Yannic Han Biao Federer

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Yannic Han Biao Federer beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2019

Yannic Han Biao Federer (* 1986 in Breisach am Rhein) ist ein deutscher Schriftsteller.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Yannic Han Biao Federer wuchs als Sohn einer Indonesierin und eines Deutschen in Südbaden auf. Nach seinem Abitur studierte er Germanistik und Romanistik in Bonn, Florenz und Oxford. Für die Badische Zeitung und die Deutsche Presse-Agentur war er als freier Mitarbeiter tätig.[1] Sein Studium schloss er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn mit der Promotion ab; der Titel seiner Dissertation lautet: Masse & Apokalypse. Zur narrativen Entfaltung einer autoritären Konstruktion im Zombie-Genre.[2] 2018 begann er eine Tätigkeit im Bereich Öffentlichkeitsarbeit am Literaturhaus Köln.[1] Daneben arbeitete er als Lehrbeauftragter an der Universität Bonn.[3]

Erste Erzählungen erschienen in Literaturzeitschriften und Anthologien, unter anderem in metamorphosen. Für seinen Prosatext Stay hungry, veröffentlicht in der Zeitschrift Karussell, erhielt er den mit 3.000 Euro dotierten Hauptpreis der Wuppertaler Literatur Biennale 2018.[4]

2019 erschien sein Roman Und alles wie aus Pappmaché im Suhrkamp Verlag, der von der Kritik positiv aufgenommen wurde. Federer begleitet darin vier junge Menschen auf ihrer Suche nach Identität und Orientierung in einer brüchig werdenden Welt. Martin Oehlen lobte in der Frankfurter Rundschau, wie raffiniert arrangiert und genau beobachtet Federer die Entwicklung und Entfremdung einiger Freunde im Breisgau einfängt.[5] In einem Beitrag für literaturkritik.de urteilte Sascha Seiler: „Der besondere Clou des Romans ist [...] die Kunst der Verdichtung, die Federer spielerisch beherrscht: In ihrer Häufung und ihrer schnellen Abfolge wirken die Ereignisse oft skurril, überzeichnet und wenig glaubwürdig. Denkt man sich jedoch die Zeit zwischen den Episoden hinzu, all das Verschwiegene [...], so merkt man schnell, nur mit Ausschnitten eines Lebens konfrontiert zu sein, die prägend und wegweisend waren.“[6]

Auf Einladung von Hildegard Elisabeth Keller nahm Yannic Han Biao Federer 2019 an den 43. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil und las dort seinen Text Kenn ich nicht.[7] Im Rahmen des Wettbewerbs wurde er mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet. Er ist Mitgründer des PEN Berlin[8] und Mitglied im Jungen Kolleg der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.[9]

Federers zweiter Roman Tao erschien 2022 im Suhrkamp Verlag. Tao wird von Miriam verlassen und beginnt, der Migrationsgeschichte seines verstorbenen Vaters in einem literarischen Text nachzuforschen. Gleichzeitig interessiert sich auch Taos bester Freund Micha für seine Geschichte, als er ein Hörspiel über Hongkong schreibt. „Kulturelle Aneignung könnte man das nennen“, meint Eva Tepest in der taz. „Dabei eignet auch der Erzähler sich die Erfahrungen anderer an. So nutzt er Miriams Biographie zu deren Missfallen für seinen Text [...] Weil ‚Tao‘ genau solche Fragen aufwirft, ist der Text im Text kein überflüssiges Flexen.“ Für Tepest ist Tao „ein smarter Roman über das Schreiben. Über die Suche nach einer engagierten Literatur, die sich der Komplexität von Erinnerung, Identität und Sprache verschreibt.“[10] In der Welt am Sonntag konstatiert Marlen Hobrack: „Taos Lebenskrise ereignet sich vor dem Hintergrund der Hongkonger Proteste, womit Federers Roman ein komplexes diskursives Feld aufruft: vom westlichen Werte-Universalismus bis zum Kolonialismus.“[11] Auch die antichinesische Gewalt in Indonesien ist Thema der Handlung.[12]

