Wunder von Braunschweig

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Als Wunder von Braunschweig[1][2] wird eine Serie zahlreicher anonymer Bargeld-Spenden in Braunschweig an soziale und karitative Einrichtungen sowie unverschuldet in Not geratene Einzelpersonen bezeichnet, die im November 2011 begann.[3]

Ablauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird vermutet, dass Auslöser für die Spenden, die sich im Januar 2014 auf über 260.000 Euro beliefen,[4] verschiedene Artikel der Braunschweiger Zeitung waren, da den meisten Geldbeträgen, die sich jeweils in einem weißen Briefumschlag befanden, aktuelle Zeitungsausschnitte beilagen, in denen die Situation der Spendenempfänger dargestellt wurde.[5] Die Spenden, meist jeweils 10.000 Euro in 500-Euro-Scheinen, gingen bei der Stiftung Opferhilfe[6], der Braunschweiger Verkehrswacht, dem Naturhistorischen Museum, mehreren Kindertagesstätten[3], verschiedenen Kirchengemeinden, einer Suppenküche[7], den Braunschweiger Sternsingern[8], der Braunschweiger Tafel[9] und dem Hospiz ein.[10] Auch Einzelpersonen wurden bedacht, so beispielsweise eine alte Frau, die Opfer von Trickdieben geworden war, und ein Junge, der seit einem Schwimmunfall schwerbehindert ist.[3] Am 17. Mai 2012 wurde bekannt, dass Grundschülern der britischen Partnerstadt Bath mit einer Spende von 5000 Euro ein Besuch in Braunschweig ermöglicht werden sollte.[5] Zum Weihnachtsfest 2012 erhielt die Braunschweiger Stadtverwaltung einen Umschlag mit 50.000 Euro und einer Liste mit Vorschlägen, welchen Institutionen der Betrag zugutekommen sollte.[11] Am 2. Januar 2013 wurden 4000 Euro für die deutsche Kirchenschule in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gespendet,[12] und am 30. Januar wurde das Gewaltpräventionsprojekt an der Grund- und Hauptschule Sophienstraße mit 2600 Euro bedacht.[13] Im März und Mai[14] 2013 spendete eine ältere Dame zusammen 30.000 Euro für das Hospiz in Braunschweig. Die Dame gab das Geld persönlich ab, wollte aber ihren Namen auch auf Nachfrage nicht nennen.[15] Mitte 2013 erhielt die Braunschweiger Bürgerstiftung eine anonyme Spende, da ihr Bürgerbrunch wegen schlechten Wetters nicht kostendeckend ausgerichtet werden konnte,[16] und dem Naturhistorischen Museum wurde mit 1000 Euro über Finanzierungsengpässe hinweggeholfen.[17] Auch im nur wenige Kilometer entfernten Wolfenbüttel wurde anonym für den Erhalt einer Kirchenorgel gespendet.[18] Kurz vor Weihnachten 2013 spendete erneut eine ältere Dame 10.000 Euro an ein Braunschweiger Hospiz, die jedoch anonym bleiben wollte.[19]

Fraglich ist, ob es sich dabei immer um eine Person handelte oder ob sich eine besondere Spendenkultur etabliert hatte.[20] Im November 2015 setzte sich diese Serie von anonymen Spenden fort, als die katholische Kindertagesstätte St. Marien eine Spende in Höhe von 4000 Euro erhielt.[21]

Aufregung um unverdiente Spende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 14. Februar 2013 erhielt ein 27-Jähriger 5000 Euro, der nach eigenen Angaben Zivilcourage gezeigt hatte und dabei selbst zum Opfer geworden sei. Dem Umschlag mit dem Geld lag ein entsprechender Artikel der Braunschweiger Zeitung bei. Auf den Umschlag hatte der Spender „Danke“ geschrieben.[22] Im weiteren Verfahren stellte es sich jedoch so dar, dass es sich bei dem Empfänger der Spende in Wirklichkeit mit großer Wahrscheinlichkeit um den eigentlichen Täter handelte, der sich seine Verletzungen bei einem selbstverschuldeten Sturz zugezogen hatte, während er seine Opfer verfolgt hatte. Die Ermittlungen gegen die zunächst von ihm beschuldigten Jugendlichen wurden eingestellt. Vielmehr erhielt der 27-Jährige nun selbst einen Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig, den er auch akzeptierte, so dass das Geschehen nicht noch einmal im Rahmen einer Gerichtsverhandlung aufbereitet wurde.[23]

