Wolfgang Balzer (Dirigent)

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Wolfgang Balzer (* 1941 in Berlin) ist ein deutscher Dirigent. Von 1990 bis 1993 war er Chefdirigent des Orchesters des Opernhauses Halle.

Leben

Wolfgang Balzer wurde 1941 in Berlin geboren.[1] Im Alter von sieben Jahren erhielt er seinen ersten Klavierunterricht[2] an der Musikschule in Klingenthal sächsischen Musikwinkel, wo er aufwuchs.[1] Von 1952 bis 1958 war er unter den Thomaskantoren Günther Ramin und Kurt Thomas Mitglied des Leipziger Thomanerchores.[3] 1958 verließ er nach eigenen Aussagen aus politischen[4] Gründen die DDR.[1]

Er studierte zunächst ab 1961 Schulmusik in Heidelberg, dann Dirigieren in München und Berlin.[2] Im Jahr 1966 ging er an die Städtischen Bühnen Frankfurt,[1] wo er zuletzt Solo- und Korrepetitor mit Dirigierverpflichtung war.[5] 1970 war er Assistent bei den Bayreuther Festspielen und wechselte dann als 1. Kapellmeister[3] an die Oper Bonn.[1] Von 1972 bis 1975 war er Chefdirigent der Rheinischen Philharmonie Koblenz.[6] Gastdirigate führten ihn zu verschiedenen Klangkörpern in Europa[2] (Basel, Lissabon, London und Luxemburg u. a.).[3] 1973 debütierte er beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin[7] und beim Berliner Philharmonischen Orchester.[8] 1976/77 war er Leiter des RIAS-Jugendorchesters Berlin.[9]

Ab 1978 war er hauptsächlich in den USA tätig.[1] So wurde er Musikdirektor ad interim des New England Conservatory Symphony Orchestra in Boston, Massachusetts.[10] Mit diesem brachte er das Concerto for Grand Orchestra von William Thomas McKinley zur Uraufführung.[11] 1981 übernahm er die Leitung des Brown University Orchestra in Providence, Rhode Island.[12] Einzelne Verpflichtungen führten ihn etwa zu den Bamberger Symphonikern (1979) und den Münchner Philharmonikern (1986).[3] Nach sieben Jahren kehrte er endgültig zurück in die BRD.[4] Balzer gab in einem Interview an, dass die sozialen Unterschiede, die er während der Reagan-Administration wahrnahm, ein Beweggrund gewesen seien.[4]

1988 ging er als 1. Kapellmeister an das Stadttheater Würzburg.[1] Nach der Wende 1990 vermittelte ihn ein ihm bekannter Gewandhauscellist nach Leipzig.[4] Nach einigen Gastdirigaten[4] wurde er Erster Ständiger Dirigent und stellvertretender Generalmusikdirektor der Oper Leipzig.[1] Im selben Jahr übernahm er zusätzlich als Nachfolger von Christian Kluttig das Chefdirigat beim Händelfestspielorchester bzw. Orchester des Opernhauses Halle sowie die musikalische Oberleitung am späteren Opernhaus Halle.[2] Als solcher trat er auch bei den Händel-Festspielen in Erscheinung.[13] Während der XX. Hallischen Musiktage 1990 brachte er die Sinfonie von Axel Gebhardt zur Uraufführung.[14] Wegen seiner Doppelbelastung als Dirigent wurde sein Vertrag 1991 in Leipzig gelöst.[15] Im Jahr 1993 verließ er auch Halle vorzeitig.[16] Intendant Klaus Froboese argumentierte, dass Balzers Spontanität „oftmals zur Verwirrung und zu organisatorischen Verwerfungen“ geführt hätten.[17]

Danach dirigierte er u. a. das Loh-Orchester Sondershausen[3] (1994), das Orchester der Landesbühnen Sachsen[18] (1996) und das Münchner Rundfunkorchester[19] (1997). In der Saison 1998/99 war er Chordirektor am Theater Ulm.[20] Danach wechselte er an das Nationaltheater Mannheim,[21] wo er von 1999 bis 2002 tätig war.[22]

Balzer ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet[1] und Vater eines Sohnes.[4] Auch während seiner Verpflichtung in den neuen Bundesländern[4] lebte er in Weinheim an der Bergstraße.[23]

