Lemma von Urysohn

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Das Lemma von Urysohn (auch Urysohnsches Lemma genannt) ist ein fundamentales Theorem aus dem mathematischen Teilgebiet der Allgemeinen Topologie.[1]

Das Lemma ist nach Pavel Urysohn benannt und wurde von diesem 1925 veröffentlicht[2]. Es wird vielfach benutzt, um stetige Funktionen mit gewissen Eigenschaften zu konstruieren. Seine breite Anwendungsmöglichkeit basiert darauf, dass viele der wichtigsten topologischen Räume wie die metrischen Räume und die kompakten Hausdorff-Räume die in dem Lemma vorausgesetzte Normalitätseigenschaft besitzen.

Eine Verallgemeinerung stellt der Fortsetzungssatz von Tietze dar. Bei dessen Beweis kommt das Urysohnsche Lemma in entscheidender Weise zum Tragen.

Formulierung des Lemmas

Das Lemma sagt folgendes aus[3]:

Sei ein topologischer Raum mit der Eigenschaft, dass je zwei disjunkte abgeschlossene Teilmengen von disjunkte Umgebungen besitzen, und seien zwei derartige disjunkte abgeschlossene Teilmengen und vorgegeben.
Dann existiert dazu eine stetige Funktion
mit für alle und für alle .

Anmerkungen

1) Das Lemma von Urysohn sagt nichts aus über die Werte der stetigen Funktion außerhalb der abgeschlossenen Teilmengen und , sondern allein, dass und gilt. Im Falle, dass zu disjunkten abgeschlossenen und stets ein stetiges mit und zu finden ist, nennt man einen perfekt normalen Raum[4].

2) Für metrische Räume ist eine stetige Funktion der obigen Art sofort anzugeben. Dazu definiert man zu zwei gegebenen disjunkten abgeschlossenen Teilmengen und von die Funktion wie folgt[5]:

   

Dabei ist der Abstand von zu   , also

.

Die Funktion ist stetig - sogar gleichmäßig stetig - und dabei gilt[6]:

.

Metrische Räume sind demnach immer perfekt normal[7].

Kernaussage des Lemmas

Der Kern des Lemmas von Urysohn liegt in der folgenden Aussage[8]:

Sei ein topologischer Raum und sei eine dichte Teilmenge von . Darin gegeben sei eine Mengenfamilie   , bestehend aus offenen Teilmengen     (  ), welche folgenden Bedingungen genüge:
  1. Für und sei stets    .
  2.  .
  3.  .
Schließlich sei für     folgende Zuordnung definiert :
.
Dann ist durch diese Zuordnung eine stetige Funktion gegeben.

Literatur

  • G. J. O Jameson: Topology and normed spaces. Chapman and Hall, London 1974, ISBN 0-412-12880-2.
  • John L. Kelley: General topology. Reprint of the 1955 edition published by Van Nostrand. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1975, ISBN 3-540-90125-6.
  • C. Wayne Patty: Foundations of Topology. PWS-Kent Publishing, Boston 1993, ISBN 0-534-93264-9.
  • Willi Rinow: Lehrbuch der Topologie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1975.
  • Lutz Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. Vieweg, Braunschweig 1977, ISBN 3-528-03059-3.
  • Paul Urysohn: Über die Mächtigkeit der zusammenhängenden Mengen. In: Math. Ann. 94. Jahrgang, 1925, S. 262–295.
  • Stephen Willard: General Topology. Addison-Wesley, Reading, Massachusetts u. a. 1970.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Urysohn's lemma – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bei Schubert, S. 79, wird die Herleitung des Lemmas als bemerkenswerte Konstruktion bezeichnet. Bei Jameson, S. 111, steht dazu: Urysohn's 'lemma' is undoubtedly one of the best theorems in General Topology.
  2. Urysohn in Mathematische Annalen, Bd. 94: S. 262 ff.
  3. Schubert: S. 80.
  4. Willard: S. 105.
  5. Jameson: S. 112.
  6. Schubert: S. 78.
  7. Willard: S. 105.
  8. Jameson: S. 111–112.