Mediale Aufmerksamkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der kontinuierlichen Berichterstattung der Braunschweiger Zeitung nahmen sich weitere, auch überregionale Medien wie beispielsweise das Hamburger Abendblatt[24], Spiegel Online[1] die taz[25] oder der Stern[26] und internationale[27] Medien des Themas an. Auch Rundfunk-[28] und Fernsehsender[10] berichteten darüber, so beispielsweise RTL[29], Das Erste[30] und das ZDF.[31] Nachdem der 11-jährige Pablo im argentinischen Fernsehen einen Bericht über die Braunschweiger Spenden gesehen hatte, wandte er sich online an die Braunschweiger Zeitung, um auf die existenzielle Not seiner Familie und den drohenden Wohnungsverlust aufmerksam zu machen. Darüber wurde in der Zeitung berichtet, woraufhin eine unbekannte Person eine Spende von 2000 Euro für Pablos Familie übermittelte.[32] Das Spendenwunder wurde vom österreichischen Bestsellerautor Daniel Glattauer in seinem Roman Geschenkt (2014) verarbeitet.[33] Basierend auf Glattauers Erzählung inszenierte Daniel Prochaska 2018 die ORF-Stadtkomödie Geschenkt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Nora Gantenbrink: Das Wunder von Braunschweig. In: Spiegel Online, 17. Februar 2012.
  2. Maëlle Boudet: « Un donateur anonyme a distribué 190 000 euros en Allemagne ». In: Planet.fr, 27. Februar 2012: …Ce que l’on appelle désormais le „miracle de Brunswick“ a débuté en novembre dernier … (…Das, was man seither als „Wunder von Braunschweig“ bezeichnet, hat letzten November begonnen …), vom 27. Februar 2012.
  3. a b c Katrin Bölstler: Schon wieder anonyme Spende gefunden. In: Braunschweiger Zeitung, 2. Februar 2012.
  4. Anonymer Wohltäter. Das Wunder von Braunschweig. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Juni 2013.
  5. a b Henning Noske, Katrin Bölstler: Der anonyme Spender meldet sich zurück. In: Braunschweiger Zeitung, 17. Mai 2012.
  6. Bettina Thoenes: Briefumschlag mit 10 000 Euro – anonyme Spende für Opferhilfe. In: Braunschweiger Zeitung, 19. Dezember 2011.
  7. Beate Hornack: 10.000-Euro-Spende für die Suppenküche im Heidberg. In: Braunschweiger Zeitung, 7. Februar 2012.
  8. Andre Dolle: Unbekannte spenden 20.000 Euro. In: Braunschweiger Zeitung, 1. Februar 2012.
  9. Bettina Habermann, Henning Noske: Neue Spenden tauchen auf – Das Märchen geht weiter. In: Braunschweiger Zeitung, 10. Februar 2012.
  10. a b Bettina Habermann: 10.000 Euro lagen unter Fußmatte am Hospiz. In: Braunschweiger Zeitung, 24. Februar 2012.
  11. Der anonyme Spender – In Braunschweig gibt es einen neuen Robin Hood. In: Parkbank-Zeitung.de, 16. Februar 2012.
  12. Henning Noske: Neue anonyme Spende – „Das Jahr fängt richtig gut an!“ In: Braunschweiger Zeitung, 2. Januar 2013
  13. Bettina Habermann: Das Wunder von Braunschweig – die nächste Spende ist da. In: Braunschweiger Zeitung, 30. Januar 2013.
  14. Rentnerin spendete ein zweites Mal. In: Braunschweiger Zeitung, 2. Mai 2013.
  15. Alte Dame spendete 20.000 Euro fürs Hospiz. In: Braunschweiger Zeitung, 21. März 2013.
  16. Birgit Leute: Spende kam per Post. Anonymer Wohltäter half der Bürgerstiftung mit 1000 Euro. (PDF; 14,0 MB) In: Neue Braunschweiger (Online), 9. Juni 2013, S. 7.
