Benutzer:Imrahil22/Wiener Pfennig

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Wiener Pfennig (geprägt ca. 1210-1230), Reiter mit geschultertem Schwert
Wiener Pfennig (ca. 1210-1230), Reiter mit geschultertem Schwert

Der Wiener Pfennig war im Mittelalter von Beginn des 12. Jahrhunderts an ein in Wien und in den umliegenden Gebieten geprägter regionaler Pfennig. Insbesondere in der Zeit des klassischen Wiener Pfennigs bis zum Ende des 14. Jahrhundert war dieser im Gebiet des heutigen Österreichs eines der wichtigsten Zahlungsmittel und erlangte auch über dessen Grenzen hinaus Bedeutung.[1]

Die Münzbilder des Wiener Pfennigs geben oftmals trotz der im Vergleich zu moderneren Münzen recht minimalistischen Abbildungen einen umfangreichen Einblick in die Umstände und die Kultur der damaligen Zeit.

Bis in das 12. Jahrhundert hinein dominierten bayerische Münztypen wie der Regensburger Pfennig das Geldwesen im heutigen Ostösterreich.[2] Die Anfangszeit des klassischen Wiener Pfennigs im 12. Jahrhundert fällt in die Zeit der regionalen Pfennige, in der sich regional verschiedene Münztypen bildeten. Zu dieser Zeit begannen die in Ostösterreich als Markgrafen herrschenden Babenberger in Krems Pfennige zu prägen. Erstmals werden die dort geprägten Münzen 1130 in der Gründungsurkunde der Pfarre Kirchstetten in Niederösterreich genannt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Prägetätigkeit der Prägestätte bereits einige Jahre vorher begann und bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts reicht. Weil keine gesonderte Urkunde zwecks der Verleihung des Münzrechts an die Babenberger vorliegt, könnten diese das Münzrecht aus ihren Markgrafenrechten abgeleitet haben.[1]

Auch wenn Wien in späteren Jahren das Zentrum der Herrschaft der Babenberger war, war die Stadt zu jener Zeit noch kleiner und unbedeutender als Krems. So lässt sich auch erklären, wieso die Prägestätte in Wien erst knapp ein Jahrhundert später gegründet wurde. In Krems dürfte bis um das Jahr 1200 gemünzt worden sein. Etwa zur selben Zeit wie die Babenberger in Krems begannen die Grafen von Formbach-Pütten in Neunkirchen Pfennige zu prägen, die zum Wiener Pfennig gezählt werden. Für diese Münzstätte ist ein Münzprivileg vom deutschen König Konrad III. aus dem Jahr 1141 an den Grafen Ekbert II. vorhanden. Auch hier wird aber davon ausgegangen, dass die Prägetätigkeit bereits früher begann.[3] Nach dem Aussterben der Grafen von Formbach um 1160 erwarben die in der Steiermark ansässigen Otakare die Münzstätte. Sie dürften die Münzstätte in das für sie günstiger gelegene Fischau verlegt haben, wo sie 1166 erstmals genannt wird. Wohl im Jahr 1145 errichtete Ottokar III. bereits eine Prägestätte in Enns.[4]

Durch die 1186 entstandene Georgenberger Handfeste, welche die Babenberger als Nachfolger des an Aussatz erkrankten und kinderlosen steirischen Herzogs Ottokar IV. bestimmt, gehen die Prägestätten Enns und Fischau nach dem Tod Ottokars 1192 in den Besitz der Babenberger über.[5]

Die Gründung der namensgebenden Münzstätte in Wien wird 1193 oder 1194 unter Herzog Leopold V. vermutet. Nicht unwahrscheinlich ist nämlich, dass ihre Gründung mit der Gefangenhaltung des englischen Königs Richard Löwenherz in der Burg Dürnstein nach dem dritten Kreuzzug zusammenhängt. Bekanntlich wurde Löwenherz mit einer großen Menge Silber freigekauft, das ohne Zweifel gemeinsam mit dem Erwerb der Steiermark im selben Jahr die wirtschaftliche Lage im Herrschaftsgebiet der Babenberger sehr positiv beeinflusst hat. Dazu kommt, dass Wien bereits seit der Herrschaft des Herzogs Heinrich II. die Residenzstadt der Babenberger war. Insofern ist die Gründung einer Prägestätte in Wien zu diesem Zeitpunkt verständlich. Wenige Jahre nach dem Beginn der Prägetätigkeit in Wien dürften die Prägestätten in Krems und Fischau ihren Betrieb eingestellt haben.[3][6]

