Oerlikon 35-mm-Zwillingskanone

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35-mm-Zwillingsflak Oerlikon GDF-006 auf der taiwanischen Luftwaffenbasis Chih Hang

Die Oerlikon 35-mm-Zwillingskanone ist eine mobile Flugabwehrkanone (Flak), die aus zwei Kanonen der KD-Serie des ehemaligen Schweizer Unternehmens Oerlikon-Bührle (seit 2009 Rheinmetall Air Defence) besteht. Ursprünglich wurde das Waffensystem als 2 ZLA/353 ML bezeichnet, jedoch später in GDF-001 geändert. Obwohl sie schon in den 1950er-Jahren entwickelt wurde, wird die Flak heute noch immer in mehr als 30 Ländern benutzt.

Entwicklung

Die Entwicklung der KD-Serie begann 1952. Die Fachleute bei Oerlikon berechneten das Kaliber 35 × 228 mm als das Optimum für Flugabwehrkanonen. Die Waffe wurde von der nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten 20-mm-KAA-GK-Kanone abgeleitet. Entwickelt wurden verschiedene Typen, unter anderem eine wassergekühlte Variante MK 352, die von der US Navy getestet wurde. Die Serien-Version MK 323 wurde in zwei Varianten hergestellt, nämlich mit Gurtzuführung (KDA und KDB) sowie mit Fünf-Schuss-Magazin (KDC). Alle Typen sind Gasdrucklader mit beim Schuss starr verriegeltem Verschluss und mechanischer Zündung der Patrone. Die Bezeichnungen der Geschütze leitet sich von Kanone, D (der internen Bezeichnung bei Oerlikon für das Kaliber 35 mm) und A (bis F) für den jeweiligen Typ ab.

Die daraus entwickelten Waffensysteme verwenden dabei immer zwei 35-mm-Maschinenkanonen der KD-Serie. Es kann mit dem Feuerleitradar Super Fledermaus ferngesteuert werden, das in den späten 1970er-Jahren durch das verbesserte Skyguard-System abgelöst wurde.

1980 wurde mit der GDF-002 ein weiterentwickeltes Modell produziert, das eine verbesserte Zielvorrichtung sowie die Möglichkeit erhielt, die Waffe über eine externe Feuerleitanlage fernzusteuern. Einige Jahre später wurde mit der GDF-003 die dritte Version eingeführt, die der vorangegangenen stark ähnelte. Als Erweiterungen wurde die Waffe selbstschmierend ausgelegt und mit einer integrierten Schutzabdeckung versehen. Mit der ab 1985 produzierten Entwicklung GDF-005 wurde das 3D-Computer-Zielgerät Gunking mit einem Laserentfernungsmesser und digitalem Kontrollsystem eingeführt. Die Waffe hat 112 Schuss feuerbereit, 128 in Reserve. Die Kanone hat ein vierrädriges aufklappbares Fahrwerk und wird für den Transport von einem Lastwagen bzw. Gabelstapler gezogen, kann aber (auf ebenem Gelände) von sechs Männern gestoßen werden.

Die 35-mm-Kanonen der KD-Serie werden heute unter anderem lafettiert im Flugabwehrkanonenpanzer Gepard sowie im britischen Marksman. Unter der Bezeichnung Naval Gun Typ GDM-A werden sie auch auf Schiffen zur Flug- und Nahabwehr eingesetzt.

Super Fledermaus

Das Feuerleitsystem Contraves Superfledermaus wurde von zehn Unternehmen gemeinschaftlich entwickelt und produziert. Es umfasst auf einem geschleppten Anhänger ein Dopplerradar im E/F-Band mit einer Reichweite von 15 Kilometern und ein Pulsdopplerrader im J-Band mit ebenfalls 15 Kilometern Reichweite. Im ersten Prototyp des Flakpanzers Gepard wurde das System ebenfalls verwendet.

Skyguard

Ein Skyguard-Feuerleitstand von Oerlikon der österreichischen Luftwaffe

Das Feuerleitsystem Skyguard wird ebenfalls in einem Anhänger transportiert. Auf diesen aufgebaut sind ein Pulsdoppler-Suchradar und -Feuerleitradar sowie eine koaxiale Kamera. Die Bedienungsinstrumente und das benzinbetriebene Stromaggregat sind im Anhänger eingebaut. Zudem sind 3 Mann der Bedienungsmannschaft, bestehend aus dem Feuerleitoffizier, dem Gerätechef, dem Orter, Richter, Sucher und dem Aggregatwart darin untergebracht.

Eine Skyguard-Flugabwehr-Feuereinheit besteht aus dem Skyguard und zwei Zwillings-Flugabwehrkanonen.

