Hauptquartier der Alliierten Landstreitkräfte Schleswig-Holstein und Jütland

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Hauptquartier der Alliierten Landstreitkräfte Schleswig-Holstein und Jütland
— LANDJUT —

Verbandsabzeichen
Verbandsabzeichen
Aktiv 1962 bis 3. April 1999
Staat Deutschland Deutschland

Danemark Dänemark

Streitkräfte Bundeswehr

Det Danske Forsvar

Teilstreitkraft Allied Forces Northern Europe (AFNORTH)

Heer
Hæren

Typ NATO-Korps
Truppenteile 6. Panzergrenadierdivision,

Jütland-Division,
Heimatschutzbrigade 51

Stärke 40.000 bis 60.000
ehem. Sitz des Stabes Eider-Kaserne, Rendsburg
Führung
letzter Kommandierender General Generalleutnant Henrik H. Ekmann
letzter Stabschef Brigadegeneral Peter Bartram Staff Officer/G-3 Division/HQ LANDJUT (1997 - 98)
Gliederung der LANDJUT-Streitkräfte

Das Hauptquartier der Alliierten Landstreitkräfte Schleswig-Holstein und Jütland (englische NATO-Bezeichnung: Headquarters Allied Land Forces Schleswig-Holstein and Jutland, kurz HQ LANDJUT, meist nur LANDJUT) war das erste und während des Kalten Krieges das einzige multinationale Korps der NATO, das zwischen 1962 und 1999 bestand. Truppensteller waren die dänischen Landstreitkräfte und das deutsche Heer, sowie Großbritannien mit einem Verbindungsoffizier. Die Aufgabe hat mit dem Beitritt von Polen das Multinationales Korps Nord-Ost, als der gemeinsame Nachfolgeverband, übernommen.

Organisation und Geschichte

Nach dem Abzug der norwegischen Truppen entstand 1953 die sogenannte „Jutland Covering Force“[1] unter Führung des Kommandeurs „Danish Command in Germany“.[1] Diese Verbände wurden in den alliierten Militärstrukturen durch das „Western Land Command“[1] (WLC) in Aarhus geführt. Erst im Mai 1956 wurden sie offiziell der NATO bzw. den „Allied Land Forces Denmark“[1] (LANDENMARK) in Kopenhagen unterstellt. Die LANDENMARK gehörten wiederum zu den Landstreitkräften „Allied Forces Northern Europe[2] (AFNORTH). Durch Anregung des SACEUR wurde im Januar 1958 auch ein Marineführungsstab der NATO im Bereich AFNORTH etabliert.[1]

Im Frühjahr 1957 wurden die dänisch-britischen Verbände durch die ersten Bundeswehrsoldaten, die zur 3. Panzerdivision gehörten, verstärkt. Bis zum Sommer 1958 konnte die Bundeswehr mit dem Wehrbereichskommando I in Kiel die alleinige Verantwortung für die Verteidigung in Schleswig-Holstein übernehmen. In der NATO-Struktur wurden diese deutschen Heereseinheiten dem „Hauptquartier Landstreitkräfte Schleswig-Holstein“[2] zugeordnet, welches ein westdeutscher Admiral führte. Das war vom 15. April 1958 bis zum 31. März 1962 Konteradmiral Bernhard Rogge (COMLAND-SCHLESWIG).[3] Das Hauptquartier war ein Teil von LANDENMARK, so dass dem Admiral alle NATO-Truppen Schleswig-Holsteins unterstanden.[2]

Mit dem „Oslo Agreement“ vom 22. November 1961 wurden sämtliche NATO-Verbände zwischen Hamburg und dem Skagerrak dem neu geschaffenen Kommandobereich „Baltic Approaches“[2] (BALTAP) unterstellt. Hauptaufgabe dieses Kommandobereiches war die Verteidigung Schleswig-Holsteins und Dänemarks, da von dort aus die Ostseeausgänge kontrolliert wurden. Die Neustrukturierung führte zur Aufstellung von vier neuen Hauptquartieren: „Alliierte Landstreitkräfte in Schleswig-Holstein und Jütland“[4] (LANDJUT) in Rendsburg, „Landstreitkräfte in Seeland“[4] (LANDZEALAND) in Kopenhagen, „Luftstreitkräfte Ostseezugänge“[4] (AIRBALTAP) sowie die „Seestreitkräfte Ostseezugänge“[4] (NAVBALTAP) in Karup in Nordjütland. Diese Gliederung sollte bis zum Ende des Kalten Krieges bestehen bleiben.[2]

