Pyrrolysin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Oktober 2016 um 18:26 Uhr durch 2.161.16.211 (Diskussion) (ergänzung, korr.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

{{Infobox Chemikalie | Strukturformel = Struktur von L-Pyrrolysin | Suchfunktion = C12H21N3O3 | Andere Namen = * N6-{[(2R,3R)-3-Methyl- 3,4-dihydro-2H-pyrrol-2-yl]carbonyl}- L-lysin

| Summenformel = C12H21N3O3 | CAS = 448235-52-7 | PubChem = 5460671 | Beschreibung = | Molare Masse = 255,31 g·mol−1 | Aggregat = fest | Dichte = | Schmelzpunkt = | Siedepunkt = | Dampfdruck = | Löslichkeit = | Quelle GHS-Kz = NV | GHS-Piktogramme =

keine Einstufung verfügbar

| GHS-Signalwort = | H = siehe oben | EUH = siehe oben | P = siehe oben | Quelle P = | Quelle GefStKz = NV | Gefahrensymbole =

keine Einstufung verfügbar

| R = siehe oben | S = siehe oben | MAK = }}

Pyrrolysin (Abk. Pyl oder O) ist eine natürlich auftretende genetisch codierte proteinogene α-Aminosäure und ein Derivat des L-Lysins. Pyrrolysin hat drei stereogene Zentren (Kohlenstoffatome mit vier verschiedenen Substituenten). Damit gibt es acht mögliche Stereoisomere. Das biologisch aktive Isomer (vgl. Bild rechts) hat die vollständige Bezeichnung nach IUPAC: N6-[(2R,3R)-3-Methyl-3,4-dihydro- 2H-pyrrol-2-ylcarbonyl]-(S)-lysin. Pyrrolysin wird auch als 22. proteinogene Aminosäure bezeichnet, ihr Buchstabensymbol „O“ ist seit 2006 Bestandteil des Protein-Alphabets von BLAST.[1]

Die Seitenkette von Pyrrolysin ist lipophil.

Translation

Pyrrolysin ist eine der nicht-kanonischen proteinogenen Aminosäuren, die genetisch codiert während der Translation eingefügt als Proteinbaustein in Lebewesen natürlich vorkommen.

Bei einigen Archaeen der Gattungen Methanosarcinales (z. B. Methanosarcina barkeri) und verschiedenen Bakterien (z. B. Desulfitobacterium hafniense) ist Pyrrolysin Bestandteil von Enzymen des Methan-Stoffwechsels (Methylamin-Methyltransferasen). Diese Organismen verfügen über eine tRNAPyl sowie eine für deren Beladung spezifische Pyrrolysyl-tRNA-Synthetase und können damit Pyrrolysin bei der Translation am Ribosom einfügen.

Als Codon für diese proteinogene Aminosäure fungiert UAG, dessen übliche Funktion als Stopcodon dabei supprimiert wird. Die Anwesenheit von besonderen Gensequenzen im Kontext des Transkripts erleichtert dies durch Ausbildung einer Haarnadelstruktur der mRNA als sogenanntes PYLIS-Element (der pyrrolysine insertion sequence). Doch ist auch ohne Verstärkung seitens cis-agierender kontextueller Elemente eine erfolgreiche Translation des UAG-Tripletts in Pyrrolysin möglich – neben der dann überwiegend ablaufenden Termination.[2]

Evolution

Stammesgeschichtlich handelt es sich bei der Pyrrolysinmaschinerie (Pyl-Maschinerie) nicht um eine neue evolutionäre Errungenschaft. Im Gegenteil, wegen der Einordnung der Pyl-Aminoacyl-tRNA-Synthetase (Pyl-aaRS) zur älteren Klasse IIb ist es wahrscheinlich, dass die Pyl-aaRS aus anderen aaRS-Sequenzen vor der Abspaltung der bakteriellen Stammeslinie von der der Archaeen (letzter gemeinsamer Vorfahre, MRCA: most recent common ancestor) hervorgegangen ist.[3] Damit sind Pyl-aaRS sehr alt.

Warum nur sehr wenige Organismen über die Pyl-Maschinerie verfügen, könnte damit zusammenhängen, dass die Gene in allen anderen Linien im Laufe der Zeit verloren gingen. Dies ist jedoch sehr unwahrscheinlich.

Eine neue Interpretation geht davon aus, dass die Pyl-Maschinerie durch horizontalen Gentransfer aus (mehreren) Donorlinien stammt, die inzwischen ausgestorben sind oder noch nicht entdeckt wurden. Dies setzt aber auch voraus, dass die Donorlinie, aus der die Pyl-Maschinerie stammt, bereits einen gewissen Grad an Diversität zu dem Zeitpunkt erreicht hatte, als noch ein gemeinsamer Vorfahre (MRCA) unserer drei Reiche existierte.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Release-Notes von BLAST v2.2.15
  2. D. Longstaff, S. Blight, L. Zhang, K. Green-Church, J. Krzycki: In vivo contextual requirements for UAG translation as pyrrolysine. In: Molecular Microbiology, Band 63, Nr. 1; Januar 2007, S. 229–241; PMID 17140411, doi:10.1111/j.1365-2958.2006.05500.x
  3. Fournier, G. (2009): Horizontal gene transfer and the evolution of methanogenic pathways. In: Methods Mol Biol. 532; 163–179; PMID 19271184; doi:10.1007/978-1-60327-853-9_9

Weblinks