Während der Tätigkeit der Prägestätten Wien und Enns im 13. und 14. Jahrhundert existierte noch eine weitere Prägestätte in Wiener Neustadt. Häufig wurden während dieser Zeit Münzen mit gleichem Avers, aber je nach Prägestätte unterschiedlichen Reversen geprägt. So kann auch heute noch oft sehr gut der Prägeort Wiener Pfennige bestimmt werden.[7][8] Die Münzstätte in Wiener Neustadt wurde vermutlich zwischen 1230 und 1250 gegründet. Eine mögliche Erklärung für die Gründung ist die Zuflucht des österreichischen Herzogs Friedrich der Streitbare in Wiener Neustadt, nachdem Kaiser Friedrich II. die Reichsacht über ihn verhängte.[9] Um von dort aus die Rückgewinnung seiner Lande zu koordinieren war selbstverständlich Geld vonnöten, welches er mithilfe der in Wiener Neustadt gegründeten Münzstätte beschafft haben könnte.[10]

Ende des 14. Jahrhunderts endet die Periode des klassischen Wiener Pfennigs. In Folge des immer niedriger werdenden Feingehaltes wurden die im 15. Jahrhundert geprägten Pfennige sehr minderwertig, bis in den Jahre vor 1460 infolge der Erbstreitigkeiten zwischen den Habsburger Erzherzog Albrecht VI. und Kaiser Friedrich III. kaum noch Silber enthielten und Schinderlinge genannt wurden. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begann man schließlich größere Silbermünzen zu prägen. Der Pfennig als Münznominal spielte im Zahlungsverkehr folglich eine immer kleinere Rolle und verlor an Bedeutung.[11]

Unter anderem durch den jährlichen Münzverruf (lat. renovatio monetae) entstanden in den Münzstätten, die nach dem Wiener Typ prägten, in nicht einmal 300 Jahren über 200 verschiedene Münzen, die sich durch eine bemerkenswerte Vielfalt an Münzbildern auszeichnen. Fast immer dürfte zumindest eine Seite der Münze sich von den gleichzeitig geprägten Exemplaren der anderen Münzstätten unterschieden haben.

Beliebte Motive der klassischen Wiener Pfennige waren Tiere und Wesen aus der Mythologie, die in dieser Zeit eine wichtige Rolle in der Kultur spielten. So prägte man Pfennige mit Drachen, Greifen und diversen Mischwesen, darüber hinaus finden sich auf den Münzen oft heimische Tiere wie Eichhörnchen, Wölfe, Hähne, Fische, Hirsche, Steinböcke oder Hasen und teils exotische Tiere wie Elefanten oder Löwen. Wappentiere wie der Adler oder der Panther wurden häufig gekrönt und mit Waffen oder Kreuzen in der Hand haltend abgebildet. Weiters spielten religiöse Motive wohl eine sehr bedeutsame Rolle. Es finden sich Kreuze, Engelsbilder und ähnliche christliche Symbole, die auf Neunkirchener Pfennigen oft abgebildete aufrecht stehende Hand könnte die Hand Gottes darstellen.

Eine der ersten historischen Darstellungen des Wiener Kreuzwappens findet sich auf einem Wiener Pfennig, der Rudolf von Habsburg zugeschrieben wird.

Auch im Mittelalter dienten Bildnisse auf Münzen der politischen Machtdemonstration. Nicht selten sind Kronen und ähnliche Machtsymbole, oft gemeinsam mit den Münzherren selbst, abgebildet. Besonders häufig finden sich derartige Bildnisse im Fall des Wiener Pfennigs in der Zeit der Herrschaft des böhmischen Königs Ottokar II. Přemysl und später unter Rudolf von Habsburg im damaligen Herzogtum Österreich. Zwischen den beiden Herrschern entflammte nach dem Aussterben der Babenberger ein für die Geschichte Österreichs maßgeblicher Konflikt um die Herrschaft im Gebiet des heutigen Österreich, aus dem Rudolf siegreich hervorging. Die Gepräge unter der Herrschaft Ottokars und Rudolfs enthalten mehrmals Abbildungen der Herzöge und in einzelnen Beispielen sogar ihre Namen, was eine große Besonderheit darstellt, da Buchstaben und Text auf den österreichischen Pfennigmünzen der damaligen Zeit nur äußerst selten zu finden waren.[12][13]

Wirtschaftliche Aspekte

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Im Umlaufgebiet des Wiener Pfennig wurden Pfennige nach derselben Zählweise wie im bayerischen Münzwesen des Mittelalters gezählt, das eine zum restlichen Westeuropa abweichende Zählweise verwendete. 30 Pfennige wurden Schilling (langer Schilling, lat. solidus longus) genannt, anderswo in Westeuropa ergaben 12 Pfennige einen Schilling (kurzer Schilling, lat. solidus brevis). Allgemein galt ein Pfund (lat. libra) 240 Pfennige und damit 8 lange oder 30 kurze Schillinge. Darüber hinaus wurde auch in halben (Hälbling, lat. obolus) und geviertelten Pfennigen (Vierling) gerechnet. Ob und in welchem Zeitraum halbe oder geviertelte Wiener Pfennige als eigene Münzen existierten, ist nicht geklärt.[1][14][15]

