Martin Donandt

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Martin Donandt (Martin Donatus Ferdinand Donandt; * 18. Januar 1852 in Bremen; † 23. Januar 1937 ebenda) war ein bremischer Senator und Bürgermeister.

Leben

Martin Donandt wurde als sechstes von neun Kindern des Juristen und Senators Ferdinand Donandt geboren. Seine Mutter Anna Maria Fredericke war Enkelin des Bremer Ratsherrn Johann Gildemeister. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte Donandt Rechtswissenschaften an den Universitäten in Erlangen, Berlin und Göttingen. In Erlangen wurde er 1872 Mitglied der Burschenschaft Bubenruthia.[1] 1877 promovierte er zum Dr.jur. und ließ sich als Rechtsanwalt in Bremen nieder. Donandt wurde 1884 in das Richterkollegium in Bremerhaven gewählt.

Nach dem damaligen Achtklassenwahlrecht der bis 1918 gültigen Bremischen Verfassung wurde er 1891 für die Klasse der Akademiker in die Bremer Bürgerschaft gewählt. Am 21. März 1898 wurde er zum Senator auf Lebenszeit gewählt und vertrat ab 1912 Bremen im Bundesrat. Während des Ersten Weltkrieges gehörte er der Kriegsdeputation an. Nach dem Ende der Bremer Räterepublik im Februar 1919 gehörte Donandt der provisorischen Regierung Bremens an. Am 18. Mai 1920 wurde er nach der neuen Verfassung Bremens in den Senat gewählt und war Präsident des Senats und damit Bremer Bürgermeister.

Gemeinsam mit Senator Heinrich Bömers leitete Donandt den Aufsichtsrat der 1928 gegründeten staatlichen Hansa-Bank, die 1931 vor allem auf Initiative des Kaufmanns Bömers 10 Millionen Reichsmark zur Stützung der in finanzielle Schieflage geratenen Nordwolle in deren Vorzugsaktien investierte.[2] Das unter Senator Bömers entstandene Geflecht mit der Privatwirtschaft ("System Bömers") führte den tief verschuldeten bremischen Staat bei Zusammenbruch des Nordwolle-Konzerns der Lahusens an den Rand der Zahlungsunfähigkeit.[3]

Im März 1933 wurde Donandt von den Nationalsozialisten aus seinem Amt als Präsident des Senats verdrängt.

Martin Donandt war von seiner politischen Überzeugung als national und liberal einzuordnen. Er war Mitglied der DNVP, trat aber 1929 aus. Er bewunderte persönlich Otto von Bismarck. Politisches Hauptbetätigungsfeld Donandts war die Finanzpolitik. Nach dem Verlust der deutschen Kolonien unterstützte er die Ziele der deutschen Kolonialbewegung einer Rückgewinnung der ehemaligen Gebiete. Theodor Spitta, viele Jahre Stellvertreter Donandts im Amt des Senatspräsidenten, schätzte später seine politische Haltung so ein:

„Donandt hat niemals einen Zweifel darüber gelassen, daß er die Demokratisierung unseres öffentlichen Lebens für verhängnisvoll halte.“[4]

Er habe „die bremische Verfassung wie die Reichsverfassung von Weimar nur als einen Notbau gesehen.“[5]

Martin Donandt heiratete 1885 in Bremen seine Frau Ida, Tochter des Reichsbankdirektors Rudolf Carl Wilhelm Zimmermann in Berlin. Der Ehe entstammten eine Tochter sowie die Söhne Ferdinand, Präsident der Bremischen Evangelischen Kirche, und Hermann August, Professor für Fördertechnik in Karlsruhe.

Die Grabstelle von Martin Donandt befindet sich auf dem Riensberger Friedhof.

Militarismus Donandts und des Senats während Weimarer Republik

Im preußisch-deutschen Militarismus des Kaiserreichs fand nach Wolfram Wette eine weitgehende Identifikation von Zivilgesellschaft und Militär statt. Der im Oktober 1914 den Krieg Deutschlands unterstützende "Aufruf der 93", unterzeichnet unter anderem von prominenten Künstlern, Wissenschaftlern, Geistlichen, Dichtern, Juristen, Ärzten, Historikern, Philosophen und Musikern, weist auf diese selbstverständliche Identifikation hin, indem erklärt wird: „Es ist nicht wahr, dass der Kampf gegen unseren Militarismus kein Kampf gegen unsere Kultur ist.“[6] Diese Aussage erläuternd heißt es danach: „Deutsches Heer und deutsches Volk sind eins. Dieses Bewusstsein verbrüdert heute 70 Millionen Deutsche ohne Unterschied der Bildung, des Standes und der Partei.“[6]

Bei Donandt tritt dieser Typ eines preußisch-deutschen Militarismus auch in der Zeit als Senator in der Weimarer Republik teils offen zutage. Nach Theodor Spittas Einschätzung gibt die am 2. Mai 1924 im Offizierskorps des 16. Infanterie-Regiments von einem anderen Senatsmitglied in Vertretung Donandts gehaltene Ansprache dessen Auffassung und die grundsätzliche Haltung des gesamten Senats (einschließlich Spittas) wieder. Hier heißt es unter anderem:

