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Ungarn-Salbei

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Ungarn-Salbei

Ungarn-Salbei (Salvia aethiopis)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Nepetoideae
Gattung: Salbei (Salvia)
Art: Ungarn-Salbei
Wissenschaftlicher Name
Salvia aethiopis
L.

Der Ungarn-Salbei[1] (Salvia aethiopis), auch Ungarischer Salbei[2] oder Mohren-Salbei genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Salbei (Salvia) innerhalb der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae).[3] Sie ist von Südwesteuropa bis Zentralasien verbreitet.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pfahlwurzel
Gestielte Laubblätter
Blütenstand
Scheinquirl mit zygomorphen Blüten
Zygomorphe Blüte im Detail aus verschiedenen Blickrichtungen
Klausen
Habitus und Laubblätter mit dem Indument

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ungarn-Salbei wächst als zweijährige bis ausdauernde krautige Pflanze[4][5] und erreicht Wuchshöhen von meist 25 bis 60 (20 bis 100) Zentimetern.[2][3][6][7] Er entwickelt eine kräftige verholzende Pfahlwurzel.[7] Der aufrechte, kräftige, vierkantige Stängel ist im Blütenstandsbereich stark rispig verzweigt.[2][5] Die oberirdischen Pflanzenteile sind mit Sternhaaren locker weiß wollig[6] bis spinnwebig behaart und drüsig,[3] aber nicht klebrig; sie riechen aromatisch.[2]

Die Laubblätter sind hauptsächlich in grundständigen Blattrosetten[6] und nur ein bis zwei Paare gegenständig am Stängel angeordnet. Der Blattstiel der Grundblätter ist mit einer Länge von 2 bis 5, selten bis zu 7 oder bis zu 10 Zentimetern relativ lang[3][2][5] und dicht wollig und drüsig behaart.[3][7] Die einfache, weiß oder grau wollig und drüsig behaarte Blattspreite ist bei einer Länge von meist 10 bis 25 (5 bis 30) Zentimetern sowie einer Breite von 2 bis 12, selten bis zu 15 Zentimetern[5][7] eiförmig bis eiförmig-länglich oder elliptisch-rhombisch, breit-lanzettlich bis dreieckig mit spitzem bis gerundetem oberen Ende.[2][3][6] Die Spreitenbasis ist herzförmig bis keilförmig und der Blattrand sehr unregelmäßig gekerbt oder grob ausgefressen gezähnt.[2] Die Blattfläche ist stark netzig-runzelig.[2][7] Die Stängelblätter sind den Grundblättern ähnlich, aber kleiner und nur kurz gestielt.[3][2][7]

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blühzeit reicht von Juni bis August;[2][4] auf der Iberischen Halbinsel schon ab Mai.[3] Blühende Pflanzenexemplare sind nur im oberen Bereich verzweigt und bilden einen breit ausladenden, fast pyramidalen, bis zu 45 Zentimeter langen Blütenstand.[3] Im rispigen Gesamtblütenstand sind die Scheinquirle locker angeordnet. Jeder Scheinquirl enthält dicht angeordnet sechs bis acht, selten bis zehn[3][2][6] Blüten.[7] Die haltbaren, wollig behaarten, grünen bis grün-weißlichen Tragblätter der Scheinquirle sind krautig und wenigstens die oberen besitzen einen häutigen und roten bis violetten Rand.[3] Die Tragblätter sind mit einer Länge von 10–15, selten bis zu 25 Millimetern höchstens so lang wie der Kelch, deutlich kürzer als die Blütenkrone, sowie einer Breite von 8 bis 16, bis zu 24 Millimetern verkehrt-eiförmig und enden in einer dornigen Spitze.[5][7] Der Blütenstiel ist 2 bis 4 Millimeter lang.[3]

