Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

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Ehemaliges Kaufhaus Schocken

Das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz (abgekürzt smac) ist das archäologisch-kulturhistorische Landesmuseum des Freistaates Sachsen. Es wurde am 15. Mai 2014 im ehemaligen Kaufhaus Schocken eröffnet und ist die Nachfolgeinstitution des Landesmuseums für Vorgeschichte Dresden. Das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz ist Teil des Landesamtes für Archäologie Sachsen.[1]

Mit der Eröffnung des Museums verfügt Sachsen erstmals über eine Dauerausstellung zur Landesarchäologie. Sie umfasst 300.000 Jahre menschlicher Geschichte in Sachsen und endet mit der Zeit der Industrialisierung. Drei kleinere Ausstellungen sind der Geschichte des Kaufhauses, dem Kaufhausgründer Salman Schocken und dem Architekten des Gebäudes Erich Mendelsohn gewidmet.[2]

Dauerausstellung

Blick in die 1. Etage der archäologischen Dauerausstellung. Im Hintergrund ist der Gläserne Neandertaler zu sehen.

Auf etwa 3000 m² wird in einer dreietagigen Erlebnisausstellung die Entwicklung Sachsens von der Zeit der ersten Jäger und Sammler bis zur beginnenden Industrialisierung in Szene gesetzt.

Die erste Etage deckt mit fast 300.000 Jahren den längsten Zeitabschnitt der archäologischen Dauerausstellung ab. Die ältesten Steinwerkzeuge der mittleren Altsteinzeit stammen vom Fundplatz Markkleeberg. Die Pferdedarstellungen auf dem Schieferplättchen vom Fundplatz Groitzsch bei Eilenburg sind mehr als 12.000 Jahre alt. Zusätzliche Informationen finden sich zur Klimageschichte, Evolution, Anthropologie, Zoologie, Genetik und Anatomie. In Kooperation mit dem Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie entstand ein Museumslabor, in dem die Unterschiede zwischen den Neandertalern und den heute lebenden Menschen verdeutlicht werden. Eine Besonderheit der ersten Etage ist der "Gläserne Neandertaler". Er erinnert an den Gläsernen Menschen im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden.

Die zweite Ausstellungsetage zeigt die Bauernkulturen von der Jungsteinzeit (5500 v. Chr.) bis zum frühen Mittelalter (800 n. Chr.). Ausgestellt wird die 7000 Jahre alte Holzeinfassung des bandkeramischen Brunnens bei Zwenkau, einem der ältesten Holzbauten Europas. Bemerkenswert sind die vollständig erhaltenen mit Rindenbast und Pech verzierten Keramikgefäße aus dem jungsteinzeitlichen Brunnen von Altscherbitz bei Leipzig. Die älteste Tonfigur Mitteleuropas mit eindeutig männlichen Geschlechtsmerkmalen aus Zschernitz befindet sich neben der Venus von Zauschwitz, einem weiblichen Idol aus dem frühen Neolithikum. Die sächsische Bronzezeit (2200 – 800 v. Chr.) bietet mit ihren schatzfundähnlichen Depots, z. B. dem bronzezeitlichen Depotfund von Kyhna, einen weiteren Höhepunkt der Ausstellung. Wie sich die Menschen während der Eisenzeit (800 – 450 v. Chr.) und der Römischen Kaiserzeit (0 – 375 n. Chr.) kleideten, erfährt der Besucher anhand einer Spiegelinstallation. Diese verwandelt das Spiegelbild in einen bekleideten und voll ausgestatteten eisen- bzw. kaiserzeitlichen Menschen.

In der Alltagswand in der 3. Etage der archäologischen Dauerausstellung veranschaulichen mehr als 1200 Gegenstände aus sächsischen Stadtkerngrabungen die mittelalterliche Lebenswelt.

Einen Einblick in die mittelalterliche Lebenswelt bietet die etwa 40 Meter lange Rückwand in der dritten Ausstellungsetage mit ihrer Präsentation von 1200 Alltagsgegenständen aus sächsischen Stadtkerngrabungen. Mit seinem prägenden Einfluss auf die sächsische Geschichte rückt der Bergbau als Ausstellungsthema dieser Etage in den Mittelpunkt. In einer "Schatzkammer der schriftlichen Überlieferung" erhält das Hauptstaatsarchiv Dresden als Kooperationspartner ein Schaufenster für die Präsentation seines ansonsten in Archiven verborgenen Bestandes. Der Rundgang durch die archäologische Dauerausstellung endet im Jahr 1839 mit der Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke von Leipzig nach Dresden.

Blick in den Erkerbereich in der 1. Etage mit der geschwungenen Fensterfront. Hier befindet sich die Dauerausstellung zu Erich Mendelsohn mit Architekturmodellen und Dokumenten zu Leben und Werk des Architekten.

