Pinnacle-Airlines-Flug 3701

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Pinnacle-Airlines-Flug 3701

Maschine der Gesellschaft vom gleichen Typ wie das Unfallflugzeug

Unfall-Zusammenfassung
Unfallart Absturz durch Strömungsabriss und Flammabriss
Ort Jefferson City, USA
Datum 14. Oktober 2004
Todesopfer 2
Überlebende 0
Verletzte 0
Luftfahrzeug
Luftfahrzeugtyp Bombardier Canadair Regional Jet CRJ200
Betreiber Pinnacle Airlines
(heute Endeavor Air), betrieben für Northwest Airlines
Abflughafen Vereinigte Staaten Bill and Hillary Clinton National Airport
Zielflughafen Vereinigte Staaten Minneapolis-Saint Paul International Airport
Passagiere 0
Besatzung 2
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen

Pinnacle Airlines Flight 3701 war ein Flug der Pinnacle Airlines, auf dem am 14. Oktober 2004 eine für Northwest Airlines betriebene Bombardier Canadair Regional Jet CRJ200 nahe Jefferson City im US-Bundesstaat Missouri abstürzte. Die beiden Piloten, die auf diesem Überführungsflug alleine unterwegs waren, kamen bei der versuchten Notlandung ums Leben. Aufgrund der Unfallumstände wurde die Besatzung für den Negativpreis Darwin Award vorgeschlagen.

Unfallhergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Informationen zu Besatzung, Flugzeug und Flugauftrag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Besatzung bestand aus einem 31-jährigen Kapitän und einem 23-jährigen Kopiloten. Der Kapitän hatte eine Gesamtflugerfahrung von 6.900 Stunden seit 1995, davon 973 auf dem CRJ200, der Kopilot 761 Stunden gesamt seit 2001, davon 222 auf dem CRJ200. Beide sollten die Maschine, eine Bombardier CL-600-2B19, vermarktet als CRJ200, mit dem Kennzeichen N8396A von Little Rock in Arkansas nach Minneapolis überführen. Die Maschine hatte die Seriennummer 7396 und war am 18. Mai 2000 an Pinnacle ausgeliefert worden. Zum Unfallzeitpunkt hatte das Flugzeug 10.168 Flugstunden bei 9.613 Flügen absolviert. Das Startgewicht lag bei 39.336 Pfund und damit ca. 13.500 Pfund unter dem maximalen Startgewicht, der Schwerpunkt befand sich im zulässigen Bereich. Die letzten routinemäßigen Wartungsarbeiten hatten am 13. Oktober und 7. Oktober stattgefunden, dabei waren keine Abweichungen aufgefallen.[1][2][3]

Flugverlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Maschine startete um 21:21 Uhr CDT auf dem Little Rock National Airport (heute Bill and Hillary Clinton National Airport) und wurde zum Steigflug auf 33.000 Fuß (10.000 Meter) freigegeben. Bereits kurz nach dem Start erhöhte die Besatzung den Anstellwinkel abrupt auf 22°, was eine Beschleunigung von 1,8 g verursachte und den Stickshaker aktivierte. Dieser soll die Besatzung vor einem bevorstehenden Strömungsabriss warnen. Das Manöver wiederholte sich während des Steigfluges noch zwei weitere Male. Währenddessen wechselten die Besatzungsmitglieder die Plätze, warum, konnte nicht geklärt werden.[2]

Um 21:36 Uhr erhielt die Besatzung die Freigabe, statt der geplanten 37.000 (11.280 Meter) auf 41.000 Fuß (12.500 Meter) zu steigen, die maximal zulässige Flughöhe des Flugzeugtyps, die im normalen Flugbetrieb jedoch nicht erreicht wurde, weil das Flugzeug beladen zu schwer für diese Flughöhe ist. Aus diesem Grund ließ sich ein Fluglotse des Area Control Center (ACC) in Kansas den Flugzeugtypen bestätigen:

Kansas ACC: „I’ve never seen you guys up at forty one there.“
„Ich habe Euch noch nie so hoch fliegen sehen.“
Flug 3701: „we don’t have any passengers on board so we decided to have a little fun and come on up here. […] this is actually our service ceiling.“
„Wir haben keine Passagiere an Bord und wollten mal ein bisschen Spaß haben […] das [Flugfläche 410] ist übrigens unsere Dienstgipfelhöhe.“

Um 21:54:32 Uhr sah die Besatzung, dass die Geschwindigkeit des Flugzeuges weiter abnahm, vier Sekunden später aktivierte sich wiederum der Stickshaker, da die Maschine knapp über der Abrissgeschwindigkeit flog. Die Geschwindigkeit betrug zu diesem Zeitpunkt noch 150 Knoten (280 km/h) bei einem Anstellwinkel von 7,5°. Um 21:54:45 und 21:54:54 Uhr wurde erneut der Stickshaker betätigt, gleichzeitig nahmen die Drehzahlen der Triebwerke und der Kraftstoffdurchfluss ab. Nachdem der Stickpusher die Steuersäule automatisch nach vorne gedrückt hatte, zogen die Piloten sie wieder nach hinten, was zu einem Anstellwinkel von 29° und einem Strömungsabriss führte. Um 21:55:06 Uhr erklärte der Kapitän Luftnotlage, währenddessen gelang es der Besatzung zunächst, das Flugzeug bei ca. 34.000 Fuß (10.360 Meter) wieder abzufangen. Die Triebwerke waren zu diesem Zeitpunkt durch einen Flammabriss ausgefallen.[2]

