Benutzer:Hp.Baumeler/Schweizerischer Botschaftsfunk

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Antenne des schweizerischen Botschaftsfunks um 2000
Eine Drake-Sende-Empfangsanlage[1] des Botschaftsfunks

Der Schweizerische Botschaftsfunk (BF) betrieb zugunsten des Bundesrates ein weltumspannendes Kurzwellen-Funknetzt, das die Kommunikation zwischen ausgewählten schweizerischen Botschaften und der Regierung in Bern unabhängig von den öffentlichen Kommunikationsmitteln sicherstellte. Zeitweise waren bis zu 70 Botschaften mit dem Kurzwellenfunksystem ausgerüstet.[2]

Am 11. September 2001, am Tag der Terroranschläge in New York, konnte Bern, obwohl alle öffentlichen Kommunikationsmittel inklusive der Satellitenverbindungen ausgefallen waren, den Kontakt über das unabhängige Botschaftsfunksystem mit der Botschaft in Washington aufrechterhalten.[2]

Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Schweizerische Botschaftsfunksystem wurde vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) betrieben und vom EMD[3] und späteren Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beschafft, installiert und unterhalten. Für den Bertrieb in ausserordentlicher Lage stellte die Armee eine Funkerkompanie, die ein Element der Übermittlungsbrigade 41[4] war, bereit. Bis in die 70-er-Jahre wurde für die Übermittlung von Nachrichten die Morsetelegrafie verwendet. Dies erforderte trainierte Funkoperateure auf allen Stationen. Die Morsetelegraphie wurde durch ARQ-Fernschreibsysteme abgelöst und das BF-Syst-98 übermittelte e-mails.

Geschichte des Botschaftsfunksystems[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Technische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

10kW Sendeanlage der Firma Marconi

Der Schweizerische Botschaftsfunk startete mit der Installation von Kurzwellenausrüstungen 1941 in Vichy und 1944 in Berlin. 1957 wurde das Botschaftsfunksystem zu einem Netz bestehend aus einer Zentralstation im Bundeshaus, 11 Botschaften in Europa und einer Botschaft im Nahen Osten unter dem Projektnamen Orange ausgebaut. In diesem System waren folgende Geräte eingesetzt:

  • Kurzwellenempfänger: U.S. Signal Corps BC-342-N
  • Sender: Hallicrafters HT-20 / 100 W
  • Marinestation: Empfänger + Sender von Marine Radio AN/FRC-1 (RT-16/FRC-1)

1957 bis 1976 betrieb der Radiodienst des EDA eine Zentralstation in Aegerten bei Kernenried. In dieser Zeit kamen folgende Geräte zum Einsatz:

  • Kurzwellenempfänger: Hammarlund HQ-150
  • Kurzwellenempfänger: Collins 51J-4
  • Sender: BBC (Brown Boveri) 300W resp. 1000W (von der ehem. Radio Schweiz AG)

und von 1960 bis 1984 wurden KW-Empfänger 51J-4 von Collins angeschafft. 1963 erhielt der Radiodienst die erste LogPer-Antenne LP-1007 von HyGain[5]

In den Jahren 1968 bis 1971 wurden 
35 Funkfernschreibstationen beschafft. Es waren dies:

  • Empfänger: Collins 51J-4 und Siemens E-401
  • Sender: Siemens S654 1kW
  • Fernschreiber: Siemens T-100, Tsend, Tloch. 