  17. Bettina Habermann: Anonymer Spender gibt 1000 Euro. Im Naturhistorischen Museum herrscht Freude. In: Braunschweiger Zeitung, 1. Juli 2013.
  18. Karl-Ernst Hueske: Anonymer Spender gab 1000 Euro für das Orgelputzen. In: Braunschweiger Zeitung, 21. Mai 2013.
  19. Bettina Jordan: Rentnerin spendete Hospiz 10000 Euro. In Braunschweiger Zeitung, 17. Dezember 2013.
  20. 1000 Euro für Naturhistorisches Museum. In Braunschweig schlägt wieder ein anonymer Spender zu. In: Kreiszeitung Syke, 2. Juli 2013.
  21. http://regionalbraunschweig.de/barmherziger-geldsegen-unbekannter-hinterlaesst-briefumschlag/
  22. Bettina Thoenes: Unbekannter spendet 5000 Euro für Florian Dressel. In: Braunschweiger Zeitung, 14. Februar 2013
  23. Jörg Fiene: "Helfer vom Bohlweg" doch nicht vor Gericht In: Braunschweiger Zeitung, 18. August 2013
  24. Hanna-Lotte Mikuteit: Guter Geist von Braunschweig spendete schon 180.000 Euro. In: Hamburger Abendblatt, 18. Februar 2012.
  25. Lina Sulzbacher: Anonymer Samariter. In: die tageszeitung, 1. März 2012.
  26. Eine Stadt im Glück. In: Stern, 4. April 2013, S. 60–66.
  27. Anonymer Wohltäter spendet und spendet (Memento vom 24. Februar 2014 im Internet Archive) In: Kleine Zeitung (Österreich) vom 27. Februar 2012, « Allemagne: 190.000 euros distribués anonymement dans des enveloppes ». In: Le Point (Frankreich) vom 26. Februar 2012, Miracle de Brunswick. 190‘000 euros distribués anonyment. In: 20 minutes (Schweiz) vom 26. Februar 2012, Cash Left under Doormat at German Hospice Part of Anonymous Spree. In: Herald Sun (Australien) vom 27. Februar 2012, The German Who Does a Lot of Good Work for Charity (But Doesn’t Like to Talk about it). In: The Independent (Vereinigtes Königreich) vom 1. März 2012, Tony Paterson: Mystery Envelopes Bring Cash Bonanza to Needy. In: The New Zealand Herald (Neuseeland) vom 2. März 2012, Tajemný dobrodinec v Německu rozdává obálky nadité penězi. In: Týden.cz (Tschechien) vom 2. März 2012, Matthew Day: Generous but Mysterious German Baffles Town with €190k in Donations on Doormats. In: Irish Independent (Irland) vom 2. März 2012, German ‘Robin Hood’: Town Has Mystery Benefactor. In: The Huffington Post (USA) vom 3. März 2012.
  28. Frank Ihben: Anonymer Spender macht Braunschweig glücklich. (Memento vom 11. Februar 2012 im Internet Archive) In: NDR 1 Niedersachsen, 2. Februar 2012.
  29. Braunschweig: Unbekannter Spender verschenkt Geldpakete. In: rtl.de. 26. Februar 2012, abgerufen am 12. April 2019.
  30. Der Wohltäter von Braunschweig. In: ardmediathek.de. 22. Dezember 2015, abgerufen am 12. April 2019.
  31. Suche nach mona lisa: Das Wunder von Braunschweig (18. Mai 2013, 18:00 Uhr, 5:57 Min.) ML mona lisa: Das Wunder von Braunschweig (18. Mai 2013, 18:00 Uhr, 5:57 Min.) in der ZDFmediathek, abgerufen am 11. Februar 2014.
  32. Katrin Bölstler, Bettina Thoenes: Braunschweiger Spende macht Pablo glücklich. In: Braunschweiger Zeitung, 23. März 2012.
  33. http://www.derwesten.de/kultur/literatur/daniel-glattauers-kauziger-medien-roman-geschenkt-id9736996.html