Man Gyong Bong 92

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. März 2024 um 20:55 Uhr durch Ankermast (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Man Gyong Bong-92
Das Schiff in Wŏnsan (2014)
Das Schiff in Wŏnsan (2014)
Schiffsdaten
Flagge Korea Nord Nordkorea
Rufzeichen HMZL[1]
Heimathafen Wŏnsan
Eigner Daizin Shipping Co.[2]
Bauwerft Ch’ŏngjin Shipyard[2]
Baukosten 4 Mrd. Yen (32 Mio. US-Dollar)
Stapellauf 1992[2]
Außerdienststellung 2013
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 126,1[2] m (Lüa)
Breite 20,4[2] m
Tiefgang (max.) 5,65[2] m
Vermessung 9.672 BRZ / 2.902 NRZ[2]
Maschinenanlage
Maschinen­leistung 11.472 kW[2]
Höchst­geschwindigkeit 23 kn (43 km/h)
Transportkapazitäten
Tragfähigkeit 1.000 tdw
Zugelassene Passagierzahl 350
Sonstiges
Registrier­nummern IMO-Nr. 8890580
MMSI 445101000[1][2]

Die Man Gyong Bong-92 (koreanisch 만경봉-92) ist ein nordkoreanisches Passagierschiff, das als Fähre und Kreuzfahrtschiff eingesetzt wurde. Zwischen seiner Indienststellung im Jahr 1992 und 2006 diente es zum Passagier- und Frachttransport zwischen Nordkorea und Japan. Nachdem der Schiffsverkehr von Japan untersagt worden war, wurde die Man Gyong Bong-92 zu einem Kreuzfahrtschiff umgebaut und veranstaltete eine einzelne Reise, bevor der Betrieb ausgesetzt wurde. Seit der Außerdienststellung 2013 ist das Schiff in Wŏnsan aufgelegt und hat nur noch einzelne Fahrten unternommen.

Hintergrund

Nach dem Ende der japanischen Besatzung Koreas zum Ende des Zweiten Weltkriegs blieben etwa 600.000 bis 700.000 Koreaner in Japan zurück, wo sie als zainichi die größte ethnische Minderheit bildeten, sowie weitere Hunderttausende Japaner in der ehemaligen Kolonie. Vor allem japanische Frauen, die einen koreanischen Mann geheiratet hatten, kehrten nicht wieder nach Japan zurück. Da Japan und Nordkorea untereinander jedoch keinerlei diplomatische Beziehungen unterhielten, war es für die in Japan gebliebenen Koreaner fast unmöglich, ihre Verwandten zu besuchen. Zwischen 1963 und 1971 durften nur 24 Menschen aus Japan nach Nordkorea und wieder zurück reisen. Erst in den 1970er Jahren lockerte die japanische Regierung die entsprechenden Beschränkungen, woraufhin im September 1971 mit der Man Gyong Bong ein Liniendienst zwischen Wŏnsan an der nordkoreanischen Ostküste und Niigata auf Honshū am Japanischen Meer eingerichtet wurde. Zuvor war der Passagiertransport vor allem auf an das nordkoreanische Rote Kreuz verliehenen sowjetischen Schiffen erfolgt.[3][4]

Das Schiff

Die Man Gyong Bong-92 wurde im Jahr zum 80. Geburtstag des nordkoreanischen Staatsführers Kim Il-sung gebaut, um die alte Man Gyong Bong zu ersetzen.[4] Finanziert wurde der Bau von der Nordkorea nahestehenden Ch’ongryŏn, einer Vereinigung von zainichi. Die Organisation spendete dazu vier Mrd. Yen (umgerechnet etwa 32 Mio. US-Dollar).[5] Der Stapellauf erfolgte 1992 auf einer Werft in Ch’ŏngjin. Je nach Quelle kann das Schiff zwischen 200 und 350 Passagiere transportieren.[6][2][7] Das Schiff trägt, wie auch sein Vorgänger, den Namen eines Hügels in der Nähe der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang und des Geburtsorts von Kim Il-sung, Mangyŏngdae, der heute ein Vorort von Pjöngjang ist.

Liniendienst

Zwischen 1992 und 2006 verkehrte die Man Gyong Bong-92 ein- oder zweimal im Monat zwischen Niigata und Wŏnsan.[5] Die meisten Passagiere waren Zainichi, die ihre Familie besuchten, sowie Schüler, die Ch’ongryŏn-Schulen besuchten und an Studienreisen teilnahmen. Zusätzlich wurden elektronische und medizinische Geräte nach Nordkorea transportiert. Die nordkoreanische Führung versendete auf diesem Weg Grußbotschaften und Telegramme an die Ch’ongryŏn.[5] Eine einfache Fahrt kostete im August 1993 etwa 1.500 US-Dollar und dauerte 28 Stunden.

