Lubrikation

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Vulva mit Introitus vaginae einer erwachsenen Frau mit Lubrikation

Als vaginale Lubrikation (lat. lubricare „schlüpfrig machen“) wird der Austritt von schleimiger Gleitflüssigkeit, des Vaginalsekrets, aus den Bartholinischen und den Skeneschen Drüsen der Frau bezeichnet. Die Lubrikation entsteht durch sexuelle Erregung. Sie erleichtert das Eindringen des Penis beim Geschlechtsakt. Ferner kann der variierende Gehalt des Vaginalsekrets an Pheromonen direkten Einfluss auf die sexuelle Attraktivität nehmen. Bei einer zu geringen Produktion dieser Scheidenflüssigkeit spricht man von einem Lubrikationsmangel. Das Analog beim Manne ist das am Penis austretende Präejakulat bei sexueller Erregung.

Zusammensetzung

Rasierte nicht-erregte und erregte Vulva mit deutlicher Lubrikation

Die Flüssigkeit besteht aus etwa 50 verschiedenen bislang nachgewiesenen Substanzen, dabei hauptsächlich aus Wasser, Cholesterin, Squalen, diversen Fettsäuren wie Stearinsäure, Palmitinsäure, Glycerin, Harnstoff, Essigsäure und Milchsäure, komplexen Alkoholen, Ketonen und Aldehyden.[1][2] Sie ist normalerweise klar und erinnert mehr an männliches Präejakulat als an Ejakulat. Das Sekret kann – abhängig vom Grad der sexuellen Erregung, dem Zeitpunkt im Monatszyklus und der Ernährung – in Konsistenz, Farbe, Geruch und Geschmack variieren.

Bei Frauen werden etwa sogenannte Kopuline oder Ovulations-Kopuline freigesetzt, das sind Pheromone, also Duftstoffe, die über den Geruchssinn auf den Mann eine anziehende Wirkung ausüben. Biochemisch sind es Gemische flüchtiger, kurzkettiger Fettsäuren, die im weiblichen Vaginalsekret zyklusabhängig auftreten.[3][4] Kopuline wurden zuerst von Richard Michael[5][6] Ende der sechziger beziehungsweise Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts bei Rhesusaffen beschrieben.[7] Dort handelt es sich um Gemische aus C2-C6kettigen Fettsäuremolekülen wie beispielsweise Essigsäure- , Propionsäure- , Isobuttersäure- , Buttersäure- , Isovaleriansäure- und auch Isocapronsäure-Derivate. Menschliche Vaginalsekrete sind denen von anderen Primaten sehr ähnlich und enthalten die gleichen flüchtigen Fettsäuren aber in abweichenden Zusammensetzungen. Der Anteil der einzelnen Fettsäuren im Vaginalsekret variiert im Laufe eines Sexualzyklus bzw. Menstruationszyklus.

Östrogen- (blaue Kurve) und Progesteronkonzentrationen (schwarze Kurve) während des Menstruationszyklus

Darüber hinaus ist die Produktionsrate interindividuell sehr unterschiedlich. So produzieren einige Frauen nur geringe Menge dieser Kopuline, auch scheinen die hormonellen Kontrazeptiva einen mindernden Einfluss auf die Sekretion an Kopulinen zu haben. Die höchste Konzentration wird kurz nach der Ovulation erreicht.[6] Damit hängt die Kopulin-Produktion direkt vom Östrogenspiegel im Blutserum ab und ändert sich in den Phasen des Menstruationszyklus. Sie werden über das Jacobsonsche Organ oder auch Vomeronasale Organ also olfaktorisch wahrgenommen. Nachweislich führte die olfaktorische Exposition mit Kopulinen bei Männern zu einer Veränderung der Testosteronkonzentration im Speichel, welche mittels eines Nachweises über einem Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) ausgewiesen werden konnte.[8][9] Ferner konnte in Studien nachgewiesen werden, dass die sexuelle Attraktivität von Frauen stieg, wenn die männlichen Testpersonen zuvor Kopulinen ausgesetzt wurden.

Physiologie des Vaginalsekrets

Wenn eine Frau Erregung verspürt, beginnen die Wände der Vagina anzuschwellen und eine Flüssigkeit (modifiziertes Plasma-Transsudat) über hunderte kleiner Gänge im Vaginalgewebe abzusondern. Die Flüssigkeit ist zuerst innerhalb der Vagina zu finden, bei weiterer Erregung beginnt sie durch die Öffnung nach außen zu fließen. An den kleinen Schamlippen bzw. auf der Ebene des Scheidenvorhofs sitzen zusätzlich die Bartholinschen Drüsen als Teil weiterer akzessorischer Geschlechtsdrüsen, welche Sekrete produzieren, die zusätzlich befeuchten.

