Anna Milder-Hauptmann

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Anna Milder-Hauptmann, Gemälde von Friedrich Wilhelm von Schadow, um 1818
Anna Milder-Hauptmann, nach einer Zeichnung von Sigmund Ferdinand von Perger

Anna Pauline Milder-Hauptmann (* 13. Dezember 1785 in Konstantinopel; † 29. Mai 1838 in Berlin) war eine österreichische Opernsängerin (Sopran).

Leben

Ihr Vater war der Konditor Felix Milder aus Salzburg, Dolmetscher in Diensten des österreichischen Gesandten Peter Philipp Herbert Freiherr von Rathkeal (1735–1802). 1795 zog die Familie nach Hütteldorf bei Wien. Neben Klavierunterricht erhielt Milder bei Antonio Salieri und Sigismund von Neukomm auch Gesangsunterricht. Sie wurde von Emanuel Schikaneder gefördert und debütierte am 9. April 1803 an Schikaneders Theater an der Wien als Juno in Franz Xaver Süßmayrs Singspiel Der Spiegel von Arkadien. In Ignaz von Seyfrieds heroischer Oper Cyrus übernahm sie die Rolle des Cambyses. Nach einem 1805 angelegten Konskriptionsbogen des Theaters, dem Haus Laimgrube Nr. 26, wohnte sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester Jeanette zu dieser Zeit auch dort, zusammen mit der jungen Elisabeth Röckel und deren Bruder Joseph August Röckel.[1] Beethoven hatte kurz zuvor gleichfalls eine Dienstwohnung im Theater an der Wien gehabt.

1807 wechselte Milder an das Kärntnertortheater, wo sie bald eine der meistbewunderten und erfolgreichsten Sängerinnen ihrer Zeit wurde. Im Jahr 1810 heiratete die Sängerin den Wiener Preziosen-Schätzmeister Paul Peter Hauptmann. Neben Salieri (Lady Anna in Die Neger), Luigi Cherubini und Joseph Weigl (Emmeline) komponierte auch Beethoven mit der Leonore eine Partie für sie: 1805, 1806 und 1814 sang sie diese Rolle in den beiden Uraufführungen der Leonore sowie des Fidelio.

Als Napoléon Bonaparte die Sopranistin in Wien (1809) hörte, war er so begeistert, dass er Milder zur Übersiedlung nach Paris bewegen wollte. Doch sie lehnte ab. Stattdessen ging sie 1815 nach Berlin, wo sie im Juni 1816 eine Festanstellung an der königlichen Oper erhielt. Im selben Jahr beschwor Beethoven sie, Friedrich de la Motte Fouqué um ein Libretto zu bitten, um eine neue Oper für sie zu schreiben.[2]

1819 erteilte Milder, die inzwischen in Berlin engagiert war, Gioachino Rossini und Conradin Kreutzer Kompositionsaufträge für Einakter, die sie auf Gastspielreisen darbieten wollte: Kreutzers und Pius Alexander Wolffs Monodram Adele von Budoy brachte sie 1821 dann tatsächlich in Königsberg zur Uraufführung. Zwischen 1816 und 1829 trat Milder-Hauptmann unter anderem in mehreren (teils für sie komponierten oder adaptierten) Spontini-Rollen an der Berliner Hofoper auf. Sie unternahm Gastspielreisen durch Deutschland, Dänemark, Schweden und Russland.

Am 11. März 1829 sang sie unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy mit der Sing-Akademie zu Berlin, an der sie seit 1821 Mitglied und Solistin war, in einer Wiederaufführung von Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion, der ersten seit dem Tod des Komponisten und 100 Jahre nach ihrem erstmaligen Erklingen in der Leipziger Thomaskirche. Im Schwarzhäuptersaal in Riga erfolgte am 10. Februar 1830 die Uraufführung der für sie komponierten Gesangsszene Der Hirt auf dem Felsen (D 965, Oktober/November 1828) von Franz Schubert, 1836 zog sie sich ganz von der Bühne zurück.

