„Little Miss Cornshucks“ – Versionsunterschied

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Version vom 3. Juni 2010, 08:44 Uhr

Little Miss Cornshucks oder auch Lil' Miss Cornshucks (dt: Kleine Miss Kornhülsen, * 26. Mai 1923 in Dayton (Ohio) als Mildred Cummings, verheiratete Jorman; † 11. November 1999 in Indianapolis) war eine US-amerikanische Rhythm and Blues und Jazzsängerin und Songwriterin, die für ihre extravagante Bühnenshow in den 1940er und frühen 50er Jahren bekannt war und mit ihrem Gesangsstil zum Vorbild für R&B- und Soulsänger wie LaVern Baker, Ruth Brown oder Aretha Franklin wurde.

Zeitgenössisches Foto von
Little Miss Cornshucks
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Leben und Wirken

Die Vierziger Jahre

Mildred Cummings war das jüngste Kind einer großen musikalischen Familie; sie sang schon früh mit ihren Schwestern Spirituals im Raum Dayton, die als Cummings Sisters auftraten. Bereits als Jugendliche in den 30ern trat sie in Amateurshows oder vor der Familie als Solistin auf. Dabei bevorzugte sie Balladen und entwickelte eine Bühnengardeobe, die bei den vielen zugezogenen, vom Lande stammenden Südstaatlern als Country style ankam.

Eine Frau, die Gospel-Künstler im Raum Dayton promotete, brachte Mildred 1940 erstmals nach Chicago, um sie als Solistin auftreten zu lassen. In dieser Zeit heiratete sie den sechs Monate älteren Cornelius Jorman, mit dem sie dann gemeinsam drei Kinder hatte. Ihr Mann, der als ihr Manager tätig war, begleitete sie stets bei ihren Auftritten. In Chicago machte sie bald mit ihrer außergewöhnlichen Bühnenshow auf sich aufmerksam, barfuß, versehen mit Strohhut, Zöpfen, hinterwäldlerischer Kleidung und Bastkorb. Ihre Aufritte wurden bald auch in Los Angeles und New York gefeiert.

Judy Garland mit Mickey Rooney und Louis B. Mayer (rechts)

Ihr Bühnenprogramm bestand neben neueren Blues-Nummern aus alten Torch songs wie „Time After Time” oder „Why Was I Born?”, den Kern und Hammerstein 1929 geschrieben hatten. Judy Garland, die häufig ihre Konzerte besuchte, übernahm Elemente ihrer Bühnenpräsenz für ihr Konzert im New Yorker Palace Theater 1951 und wiederholte es in dem Spielfilm A Star Is Born, der sie in einem - Cornshucks nachempfundenen - Landmädchen-Outfit mit schwarzen Kindern tanzend zeigt.

Joe Louis

Bereits 1942[1] wurde Little Miss Cornshucks in Chicago ein Star; sie feierte Erfolge im Rhumboogie Club, der dem Boxer Joe Louis gehörte und der Bandleader und Arrangeur Marl Young arbeitete [2] Als Marl Young in den damals berühmten Club DeLisa wechselte, um dort mit dem Fletcher Henderson Orchester zu arbeiten, nahm er Cornshucks mit und verschaffte ihr ein mehrere Jahre währendes Engagement. [3] [4]

Das DeLisa genoss zu dieser Zeit einen Ruf wie der New Yorker Cotton Club, mit dem Unterschied eines rassisch eher gemischten Publikums; Künstler wie Gene Autry und Louis Armstrong waren dort Gäste. Im Jahr 1945 veranstaltete der Club themenbezogene Revuen, in der auch Tänzer wie die Step Brothers auftraten oder Cozy Cole, Komiker wie George Kirby und bekannte Swing-Orchester. Cornshucks wurde regelmäßig vom Fletcher Henderson Orchestra begleitet; darin spielte auch der Keyboarder Sonny Blount, der die extravagante Bühnenshow und Mildreds Charakterrolle genau beobachtete. Später poduzierte er selbst moderne Jazz-Revuen und übernahm für sie sich selbst die Charakterrolle eines Sun Ra.[4]

Sun Ra im Februar 1992

Miss Cornshucks bot meist die vom Publikum gewünschten rhythmischen Nummern im Stil des rauen Jump Blues dar; der Clubbesitzer Mike DeLisa wollte aber, dass sie auch Blues-Songs sänge, darunter die langsame Ballade „So Long“, die ein großer Erfolg für sie und bald ihre Erkennungsmelodie wurde. „So Long“ war zuvor das Schlussthema in Russ Morgans Radioshow gewesen und war 1940 ein Hit der im Ink Spots Stil singenden Vokalgruppe Charioteers aus Dayton, die 1943 bei Bing Crosbys Radioshow mitwirkten. Cornshucks übernahm ihren Song und überarbeitete ihn für sich.