In den separaten Erkerbereichen befinden sich entlang der geschwungenen Fensterfront weitere Dauerausstellungen. In der ersten Etage werden anhand von Architekturmodellen und Dokumenten Leben und Werk des Architekten Erich Mendelsohns dargestellt.

Die zweite Etage widmet sich der Geschichte des Chemnitzer Kaufhauses, seiner Bedeutung für Sachsen und seiner Vernetzung in der jüdischen Gemeinde.

Kaufhausmitbegründer Salman Schocken als leidenschaftlicher Sammler von Büchern und Handschriften des Judentums wird im dritten Obergeschoss dargestellt.

Die kinetische Skulptur im Foyer des smac setzt sich aus fünf verschiedenen Teilen zusammen. Über Touchscreens können individuelle Informationen abgerufen werden.

Ein durch alle drei Etagen der Dauerausstellung schwebendes Landschaftsmodell von Sachsen befindet sich in der Mitte des Hauses. Das über Videoprojektionen veränderbare Relief kann sich in verschiedene Landesregionen auflösen und wieder zusammensetzen. Es zeigt unterschiedliche historische Zustände des Landes[3].

Im Erdgeschoss können die Besucher über einen interaktiven Handlauf individuelle Informationen abrufen. Eine Bespielung ist auch auf der Unterseite der Landschaftsteile über einen in den Boden eingelassenen Spiegel möglich.

Geschichte des ehemaligen Kaufhaus Schocken

Entworfen und geplant wurde der Bau Ende der 1920er Jahre von Erich Mendelsohn als Kaufhaus für den Einzelhandelskonzern der Brüder Schocken. Baubeginn war im Juli 1929; am 15. Mai 1930 wurde es eröffnet. Das Kaufhaus wurde mit über 700 Mitarbeitern zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in der Stadt Chemnitz. Das Kaufhaus Schocken wurde 1933 vom Chemnitzer Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand auf die Liste der Geschäfte gesetzt, die von der Bevölkerung gemieden werden sollten. Die Familie Schocken wurde nach den Novemberpogromen 1938 enteignet und musste nach Palästina bzw. in die USA emigrieren. Am 9. Dezember 1938 erfolgte die Umbenennung des Unternehmens in Merkur Kaufstätte Aktiengesellschaft, unter der das Warenhaus vom 1. Januar 1939 bis zum Kriegsende firmierte. Nach Kriegsende wurde die Merkur Kaufstätte AG enteignet. In das nur wenig beschädigte Kaufhaus zogen die Landesversicherungsanstalt, die Volkssolidarität und die Konsumgenossenschaft Chemnitz ein. Die Konsumgenossenschaft gab im Oktober 1950 das Kaufhaus auf. Anfang 1952 erfolgte die Übernahme des Gebäudes durch die HO. Mit Jahresbeginn 1965 wurde das Warenhaus der neu gegründeten Vereinigung Volkseigener Warenhäuser Centrum mit Sitz in Leipzig angeschlossen. Die ehemaligen Kaufhäuser Tietz und Schocken firmierten fortan als Centrum-Warenhäuser. Im Februar 1991 übernahm die Kaufhof Warenhaus AG das Warenhaus, veräußerte es jedoch später wieder. Nach einem längeren Leerstand, ab 2001, begannen 2010 die Umbauarbeiten zum Archäologiemuseum. Bauherr war die PVG Projektierungs- und Verwaltungsgesellschaft Schocken mbH. Der umfassende Umbau erfolgte durch die Arbeitsgemeinschaft der Architekten Auer Weber Stuttgart und Knerer und Lang Dresden.[4][5] Die Ausstellungsgestaltung realisierte Atelier Brückner Stuttgart.[6]

Sonderausstellungen

Für Sonderausstellungen steht die vierte Ebene mit 1000 Quadratmetern zur Verfügung.

  • Den Auftakt des Sonderausstellungsprogramms bildete das Thema Salz der Hallstattzeit. Vom 3. Juli 2015 bis zum 17. Januar 2016 wurde am Beispiel des archäologischen Fundplatzes Hallstatt im Salzkammergut in Oberösterreich die 7000 Jahre alte Geschichte und Bedeutung der Salzgewinnung und –verarbeitung dargestellt. Die Ausstellung "SALZ BERG WERK. Schatzkammer der Alpen" wurde ursprünglich für das Naturhistorische Museum Wien konzipiert und gelangte in Zusammenarbeit mit dem Ausstellungsbüro MuseumsPartner nach Chemnitz.[7]
  • Vom 27. Mai bis 30. Dezember 2016 zeigt das smac die Sonderausstellung GELD.[8] Die Ausstellung gliedert sich in drei Themenbereiche: „Formen des Geldes“, „Was machen wir mit Geld?“ bzw. „Was macht Geld mit uns“ sowie der „Finanzkrise ab 2007“. Die Gestaltung übernahm das Szenografiebüro chezweitz aus Berlin.[9]

