. Artikel vom 3. März 2016, abgerufen am 3. März 2016.