Der spätere Produzent Ahmet Ertegun schrieb in seinen Erinnerungen:

„1943 war ich ungefähr 19 Jahre alt; ich ging zu einem Nachtclub in nordöstlichen Schwarzen-Bezirk von Washington D.C. und hörte da eine Sängerin names Little Miss Cornshucks und dachte: 'Oh Gott!' Sie war besser als alles, was ich bislang gehört hatte. Sie kam wie ein Landmädchen daher, mit einem Kopftuch versehen und einem Korb in der Hand und so weiter; aber sie konnte den Blues besser singen, als jeder, den ich bis heute gehört habe. In dieser Nacht fragte ich sie, ob ich eine Schallplatte mit ihr aufnehmen dürfe. Wir spielten dann Kansas City ein und einige andre Blues-Nummern sowie den Song So Long. Sie hatte einen so wunderbaren Klang und ich erinnere mich, wie ich immer nur dachte: 'Oh Mein Gott, und ich habe keine Plattenfirma; ich kann die Platte nur für mich selbst machen'.“[5]

Nachdem sie bereits Ahmet Ertegun 1943 während einer Tournee in Washington D.C. privat aufgenommen hatte,[6] bevor er sein eigenes Label hatte, spielte sie ihre ersten offiziellen Aufnahmen 1947 für das kurzlebige Label Sunbeam ein, darunter auch ihre Erkennungsmelodie „So Long“, die ein regionaler Hit wurde.[7][8]

Bei den So Long-Sessions entstand auch ihr zusammen mit Marl Young komponierter Song „I Don't Love You Anymore“, eine der bemerkenswertesten der sechs Stücke der Sunbeam-Session. Der Song war eine swingende Upbeat-Bluesnummer. Im Songtext „verspottet sie den sie missbrauchenden Mann, der sie auf die Straße geworfen hat und sie nun von Tür zu Tür ziehen lässt; und Cornshucks wendet das Lied, in einen Moment der Selbstfindung neu entdeckter Freiheit, in einen Triumph weiblicher Unabhängigkeit“.[9]

Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihre Karriere häufiger unterbrechen und kehrte dann nach Ohio zurück. Es kam schließlich zur Trennung von ihrem Mann Cornelius, der in Drogengeschäfte verwickelt war; dieser danach zog in seine Heimatstadt Indianapolis. Doch durch die Scheidung verlor Cornshucks in den Folgejahren mehr und mehr die Kontrolle über ihre Psyche und wurde zur Alkoholikerin.

Apollo Theater in Harlem

Nach dem Ende des kurzlebigen Sunbeam-Labels wurde Arthur Bryson, ein Theateragent am Broadway, ihr Manager. Die Sunbeam-Aufnahmen wurden nun auf dem Label Old SwingMaster erfolgreich wiederveröffentlicht. Mitte der 40er Jahre feierte sie Erfolge in Detroit, wo sie den Jump Blues-Star Wynonie Harris in der Frolics Bar ablöste; in New York trat sie im Club Baby Grand auf gastierte in einer „Around The World” genannten Tour in vielen Theatern: dem Howard in Washington D.C., dem Earle in Philadelphia, dem Regal in Chicago und dem Apollo Theater in New York.

Während einer dieser Tourneen lernte sie in Detroit den Tänzer Henry „Henny” Ramsey kennen, mit dem sie dann mehrere Jahre auf Gastspielreisen ging, während ihre Kinder bei ihrer Familie in Dayton blieben. Ramsey und Cornshocks lebten eine Zeitlang - ohne verheiratet zu sein - in Los Angeles, wo sie in den Clubs der Central Avenue auftrat, wie im Last Word Room, begleitet von der Joe Lutcher Jump Band und Joe Liggins, sowie im Club Alabam, wo auch T-Bone Walker, Johnny Otis und Wynonie Harris spielten.

