Konstans II.

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Hexagramm aus den Jahren 642–647 mit Porträt des jugendlichen Konstans II.; die Rückseite trägt die für Hexagrammata typische Legende: δEUS AδIUTA ROMANIS („Gott helfe den Römern“)[1]
Hexagramm aus den Jahren 654–659 mit Porträts des erwachsenen Konstans II. und seines Sohnes Konstantin IV.; Legende der Vorderseite: D(ominus) N(oster) CONSTANTINUS C(on) CONSTAN(tius)[2]

Konstans II. (Vorlage:ELSmit, * 7. November 630; † 15. September 668 in Syrakus), Sohn Konstantins III. und der Gregoria, war von 641 bis 668 oströmischer bzw. byzantinischer Kaiser. Vor seiner Krönung hieß er nach seinem Großvater Flavius Heraclius (Φλάβιος Ἡράκλειος), und sein Name als Kaiser war nach Ausweis der Gesetze eigentlich Konstantinos, doch scheinen ihn bereits seine Zeitgenossen aus ungeklärten Gründen Konstans genannt zu haben.

Leben

Konstans war als Herrscher bei der Bevölkerung Konstantinopels offenbar recht unbeliebt, was womöglich eine Erklärung für seine späteren Feldzüge im Westen ist. Seine gesamte Herrschaft stand außenpolitisch im Schatten der Islamischen Expansion, die das Reich zu einem verzweifelten und nur teilweise erfolgreichen Abwehrkampf zwang. Im Rahmen der Religionspolitik kam es zudem zu einem Konflikt mit dem Papsttum bezüglich seines 648 erlassenen Verbots einer Diskussion über die Frage, ob Jesus eine oder zwei Naturen gehabt hatte (siehe Monophysitismus und Monotheletismus). Dieser Streit führte zur Verurteilung des Maximus Confessor durch ein kaiserliches Gericht sowie zur Gefangennahme, Verschleppung und Verbannung von Papst Martin I., weil dieser in einer Synode in Rom 649 die Verdammung des Monotheletismus und seiner Befürworter durchsetzte. 666 entzog Konstans der Kirche von Ravenna die Oberhoheit von Rom und machte sie zu einer in sich selbstständigen Kirche. Vermutlich gehören auch zwei erfolglose Usurpationen in Karthago und Ravenna in diesen Zusammenhang.

Konstans wurde von seinem Vater Konstantin nach dessen Herrschaftsantritt im Januar 641 zum Caesar erhoben. Im Herbst 641 wurde er von einer Hofpartei unter Anführung des ranghohen Militärs Valentinus auf den Thron gebracht, die seinen Onkel Heraklonas, den Halbbruder seines verstorbenen Vaters, nach wenigen Monaten gestürzt hatte. Konstans wurde mit Valentinus’ Tochter Fausta verheiratet. Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor, von denen der älteste Konstantin 654 zum Mitkaiser erhoben wurde; die beiden jüngeren Söhne Herakleios und Tiberios avancierten 659 ebenfalls zu Mitkaisern.

In den ersten Jahren der Herrschaft des noch minderjährigen Kaisers scheint der oströmische Senat ein letztes Mal wirkliche politische Bedeutung besessen zu haben; Senatoren führten faktisch die Amtsgeschäfte und fungierten als Berater. Diese Phase endete, als der Herrscher mit 18 Jahren selbst die Regierung übernahm. Konstans, der sich energisch um die Verteidigung des bedrängten Reiches gegen die vorstoßenden Araber kümmerte und persönlich in den Krieg im Osten zog, verlor dennoch Armenien und Zypern an die Angreifer und konnte zudem auch deren weiteres Vordringen in Nordafrika nicht aufhalten. Auch der Nimbus der Unbesiegbarkeit der oströmischen bzw. byzantinischen Flotte ging zu seiner Zeit verloren, als eine neu aufgestellte arabische Seestreitmacht 655 in der Schlacht von Phoinix einen großen Sieg errang.

Die Grenzen des Oströmischen Reiches (orange) um 650 n. Chr.

