Philip Klever

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Philip Klever (* 1985) ist ein deutscher ehemaliger Oberleutnant der Bundeswehr, der 2013 den Einsatz im Krieg in Afghanistan wegen der seiner Ansicht nach bestehenden Vermischung mit der Operation Enduring Freedom (OEF) aus Gewissensgründen verweigerte.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verpflichtung und Studium bei der Bundeswehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klever stammt aus dem Südbayerischen[1] und verpflichtete sich im Juli 2004[2] für zwölf Jahre als Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes in der Luftwaffe. Im Rahmen seiner Offizierausbildung studierte von Oktober 2005 bis Mai 2009[2] Elektro- und Informationstechnik an der Universität der Bundeswehr München in Neubiberg. Während des Studiums absolvierte er ein Praktikum bei den Kathrein-Werken in Rosenheim.[2] Als Vordiplombester seines Studiengangs finanzierten ihm der Bundeswehr München e.V. und das An-Institut ITIS e.V. 2008 eine dreiwöchige USA-Reise.[3]

Nach dem abgeschlossenen Studium als Diplom-Ingenieur[1] durchlief er eine militärfachliche Ausbildung beim Bataillon Elektronische Kampfführung 922 in Donauwörth.[4] Im März 2012[2] wurde er zum Zentrum Elektronischer Kampf Fliegende Waffensysteme nach Kleinaitingen bei Augsburg versetzt, in dem er im Bereich Elektronische Unterstützungsmaßnahmen (EloUM) für das zweistrahlige Mehrzweckkampfflugzeug Eurofighter Typhoon tätig war.[1]

Befehl zum Auslandseinsatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verweigerung des Afghanistaneinsatzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Dezember 2012 erhielt Klever den Befehl, von Juli bis November 2013 in den deutschen Auslandseinsatz nach Masar-e Scharif[5] in Afghanistan zu gehen, um dort Störflüge der United States Air Force zu unterstützen.[4] Dabei werden in den überflogenen Gebieten Störsender genutzt, um zu verhindern, dass in den überflogenen Gebieten Mobiltelefone oder Funkgeräte benutzt werden können.[1]

Klevers verweigerte den Befehl im Februar 2013, da die dort von ihm zu leitenden Flugzeuge vom multinational genutzten Luftwaffenstützpunkt Al Udeid in Katar operieren, auf dem keine klare Trennung zwischen den Missionen International Security Assistance Force (ISAF) und Operation Enduring Freedom (OEF) stattfinde.[4] Er berief sich dabei auf die Tatsache, dass die multinationale Mission OEF im Gegensatz zu ISAF kein UN-Mandat besitze und nur vom 16. November 2001 bis 29. Juni 2010 vom Deutschen Bundestag mandatiert war.[6] Er bezeichnete seinen Einsatzbefehl als illegal und begründete dessen Nichtausführen damit, dass ein Befolgen dieses Befehls ein Verstoß gegen das Völkerrecht zur Folge gehabt hätte und er diesen nicht mit seinem Gewissen vereinbaren hätte können.[1]

Veröffentlichung seines Falles[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das politische Fernsehmagazin Panorama berichtete am 30. Mai 2013 über seinen Fall.[7] Am gleichen Tag solidarisierte sich das der Friedensbewegung verbundene Darmstädter Signal in einer Pressemitteilung mit Klever.[8] Dem Berliner Kurier teilte er am 1. Juni 2013 mit: „Ich will nicht am Töten beteiligt sein“.[5][9] Die Umwandlung der Bundeswehr zur Einsatzarmee sehe er kritisch.[1] In einem Online-Interview mit KenFM vom Juli 2013 – das er vorher nicht mit der Bundeswehr abgestimmt hatte[1] – gab er an, dass ihm mindestens drei frühere Fälle von Befehlsverweigerung im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz bekannt seien.[1] Im August 2013 publizierte der Friedensaktivist und Oberstleutnant a. D. Jürgen Rose in der pazifistischen und antimilitaristischen Zweiwochenschrift Ossietzky unter dem Titel Gewissen ist keine Krankheit zwei Beiträge zum Fall Klever.[4][10]