Die Sängerin wurde im Club Alabam von den beiden führenden Bands, der von Otis und von Harlan Leonards Kansas City Rockers begleitet. Cornshucks trat außerdem Anfang 1948 in Downtown Los Angeles befindenden Million Dollar Theatre auf, einem früheren Filmpalast; Cornshucks wurde als the new look in comedy angekündigt und a rustic comedienne. Ihr komödiantisches Talent veschaffte ihr auch im November 1947 eine kleine Filmrolle in Campus Sleuth, einem B-Movie der Monogram Pictures, die auch Filme von den Bowery Boys und Charlie Chan produzierten.

Little Miss Cornshucks
In the Rain (1948)
zeitgenössische 78er
der Sängerin
OldSwingMaster Label
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Im Mai 1948 nahm sie weitere Songs für das kleine Label Milton in Kalifornien unter dem Saxophonisten und Produzenten Maxwell Davis auf, der ein führender Vertreter des Rhythm & Blues der Westküste war und zu dieser Zeit an Aufnahmen von Percy Mayfield, B. B. King und dem frühen Charles Mingus mitwirkte. Er nahm mit Cornshucks neun Songs auf, darunter die Ballade „In the Rain”, die später von Ruth Brown gecovert wurde, sowie den Jazz-StandardHe’s Funny That Way” und die Blues-Nummer „Cornshucks Blues” aus dem Film Campus Sleuth.[10]

Die von Miltone veröffentlichten 78er-Schallplatten wurden als Little Miss Cornshucks with The Blenders herausgebracht; The Blenders waren eine Studioband, die auch bei Roy Miltons Hits mitwirkten. Die Ballade „Keep Your Hand on Your Heart” wurde von dem Pianisten Calvin Jackson arrangiert. Cornshucks kehrte darauf nach Chicago zurück, hatte weitere Engagements in den Clubs der Stadt, bei denen sie auch den alten Harry Woods-Song „Try a Little Tenderness” interpretierte. Bei einem weiteren Aufenthalt in Kalifornien entstanden 1949 Aufnahmen für Aladdin als Miss Cornshucks & Her All-Stars, darunter die Songs „Waiting in Vain” und „(Now That I’m Free) You Turned Your Back on Me”, erneut mit Maxwell Davis als Produzenten.

In New York hatten 1948 Ahmet Ertegun und Herb Abrahamson ihr Label Atlantic Records gestartet; Ertegun erinnerte sich noch gut an Cornshucks’ Auftritte, wusste aber für geplante Aufnahmen nicht, wo er sie finden konnte. Sie nahmen dann Ruth Brown unter Vertrag, wobei der erste erfolgreiche Song von ihr, „So Long“ (1949), eine Kopie von Cornshucks’ Gesangsstil war. Ertegun erinnerte sich:

„Haben Sie mal Ruth Browns Aufnahme von So Long gehört? Nun, das klingt gerade nicht nach Ruth Brown, das klingt nach einer ganz anderen Sängerin. Und das klingt auch nicht so wie irgendeine andere Aufnahme, die sie jemals gemacht hatte. Wir haben sie unter Vertrag genommen, weil sie wie Cornshucks klingen konnte.“[11]

Ruth Brown, ist da direkter: „Ich habe es von ihr gestohlen! Für mich war es ein großer Hit - und es hätte ihrer sein können.“[12]

Die fünfziger Jahre

Im Sommer 1950 erwähnte das Magazin Ebony in einer Titelgeschichte über Jump Blues-Sänger wie Arthur Crudup, Ivory Joe Hunter, Roy Brown und Amos Milburn. 1950 wurde „You Turned Your Back on Me“ im Mittleren Westen ein regionaler Hit.