„Es ist deutsche Auffassung, in Wehrmacht und Zivilbevölkerung nichts Getrenntes zu sehen, das sich grundsätzlich gegenübersteht, sondern eine untrennliche, eng zusammengehörende Einheit. Und wenn uns der Schmachfriede von Versailles vorläufig noch hindert, daß unsere Wehrmacht nichts anderes ist als das Volk in Waffen, - kein äußerer Druck und kein Paragraph kann uns hindern, den Gedanken der allgemeinen Wehrhaftigkeit in unserem Volke lebendig zu halten; denn ohne die Pflicht, ja, ich möchte sagen das schöne Vorrecht des Staatsbürgers, für sein Vaterland auch mit der Waffe einzutreten, gibt es kein freies Volk im freien Vaterlande. [...] Darum sind wir vor allem den deutschen Männern dankbar, die [...] ihre ganze Kraft einsetzen, um aus unserem kleinen Heere [...] den elastischen Rahmen zu schaffen, der imstande ist, unser Volk in Waffen in sich aufzunehmen, wenn die Stunde der Freiheit ruft.“[7]

In dieser „vaterländischen Gesinnung“[8] hätten Donandt und der Vorsitzer der Militärkommission des Senats, Senator Bömers, die Beziehungen zur Reichswehr während der Weimarer Republik gepflegt.[8]

Im Februar 1921 äußerte Donandt gegenüber dem im Bremer Senat weilenden Hindenburg:

„denn was auch unsere Feinde dem deutschen Volke antun mögen in kalter Berechnung oder in kläglicher, aus Angst geborener Rachsucht, sie werden nur erreichen, daß das deutsche Volk wieder zusammengeschmiedet wird in stahlharter Einheit, und dann wird kommen der Tag des Deutschen in der Geschichte.“[9]

In der Fußnote zu ¹) merkt Spitta ausdrücklich an, dass die letzten Worte der Ansprache bei der Veröffentlichung „durch Donandt selbst aus außenpolitischen Gründen abgeschwächt“ worden seien in „die Morgendämmerung eines besseren Tages.“

Unter dem Protektorat des Senats gab es eine dem Kyffhäuser-Bund angehörende Dachorganisation: den Bremischen Landeskriegerverband, der 37 Militärvereine mit etwa 7200 Mitgliedern im Bremischen Staatsgebiet umfasste. Dessen Einzelverbände pflegten zum Großteil die Traditionen einzelner militärischer Verbände, besonders auch des Infanterieregiments „Bremen“ (I. Hanseatisches Nr. 75), andere Vereine hielten die „Kriegstradition“ in den Stadtteilen hoch. Hier wurde auch der Sedantag mit schwarz-weiß-roten Fahnen und patriotischen Reden weiterhin gefeiert.[10]

Zusammenhang zur Kolonienrückforderung und der Errichtung des Kolonialehrenmals

Von der oben beschriebenen "Volk-in-Waffen"-Auffassung des Senats unter Donandt zieht Spitta eine direkte Verbindung zu Donandts allgemeinen Bemühungen „die Erinnerung an Deutschlands vergangene Größe und den Willen zur Erneuerung des Vaterlandes lebendig zu halten.“[7] Daher, so Spitta, habe Donandt auch

„die Bestrebungen gebilligt und unterstützt, in Bremen ein Ehrenmal zu errichten, das den im Weltkriege bei der Verteidigung unserer Schutzgebiete gefallenen Deutschen gelten und zugleich ein Symbol sein sollte für die unverjährten und unverjährbaren Rechte Deutschlands auf gleichberechtigte koloniale Betätigung in der Welt, Bestrebungen, die mit mancherlei Widerständen und Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, so daß das Reichskolonialdenkmal erst im Juli 1932 in Bremen enthüllt werden konnte“[11]
(vergleiche auch Spittas Rede bei der Einweihung des Kolonialehrenmals).

Bereits 1927 schickte Donandt in seiner Funktion als Präsident des Senats ein gut vorbereitetes Grußtelegramm an die im Juni des Jahres stattfindende Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft in Königsberg, das seine Haltung zu deutschen Kolonien als nationaler Aufgabe deutlich macht. Hierin heißt es:

„Deutschland braucht für seine Entwicklung eigene Produktions- und Absatzgebiete. Tausende von Auswanderern gehen jährlich dem deutschen Volke verloren, die in deutschen Kolonien Arbeit und Wohlstand fänden und dem Deutschtum erhalten blieben. Die Hansestädte und besonders Bremen sind immer Träger des kolonialen Gedankens gewesen. Es war ein bremischer Kaufmann, Lüderitz, der die deutsche Fahne an der nach ihm benannten Lüderitzbucht aufpflanzte und damit den Grundstein für unsere Kolonie Deutsch-Südwestafrika legte. Bremen hat nicht vergessen, daß Kolonien für Deutschland eine nationale und wirtschaftliche Notwendigkeit sind.“
„Der Tagung der kolonialen Arbeitsgemeinschaft wünsche ich vollen Erfolg.“[12]

Die auf privaten Spenden basierende Finanzierung des aufwändigen Kolonialehrenmals[13] sowie die Beteiligung breiter wie führender bürgerlicher Schichten an seiner stark militarisierten Einweihung[14] legen nahe, dass sich Martin Donandt mit seinen Auffassungen in Übereinstimmung mit weiten bürgerlichen Bevölkerungskreisen der Weimarer Republik und insbesondere des bremer Bürgertums[15] befunden hat.