656 erhielt Kaiser Konstans II. unverhofft eine Atempause an der arabischen Front: Unter dem Kalifen ʿUthmān (644–656) hatten sich die inneren Gegensätze im Kalifat erheblich verschärft, und das steigerte sich schließlich bis zur Ermordung des Kalifen ʿUthmān im Jahre 656. Danach brach der offene Bürgerkrieg im Kalifat (Erste Fitna) aus, da dieses von zwei Parteien beansprucht wurde. Die eine wurde von Ali, dem Schwiegersohn des Propheten Mohammed, angeführt und stürzte sich vor allem auf die arabischen Stämme, die das Perserreich erobert hatten. Alis Rolle bei der Ermordung ʿUthmāns war zumindest undurchsichtig, weshalb er auf Widerstand stieß. Der Statthalter von Syrien, Muʿāwiya aus der Familie der Umayyaden, erkannte ihn nicht an und beanspruchte das Kalifat für sich. Die Kämpfe zogen sich hin, bis Ali 661 ermordet wurde und Muʿāwiya sich auch im Osten durchsetzen konnte. Aber diese Auseinandersetzungen hatten die arabischen Kräfte so beansprucht, dass die Angriffe auf Byzanz nicht fortgeführt werden konnten. Muʿāwiya schloss 659 sogar einen Tributfrieden mit Byzanz. Aber schon bald nach dem Sieg Muʿāwiyas nahmen die Araber ihre aggressive Politik gegen Byzanz wieder auf. Das war das Ende der Atempause.[3]

Was anschließend geschah, hat die Forschung bis heute nicht wirklich befriedigend erklären können: Statt sich mit aller Kraft den arabischen Angreifern entgegenzustellen, um wenigstens Kleinasien zu retten, entschied sich der Kaiser, nachdem er vorläufig immerhin Armenien und den Kaukasusraum hatte sichern können, für ein Ausweichen nach Westen. Wahrscheinlich wollte der Kaiser Italien gegen feindliche Angriffe sichern und auch im noch gehaltenen Teil Nordafrikas die Verteidigung stärken. Konstans erklärte zudem, er wolle das „Alte Rom“ wieder zu seiner Hauptstadt machen,[4] und zog 661 mit einem Heer über Griechenland nach Italien. Er war nach sehr langer Zeit der erste oströmisch-byzantinische Kaiser, der persönlich Rom, der Hauptstadt des ehemaligen Römischen Reichs besuchte. Dennoch hielt es Konstans dort kaum zwei Wochen. So endete der letzte Aufenthalt eines aus Konstantinopel herrschenden Kaisers in Rom ohne Ergebnisse.

Nach einem Feldzug gegen die Langobarden verlegte er seine Residenz nach Syrakus auf Sizilien. Die hohe Steuerbelastung führte in Italien aber zu einer deutlichen Unzufriedenheit mit der Regierung des Kaisers.

Solidus Konstans’ II. aus den Jahren 667/668; auf der Rückseite die drei Söhne Tiberios (links), Konstantin IV., Herakleios (rechts)[5]

Konstans wurde am 15. September 668 (so die traditionelle Datierung) von einem Kammerdiener ermordet, als er ein Dampfbad besuchte. Allerdings hat James Howard-Johnston für den 15. Juli 669 als Todesdatum plädiert; er betrachtet die Ermordung des Kaisers außerdem als Teil einer Intrige, in die auch der Kalifenhof in Damaskus involviert gewesen sein soll.[6] Konstantin IV. schlug die anschließende Usurpation des Mizizios nieder und residierte dann wieder in Konstantinopel. Die Usurpation des Saborios 667/68 war bereits zuvor zusammengebrochen.