Nach Auftritten im Mittleren Westen ging sie mit der Joe Lutcher Jump Band auf Tournee an die Westküste der USA. 1951 entstanden in Los Angeles weitere R&B-Aufnahmen für das Label Coral, wo zunächst die Single „Cause I Lost My Helping Hand“ / „So Long“ erschien, gefolgt von ihrer Version des Klassikers „Try a Little Tenderness“, den Bing Crosby, Ruth Etting und andere bereits in den frühen 30ern gesungen hatten. Mit dem klagend-bittenden Ende des Songs “Awww-oh…oh, it’s so easy — try a little…tenderness!” setzte sie den Maßstab für all die berühmten Versionen, die folgen sollten.[4]

Benny Carter

Bei den Coral-Aufnahmen wurde sie von einer Band begleitet, die von Benny Carter geleitet wurde. Aufgenommen wurde damals „Papa Tree Top Blues” und eine der frühesten Kompositionen Carters aus der Vor-Rock-Ära, die Uptempo-Nummer „Rock Me to Sleep”.[13]

Im Jahr 1951 erschienen Songs von Miss Cornshucks bei drei verschiedenen Labels: Anfang des Jahres hatte sie einen Plattenvertrag beim Decca-Sublabel Coral; im Februar erschien „Cause I Lost My Helping Hand“ und „So Long“. Im April brachte Aladdin Records weitere Stücke von der 49er Session auf den Markt - „Time After Time“ und „Waiting In Vain“. Um diese Zeit nahm sie mit dem Red Saunders Orchestra auch für Columbia auf; der Song erschien auf Okeh („Four A. M.“).[14]

1951 trat Miss Cornshucks, begleitet von Maurice Kings Band in der Detroiter Flame Show Bar auf; Okeh/Columbia Records nahmen ihre Live-Darbietung auf. Damals besuchte auch ein junger weißer Mann ihre Konzerte, Johnnie Ray, von dem der Kritiker Ralph J. Gleason später meinte, dass Rays berühmter, den Rock vorwegnehmender, emotionaler Stil stark von Miss Cornshucks beeinflusst war. Währenddessen musste die Sängerin selbst eine Reihe von Schicksalsschlägen hinnehmen.

Die Miltone-Eigentümer Warr Perkins und William Reed verkauften die Rechte von Cornschucks´ Aufnahmen an Aladdin, Gotham und Deluxe Records; hingegen erhielt die Sängerin von den Labels keine Tantiemen. Nachdem sie von einem geschäftstüchtigen „Manager” hereingelegt worden war, der ihr eine Südamerika-Tournee versprochen hatte, kamen Gerüchte von einem Nervenzusammenbruch auf. Ertegun erklärte später, warum Atlantic die Sängerin nicht unter Vertrag genommen hatte: „Nun, da hörten wir, sie hätte psychische Probleme“.[15]

Um 1951/52 hatte Mildred Cummings Jorman mit ihrer Little Miss Cornshucks Show den Zenit ihrer Karriere erreicht; in Chicago begann Delores Baker, eine junge Nichte der Blues-Sängerin Memphis Minnie in den Clubs, in denen auch Cornshucks gesungen hatte, in einem ihr zum Verwechseln ähnlichen Outfit aufzutreten und nannte sich „Miss Sharecropper”. Die Verwirrung war unvermeidlich, zumal Miss Sharecropper 1950 ebenfalls „So Long” für National Records eingespielt hatte.[14]

Statt Cornshucks brachte Atlantic 1953 ihre Rivalin heraus, die als Miss Sharecropper und bald unter dem Namen LaVern Baker bekannt werden sollte. In dieser Zeit ging auch das Interesse an Künstlern verloren, die nicht dem Modell des neuen “Rock ’n’ Rollers” entsprachen, zumal viele Nachtclubs alten Stils schlossen. Lil´ Miss Cornschucks, die inzwischen 39 Jahre alt war, wollte sich diesem neuen Stil nicht anpassen.[14]

Clarence Brown 1996

Mildred Jorman, wie sie inzwischen mit bürgerlichem Namen hieß, verließ Chicago und zog in die Nähe von Kenosha (Wisconsin), beendete die Tourneen, nahm nicht mehr auf, kehrte aber gelegentlich nach Chicago für Auftritte zurück. So gastierte sie nun in kleineren Spielstätten wie in Little Joe’s High Hat Lounge, der Flame Show Lounge und erneut im DeLisa, außerdem in Revuen und 1956 im Budland Club mit der King Kolax Band als Begleitgruppe. Im Budland gastierte sie auch in einem „Battle of the Blues”-Programm mit den Bluesmusikern Floyd Dixon und Clarence Gatemouth Brown.

