Theodor Tantzen der Jüngere

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Theodor Tantzen

Theodor Johann Tantzen d. J. (* 14. Juni 1877 in Heering bei Abbehausen; † 11. Januar 1947 in Oldenburg (Oldenburg)) war ein deutscher Politiker und Landwirt.

Leben

Theodor Tantzen wurde als Sohn des Landwirts Theodor Johann Tantzen d. Ä. und Anna Magdalene geb. Lührs (1835–1919) geboren. Nach einem dreijährigen Volksschulbesuch in Abbehausen besuchte er in Oldenburg (Oldenburg) die seinerzeitige Oberrealschule, das heutige Herbartgymnasium Oldenburg. In dieser Zeit wohnte er bei seiner Schwester Henriette (1862–1941) und war mit ihrem Sohn, dem späteren Philosophen Karl Jaspers, befreundet. Er schloss die Schule 1892 mit dem Einjährigenzeugnis ab und kehrte auf den elterlichen Bauernhof in Heering zurück, den er nach dem Tod des Vaters übernahm. Seinen Wehrdienst leistete er als Einjährig-Freiwilliger 1895/96 beim 2. Königlich Sächsischen Jäger-Bataillon Nr. 13 in Dresden ab. Am 10. September 1901 heiratete er die Pastorentochter Ottilie Margarete Fischer von Baltrum (1879–1972). Aus der Ehe gingen fünf Söhne hervor, von denen drei den Zweiten Weltkrieg überlebten.

Tantzen entwickelte sich zum Experten für Viehzucht und wurde Mitglied der Landwirtschaftskammer Oldenburg und der Viehverwertungsstelle. In dieser Funktion reiste er im Ersten Weltkrieg ins neutrale Dänemark und organisierte den Import von Zuchtvieh.

Bereits 1897 war Tantzen in die Freisinnige Volkspartei eingetreten, die 1910 in die Fortschrittliche Volkspartei umgewandelt wurde. 1911 wurde er in ihren Vorstand gewählt und noch im selben Jahr Landtagsabgeordneter. Er war Befürworter des Freihandels und gegen eine Schutzzollpolitik; außerdem setzte er sich für Reformen im Schulwesen ein. Er befürwortete eine generelle Demokratisierung und Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie.

1916 wurde er von seiner Partei zum Vorsitzenden des Bezirks Oldenburg/Ostfriesland gewählt. Durch Kriegserfahrungen in Polen wandelte er sich zum Pazifisten. In der Novemberrevolution 1918 spielte er eine entscheidende Rolle und wurde Mitglied im so genannten Direktorium, dem er quasi als Minister angehörte.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg war er Mitglied der DDP. Am 24. April 1930 trat er aus der DDP aus und legte im Mai auch sein Reichstagsmandat nieder, nachdem es zu schweren Auseinandersetzungen mit Ernährungsminister Hermann Dietrich, der ebenfalls der DDP angehörte, gekommen war.

Tantzen gehörte während der Weimarer Republik der Republikschutzorganisation Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an. Als Gegner des Nationalsozialismus wurde er zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vom 1. bis zum 9. September 1939 inhaftiert. Da er von den Verschwörern des 20. Juli 1944 als Unterbeauftragter im Wehrkreis X (Hamburg) benannt worden war, wurde er am Tag nach dem gescheiterten Attentat in Bremen verhaftet und anschließend in verschiedenen Gefängnissen sowie im Konzentrationslager Ravensbrück festgehalten. Er saß danach in der Strafanstalt Tegel und im Gefängnis Lehrter Straße in Berlin ein. Im April 1945 kam er aus dem Gerichtsgefängnis Nordenham frei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er 1945 der von seinem Sohn Theodor gegründeten Union freier Demokraten Deutschlands bei. Diese schloss sich 1946 der FDP in der britischen Besatzungszone an.

Abgeordneter

Theodor Tantzen war 1911 bis 1919 Mitglied des Oldenburgischen Landtags des Großherzogtums Oldenburg. 1923 bis 1928 war er Landtagsabgeordneter im Freistaat Oldenburg und 1946 im ernannten Landtag.