Der Controller erlaubte der Besatzung einen Sinkflug auf 24.000 Fuß (7.315 Meter), ohne jedoch zu diesem Zeitpunkt zu wissen, dass beide Triebwerke ausgefallen waren. Die Besatzung startete das Hilfstriebwerk, um weiter Strom zu haben und begann, die Checkliste für das Wiederanlassen der Triebwerke durchzugehen. Dafür war eine Flughöhe von 13.000–21.000 Fuß (3.960–6.400 Meter) und eine Geschwindigkeit von 300 Knoten (555 km/h) erforderlich, wenn nicht das Hilfsaggregat zur Hilfe genommen werden sollte. Das Wiederanlassen war auch deswegen nicht erfolgreich, da Versuche ergaben, dass das Triebwerk bei einem plötzlichen Ausfall einen so genannten core lock erfährt. Dabei schleifen die Schaufeln der Turbine am Außengehäuse des Triebwerks, weil sie sich aufgrund der Temperaturunterschiede (heiße Abgase gegenüber kalter Umgebungsluft) ausdehnen. Um diesen core lock zu vermeiden, ist eine Geschwindigkeit von mehr als 240 Knoten (445 km/h) erforderlich, diese Geschwindigkeit wurde aber nicht geflogen, die Maschine flog zwischen 170 (315 km/h) und 236 Knoten (437 km/h) schnell.[2]

Um 22:03:09 Uhr gab der Kapitän an den Lotsen weiter, dass ein Triebwerk ausgefallen sei und man in 13.000 Fuß (3.960 Meter) das zweite wieder starten wolle, was genehmigt wurde. Vier Anlassversuche der Triebwerke mit dem Hilfsaggregat waren in dieser Zeit nicht erfolgreich. Um 22:10 Uhr gab der Lotse der Besatzung Informationen über den nächstgelegenen Flughafen, Jefferson City Memorial Airport, die Besatzung konnte den Flughafen ab 22:14 Uhr sehen, ihn aber nicht mehr erreichen. Das letzte Geräusch vor dem Aufprall nahe einer Straße wurde um 22:15:06 Uhr vom Cockpit Voice Recorder aufgenommen.[2]

Durch den Aufprall und ein ausgebrochenes Feuer wurde das Flugzeug zerstört, die Besatzung beim Aufprall getötet. Mehrere Garagen und Gärten wurden in Mitleidenschaft gezogen, Menschen am Boden kamen nicht zu Schaden.[2]

Ursachen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursache für den Flugunfall sah das NTSB ausschließlich bei der Besatzung, Probleme an der Maschine oder aufgrund des Wetters konnten ausgeschlossen werden. Besonders hervorgehoben wurden die unnötigen Belastungen des Flugzeuges im Steigflug bis zum Ansprechen des Stickshakers und des Stickpushers, das Aufsteigen auf Flugfläche 410 mit dem Vertical Speed Mode, der zwar eine Steigrate festlegt, aber die für den Steigflug nötige Energie über die Geschwindigkeit gewinnt, so dass diese abfiel und hier dazu führte, dass der verfügbare Schub nicht mehr ausreichte, um eine Geschwindigkeit oberhalb der Strömungsabrissgeschwindigkeit in dieser Flughöhe zu halten sowie die falsche Reaktion auf den Ausfall beider Triebwerke, hier vor allem die zu niedrige Geschwindigkeit, die zum Festfressen der inneren Welle der Triebwerke (core lock) führte und die nicht rechtzeitige Auswahl eines geeigneten Landefeldes.[1][2]

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der Umstände, insbesondere, dass sich die Besatzung selbst ohne Not in die bedrohliche Situation gebracht hatte und danach minutenlang nicht die richtigen Schritte wählte, um sich zu retten, wurden die beiden Piloten für den Negativpreis des Darwin Awards vorgeschlagen, der Menschen „auszeichnet“, die sich durch ihre eigene Dummheit bzw. Unvorsichtigkeit ums Leben gebracht haben.[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b What Went Wrong: The Crash Of Flight 3701. Two joyriding pilots took a jet to its 41,000-ft. ceiling – and paid for the stunt with their lives. PM investigates the crash of Flight 3701. In: Popular Mechanics. 4. Januar 2006, abgerufen am 20. April 2016 (englisch).
  2. a b c d e f g Crash of Pinnacle Airlines Flight 3701 Bombardier CL-600-2B19, N8396A Jefferson City, Missouri October 14, 2004. (PDF) In: National Transportation Safety Board. 9. Januar 2007, abgerufen am 20. April 2016 (englisch, Abschlussbericht der US-amerikanischen Flugunfallbehörde).
  3. Mishaps – Pinnacle Airlines 3701. In: Code 7700. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2016; abgerufen am 20. April 2016 (englisch).
  4. 4-1-0 Club. In: Darwinawards.com. Abgerufen am 20. April 2016 (englisch).

Koordinaten: 38° 32′ 57″ N, 92° 8′ 36″ W