Rzeczpospolita (Zeitung)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Juli 2016 um 16:58 Uhr durch Ute Erb (Diskussion | Beiträge) (r). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rzeczpospolita

Das 2007 bezogene, neue Verlagsgebäude in der Prosta-Strasse in Warschau
Beschreibung polnische Tageszeitung
Verlag Presspublica Sp. z o. o.
Erstausgabe 1944 (1950 eingestellt) und 1982
Erscheinungsweise täglich Montag bis Sonnabend
Verkaufte Auflage 120.172 [1] Exemplare
(ZKDP Mrz. 2009, Mo.−Sa. gesamt)
Chefredakteur Bogusław Chrabota
Weblink rp.pl
ISSN

Rzeczpospolita ([ʒɛt͡ʃpɔsˈpɔlita], polnische Aussprache: [ʐɛt͡ʂpɔsˈpɔlʲita], „Die Republik“) ist nach der Gazeta Wyborcza die zweitgrößte seriöse überregionale Tageszeitung in Polen (unter Berücksichtigung der Boulevardzeitungen die viertgrößte) mit einer gedruckten Auflage von ca. 200.000 Exemplaren und einer geschätzten Leserschaft von 1,3 Mio. Herausgegeben wird sie vom Verlagshaus Presspublica, das sich im Besitz des Unternehmers Grzegorz Hajdarowicz befindet.

Die Rzeczpospolita erscheint Montag bis Samstag im sog. Tabloid-Format (bis 14. Oktober 2007 als Broadsheet-Format) und pflegt ein trockeneres und elitäreres Image als z. B. die auflagenstärkere linksliberale Gazeta Wyborcza, die auch Elemente der Boulevard-Presse aufweist.

Auffällig ist die thematische und farblich hervorgehobene Dreiteilung der Zeitung: Neben dem normalen Nachrichtenteil (weiß) erscheint der Wirtschaftsteil auf hellgrünem Papier, zudem gibt es einen täglichen juristischen Teil auf gelbem Papier. Neben diesen täglichen Rubriken erscheinen ein- oder zweimal pro Woche Beilagen zu verschiedenen Themen (z. B. Auto- und Immobilienmarkt, Karriere, Fernsehprogramm, Kultur, Reisen). Samstags erscheint die Feuilleton-Beilage Plus-Minus, in der bekannte Autoren und Politiker Essays zu kulturellen, politischen und historischen Themen veröffentlichen, die ein breites Meinungsspektrum abbilden. Die Rzeczpospolita veröffentlicht außerdem regelmäßig Rankings zu Unternehmen, Institutionen und Behörden.

Geschichte

Die heutige Rzeczpospolita ist hervorgegangen aus der gleichnamigen ehemaligen Zeitung der kommunistischen Regierung, die erstmals, noch während des Zweiten Weltkriegs, im Juli 1944 erschien. Der Titel knüpfte damals bewusst an die gleichnamige Zeitung der rechtskonservativen Christlich-Nationalen Partei (SCN) der Zwischenkriegszeit an, um in der polnischen Nachkriegsöffentlichkeit, die der neuen kommunistischen Regierung durchweg ablehnend gegenüberstand, eine gewisse Legitimität aufzubauen. Parallel dazu erschien mit der Gründung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) 1948 deren Zeitung Trybuna Ludu („Volkstribüne“). 1950 wurde die Rzeczpospolita eingestellt, da die gleichzeitige Existenz einer Partei- und Regierungszeitung im konsolidierten Ein-Parteien-Staat überflüssig war.

In der politischen Krise des Jahres 1980, als das Image der Partei (PVAP) weiter stark beschädigt wurde, entstand die Idee zur Wiederbelebung der Zeitung, um die Unabhängigkeit der Regierung zu betonen. Seit 1982 erschien Rzeczpospolita als Organ des Regierungsapparates, zugleich erschien weiterhin die Parteizeitung Trybuna Ludu.

Dieser Dualismus entsprach der Situation der Sowjetunion, wo ebenfalls die Prawda als Partei- und die Iswestija als Regierungsblatt erschienen; die Entwicklung der Iswestija in Russland nach der Wende ähnelt übrigens stark der der Rzeczpospolita in Polen.

1991 wurde die Rzeczpospolita von der neuen demokratischen Regierung in die Unabhängigkeit entlassen. Gründungschefredakteur der unabhängigen Rzeczpospolita war 1989 bis 1996 (†) der bekannte polnische Journalist Dariusz Fikus. Es entstand ein Joint Venture zwischen dem polnischen Staatsschatz und dem französischen Verleger Robert Hersant (1920–1996), der Verlag Presspublica[2], in dem die Zeitung seither erscheint.

1996 übernahm der norwegische Konzern Orkla Media die Anteile der Hersant-Gruppe und hielt bis 2006 51 % an Presspublica, bis er seine Anteile an Montgomery verkaufte. Ende Januar 2005 geriet die Rzeczpospolita in die Diskussion, nachdem ein Redakteur (Bronisław Wildstein) eine Inventarliste des Instituts für Nationales Gedenken (Instytut Pamięci Narodowej, IPN) mit den Namen von Mitarbeitern, Anwärtern und Opfern des polnischen Stasi-Gegenstücks Służba Bezpieczeństwa („Sicherheitsdienst“) entwendet und verbreitet hatte. Wildstein wurde daraufhin am 31. Januar 2005 entlassen.

Die politische Linie war bis 2006 liberal-konservativ. Die im Herbst 2005 von der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) unter Jarosław Kaczyński gebildete Regierung setzte als Miteigner die Berufung des nationalkatholischen Publizisten Paweł Lisicki als neuen Chefredakteur durch.[3] In der Folge verließen mehrere profilierte Redakteure die Zeitung, sie wurden ersetzt durch nationalkonservative und nationalkatholische Autoren. Besonders in der Deutschland-Berichterstattung setzt die Redaktion seitdem auf Konfrontation.

Montgomery veräußerte seine Anteile 2011 an Grzegorz Hajdarowicz, der überdies auch den staatlichen Anteil von 51 Prozent erwarb und somit die Zeitung vollständig übernahm.[4] Unverzüglich ersetzte er Lisicki durch den gemäßigteren Tomasz Wróblewski.[5]

Am 30. Oktober 2012 publizierte die Zeitung auf der Titelseite einen Artikel von Cezary Gmyz über angebliche Sprengstoffspuren am Wrack der am 10. April 2010 bei Smolensk abgestürzten polnischen Präsidentenmaschine, der sich allerdings als unzutreffend erwies. Wróblewski wurde daraufhin entlassen. Neuer Chefredakteur wurde Bogusław Chrabota.[6]

Einzelnachweise

  1. Angabe gem. der polnischen Auflagenkontrolle ZKDP betr. den durchschnittlichen Verkauf im März 2009 in einer Aufstellung bei Media2.pl vom 8. Mai 2009 (in polnisch)
  2. gem. Artikel aus dem Archiv von Rzeczpospolita vom 22. April 1996 anlässlich des Todes von Robert Hersant (in polnisch)
  3. Dzieci Kaczyńskiego, in: Newsweek Polska, 2. Mai 2015, S. 24.
  4. Hajderowicz 100 procent. gazeta.pl, 12. Oktober 2011.
  5. Wróblewski nowym naczelnym. tvn24bis.pl, 27. Oktober 2011.
  6. Bogusław Chrabota redaktorem naczelnym. rp.pl, 20. Dezember 2012.

Weblinks