Er saß von Januar bis Oktober 1919 in der Weimarer Nationalversammlung und von Mai 1928 bis Mai 1930 im Reichstag.

1924 unternahm er eine Informationsreise in die Vereinigten Staaten, im September 1926 eine gut vierwöchige Informationsreise durch Russland und die Ukraine, wo er mit sowjetischen Landwirtschaftsexperten zusammentraf. Die Reise führte mit dem Passagierschiff Preußen von Stettin aus nach Leningrad, von dort aus nach Moskau, Charkow, Noworossijsk und Odessa, von wo aus er über Polen nach Deutschland zurück reiste.

Staatsämter

Von 1919 bis 1923 und von 1945 bis 1946 war er Ministerpräsident des Freistaates Oldenburg. Bereits am 16. Mai 1945 wurde er von der britischen Besatzungsmacht zum vorläufigen Ministerpräsidenten des wiederhergestellten Landes Oldenburg ernannt. Er vertrat Positionen der Atlantiker und befürwortete eine politische Union mittel- und westeuropäischer Staaten, die auf gemeinsamen Überzeugungen und Werten beruhen sollte. Von 1946 bis zu seinem Tod 1947 war er Verkehrsminister von Niedersachsen in der von Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf geführten Landesregierung.[1]

Theodor Tantzen verstarb am 11. Januar 1947 an den Folgen eines Schlaganfalles in seinem Dienstzimmer in Oldenburg. Sein Leichnam wurde zuerst auf seinem Hof beigesetzt, aber 1955 auf den Friedhof in Abbehausen umgebettet. Sein Nachlass befindet sich unter der Signatur 270-27 im Staatsarchiv Oldenburg.

In Oldenburg wurde 1953 der Platz beim ehemaligen Landtagsgebäude und Staatsministerium Oldenburg nach ihm benannt.[2]

Siehe auch

Literatur

  • Hans F. W. Gringmuth, Lothar Albertin, Karl Dietrich Bracher u. a.: Politischer Liberalismus in der britischen Besatzungszone 1946–1948: Führungsorgane und Politik der FDP. (Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien), Düsseldorf 1995.
  • Martina Neumann: Theodor Tantzen. Ein widerspenstiger Liberaler gegen den Nationalsozialismus. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 39; Niedersachsen 1933–1945, Band 8. (zugleich Dissertationsschrift.) Hahn, Hannover 1998, 462 S., ISBN 3-7752-5835-3.
  • Eilert Tantzen: 700 Jahre Chronik der Familie Tantzen. 1300–2000. Herausgegeben vom Familienverband Hergen Tantzen. Isensee, Oldenburg 1997, 446 S., ISBN 3-89598-425-6.
  • Theodor Tantzen. 1877–1947. Gedenkschrift anlässlich seines 100. Geburtstages am 14. Juni 1977. Friedrich-Naumann-Stiftung Bonn, Landesbüro Hannover. Isensee, Oldenburg 1977, 51 S., ISBN 3-920557-23-9.
  • Albrecht Eckhardt: Von der bürgerlichen Revolution bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme - Der oldenburgische Landtag und seine Abgeordneten 1848–1933. 1996, ISBN 3-89598-327-6, S. 109.
  • Wolfgang Günther: Tantzen, Theodor Johann. In: Hans Friedl u.a. (Hg.): Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg. Isensee, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, S. 730-735. (Digitalisat (PDF; 5,62 MB)).
  • Karl-Heinz Hense: Liberaler und Demokrat der ersten Stunden - Zum 50. Todestag von Theodor Tantzen. In: Mut - Forum für Kultur, Politik und Geschichte Nr. 353, Asendorf Januar 1997, S. 70 - 77.

Einzelnachweise

  1. Gringmuth: Politischer Liberalismus, S. 122
  2. Theodor - Tantzen - Platz 8 … ein Haus mit Geschichte! Polizeidirektion Oldenburg.

Weblinks