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Matthias Frede: Mit Pioniergeist am Pult für ein neues Musiktheater. Wolfgang Balzer setzt auf das ehrgeizige Händelfestspielorchester Halle. In: Mitteldeutsche Zeitung, 8. August 1991, S. 7.
  2. a b c d Elisabeth Peuker: Leistungen gedeihen nur in gesunder menschlicher Atmosphäre. Gespräch mit Wolfgang Balzer, Chefdirigent des Händelfestspielorchesters Halle. In: Mitteldeutsche Zeitung, 28. November 1990, S. 6.
  3. a b c d e ART: Das Loh-Orchester gibt sein zweites Sinfoniekonzert Künstlerin von Weltrang wird als Gast mitwirken. In: Mitteldeutsche Zeitung, 29. September 1994, S. 16.
  4. a b c d e f g Interview mit Wolfgang Balzer: Germany After the Elections. C-SPAN, 1990.
  5. Deutsches Bühnenjahrbuch. Das große Adreßbuch für Bühne, Film, Funk und Fernsehen 76 (1968), S. 289f.
  6. Energieversorgung Mittelrhein (Hrsg.): Geschichte der Stadt Koblenz. Band 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart. Gesamtredaktion: Ingrid Bátori in Verbindung mit Dieter Kerber und Hans Josef Schmidt. Theiss, Stuttgart 1993, ISBN 3-8062-1036-5, S. 551.
  7. Wolfgang Balzer, Archiv des DSO; abgerufen am 13. Juni 2020.
  8. Peter Muck: Einhundert Jahre Berliner Philharmonisches Orchester. Band 3: Die Mitglieder des Orchesters, die Programme, die Konzertreisen, Erst- und Uraufführungen. Schneider, Tutzing 1982, ISBN 3-7952-0341-4, S. 457.
  9. Chronik der ARD: RIAS-Jugendorchester unter neuer Leitung. ard.de; abgerufen am 1. Juni 2020.
  10. The Changing Scene. In: Music Educators Journal 67 (1981) 6, S. 17–20, hier: S. 18.
  11. Linda I. Solow (Hrsg.): The Boston Composers Project: A Bibliography of Contemporary Music. MIT Press, Cambridge u. a. 1983, ISBN 0-262-02198-6, S. 339.
  12. Martha Mitchel: Encyclopedia Brunoniana. Brown University Library, Providence 1993, Online.
  13. Reiner Gebauer: Überraschungen, Höhenflüge, aber auch Enttäuschungen. Die vierzigsten Händelfestspiele in Halle setzen Zeichen für die Zukunft. In: Neue Zeit, 15. Juni 1991, Jg. 47, Ausgabe 137, S. 13.
  14. Wolfgang Boeckh: Musik aus Halle und Karlsruhe. Werkstatt-Konzert während der XX. Hallischen Musiktage. In: Mitteldeutsche Zeitung, 25. Oktober 1990, S. 9.
  15. Leipziger Oper löst Vertrag mit Dirigenten. In: Berliner Zeitung, 26. Januar 1991, Jg. 47, Ausgabe 22, S. 13.
  16. Matthias Frede, Andreas Hillger: Taktstock als Staffelstabfür Weltbürger im Frack. Musiker zwischen Gastspiel und Hausaufgabe: In Halle und Dessau verlieren Orchester ihre Chefs. In: Mitteldeutsche Zeitung, 1. Juli 1995, S. 24.
  17. Mathias Frede: Vorzeitige Demission des Chefdirigenten. Trennung von Balzer – MZ-Telefongespräch mit Intendant Klaus Froboese. In: Mitteldeutsche Zeitung, 11. November 1992, S. 7.
  18. Jens Daniel Schubert: Warme Klänge vom Idealbild einer Frau. Landesbühnen eröffneten Konzertsaison. In: Sächsische Zeitung, 21. Oktober 1996, S. 17.
  19. Doris Sennefelder (Hrsg.): 50 Jahre Münchner Rundfunkochester, 1952–2002. Im Auftrag des Bayerischen Rundfunks, Bärenreiter, Kassel u. a. 2001, ISBN 3-7618-1530-1, S. 246.
  20. Theater Ulm: Künsterisches Personal. operone.de; abgerufen am 12. Juni 2020.
  21. Ulm: Neuer Chordirektor am Theater. In: Südkurier, 6. Mai 1999.
  22. Nationaltheater Mannheim: Künsterisches Personal. operone.de; abgerufen am 12. Juni 2020.
  23. Deutsches Bühnenjahrbuch. Das große Adreßbuch für Bühne, Film, Funk und Fernsehen 109 (2001) = 2000/2001, S. 378.
  24. Stipendiaten. rwv-ffm.de; abgerufen am 10. Juni 2022.
  25. French Conductor, 29, Achieves Mitropoulos Victory and $5,000. In: The New York Times, 13. Dezember 1971, S. 53.