Vulva mit deutlichen Zeichen von Lubrifikation

Die Ausschüttung dieser Flüssigkeiten macht sexuelle Spielarten, die die Vagina und Vulva miteinbeziehen, angenehmer. Im Stadium höchster Erregung sondern manche Frauen üppige Mengen an Sekret ab, andere wiederum nur geringe Mengen. Die Anwendung von künstlichen Gleitmitteln kann in Fällen mangelnder Lubrikation für eine schmerzfreie vaginale Penetration sinnvoll sein.

Wie neuere Forschungsergebnisse zeigten, kann eine Absonderung von Vaginalsekret auch ohne sexuelle Erregung im eigentlichen Sinne in Bezug auf einen potentiellen Sexualpartner auftreten.[10][11][12]

Der Hauptanteil entfällt dabei auf die akzessorischen Geschlechtsdrüsen der Frau, vor allem den Bartholin-Drüsen. Die Scheidenhaut sondert außerdem eine klare Flüssigkeit ab. Diese Flüssigkeit wird aus dem die Scheide umgebenden Gefäßgeflecht herausgepresst (Transsudation). Je größer die Erregung ist, desto besser ist dieses Geflecht durchblutet und desto mehr Flüssigkeit kann die Scheide befeuchten.

Eine zu geringe Lubrikation der Scheide kann dazu führen, dass das Eindringen des Penis beim Vaginalverkehr als unangenehm oder sogar schmerzhaft empfunden wird. Im Allgemeinen lässt die Lubrikation mit zunehmendem Alter nach. Während des Klimakteriums (den „Wechseljahren“) und danach lässt sich bei vielen Frauen eine deutliche Abnahme der Lubrikation feststellen.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Lubrikation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. R. Huggins, G. Preti: Vaginal odors and secretions. In: Clinical obstetrics and gynecology. Juni 1981, Nr. 24, Band 2, S. 355–377, PMID 7030563, (Abstract).
  2. The-Clitoris.com: Female Body Fluids. Abgerufen am 22. Oktober 2007.
  3. Th. Boyd: Ueber Clitoris- und Präputialdrüsen, besonders beim Menschen und bei einigen Thieren. In: Archiv für Gynaekologie. Nr. 89, 1909, S. 581–595, doi:10.1007/BF01929547.
  4. Hans-Rudolf Tinneberg, Michael Kirschbaum, F. Oehmke (Hrsg.): Gießener Gynäkologische Fortbildung 2003: 23. Fortbildungskurs für Ärzte der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 2013, ISBN 3-662-07492-3, S. 151
  5. R. P. Michael, E. B. Keverne: Pheromones in the communication of sexual status in primates. In: Nature. Nr. 218, 1968, S. 746–749.
  6. a b R. P. Michael, E. B. Keverne, R. W. Bonsall: Pheromones: isolation of male sex attractants from a female primate. In: Science. Nr. 172, 1971, S. 964–966, PMID 4995585.
  7. R. F. Curtis, J. A. Ballantine, E. B. Keverne u. a.: Identification of primate sexual pheromones and the properties of synthetic attractants. In: Nature. Nr. 232, 1971, S. 396–398.
  8. Michael Weidlitsch: Kopuline und ihre Auswirkungen auf den Testosteronhaushalt von Sportlern. Diplomarbeit, Universität Wien, Wien 2008 (PDF-Datei).
  9. K. Grammer, A. Jütte: Der Krieg der Düfte: Bedeutung der Pheromone für die menschliche Reproduktion. In: Gynäkologische Geburtshilfliche Rundschau. Band 37, Nr. 3, 1997, S. 150–153.
  10. Heike Faller: Sexualforschung – Projekt Pink Viagra. In: ZEITmagazin. Nr. 31/2009 Auf: zeit.de – Gesundheit, aktualisiert am 23. Juli 2009; zuletzt eingesehen am 12. September 2015.
  11. Kathrin Meier-Rust: Niemand weiss, was Frauen wünschen. In: NZZ am Sonntag. vom 1. März 2009 Auf: nzz.ch; zuletzt eingesehen am 12. September 2015.
  12. «Es geht um ein Modell weiblicher Sexualität» Meredith Chivers. In: NZZ am Sonntag. vom 1. März 2009 Auf: nzz.ch; zuletzt eingesehen am 12. September 2015.