Little Miss Cornshucks
Budland Konzert
mit Sun Ra
Konzertankündigung
aus dem Jahr 1956
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Im Oktober/November 1956 wurde sie bei Auftritten von dem Sun Ra Orchester begleitet.[16] In diese Zeit fallen auch Tage, an denen sie keine Engagements hatte und dadurch für Aufsehen sorgte, dass sie singend auf die Bühne marschierte und die gerade auftretenden Künstler unterbrach.

Der Jazzhistoriker und Musiker Charles Walton erinnert sich:

„Wir waren da in einem Lokal und spielten, und da kam plötzlich sie und tat einige spleenige Sachen. Zuerst warf sie ihre Perücke auf mich, dann zog sie ihr Kleid über den Kopf ... lauter verrückte Sachen.“[17]

Ruth Brown berichtet von einem ähnlichen Zwischenfall Mitte der 50er Jahre:

„Ich trat gerade in Chicago im Crown Propeller auf. Wir waren damals befreundet, aber sie kam rein und setzte sich an die Bar, und in diesem Augenblick machte sie mir wirklich Angst, weil ich ihr Lied So Long gesungen hatte - und sie wirbelte mit ihrer Perücke herum und warf sie auf mich.“[18]
Charles Brown auf dem Long Beach Blues Festival 1996

Im Jahr 1958 versuchte Cornshucks einen weiteren Anlauf für ein Comeback in Los Angeles, da ihr alter Kollege und Freund Marl Young dort als Arrangeur und im Desilu Studio arbeitete und musikalischer Direktor in Lucille Balls Fernsehshow werden sollte. Man brachte Miss Cornshucks schließlich in einer Sprechrolle unter; Young sollte sie darauf vorbereiten, was jedoch völlig misslang, da sie Probleme hatte, den Text zu behalten. Kurz danach bekam sie über den Bluesmusiker Charles Brown eine Auftrittsgelegenheit im Raum Cincinnati.[4]

Der Comeback-Versuch Anfang der 1960er Jahre

Erst Anfang der 1960er Jahre verbesserten sich die beruflichen Bedingungen für Little Miss Cornshucks. Für eine Woche trat sie in Chicagos Roberts Show Lounge auf, in einer Show mit dem jungen Komiker Dick Gregory als MC; dort sah sie der Musikproduzent Ralph Bass, der sie noch von ihren Auftrittenn an der Central Avenue in Los Angeles her kannte. Er wollte sie nach dem Vorbild des erfolgreichen Ray Charles-Songs „Georgia on My Mind” mit Streichern für Chess Records aufnehmen.

Bei den Sessions in Chicago im Oktober und November 1960 wurden ihre berühmten Songs aus den frühen 50ern mit Streichern neu aufgenommen; hinzu kamen einige R&B-Nummern im Rock-Stil der 50er. In den Liner Notes äußerte Miss Cornshucks:

„Ich war an diesem Tag nervös und eingeschüchtert; ich kam ins Aufnahmestudio ... ich bin keine Rock’n’Roll-Sängerin. Ob die Leute mich mochten? Es dauerte eine Weile, bis sich alles entspannte. Schließlich konnte ich loslegen und das singen, ws ich fühlte und das Beste geben, was ich konnte... was hätte ich sonst tun sollen?“[19]

Little Miss Cornshucks
Cover des Chess-Albums
1961
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Die Firma Chess schickte sie auf Promotion-Termine, womit sie jedoch überfordert war, das Label veröffentlichte aber zwei der neuen R&B Songs auf einer Single, „No Teasing Around”, gekoppelt mit „It Do Me So Good”, doch die Scheibe hatte keinen Erfolg in den Charts, obwohl die Cornshucks-Single im Radio lief.

Anfang 1961 erschien dann ihre erste Langspielplatte The Loneliest Gal in Town mit den neuen Versionen ihrer alten Songs „So Long”, „Try A Little Tenderness”, „Why Was I Born?” und „You Turned Your Back on Me”. Der Titelsong der LP, „The Lonesomest Girl In Town” war ein langsamer Tin Pan Alley Song; zu den neuen R&B-Nummern zählte eine Version des Johnny Ace Songs „Never Let Me Go” sowie „No Teasing Around”. Mit ihrem Soul-Balladenstil nahm Miss Cornshucks besonders in „Tenderness” mit seinem dramatischen Ende „try a little…try a little” schon die bald folgenden Stax-Volt-Einspielungen voraus.</ref> [4]