Konflikt mit Japan und Verbot

Von Anfang an hatte es den Verdacht gegeben, dass Bauteile von aus Japan ausgeführten Produkten wie Spielekonsolen oder Kameras vom nordkoreanischen Militär verwendet wurden, um unter anderem Raketen zu konstruieren. Laut dem Bericht eines Flüchtling aus Nordkorea vor einem Ausschuss des US-Senats am 20. Mai 2003 stammten 90 Prozent der Raketenteile von dem Schiff.[8][5] Auch Falschgeld und Methamphetamin sollen nach Japan transportiert worden sein, während Nordkorea Devisen ins eigene Land holte. Der Drogenhandel soll bis zu sieben Milliarden US-Dollar eingebracht haben.[9][10]

Im Jahr 2002 gab Nordkorea zu, in den 1970er Jahren mehrere japanische Staatsbürger entführt und nach Nordkorea gebracht zu haben. Die Vermutung, dass die Entführungen auf der alten Man Gyong Bong stattgefunden hatten, rückte auch das neue Schiff in den Fokus der Öffentlichkeit. Im Januar 2003 erklärte der japanische Geheimdienst Public Security Intelligence Agency, dass der Kapitän der Man Gyong Bong-92 Spionagebefehle von der nordkoreanischen Führung erhalten habe.[8][5]

2003 wurde das Schiff für sieben Monate außer Dienst gestellt, nachdem die japanischen Behörden ein Verbot des Betriebs angedroht hatten.[10] Nach der Wiederaufnahme verzögerte sich die erste Abfahrt um zwölf Stunden, da Japan verstärkte Kontrollen und Überprüfungen der Ladung des Schiffes durchführte.[10][11]

Am 5. Juli 2006 führte Nordkorea einen Raketentest durch, bei dem alle sechs Raketen im Japanischen Meer landeten. Daraufhin verbannte Japan die Man Gyong Bong-92 für sechs Monate aus seinen Gewässern.[12] Anfang Oktober 2006 wurde das Verbot auf unbestimmte Zeit verlängert sowie auf alle nordkoreanischen Schiffe ausgeweitet.[9]

Weblinks

Commons: Man Gyong Bong-92 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Man Gyong Bong 92. In: MarineTraffic. Abgerufen am 1. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  2. a b c d e f g h i j M/S MAN GYONG BONG 92. In: faktaomfartyg.se. Abgerufen am 1. März 2024 (schwedisch).
  3. Tessa Morris-Suzuki: The Forgotten Japanese In North Korea: Beyond The Politics Of Abduction. In: The Asia-Pacific Journal: Japan Focus. 26. Oktober 2009, abgerufen am 1. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  4. a b 青山 誠: あの万景峰号は今どこに? 在日朝鮮人との関わり深い北朝鮮の貨客船. 31. August 2021, abgerufen am 1. März 2024 (japanisch).
  5. a b c d e Apichai W. Shipper: Nationalisms of and against Zainichi Koreans in Japan. In: Asian Politics & Policy. Band 2, Nr. 1, 2010, S. 55–75 (wiley.com).
  6. Alec Luhn: Ferry service opens between North Korea and Russia. In: The Guardian. 18. Mai 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 1. März 2024]).
  7. Hyonhee Shin, Elaine Lies: Orchestral maneuvers - South Korean protesters greet North Korean Olympics ferry. Reuters, 6. Februar 2018, abgerufen am 1. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  8. a b N Korea ferry struggling against the tide. 9. Juni 2003 (bbc.co.uk [abgerufen am 1. März 2024]).
  9. a b Ferry ban turns tide on Korean smuggling. In: The Washington Times. 16. Oktober 2006, abgerufen am 1. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. a b c Emma Chanlett-Avery: North Korean Supporters in Japan: Issues for U.S. Policy. 7. November 2003, S. 5 f. (ncnk.org [PDF]).
  11. Leo Lewis: Sailing Across a Sea of Trouble. In: Japan@Inc. 8. November 2006, abgerufen am 1. März 2024 (englisch).
  12. Seventh missile launched: report. In: The Sydney Morning Herald. 6. Juli 2006, abgerufen am 1. März 2024 (australisches Englisch).