LANDJUT wurde im Sommer 1962 aufgestellt und bis 1994 von der NATO finanziert. Es war das einzige multinationale Korps mit internationalem Stab. Die Aufgabe von LANDJUT bestand darin, im Verteidigungsfall angreifende feindliche Kräfte bei ihrem Vorstoß nach Nordwesten aufzuhalten. Das Ziel war, solange auszuhalten bis britische, amerikanische und niederländische Verstärkungskräfte eintrafen, um den Angreifer zurückzuschlagen. Hierzu standen dem Kommandierenden General des Korps LANDJUT (COMLANDJUT) vorwärts die bundesdeutsche 6. Panzergrenadierdivision in Neumünster, und nachfolgend die dänische Jütland-Division in Fredericia sowie die Heimatschutzbrigade 51 in Eutin zur Verfügung. Mit diesen Kräften sollten im Rahmen der „Vorneverteidigung[4] der NATO der Nordwesten entlang der innerdeutschen Grenze zwischen Elbe und Lübeck sowie an den Küstenlinien gegen amphibische und triphibische Landungen verteidigt werden. Verstärkt wurde diese konventionelle Verteidigung durch das Raketenartilleriebataillon 650 in Itzehoe (ab 1973 in Flensburg), welches zunächst mit SERGEANT-Raketen und ab 1976 mit Lance-Raketen im Rahmen der nuklearen Teilhabe ausgerüstet war.[4]

Die Verteidigung des Luftraumes wurde durch AIRBALTAP, die Seehoheit durch NAVBALTAP koordiniert. Dem COMBALTAP hätten im Verteidigungsfall die gesamte Royal Danish Air Force wie alle in Schleswig-Holstein stationierten fliegenden Verbände der Bundeswehr unterstanden, und damals aus rund 300 Kampfflugzeugen bestand, die durch US-amerikanische und britische Geschwader verstärkt worden wären.[5] Hauptaufgabe von NAVBALTAP war die Sicherung der Ostseeausgänge in Richtung Nordsee, da ein Ausbruch der sowjetischen baltischen Flotte aus der Ostsee die atlantischen Seeverbindungen des westlichen Bündnisses bedroht hätte. Daher wurde auch geplant, weite Teile der westlichen Ostsee durch die NATO zu verminen. Des Weiteren wurde die Ostküste Schleswig-Holsteins durch die Marinesicherungskräfte geschützt,[6] im deutschen Verteidigungsraum auch das Jägerregiment 71 und 81 sowie die Heimatschutzbrigade 61, im dänischen Verteidigungsraum auch die gesamte Dänische Heimwehr als territoriale Heimatverteidigung von Dänemark, die um ihre örtliche Heimat gekämpft hätte.

Die 6. Panzergrenadierdivision war ein außergewöhnlicher Bestandteil der Bundeswehr. Mit einer Verteidigungsstärke von etwa 30.000 Mann sowie rund 5800 Rad- und 1200 Kettenfahrzeugen war es die stärkste und kampfkräftigste Division des westdeutschen Heeres.[7], die im Verteidigungsfall LANDJUT unterstand, und damit als Heeresgruppe NORTHAG.

In Friedenszeiten bestand der Großverband der 6. Panzergrenadierdivision aus drei Kampfbrigaden (Panzergrenadierbrigaden 16 in Wentorf und 17 in Hamburg sowie der Panzerbrigade 18 in Neumünster), dem Artillerieregiment 6 in Kellinghusen und den entsprechenden Divisionstruppen inklusive des Heeresfliegerregiments 6 in Itzehoe mit knapp 50 Hubschraubern.[7] Im Verteidigungsfall, in dem diese Division den Prellbock der Verteidigung gebildet hätte, wären sie durch die Heimatschutzbrigade 5137 mit der Kampfkraft einer Panzerbrigade unterstützt worden. Bis heute gibt es keinen Truppenübungsplatz in Schleswig-Holstein. Die 6. Panzergrenadierdivision musste auf verfügbare Truppenübungsplätze in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern ausweichen. Hinzu kamen ab 1967 regelmäßige gemeinsame Aufenthalte auf Übungsplätzen der dänischen Einheiten. 10.000 Soldaten aus Schleswig-Holstein halfen bei den Flutkatastrophen in Norddeutschland im Februar 1962 sowie im Januar 1976.[8] Ebenso leisteten die Soldaten Hilfe bei der Schneekatastrophe zum Jahreswechsel 1978/1979. Die personelle Stärke betrug am Ende der 1990er-Jahre etwa 40.000 Mann. Der Korpsstab wurde nicht von einer Lead-Nation gestellt, sondern bestand zu gleichen Teilen aus Deutschen und Dänen sowie in der Friedensgliederung einem britischen Stabsoffizier.