Die von Donandt wie anderen behauptete wirtschaftliche Notwendigkeit der Kolonien war für Bremen insgesamt, wie auch für das Deutsche Reich, kaum gegeben. 1913 betrug der im Jahrbuch für Bremische Statistik dieses Jahres nachzulesende Anteil des Afrikahandels am Gesamthandelsvolumen in der Ausfuhr ca. 2,5 % und in der Einfuhr nur ca. 0,35 %[16] – reichsweit lag der Anteil für die Ausfuhr dieses Jahres in die deutschen Kolonien nur bei knapp 0,6 %, für die Einfuhr bei 0,5 % (mit seit 1910 fallender Tendenz)[17]. Die Forderungen der neokolonialen Bewegung motivierten sich also vor allem aus politischen, völkisch-großdeutschen Ideen deutscher Kulturüberlegenheit in der Welt.[16] Einem durch Verwaltungs- und Militäraufwand bedingten tatsächlichen nationalen Verlustgeschäft durch die Kolonien stand jedoch ein einträgliches Geschäft der beteiligten Privatwirtschaft wie Großreedern, Großhandelsfirmen, Plantagenunternehmern und Kolonialspekulanten gegenüber.[18]

Ehrungen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I Politiker, Teilband 1: A-E. Heidelberg 1996, S. 215.
  2. Herbert Schwarzwälder: Geschichte der Freien Hansestadt Bremen. Band 3. Bremen in der Weimarer Republik 1918-1933. Erweiterte und verbesserte Auflage, Edition Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-283-7, S. 530.
  3. Karl H. Schwebel: Bömers, Heinrich Ferdinand Emil. in: Bremische Biographie 1912-1962. Hauschild, Bremen 1969, S. 61f.
  4. Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 101.
  5. Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 94.
  6. a b Zitiert nach: Wolfram Wette: Militarismus in Deutschland. Geschichte einer kriegerischen Kultur. S. Fischer, Frankfurt am Main, 2008, ISBN 978-3-89678-641-8.
  7. a b Anm.: die Passage fehlt in der Ausgabe von 1948. Zitiert nach: Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 106.
  8. a b Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 105.
  9. Anm.: die Passage fehlt in der Ausgabe von 1948. Zitiert nach: Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 108.
  10. Herbert Schwarzwälder: Geschichte der Freien Hansestadt Bremen. Band 3. Bremen in der Weimarer Republik 1918-1933. Erweiterte und verbesserte Auflage, Edition Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-283-7, S. 211f.
  11. Zitiert nach: Theodor Spitta: Dr. Martin Donandt - Bürgermeister in Bremen: ein bremisches Lebens- und Zeitbild. Für die Familie Donandt aufgezeichnet von Theodor Spitta. als Hs gedr. , Belserdr., Stuttgart 1938, S. 106.
  12. Hartmut Müller: Lüderitz und der koloniale Mythos. Kolonialbewegungen in Bremen in Diskurs. Beiträge zu Wissenschaft und Gesellschaft Band 6. Universität Bremen, Bremen 1982, ISBN 3-88722-006-4, S. 139. Dokument im Staatsarchiv Bremen (3-V.2. Nr.548 (9)).
  13. Heinz Gustafsson: Namibia, Bremen und Deutschland. Ein steiniger Weg zur Freundschaft. Aschenbeck und Holstein, Delmenhorst/Berlin 2003, ISBN 3-932292-40-5, S. 305.
  14. Heinz Gustafsson: Namibia, Bremen und Deutschland. Ein steiniger Weg zur Freundschaft. Aschenbeck und Holstein, Delmenhorst/Berlin 2003, ISBN 3-932292-40-5, S. 315ff.
  15. vgl. auch Zustimmung des rechts-nationalen (v.a. bürgerlichen) Parteienspektrums und Ablehnung von SPD und KPD der Einweihungsveranstaltung des Kolonialehrenmals gegenüber: Heinz Gustafsson: Namibia, Bremen und Deutschland. Ein steiniger Weg zur Freundschaft. Aschenbeck und Holstein, Delmenhorst/Berlin 2003, ISBN 3-932292-40-5, S. 306ff.
  16. a b Hartmut Müller: Lüderitz und der koloniale Mythos. Kolonialbewegungen in Bremen in Diskurs. Beiträge zu Wissenschaft und Gesellschaft Band 6. Universität Bremen, Bremen 1982, ISBN 3-88722-006-4, S. 126, S. 137.
  17. Gisela Graichen, Horst Gründer: Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-548-36940-5, ISBN 978-3-548-36940-2, S. 294.
  18. Gisela Graichen, Horst Gründer: Deutsche Kolonien. Traum und Trauma. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-548-36940-5, ISBN 978-3-548-36940-2, S. 295.