Aretha Franklin 2007

Mit Erscheinen von Cornshucks’ Chess-LP wurde in den Radios auch „Try A Little Tenderness“ gespielt - jedoch nicht in ihrer Version, sondern in der von Aretha Franklin, die im April 1962 auf ihrer LP The Tender, The Moving, The Swinging Aretha Franklin bei Columbia erschienen war und entscheidend von Cornshucks’ Version geprägt war, bis hin zur Einleitung „I may be weary” und ihren besonderen Phrasierungen. Während der Franklin-Song die Charts eroberte, gab es von Chess keine Single mit Cornshucks und „Tenderness”, und auch die LP geriet bald in Vergessenheit.[4]

Letzte Jahre

Die große Enttäuschung muss sie vollends überwältigt haben; Mildred Jorman beendete Ende 1961 ihre regelmäßigen Auftritte; zuletzt gastierte sie im Juli 1963 bei einer Show im Jazz Room der McKie’s Lounge an der Seite von Ruth Brown, die ein Comeback anstrebte. Im Jahr 1975 traf sie der Boogie-Woogie-Pianist Jimmy Walker beim Einkaufen, überredete sie dazu, mit ihm aufzunehmen und setzte Proben in seinem Apartment an, die dann jedoch misslangen.

Der damals anwesende Bassist und Toningenieur Twist Turner erinnert sich:

„In den folgenden Woche zeigte sich Miss Cornshucks in unserem Probenraum; sie trug normale Straßenkleidung; mitgebracht hatte sie eine Flasche weißen Portwein. Wir spielten eine Reihe von Songs, doch sie und ein Freund von ihr standen nur herum und tranken den Port. (...) Ich war wirklich daran interessiert, sie singen zu hören, begeistert davon, an ihrem Comeback teilzuhaben. Jimmy gab ihr das Mikro, aber sie riss sich die Perücke herunter und schleuderte sie auf den Boden. Sie sang dann ein wenig, kahlköpfig, aber bekam es nicht richtig zustande.“[20]

Mildred Jorman zeigte sich dann erst wieder im Jahr 1980 und hinterließ auf die Anwesenden einen bestürzenden Eindruck, als sie in Chicago bei dem Tanzproduzenten Larry Steele auftauchte, mit dem sie in vergangenen Jahren zusammengearbeitet hatte. Im März 1980 versuchte der Herausgeber des Blues-Magazins Longtime Living Blues, Jim O’Neal mit Mildred Jorman ein Interview zu führen, doch daraus wurde nichts; stattdessen vermeldete das Heft versehentlich den Tod der Sängerin. [21]

Sie lebte darauf noch mehrere Jahre in Dayton, ohne dass sie große Beachtung fand. Nachdem sie Anfang der 1990er Jahre einen ersten Schlaganfall erlitten hatte, zog sie in die Nähe ihrer Tochter Francey und verbliebener Jorman-Familienmitglieder in Indianapolis; ihr Ex-Mann Cornelius war bereits in den 70ern verstorben. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich nach weiteren Schlaganfällen. In ihren letzten Jahren hielt sie mit Familienmitgliedern Bibelstunden ab. Nach Ansicht ihrer Tochter Francey war sie verbittert darüber, vergessen zu sein und gekränkt, dass andere an ihrem musikalischen Leistungen verdient hätten. Sie starb am 11. November 1999 im Alter von 76 Jahren in Indianapolis.[4]

Little Miss Cornshucks
Titelbild
des Magazins
No Depression
Heft 45 (2003)
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Würdigung

Das US-amerikanische Alternative Country-Magazin No Depression würdigte in einer Ausgabe von 2003 der Sängerin mit einem Sonderheft; darin ein längerer Essay von Barry Mazor. [4] Er beschrieb sie darin als eine „einzigartige Live-Künstlerin in der kurzen Ära des “after-hours blues” zwischen Swing und Rock ’n’ Roll, als der Bruch zwischen Jazz und populärem R&B noch kein Schisma war.[4] Mit Bedauern konstatiert er, dass sich in den 60ern keiner mehr erinnern konnte, dass Miss Cornshucks mit dem Song „Try A Little Tenderness” das entscheidende Bindeglied zwischen den frühen Croonern und den modernen Soul-Balladensängern wie Otis Redding, Sam Cooke und Aretha Franklin darstellte, die ihre Ideen übernahmen.[4]