Um eine optimale Zusammenarbeit zwischen den fünf Nationen im Falle eines heißen Krieges zu gewährleisten, wurden Übungen durchgeführt. Diese reichten von kleineren Übungen zu Verfahrensabläufen innerhalb bzw. zwischen verschiedenen Stäben bis hin zu größeren mit militärischen Zielen. Die Teilnehmerzahl variierte von 50 Soldaten bei Stabsübungen bis zu über 65.000 Soldaten bei sogenannten "Bold Guard"[9] -Übungen, die alle vier Jahre in Schleswig-Holstein und Teilen Dänemarks stattfanden.[9] Allein im Verantwortungsbereich von LANDJUT wurden zwischen 1962 und 1986 über 500 Übungen abgehalten.[9] Neben diesen „freilaufenden Übungen“[10] wurden virtuelle Planspiele abgehalten. Die Bekannteste dieser Übungen waren die WINTEX-Übungen der NATO, die von 1968 bis 1989 alle zwei Jahre durchgeführt wurden. Diese Praxistests dienten neben der eigenen Selbstversicherung auch der Abschreckung des Warschauer Paktes.[8]

Nach dem Ende des Kalten Krieges blieb das Korps nach der Vereinbarung der beteiligten Staaten und dem SACEUR (NATO-Oberbefehlshaber für Europa) zunächst als binationales Korps bestehen. Diese Entscheidung folgte dem Ziel, einige der Korps als Träger der Multinationalität zu erhalten und erfolgt analog zur Umwandlung des I. Korps und II. Korps in multinationale Korps.

LANDJUT als bi-nationaler Stab wurde zum 30. April 1999 aufgelöst und unter Eingliederung des neuen NATO-Partners Polen und zusätzlicher Unterstellung der 12. mechanisierten polnischen Division aus Stettin als dritte Division als neuer Korpsstab des neu aufgestellten Multinationalen Korps Nord-Ost ausgeplant.

Tafel am Haupteingang des ehem. NATO Headquarters LANDJUT in Rendsburg

Verbandsabzeichen

Das Verbandsabzeichen, bei deutschen Korpsangehörigen am linken Ärmel des Dienstanzugs getragen, zeigt auf blauem gotischen Schild im oberen Wappenteil den NATO-Stern, im unteren drei Wellenkämme. Über diesen beiden Symbolen sind zwei gelbe (goldene) gekreuzte Schwerter abgebildet. Der Stern symbolisiert den multinationalen Typ des unter NATO-Kommando stehenden Korps. Die Wellenkämme repräsentieren die drei Ostseezugänge, als Referenz zum übergeordneten Hauptquartier. Die Schwerter sind ein oft gebrauchtes Symbol für das Heer. Dieses Symbol gab es auch im Wappen des dänischen Heereskommandos. Wesentliche Elemente wurden wieder in das Verbandsabzeichen des Multinationalen Korps Nord-Ost aufgenommen, und um einen Greifen und ein drittes Schwert ergänzt.

Kommandierende Generale

Nr. Name Nation Beginn der Berufung Ende der Berufung
14 Generalleutnant Henrik H. Ekmann Dänemark 1998 1999
13 Generalleutnant Manfred Gerber Deutschland 1996 1998
12 Generalleutnant G. Grüner Dänemark 1993 1996
11 Generalleutnant Bernd Klug Deutschland 1990 1993
10 Generalleutnant P.B. Krogen Dänemark 1987 1990
9 Generalleutnant Henning von Ondarza Deutschland 1985 1987
8 Generalleutnant G. Assmussen Dänemark 1982 1985
7 Generalleutnant Günter Kießling Deutschland 1979 1982
6 Generalleutnant P.O.W. Thorsen Dänemark 1976 1979
5 Generalleutnant Heinrich Schwiethal Deutschland 1973 1976
4 Generalleutnant Horst Hildebrandt Deutschland Januar 1973 Oktober 1973
3 Generalmajor Jens Skriver-Jensen Dänemark 1968 1973
2 Generalleutnant Cord von Hobe Deutschland 1965 1968
1 Generalmajor Flemming B. Larsen Dänemark 1962 1965

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c d e Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 72.
  2. a b c d e Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 73.
  3. Hans H. Hildebrand, Ernest Henriot: Deutschlands Admirale 1849–1945, Bd. 3: P–Z. Biblio Verlag, Osnabrück 1990, S. 143–144.
  4. a b c d e f Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 74.
  5. Vgl. Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 76 f.
  6. Vgl. Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 77.
  7. a b Vgl. Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 78.
  8. a b Vgl. Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 82.
  9. a b c Kollmer, Dieter H. Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges, in:Jessen, Aaron/ Moldenhauer, Elmar/Biermann, Karsten (Hrsg.). Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016. S. 80.
  10. Dieter H. Kollmer: Der „Flugzeugträger“ Schleswig-Holstein. Die Rolle Schleswig-Holsteins in den Verteidigungsplanungen der NATO während des Kalten Krieges. In: Aaron Jessen, Elmar Moldenhauer, Karsten Biermann (Hrsg.): Grenzen überwinden. Schleswig-Holstein, Dänemark & die DDR. Husum 2016, S. 81.

Koordinaten: 54° 18′ 0″ N, 9° 39′ 38″ O