Direktorin

Auszeichnung

Für das Ausstellungskonzept des Staatlichen Museums für Archäologie in Chemnitz erhielten die drei Verantwortlichen am 19. Januar 2015 einen mit insgesamt 6000 Euro dotierten Museumspreis. Verliehen wurde der Preis des hbs Kulturfonds[11] der Niedersächsischen Sparkassenstiftung an Ausstellungsmacher Thomas Spring, Kreativdirektor Uwe Brückner und Museumsdirektorin Sabine Wolfram. Die Einrichtung sei ein neuer Typ eines archäologischen Museums.[12]

Die Ausstellungsgestaltung und das zeitdynamische Sachsenmodell im smac wurden 2015 mit fünf internationalen Design-Preisen prämiert:

  • Beim Wettbewerb des Art Directors Club für Deutschland[13] erhielt das zeitdynamische Sachsenmodell den bronzenen Nagel in der Kategorie „Kommunikation im Raum | Themenbezogene Installation / Exponat“.
  • Beim New York Festival[14] bekam das schwebende Sachsenmodell den dritten Preis in der Kategorie Offline-Design.
  • The One Club[15] vergab den „Bronzenen Stift“ an das zeitdynamische Sachsenmodell.
  • Für seine Ausstellungsgestaltung des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz erhielt das Stuttgarter Gestaltungsbüro Atelier Brückner 2015 den Red Dot Design Award. Ausgezeichnet wurde die herausragende Kreativleistung von Atelier Brückner in der Kategorie „spatial communication | exhibition design“ (Kommunikation im Raum | Ausstellungsdesign).[16]
  • Beim FAMAB Award 2015 wurde das „Zeitdynamische Sachsenmodell“ mit dem silbernen Apfel prämiert.[17]

Museumsverein

Der Verein Freunde des smac e. V. fördert das Staatliche Museum für Archäologie Chemnitz. Er tritt dafür ein, das Geschichtsverständnis in der Öffentlichkeit zu erweitern und zu vertiefen. Vereinsziele sind unter anderem die Unterstützung von Sonderausstellungen, Bildungs- und museumspädagogischen Veranstaltungen.[18]

Literatur

  • Sabine Wolfram (Hrsg.): In die Tiefe der Zeit – 300.000 Jahre Menschheitsgeschichte in Sachsen. Das Buch zur Dauerausstellung. smac / Landesamt für Archäologie Sachsen, Dresden 2014, ISBN 978-3-943770-15-5.
  • Nicolette Baumeister (Hrsg.): Baukulturführer 84 Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz. Koch, Schmidt u. Wilhelm, Amberg 2014, ISBN 978-3-943242-37-9.
  • Matthias Zwarg (Hrsg.): Erich Mendelsohns Schocken in Chemnitz: Vom Kaufhaus zum Museum. Chemnitzer Verlag und Druck, Chemnitz 2014, ISBN 978-3-944509-17-4.
  • Tilo Richter: Erich Mendelsohns Kaufhaus Schocken. Jüdische Kulturgeschichte in Chemnitz. Passage-Verlag, Leipzig 1998, ISBN 978-3-9805299-5-2.
  • Kulturbund e.V., Landesverband Sachsen (Hrsg.): Sächsische Heimatblätter 4/2014, Zeitschrift für sächsische Geschichte, Denkmalpflege, Natur und Umwelt. Verlag Klaus Gumnior, 2014, ISSN 0486-8234.
  • Sabine Wolfram (Hrsg.): Archäologie eines Kaufhauses. smac / Landesamt für Archäologie Sachsen, Dresden 2015, ISBN 978-3-943770-21-6.
  • Jens Beutmann und Sabine Wolfram (Hrsg.): GELD. Die Ausstellung. smac / Landesamt für Archäologie Sachsen, Dresden 2016, ISBN 978-3-943770-25-4.

Weblinks

Commons: Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Chemnitz – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Homepage Landesamt für Archäologie Sachsen
  2. Homepage Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz (smac)
  3. Das kinetische Landschaftsmodell bei YouTube
  4. Architekturbüro Auer Weber
  5. Architekturbüro Knerer und Lang
  6. atelier brückner
  7. MuseumsPartner
  8. Webseite smac Sonderausstellung Geld
  9. Homepage chezweitz
  10. Vietnam Ausstellung
  11. Museumspreis des hbs Kulturfonds
  12. Medienservice Sachsen
  13. Medienservice Sachsen
  14. New York Festival
  15. smac Medieninformation
  16. Red Dot Design Award
  17. FAMAB Award 2015
  18. Freunde des smac e.V.

Koordinaten: 50° 50′ 2,5″ N, 12° 55′ 30,7″ O