  • Empfangsfehlerkorrektur durch das Lochstreifenvergleichsgerät STREIKO von Siemens-Albis Zürich.
  • 
Sender und Empfänger von DRAKE:[6] R-4B, T-4XB und Linearverstärker L4-B (1kW)

Im März 1972 fand die Einweihung der neuen Mittelland-Sendeanlage in Aegerten bei Kernenried statt. 1974 bis 1984 begann der FSK-F-6-Betrieb mit "Zeitdiversity". Die zweimal, zeitversetzt übermittelte Meldung generierte zwei Empfangslochstreifen. Mit einem Lochstreifenvergleichsgerät wurden die Meldungen abgeglichen. Bei Unklarheit musste eine weitere Ausstrahlung derselben Meldung veranlasst werden. Mit den dann insgesamt vier Lochstreifen konnte mit dem Mehrheitsentscheid der definitive Inhalt generiert werden. Einige F-6 Funkanlagen wurden als mobile Stationen in Berna-Lastwagen eingebaut.

Die Botschaft in London wurde als erste Aussenstation 1974 mit einer F-6 Funkfernschreibanlage ausgerüstet. Eingesetzt waren hier der 
Röhrensender S-654 von SIEMENS mit einer HF-Leistung von 1 kW. 1976 erhielt der Botschaftsfunk eine neue Mittelland-Zentrale in Murain bei Ersigen. Von hier wurde bis 1983 unter anderem der Verkehr nach Panmunjom in Korea über Tokyo, Bangkok und New Delhi abgewickelt. 1979 erstellte die Übermittlungsbrigade 41 die BF-Funkerkompanie. Im gleichen Jahr konnte die Sendeanlage Klewenalp (KLE) mit zwei MARCONI-Sendern H-1200, die eine Leistung von 10 kW und einen Frequenzbereich von 3-27 MHz hatten, eröffnet werden. Diese Anlage wurde von der Mittellandzentrale Murain fernbedient. Als Antennen dienten zwei LogPer LP-1001 von HyGain. Der Bau einer Ersatzzentrale im Alpenraum begann 1983. Die Zentrale umfasste eine Empfangsanlage im Eggli (EGG) bei Gstaad und eine Sendeanlage im Sparenmoos (SPA).

Im Jahr 1984 wurde mit dem System 90 der schwedischen Firma SRT Standard Radio & Telefon AB[7] die ARQ-Technik eingeführt. Generalunternehmer war die Schweizer Firma STR in Zürich. Die eingesetzten Geräte waren:

  • Steuersender TD 90
  • Empfänger CR 91
  • Kanalwähler CH 91

Einige sogenannte "Schwere Funkfernschreibstationen" (SF) verwendeten weiterhin die 1kW-Siemens-Endstufe. Die Leichte Funkfernschreibstation LF verwendete den Transistorsender SSA400 mit einer HF-Leistung von 400 W. Gleichzeitig waren in den Inlandzentralen die Transistorsender SSA1000 mit einer HF-Leistung von 1 kW eingesetzt. Der Kanalwähler ermöglichte den Kanalabruf mit automatischer Senderabstimmung auf 99 Kanälen. Damit war der frühere Handbetrieb abgelöst und die Bedienung der Funkstation vereinfacht. 
Der elektronische Fernschreiber PACT 220[8] von Philips-Schweden und das Datenfunkmodem SITOR STB-750 MkII von Philips-Holland ermöglichten den Telegrammverkehr mit automatischer ARQ-Fehlerkorrektur. Ein Scanner-Arbeitsplatz in der Zentrale Murain und in der Transitstation New Delhi ermöglichte den automatischen Verbindungsaufbau ohne Bedienung in den Zentralen.

Ab 2001 wurde ein Teil der Vertretungen mit dem neuen Botschaftsfunksystem BF Syst 98 ausgerüstet. Dieses System übermittelte e-Mails. Die Geräte des BF Syst 98 stammten von HARRIS RF Systems[9] in 
Rochester, New York. Generalunternehmer war die Ascom Systec in Hombrechtikon. Als Übermittlungsverfahren dienten die US-Standards MIL-STD-188-141 
und FED STD 1052. Beim Verbindungsaufbau wurden im Dreiweg-Handshake mit der Gegenstation alle programmierten Kanäle ausprobiert und die Qualität in einer Tabelle gespeichert. Die Übermittlung erfolgte dann auf dem Kanal mit der besten Qualität. Alle Funkstationen verfügten über einen modernen 1 kW-Sender mit automatischer Frequenzabstimmung. 2011 bestand das Netz aus 26 Auslandstationen, 6 mobilen Stationen (RDS-Containern)[10] und 6 Inlandanlagen. Zwei der sechs mobilen Stationen standen in Sarajevo bei der Swisscoy im Einsatz.