Erik Hage schrieb in seiner Würdigung der Sängerin in Allmusic, Little Miss Cornshucks könnte sicher als eine der einflussreichsten Künstlerinnen der Musikgeschichte bezeichnet werden, wenn sie nicht unglücklicherweise durch die Launen der Zeit, Pech und persönlichen Problemen daran gehindert wörden wäre. Cornshucks’ Einfluss erstrecke sich auf frühe Soulsänger (wie Aretha Franklin und Otis Redding), R&B-Größen (Ruth Brown, LaVern Baker) und sogar Popsänger der '50er wie Johnnie Ray. Bekannt vor allen durch „Try a Little Tenderness“ hielt sie Ahmet Ertegun verglich sie mit Dinah Washington und Esther Phillips; er hielt für die beste Bluessängerin, die er je gehört habe.

Ruth Brown nannte sie „die wichtigste Stimme, die ich je gehört hatte, und - ich bin stolz dies sagen zu dürfen - sie hatte einen große Einfluss auf mich. Das war etwas ganz Tiefes in ihrer Bedeutung. Es war diese Art sich zu stilisieren, die ich nachahmte.“[22]

Little Miss Cornshucks
Cornshucks Blues (1948)
zeitgenössische 78er
der Sängerin
OldSwingMaster Label
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Diskographische Hinweise

Alben

  • The Chronological Little Miss Cornshucks 1947-1951 (Classics, enthält die frühen Sunbeam, Miltone-, Aladdin- und Coral-Einspielungen)
  • The Loneliest Gal in Town (Chess Records, 1961)

Singles

Aufnahmedaten Stücke Label Besetzung, Begleitmusiker
Chicago, September 1946: So Long, Gonna Leave Here Walkin’ (Cummins), Have You Ever Loved Somebody Sunbeam Little Miss Cornshcks with Marl Young's Orchestra
Chicago, Oktober 1946: For Old Time's Sake, I Don't Love You Any More, When Mommy Sings a Lullaby Sunbeam Marl Young Orchestra mit Marl Young (p, dir, arr); Melvin Moore (tp); Nick Cooper (tp); Nat Jones (as); Frank Derrick (as); Moses Gant (ts); Rail Wilson (b); Oliver Coleman (d).
Los Angeles, Mai 1948: Cornshuck's Blues, In the Rain Miltone/ DeLuxe Little Miss Cornshucks with Maxwell Davis & The Blenders
Los Angeles, Mai 1948: He's Funny That Way Miltone Little Miss Cornshucks with Calvin Jackson & The Blenders
Los Angeles, Mai 1948: True (You Don't Love Me), Why Was I Born, Teardrops Miltone Little Miss Cornshucks with Maxwell Davis & The Blenders
Los Angeles, 12. August 1949: Waiting in Vain, (Now That I’m Free) You Turned Your Back on Me, Keep You Hand on Your Heart, Time After Time Aladdin Little Miss Cornstucks and Her All-Stars (Maxwell Davis (ts))
Los Angeles, 1951: Papa Tree Top Blues, So Long, Rock Me to Sleep, Try A Little Tenderness, Don't Marry Too Soon, Cause I Lost My Helping Hand Coral Lil Miss Cornstucks with Orchestra: Benny Carter, Bumps Meyer, Que Martyn, Charles Waller (sax), Eddie Beal (p) Billy Hadnott (b)
Chicago, 1961 No Teasing Around, It Do Me So Good Chess Studioband (p, git, b, dr), Streicher