Anna Milder-Hauptmann starb 1838 im Alter von 52 Jahren in Berlin und wurde auf dem dortigen, nur wenige Jahre zuvor eröffneten St.-Hedwigs-Friedhof an der Liesenstraße beigesetzt. Das Grabmal ist erhalten.[3]

Jeanette Bürde

Milders jüngere Schwester Johanna Antonie Thekla (genannt Jeanette) Bürde, geborene Milder (Taufdatum 11. November 1799 in Hütteldorf bei Wien; † 29. September 1875 in Berlin) kam mit ihrer vierzehn Jahre älteren Schwester nach Berlin. Schon 1815 trat sie hier als Pianistin auf, zunächst als Begleiterin des Tenors Franz Wild.[4] 1823 wurde sie Mitglied der Sing-Akademie zu Berlin. Jeannette studierte Komposition bei Carl Friedrich Rungenhagen und veröffentlichte mehrere Liedersammlungen. Rahel Varnhagen schätzte besonders ihre Goethe-Vertonungen, für die sie der „Lieder-Kompositrice“ passende Texte aussuchte;[5] die Kompositionen wurden in Rahel Varnhagens Salon von Anna Milder-Hauptmann vorgetragen.[6] 1824 begleitete Jeannette Bürde ihre Schwester, als diese Goethe-Vertonungen von Franz Schubert in Berlin vortrug, der Anna Milder-Hauptmann seine Vertonung von Suleikas zweiter Gesang widmete.[7]

Jeanette Bürdes Ehemann, Friedrich Leopold Bürde (1792–1849), der Sohn des Schriftstellers Samuel Gottlieb Bürde, war Maler und Professor an der Preußischen Akademie der Künste. Eine Tochter Anna Leopoldine (1827–1829) starb früh. Ein gemeinsamer Sohn, der spätere Kaufmann (1872 Teilhaber einer Associations-Buchhandlung) Felix Heinrich Bürde (* 30. September 1828 in Berlin), heiratete Josephine, geb. Fuchs,[8] die am 1. Mai 1884 die Gewerbeschule für Mädchen in Thorn gründete.[9] Nach dem Tod ihres Ehemanns wirkte Jeanette Bürde als Klavier- und Gesangslehrerin.

Literatur

Commons: Anna Pauline Milder-Hauptmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Klaus Martin Kopitz: Artikel „Anna Milder-Hauptmann“. In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 3. Juli 2012.

Einzelnachweise

  1. Michael Lorenz: Maria Eva Hummel. A Postscript. michaelorenz.blogspot.co.at, Wien 2013
  2. Goethes Lyrik, Beethovens Leonore, eine ›Lieder-Kompositrice‹ und (ihre?) Katzen. In: Gazzettino. Mitteilungen der Varnhagen Gesellschaft e. V. 2019, Nr. 44 (Web-Ressource).
  3. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Grabstätten. Haude & Spener, Berlin 2006, S. 53, 55.
  4. Goethes Lyrik, Beethovens Leonore, eine ›Lieder-Kompositrice‹ und (ihre?) Katzen. In: Gazzettino. Mitteilungen der Varnhagen Gesellschaft e. V. 2019, Nr. 44 (Web-Ressource).
  5. Rahel Varnhagen von Ense an Elisabeth von Cotta, 29. Oktober 1829. In: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3, Berlin 1834, S. 409 (Web-Ressource)
  6. Vgl. zum Beispiel Rahel Varnhagen von Ense an Johann Friedrich August Detlev von Flemming, 5. September 1823. In: Rahel Varnhagen: Rahel-Bibliothek. Gesammelte Werke. Hrsg. v. Konrad Feilchenfeldt, Rahel E. Steiner und Uwe Schweikert, Matthes & Seitz, München 1983, ISBN 3-88221-342-6, Bd. IX, S. 665.
  7. Otto Erich Deutsch: Schubert in Berlin. In: Der Zeitgeist Nr. 5, Beilage zum Berliner Tageblatt Jg. 43, Nr. 58, 2. Februar 1914 (Web-Ressource, Scan 14 f.).
  8. Familien-Nachrichten. In: Königlich-privilegirte Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen (Vossische Zeitung) Nr. 230, 2. Oktober 1875, 3. Beilage (Web-Ressource).
  9. Lokalnachrichten. (Gewerbeschule für Mädchen.) In: Thorner Presse Jg. 12, Nr. 293, 15. Dezember 1894, Beilage (Web-Ressource).