Die zwittrigen[2][4] Blüten sind bei einer Länge von 1,4 bis 2 Zentimetern[2] zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf lederigen, grün-weißlichen, manchmal rot-purpurfarbenen überlaufenen Kelchblätter sind röhrig-glockig verwachsen.[3] Der sehr dicht weiß wollig und drüsig behaarte Kelch ist 13-nervig und während der Anthese 10 bis 12 Millimeter lang und zweilippig,[3] wobei die Oberlippe länger ist als die Unterlippe.[5] Die Kelchröhre ist 13 bis 15 Millimeter lang.[5] Die Kelchoberlippe ist etwas aufwärts gebogen und endet in zwei bei einer Länge von 2 bis 5 Millimetern längeren Seitenkelchzähnen und einen etwas kürzeren[5] bis sehr kurzen[7] mittleren Kelchzahn.[3] Die Kelchunterlippe ist tief in zwei Kelchzähne geteilt,[5] die bei einer Länge von 5 bis 8 Millimetern lanzettlich mit stachelpitzigem oberen Ende sind.[3] Die fünf ungleichen, mehr oder weniger spreizenden Kelchzähne sind lanzettlich, oft violett, stechend begrannt.[3][7][6] Die fünf 10 bis 15 Millimeter langen Kronblätter sind verwachsen. Die Krone ist weißlich[2] oder weißlich-rosafarben[3] und nur auf dem Rücken kurz behaart. Die 10 bis 20 Millimeter lange, gerade[3][6] Kronröhre überragt den Blütenkelch. Sie hat innen ein Haarbüschel.[7] Die Kron-Oberlippe ist schwach gekrümmt[3] und kurz zweilappig. Die Kronunterlippe ist dreilappig mit einem breiten, tief ausgerandeten und herabgeschlagenen Mittellappen.[7] Es sind nur zwei freie, fertile Staubblätter vorhanden; sie sind am Kronschlund inseriert.[5] Um die kahlen Staubfäden herum sind Trichome vorhanden. Der Diskus ist relativ dick.[5] Der Fruchtknoten ist tief zweilappig.[5] Der nahe der Basis des Fruchtknotens inserierte, dünne Griffel ist gebogen und endet in einer meist ungleich zweigabeligen Narbe.[5] Staubblätter und Griffel überragen die Blütenkrone.[6]

Der haltbare Kelch ist während der Fruchtreife bis zu 16 Millimeter lang und umhüllt die Klausenfrucht.[5] Die glänzend dunkel-braunen bis kastanien-brauen Klausen sind bei einer Länge von 1,7 bis 3[3][7][6] Millimetern und einem Durchmesser von 1,5 bis 2 Millimetern breit-verkehrt-eiförmig und schwach dreikantig.[3][5]

Chromosomensatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomenzahl beträgt x = 11 oder 22; es liegt Diploidie mit einer Chromosomenzahl von 2n = 22[3] oder 24[6] vor.[2][4][8][9]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Ungarn-Salbei handelt es sich um einen biennen oder plurienn-pollakanthen, mesomorphen, Hemikryptophyten.[2][4]

Blütenökologisch handelt es sich um Eigentliche Lippenblumen.[2][4] Die Bestäubung erfolgt meist durch Insekten, vermutlich Hymenopteren.[2][4] Es liegt Selbstkompatibilität vor; Selbstbefruchtung führt erfolgreich zum Samenansatz.[2][4]

Die Bruchfrucht zerfällt in vier stets einsamige, geschlossen bleibende Teilfrüchte, hier Klausen genannt. Die Klausen sind die Diasporen. Es erfolgt Klett- und Klebausbreitung der Diasporen auf der Oberfläche von Tieren (Epichorie).[2][4] Ein Pflanzenexemplar produziert 50000 bis 100000 Diasporen und das ganzen Exemplar mit reifen Früchten kann abbrechen und wird als ganzes mit dem Wind ausgebreitet.[10]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Salvia aethiopis ist von Südosteuropa über Südwestasien[11] bis Zentralasien verbreitet.[12] Fundortangaben gibt es für Portugal, Spanien,[3] Andorra, Frankreich, Monaco, Italien, Österreich, Ungarn, die ehemalige Tschechoslowakei, das ehemalige Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Zypern, die Türkei, Kaukasien, die Ukraine sowie die Krim[11] und Transkaukasien, den Iran, Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan sowie Usbekistan. Salvia aethiopis ist in Mitteleuropa[2] und den USA[12] stellenweise ein Neophyt.