Weblinks/Quellen

Einzelnachweise/Anmerkungen

  1. Forgotten Blues Ladies bei Sundayblues.org
  2. Dieser arbeitete damals auch mit T-Bone Walker und Charlie Parker. Vgl. Barry Mazor.
  3. Der 1934 gegründete Club DeLisa (auch Delisa oderr De Lisa geschrieben) befand sich an der Ecke State Street und Garfield Avenue, an der South Side von Chicago.
  4. a b c d e f g h i j A Soul Forgotten - Essay von Barry Mazor (2003) in No Depression (abgerufen am 31. Mai 2010)
  5. Im Original: „In 1943, when I was 19 or so years old, I went to a nightclub in the northeast black ghetto section of Washington and heard a singer whose name was Little Miss Cornshucks and I thought, "My God!!!" She was better than anything I'd ever heard. She would come out like a country girl with a bandana around her head, a basket in her hand, and so forth, which she'd set aside fairly early on into the show. She could sing the blues better than anybody I've ever heard to this day. I asked her that night if she would mind if I made a record of her for myself. We cut "Kansas City" along with some other blues and she also sang a song called "So Long". She had such a wonderful sound and I remember just thinking, "My God! My God!" And I didn't have a record company, I just made those records for myself.". Ahmet Ertegun: What'd I Say: The Atlantic Story .Zitiert bei Informtionen bei Rockybilly.nl(abgerufen am 31. Mai 2010)
  6. Dies waren die ersten Aufnahmen, die der spätere Atlantic-Produzent Ertegun durchführte; die Aufnahmen, an denen auch der Pianist Johnny Malachi mitwirkte, gingen leider verloren. Vgl. Barry Manor.
  7. Das kurzlebige Label Sunbaem war im Besitz von marl Young und dessen Bruder. Vgl. Barry Mazor.
  8. Diskographie von Miltone Records
  9. Im Original: „taunt the abusive man who has tossed her out into the street, left her drifting door to door — and Cornshucks turns it, in a moment of self-discovery of newfound freedom, into a triumph of female independence“. Zitat Barry Mazor
  10. Campus Sleuth in der International Movie Database
  11. “You’ve heard Ruth Brown’s record of ‘So Long’?” Ertegun asks. “Well, that doesn’t even sound like Ruth; she sounds like a different singer! And it doesn’t sound like any other recording she made ever after, either. We signed her at first because she could sound like Cornshucks!” Zitiert bei Barry Mazor.
  12. Im Original: Brown, charming in her candor, is even more blunt: “I stole that from her! It was a big hit for me — and it should have been hers.” Zitiert bei Barry Mazor.
  13. Zu den Musikern der Benny Carter-Band gehörten die Saxophonisten Bumps Meyer, Que Martyn und Charles Waller, der Pianist Eddie Beal und der Mingus-Lehrer Billy Hadnott als Bassist.
  14. a b c Doppelportait von Little Miss Cornshucks und LaVern Baker von J.C. Marion (abgerufen am 31. Mai 2010) Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Marion“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  15. Im Original: “Well, then we heard that she had mental problems.” Zit. bei Barry Manor.
  16. Informationen über das Sunbeam-Label und Marl Young (abgerufen am 31. Mai 2010)
  17. Im Original: „We’d be in a place, playing, and she’d come by and do some nutty things,” musician and local historian Charles Walton recalls. “First thing she’d do is throw her wig at you. She’d take her dress over her head…all kinds of nutty things.” Zitiert bei Barry Mazor.
  18. Im Original: “I was playing in Chicago at the Crown Propeller. We’d been friends, but she came in and sat down at the bar, and just for that moment she got real angry at me, because I’d sung her song ‘So Long’ — and she just twirled her wig on her finger and threw it right at me!”Zitiert bei Barry Mazor.
  19. Im Original: “I was nervous and scared the day I walked into the recording studio…I’m no rock and roll singer. Would the people like me? It took a while to get straightened out. Finally, I decided just to go on and sing what I felt, do the best I could…What else was there to do?” Zitiert bei Barry Mazor.
  20. Im Original: „The following week, Miss Cornshucks showed up at our rehearsal, wearing regular street clothes. She brought a bottle of white port and a package of Bugs Bunny brand lemon flavor Kool-Aid in her purse. We played a couple songs while she and a friend stood around and drank the port.“ (...) “I was really interested to hear her sing, excited about being a part of her comeback. Jimmy gave her the mike, but the next thing I knew she just snatched off her wig and threw it on the ground. She did sing a little, baldheaded, but she just couldn’t get it together to perform.” Zitiert bei Barry Mazor.
  21. Die Textpassage „she was now “gone” from the city“, wurde nicht als ein Wegzug nach Dayton, sondern als ihr Ableben interpretiert; Vgl. Barry Mazor.
  22. Im Original sagte Ruth Brown: “Little Miss Cornshucks was the most important voice that I’d heard, and, I’m proud to say, she was a big influence for me. There was something really deep in her meaning. That was the kind of stylist that I wanted to be; closing your eyes, you could say just what her meaning was.” Zitiert bei Barry Manor.