Die Herrschaftsbilanz Konstans’ II. fällt kaum positiv aus. Das Reich befand sich während seiner Regierungszeit in einem permanenten Abwehrkampf, in dessen Verlauf Byzanz empfindliche Verluste erlitt. Allerdings versuchte der Kaiser zumindest anfangs durchaus, das Blatt zu wenden; an den militärischen Katastrophen trifft ihn wohl nur eine Teilschuld, wenngleich er am Ende resigniert zu haben scheint. So wurde seine Italienexpedition teils als „Flucht nach Westen“ interpretiert.[7] Wenigstens gelang es, den Vormarsch der Araber in Kleinasien zu stoppen, wo sich die Grenze stabilisierte. Dennoch war die Vormachtstellung des (Ost-)Römischen Reiches im Mittelmeerraum zum Zeitpunkt seines Todes endgültig beendet. Innenpolitisch versuchte der Kaiser, der offenbar nicht besonders populär war und wiederholt das Ziel von Anschlägen war, noch einmal den Herrschaftsanspruch über die Kirche durchzusetzen.[8] Hinsichtlich der Themenverfassung ist umstritten, ob diese während Konstans’ Regierungszeit eingeführt wurde.

Literatur

  • Pasquale Corsi: La spedizione Italiana di Costante II. Bologna 1983.
  • Salvatore Cosentino: Constans II and the Byzantine navy. In: Byzantinische Zeitschrift. Bd. 100, 2008, S. 577–603.
  • John F. Haldon: The Empire That Would Not Die. The Paradox of Eastern Roman Survival, 640–740. Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts) 2016.
  • John F. Haldon: Byzantium in the Seventh Century. The Transformation of a Culture. 2. Aufl. Cambridge 1997, speziell S. 53ff.
  • James Howard-Johnston: Witnesses to a World Crisis. Historians and Histories of the Middle East in the Seventh Century. Oxford 2010.
  • Ralph-Johannes Lilie, Claudia Ludwig, Thomas Pratsch, Ilse Rochow, Beate Zielke: Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit. 1. Abteilung: (641−867). Band 2: Georgios (#2183) – Leon (#4270). Nach Vorarbeiten F. Winkelmanns erstellt. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. De Gruyter, Berlin 2000, ISBN 3-11-016672-0, S. 480–485 Nr. 3691.
  • Alexios G. Savvides, Benjamin Hendrickx (Hrsg.): Encyclopaedic Prosopographical Lexicon of Byzantine History and Civilization. Vol. 2: Baanes–Eznik of Kolb. Brepols Publishers, Turnhout 2008, ISBN 978-2-503-52377-4, S. 229–232.
  • Andreas N. Stratos: Byzantium in the seventh century. Vol. III. 642-668. Amsterdam 1975.
  • Constantin Zuckerman: On the title and the office of the Byzantine basileus. In: Travaux et Mémoires du Centre de recherche d'Histoire et Civilisation de Byzance. Bd. 16 (= Mélanges Cécile Morrisson), 2010, ISSN 0577-1471, S. 865−890 (online; PDF; 1,4 MB).

Weblinks

Commons: Konstans II. – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Andreas Urs Sommer: Die Münzen des Byzantinischen Reiches 491-1453. Regenstauf 2010, ISBN 978-3-8664-6061-4, S. 204.
  2. Andreas Urs Sommer: Die Münzen des Byzantinischen Reiches 491-1453. Regenstauf 2010, S. 204.
  3. Ralph-Johannes Lilie: Byzanz. Das zweite Rom. Berlin 2003, S. 103; Ralph-Johannes Lilie: Die byzantinische Reaktion auf die Ausbreitung der Araber. Studien zur Strukturwandlung des byzantinischen Staates im 7. und 8. Jahrhundert. München 1976, S. 68.
  4. Theophanes AM 6153
  5. Andreas Urs Sommer: Die Münzen des Byzantinischen Reiches 491-1453. Regenstauf 2010, S. 201.
  6. Vgl. zusammenfassend Howard-Johnston, Witnesses to a World Crisis, S. 126, S. 490f.
  7. Vgl. etwa Ralph-Johannes Lilie: Byzanz. Das zweite Rom. Berlin 2003, S. 104f.
  8. Zur Beurteilung seiner Regierungszeit vgl. zusammenfassend Haldon, Byzantium in the Seventh Century, S. 62f.


VorgängerAmtNachfolger
HeraklonasKaiser von Byzanz
641–668
Konstantin IV.