Salvia aethiopis kommt in Österreich nur im pannonischen Gebiet von Burgenland, Wien bis Niederösterreich nur selten vor.[13]

Salvia aethiopis wächst auf Xerothermrasen und Ruderalstellen, oft auf mäßig trockenen Böden an warmen Standorten. Sie kommt in Pflanzengesellschaften der Ordnung Sisymbrietalia vor.[8] Sie auf der Iberischen Halbinsel in Höhenlagen von 500 bis 1400 Metern.[3]

In einigen Ländern, beispielsweise USA gilt Salvia aethiopis als invasive Pflanzenart und Art, deren Ausbreitung begrenzt werden soll. Sie wird wohl durch Saatgutverunreinigungen ausgebreitet.[14][15][10]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung von Salvia aethiopis erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, S. 27.[11][12][16][17] Das Artepitheton aethiopis bedeutet „aus Äthiopien“, aber sie kommt überhaupt nicht in Afrika vor. Synonyme für Salvia aethiopis L. sind: Aethiopis vera Fourr., Sclarea aethiopis (L.) Mill., Sclarea lanata Moench, Salvia idanensis Gand., Salvia kochiana Kunze, Salvia lanata Stokes nom. illeg., Salvia leuconeura Boiss.[11][12]

Illustration aus Hortus Eystettensis, 1613

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Noch um 1840 scheint Salvia aethiopis in der Nordschweiz als Heilmittel in Apothekergärten im Gebrauch gewesen zu sein.[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Siegmund Seybold: Flora von Deutschland und angrenzender Länder. Ein Buch zum Bestimmen der wild wachsenden und häufig kultivierten Gefäßpflanzen. Begründet von Otto Schmeil, Jost Fitschen. 93., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2006, ISBN 3-494-01413-2.
  • Hans-Joachim Zündorf, Karl-Friedrich Günther, Heiko Korsch, Werner Westhus (Hrsg.): Flora von Thüringen. Die wildwachsenden Farn- und Blütenpflanzen Thüringens. Weissdorn, Jena 2006, ISBN 3-936055-09-2.
  • Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 801.
  • Volume XII: R. Morales, A. Quintanar, F. J. Cabezas (Hrsg.): CXL. LABIATAE. In: S. Castroviejo et al. (Hrsg.): Flora Ibérica. Plantas vasculares de la Península Ibérica, e Islas Baleares. 2015. L. Sáez: 15. Salvia L. Volltext. (PDF; 2,0 MB) 5. Salvia aethiopis L. auf S. 309–310.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Salvia aethiopis L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 7. Februar 2023.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u Salvia aethiopis L., Ungarischer Salbei. auf FloraWeb.de
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y Volume XII: R. Morales, A. Quintanar, F. J. Cabezas (Hrsg.): CXL. LABIATAE. In: S. Castroviejo et al. (Hrsg.): Flora Ibérica. Plantas vasculares de la Península Ibérica, e Islas Baleares. 2015. L. Sáez: 15. Salvia L. Volltext. (PDF; 2,0 MB) 5. Salvia aethiopis L. auf S. 309–310.
  4. a b c d e f g h i Ungarn-Salbei. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
  5. a b c d e f g h i j k l m n o Datenblatt Salvia aethiopis bei FloraSA = Electronic Flora of South Australia.
  6. a b c d e f g h i j Deborah Engle Averett 2012: Datenblatt Salvia aethiopis bei in Jepson Flora Project (Hrsg.): Jepson eFlora.
  7. a b c d e f g h i j k l m n Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 4. Verlag Carl Hanser, München 1964. S. 2492–2493.
  8. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 809.
  9. Salvia aethiopis L. bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  10. a b Weed Report - Salvia aethiopis L. - Mediterranean sage, S. 1–3. In: Weed Control in Natural Areas in the Western United States, 2013. (PDF; 0,2 MB).
  11. a b c d World Checklist of Selected Plant Families (2010), The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. In: Datenblatt Salvia aethiopis - Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  12. a b c d Rafaël Govaerts, 2003: World Checklist of Selected Plant Families Database in ACCESS: 1-21623: Datenblatt Salvia aethiopis bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  13. Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 801.
  14. Mediterranean Sage Salvia aethiopis bei Washington State Noxious Weed Control Board.
  15. Datenblatt Salvia aethiopis mit Fotos bei Invasive Plant Atlas of the United States.
  16. Carl von Linné: Species Plantarum, Tomus I, 1753, S. 27. eingescannt bei biodiversitylibrary.org.
  17. Salvia aethiopis L. bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 8. Februar 2023.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ungarn-Salbei (Salvia aethiopis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Weiterführende Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Radhakrishnan Srivedavyasasri, Miriah B. White, Tatyana S. Kustova, Nadezhda G. Gemejiyeva, Charles L. Cantrell, Samir A. Ross: New tetranorlabdanoic acid from aerial parts of Salvia aethiopis. In: Natural Product Research, Volume 32, 2018, S. 14–17. doi:10.1080/14786419.2017.1324961