Für SWR2 Essay schreibt Federer Radioessays.[13] Sein Theaterstück Drive in wurde für den Retzhofer Dramapreis 2023 nominiert, den Leonie Lorena Wyss erhielt, Federer wurde von der Jury lobend erwähnt[14], in der Laudatio von Eva-Maria Voigtländer heißt es, Federer erzähle „leichtfüßig und mit viel schwarzem Humor vom Elend des modernen Arbeitsproletariats, vom Leben im Niedriglohnsegment. Auf seine Protagonisten trifft man in der Gastronomie, im Callcenter, in der Pflege. Ihnen begegnen die ewig Hungrigen für die es keine Sättigung gibt [...] Beide Seiten sind Opfer des Turbokapitalismus, der nicht nur die Menschen, sondern auch die Welt zerstört. [...] Das Getriebensein der Menschen schlägt sich in der Sprache nieder, die von einem unglaublichen Rhythmus und einem großen Tempo geprägt ist. [...] Man lacht und gleichzeitig bleibt einem das Lachen im Hals stecken.“[15]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Yannic Federer und Franziska Kopp neu im Team von Literaturhaus Köln, BuchMarkt, 26. Juni 2018.
  2. Yannic Han Biao Federer, Masse & Apokalypse, transcript-verlag.de (aufgerufen am 26. Juni 2019).
  3. Bonner Germanist Yannic Han Biao Federer für Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert, Uni Bonn, 25. Juni 2019.
  4. Hauptpreis an Yannic Han Biao Federer, Börsenblatt, 22. März 2018.
  5. Frankfurter Rundschau, 26. Februar 2019.
  6. Auf der Suche nach der verlorenen Jugend, literaturkritik.de, 4. April 2019.
  7. Text im Wortlaut, ort.at (aufgerufen am 30. Juni 2019).
  8. Mitgründer:innen. Archiviert vom Original am 7. Juni 2022; abgerufen am 16. Juli 2022.
  9. Mitglieder des Jungen Kollegs. Abgerufen am 28. Juni 2023.
  10. Eva Tepest: „Tao“ von Yannic Han Biao Federer: Authentizität is over. In: Die Tageszeitung: taz. 16. März 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. Juni 2023]).
  11. Marlen Hobrack: Yannic Federer sucht den Vater in Hongkong. In: Welt am Sonntag. Die Literarische Welt, Nr. 10, 6. März 2022, S. 6.
  12. Frank Riedel: Was wissen wir schon - Im Roman „Tao“ wahrt Yannic Han Biao Federer literarisch geschickt den Sicherheitsabstand zur grausamen, unausgesprochenen Vergangenheit seiner Familie : literaturkritik.de. Abgerufen am 28. Juni 2023 (deutsch).
  13. Yannic Han Biao Federer: Frei sein und verstrickt. Eine Ordnung für die Welt. SWR2 Essay, 8. Oktober 2021, abgerufen am 28. Juni 2023.
  14. DRAMA FORUM Graz - Retzhofer Dramapreis. Abgerufen am 28. Juni 2023.
  15. Eva-Maria Voigtländer: Laudatio von Jurymitglied Eva-Maria Voigtländer für Yannic Han Biao Federer. In: Theater der Zeit. Theater der Zeit GmbH, 29. September 2023, abgerufen am 12. Oktober 2023.
  16. Bayerischer Rundfunk: Bayern 2: WORTSPIELE-Preis 2022 geht an Yannic Han Biao Federer. 11. März 2022 (br.de [abgerufen am 12. März 2022]).
  17. Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler. Abgerufen am 28. Juni 2023.
  18. Hans-Gratzer Stipendium. Abgerufen am 12. Oktober 2023.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]