Das BF Syst 98 brauchte keine Funkoperateure, was zur Auflösung des EDA-Radiodienstes führte. Der Unterhalt des Systems erfolgte durch die Kriegsmaterialverwaltung (KMV)[11] und spätere RUAG. Der Gebäudeunterhalt der Inlandanlagen erfolgte durch das Festungswachtkorps (FWK) und die Logistikbasis der Armee (LBA).

Verschlüsselung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Verschlüsselung der zu übermittelnden Texte wurden im Botschaftsfunk verschiedene Systeme eingesetzt.

  • 1941-1944: Enigma K
  • bis 1974: NEMA, eine Weiterentwicklung der deutschen Chiffriermaschine Enigma. Gebaut wurde die NEMA von der Firma Zellweger AG in Uster.
  • 1974-1991: TC-850
  • Ab 1991: TC-91 von Omnisec.[12]
  • BF Syst 98: TC-91 und TC-007

Stilllegung des Botschafsfunknetzes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2014 konnte der Hauptbenutzer EDA sich mit dem VBS nicht auf die Übernahme eines grösseren Kostenanteils als bisher einigen, und so beschloss der Bundesrat, die Führungsunterstützungsbasis vom Auftrag zum Betrieb des Botschaftsfunks zu entbinden. Anfangs Januar 2015 wurde der Betrieb eingestellt.
 Der Bundesrat hatte seine von Dritten unabhängige, krisensichere Verbindung zu seinen Vertretungen im Ausland aufgegeben.[2]

Museum Botschaftsfunk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Museum Botschaftsfunk befindet sich in der Festung Dailly oberhalb von Saint-Maurice in der Galerie Rossignol.
 Das Museum ist ein Bestandteil der historischen Ausstellung mit den Festungs-Militärtelefonzentralen und Festungs-Dioramen des Vereins Association Saint-Maurice d’Etudes Militaires (ASMEM).[13]

Die Stiftung Historisches Armeematerial Führungsunterstützung übernahm 2015 zwei komplett ausgerüstete und funktionierende Botschaftsfunksysteme in Sheltern in ihre Sammlung.

Botschaftsfunk-Radioamateure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verein "Botschaftsfunk-Radioamateure" wurde 2004 gegründet. Das Funkamateur-Rufzeichen des Vereins ist HB9BF. Sitz des Vereins ist Niederteufen/AR.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Schweizerischer Botschaftsfunk – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Siehe englischen Wikipedia-Artikel: R. L. Drake Company
  2. a b c Geschichte Botschaftsfunk 1941-2015 Stiftung HAMFU
  3. EMD = Eidgenössisches Militärdepartement
  4. Pdf-Dokument: Übermittlungsbrigade 41
  5. Siehe englischen Wikipedia-Artikel: Hy-Gain Antennas and Rotators
  6. Siehe englischen Wikipedia-Artikel: R. L. Drake Company
  7. Siehe englischen Wikipedia-Artikel: Standard Radio & Telefon AB
  8. Philips: Pact 220
  9. Siehe englischen Wikipedia-Artikel: Harris Corporation
  10. RDS bedeutet: Rapid Deployment Stations
  11. Amazon: Die Geschichte der Kriegsmaterialverwaltung
  12. Siehe englische Internetseite: Omnisec Cryptomuseum
  13. Homepage der ASMEM

Kategorie:Schweizerische Militärgeschichte Kategorie:Geschichte der Funktechnik Kategorie:Telekommunikationsgeschichte