Reaktion der Bundeswehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bundeswehr erkannte Klevers Verweigerung aus Gewissensgründen zunächst an.[11] Anschließend wurde Klever aus Gründen der Fürsorge[8] von allen seinen bisherigen Aufgaben entbunden und durfte in ein Einzelbüro umziehen.[12] Er wurde mit der Anfertigung eines Besinnungsaufsatzes[1] über sämtliche Tätigkeiten in der Dienststelle beauftragt. Zwei Wochen nach Bekanntwerden seines Falles wurde entschieden, den Dienstposten in Afghanistan, den Klever nicht antreten wollte, zukünftig nicht mehr zu besetzen.[4] Nach Klevers Gang zur Presse wurde ihm das Betreten seiner ehemaligen Büroräume und der persönliche Kontakt zu seinen Kameraden untersagt, da er sie von der Arbeit ablenken und sie negativ beeinflussen würde.[1] Zudem wurden ihm wegen eines Verstoßes gegen das Fotografierverbot der Kaserne die weitergehende Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aberkannt.[4]

Nach Angaben von Jürgen Rose eröffnete die Bundeswehr nach einem Interview von Philip Klever mit NRhZ-Online ein disziplinarrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht im Dienst (§ 14 Abs. 1 SG).[4]

Vorzeitiges Dienstzeitende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klever verließ im September 2013 – anstatt seine Dienstzeit bis 2016 abzuleisten[1] – die Bundeswehr vorzeitig, nachdem einem entsprechenden Antrag stattgegebenen worden war.[13] Seitdem arbeitet er als Elektroingenieur in der Privatwirtschaft.[2]

Reiseblog und -videos[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klever betreibt seit 2007 den Reiseblog killerwal.com.[14], außerdembilinguale Reisevideos[15] sowie eine Anleitung zur Erstellung von Zeitraffer-Videos.[16][17] 2011 steuerte er den Gastbeitrag Der Urlaubsretter und das Internet für das RTL-Format Der Urlaubsretter bei, welcher vom Internetprojekt Fernsehkritik-TV satirisch-kritisch verarbeitet wurde.[18][19] Im gleichen Jahr gewann er mit dem Kurzfilm Building 159 den ersten Platz beim 5. Swiss Videographer Film Contest.[20]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Philip Klever – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j k Interview mit Philip Klever bei KenFM
  2. a b c d e Philip Klevers Profil auf XING
  3. Michael Brauns: Leistung lohnt sich: 13 Vordiplombeste auf Entdeckungstour in den USA, Hochschulkurier Nr. 33, Dezember 2008, S. 29. (PDF; 2,7 MB).
  4. a b c d e f g Jürgen Rose: Gewissen ist keine Krankheit, in: Ossietzky 16/2013.
  5. a b Dirk Johannes Andresen: Bundeswehr-Oberleutnant verweigert Einsatz in Afghanistan, in: Berliner Kurier, 1. Juni 2013, S. 3.
  6. Deutscher OEF-Beitrag am Horn von Afrika beendet, einsatz.bundeswehr.de, Djibouti, 29. Juni 2010.
  7. Johannes Jolmes: Schikane: Der Umgang mit kritischen Soldaten, Panorama-Reportage vom 30. Mai 2013. (Panorama-Manuskript als: PDF)
  8. a b Bundeswehrkameraden stellen sich hinter Oberleutnant Philip Klever. Pressemitteilung vom 30. Mai 2013 des Arbeitskreises Darmstädter Signal (PDF).
  9. Deutscher verweigert Dienst in Afghanistan, in: Express, 1. Juni 2013.
  10. Jürgen Rose: Gewissen ist keine Krankheit (2), in: Ossietzky 17/2013.
  11. Peter Kleinert: Schikane: Der Umgang mit kritischen Soldaten, Panorama, 30. Mai 2013.
  12. Dirk Johannes Andresen: Bundeswehr-Offizier verweigert Einsatz in Afghanistan, in: Hamburger Morgenpost, 1. Juni 2013, S. 4–5.
  13. Johannes Jolmes: Ende der Schikane: Verweigerer Klever verläßt Bundeswehr (Memento vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive). Panorama (ARD), 5. September 2013.
  14. Reiseblog von Philip Klever: www.killerwal.com
  15. A Trip to Venice – English Travel Guide HD auf YouTube
  16. Kanal von Philip Klever auf YouTube.
  17. Tutorial – How to make a HDR Timelapse Video using a Canon EOS DSLR auf YouTube
  18. Folge 76 vom 13. September 2011, Fernsehkritik-TV, abgerufen am 31. August 2013.
  19. Presse, killerwal.com, abgerufen am 31. August 2013.
  20. Juliane Kurr: HolidayCheck Werbespot Dreh 2011 – Backstage. HolidayCheck.de, 15. Dezember 2011.