Geschichte

Eine japanische Version der GDF-002 in fahrbereiter Stellung
  • Aufgrund eines Bundesbeschlusses vom 13. Dezember 1961 wurde die Waffe in der Schweiz ab 1963 unter der Bezeichnung 35 mm Flab Kan 63 mit der Feuerleitanlage 63 (Superfledermaus) eingeführt.
  • Das Waffensystem wurde während des Falklandkrieges von Argentinien benutzt. Beide Feuerleitsysteme wurden dabei angewendet und am 4. Mai 1982 wurde damit eine Sea Harrier (XZ450) abgeschossen. Als Konsequenz daraus mieden britische Piloten die Flugabwehrstellungen weiträumiger. Des Weiteren wurde ein RAF Harrier (XZ988) am 27. Mai 1982 über Goose Green abgeschossen.[1] Das Waffensystem wurde außerdem gegen britische Truppen im Kampf um Goose Green eingesetzt.
  • 2007 kamen während einer Übung neun südafrikanische Soldaten ums Leben und 14 wurden verletzt. In Folge eines Defektes drehte sich ein Geschütz seitwärts und feuerte unkontrolliert auf das umliegende Gebiet.[2]

Munition

Eine Schweizer GDF-005 in Feuerstellung
NATO-Bezeichnung HEI-T HEI HEI(BF) SAPHEI-T FAPDS TP-T/TP AHEAD
Geschossgewicht 535 g 550 g 550 g 550 g 375 g 550 g 750 g
Sprengstoff 98 g 112 g 70 g 22 g n/a n/a n/a
Treibladung 330 g
Patronengewicht 1565 g 1580 g 1580 g 1552 g 1440 g 1580 g 1780 g
Mündungsgeschwindigkeit 1175 m/s 1175 m/s 1175 m/s 1175 m/s 1440 m/s 1175 m/s 1050 m/s
Beschreibung:
  • HEI – High Explosive Incendiary (-T – Tracer), Hochexplosiv/Brandladung
  • SAPHEI – Semi-Armour Piercing High Explosive Incendiary (sprengstoffgefülltes Halb-Panzerbrechgeschoss mit Brandwirkung)
  • FAPDS – Frangible Armour Piercing Discarding Sabot (im Ziel zerlegendes panzerbrechendes Unterkalibergeschoss)
  • AHEAD – Advanced Hit Efficiency and Destruction, zeitgesteuerte Munition mit 152 schweren Wolfram-Sub-Projektilen.
  • TP – Target Practice (-T – Tracer), Übungsmunition ohne Sprengstoff

Die in der Bundeswehr verwendeten Typen sind aus der Liste von Bundeswehrmunition ersichtlich.

Versionen

Ein österreichisches GDF-005-Waffensystem (FIAK85). An der Mündung der Waffen sind die V0-Messbasen zu sehen.
Modell einer 35 mm OERLIKON Naval Gun Typ GDM-A
  • GDF-001 / 2 ZLA/353 MK: XABA-Zielgerät
  • GDF-002: eingeführt 1980; verbessertes Ferranti-Zielgerät und digitale Datenübertragung
  • GDF-003: geringe Verbesserungen; Waffe selbstschmierend ausgelegt und mit integrierter Schutzabdeckung
  • GDF-005: eingeführt 1985; ausgerüstet mit einem Gunking-3D-Computer-Zielgerät, einem Laserentfernungsmesser und digitalem Feuerkontrollsystem; eingebaute Energieversorgung und Fehlerdiagnose
  • GDF-006: GDF-001/002/003-Varianten; ausgestattet mit einem System zum Verschießen der AHEAD-Munition
  • GDF-007: GDF-005-Variante; ausgestattet mit einem System zum Verschießen der AHEAD-Munition
  • GDF-CO3 mobiles Flugabwehrsystem
  • AHEAD: Ein System, mit dem die Waffen der GDF-Serie AHEAD-Munition abfeuern können.
  • Gepard, Marksman, Typ 87 und PZA Loara sind verschiedene Flugabwehrkanonenpanzer, die unter Verwendung der KDA-Version der Kanone entwickelt wurden.

Einsatz

Technische Daten GDF-006/7

  • Abmessungen:
    • Kaliber: 35 mm
    • Länge der Waffe: 4740 mm
    • Breite: 356 mm
    • Höhe: 640 mm
    • Länge des Rohres mit V0-Messbasis: 3710 mm
    • Länge des gezogenen Teils: 2923 mm
    • Drallart: Progressivdrall rechts
    • Dralllänge: 2853 mm
    • Drallwinkel: 0°–6° 30"
    • Anzahl der Züge: 24'
  • Gewicht:
    • Kanone feuerbereit: 6700 kg (inkl. Munition)
    • Rohr mit V0-Messbasis: 175 kg
    • Waffengehäuse: 200 kg
    • Verschlusspuffer: 12,5 kg
    • Verschluss: 11 kg
    • Waffendecke: 106 kg
  • Munition:
    • Unter- und Vollkalibertypen, Air-Bursting-Munition (ABM)
  • Kadenz:
    • max. 550 Schuss/min (je Rohr)

Literatur

  • James C. O'Halloran: Jane's Land-Based Air Defence 2005–2006. ISBN 0-7106-2697-5 (englisch).
  • George M. Chinn: The Machine Gun. Volume V. (englisch).

Weblinks

Commons: 35-mm-Oerlikon-Zwillingskanone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Navalhistory
  2. Blog
  3. 24 Feuereinheiten Fliegerabwehrkanone 35 mm, VBS-Dokumentation – Die Armee in Zahlen (Stand 02/2011)
  4. House of Commons Hansard for 11 Feb 2002 (pt 5).