Im Mittelalter wiesen Münzen desselben Nominals – unter anderem mangels technischer Hilfsmittel – kein einheitliches Rauhgewicht bzw. Feingewicht auf, vielmehr wurden aus einer Mark Silber immer eine festgelegte Anzahl an Münzen geprägt (Münzfuß). Über den Münzfuß der Wiener Pfennige gibt es keine historischen Aufzeichnungen, weswegen er heute lediglich mithilfe des durchschnittlichen Rau- bzw. Feingewichts der Münzen abgeschätzt werden kann.[16]

Das Münzrecht konnte den Münzherren einen großen finanziellen Gewinn bringen. Ein Teil dieses Gewinns, auch Schlagsatz genannt, ergibt sich daraus, dass das in den geprägten Pfennigen enthaltene Edelmetall einen geringeren Wert aufwies, als der Nominalwert der Münze. Da der Feingehalt der Münzen nicht explizit festgeschrieben war, konnte der Schlagsatz recht einfach vergrößert werden, indem man den Silbergehalt des Prägematerials verringerte. So sank wie auch bei anderen regionalen Pfennigtypen der damaligen Zeit das Feingewicht der Wiener Pfennige über die Jahre stetig. Dieser Wertverlust beeinflusste natürlich die Zahlungskraft der Wiener Pfennige unter der Bevölkerung und trug so letztendlich im 15. Jahrhundert zum Ende des Pfennigs als wichtigstes Münznominal bei. Während der klassischen Periode des Wiener Pfennigs im 13. Und 14. Jahrhundert zeichnete sich dieser dennoch im Vergleich zu anderen in der Region geprägten Münztypen durch einen überdurchschnittlich großen und beständigen Feingehalt aus, was zu einer großen Verbreitung der Wiener Gepräge in dieser Zeit führte.

Entwicklung des Feingehalts der Wiener Pfennige[17]
Zeitraum Rauhgewicht Ø Feingehalt Ø Feingewicht Ø
um 1200 0,979 g 772/1000 0,765 g
1200 bis 1250 0,900 g 743/1000 0,675 g
1250 bis 1300 0,806 g 703/1000 0,567 g
1300 bis ca. 1335 0,796 g 680/1000 0,547 g
ca. 1340 bis 1370 0,700 g 602/1000 0,420 g

Darüber hinaus ist aus dem 13. Und 14. Jahrhundert die Praktik des Münzverrufs bekannt, wobei jährlich neue Pfennigmünzen mit anderen Münzbildern geprägt wurden und die alten Münzen ihre Gültigkeit verloren. 9 neue mussten dann für 12 alte Münzen eingetauscht werden, was einer jährlichen Steuer von 25% gleichkommt und ebenfalls hohe Gewinne für den Münzherren bedeutete. Der Handel mit alten Pfennigen oder ungemünztem Silber stand unter Strafe.[18][19]

Verbreitung und Bedeutung

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Commons: Wiener Pfennig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Bernhard Koch: Corpus Nummorum Austriacorum. Band I: Mittelalter. Kunsthistorisches Museum, Wien 1995, S. 38.
  2. Arnold Luschin von Ebengreuth: Wiener Münzwesen im Mittelalter. K.u.K. Hof-Buchdruckerei und Hof-Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Wien 1913, S. 5 f.
  3. a b Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 97. Wien 1983, S. 11–15.
  4. Fritz Hippmann: Numismata Obderennsia I: Münzen und Geldersatzmittel. In: Oberösterreichisches Landesmuseum Linz (Hrsg.): Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich. Band 5. Linz 1997, ISBN 3-85474-008-5, S. 11.
  5. Schüssel, Therese; Zöllner, Erich: Das Werden Österreichs. 6. Auflage. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1985, ISBN 3-215-01618-4, S. 43.
  6. Schüssel, Therese; Zöllner, Erich: Das Werden Österreichs. 6. Auflage. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1985, ISBN 3-215-01618-4, S. 44.
  7. Arnold Luschin von Ebengreuth: Wiener Münzwesen im Mittelalter. K.u.K. Hof-Buchdruckerei und Hof-Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Wien 1913, S. 11.
  8. Arnold Luschin von Ebengreuth: Die Wiener Pfennige: Fundverzeichnisse und kritische Studien. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 6-9. Wien 1877, S. 149–150.
  9. Schüssel, Therese; Zöllner, Erich: Das Werden Österreichs. 6. Auflage. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1985, ISBN 3-215-01618-4, S. 45 f.
  10. Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 97. Wien 1983, S. 90.
  11. Bernhard Koch: Corpus Nummorum Austriacorum. Band I: Mittelalter. Kunsthistorisches Museum Wien, Wien 1995, S. 308 ff.
  12. Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 97. Wien 1983, S. 40–44.
  13. Bernhard Koch: Corpus Nummorum Austriacorum. Band I: Mittelalter. Kunsthistorisches Museum, Wien 1995, S. 39–90.
  14. Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 97. Wien 1983, S. 37.
  15. Günther Probszt: Österreichische Münz- und Geldgeschichte: Von den Anfängen bis 1918. 3. Auflage. Böhlau Verlag, Wien 1994, ISBN 3-205-98181-2, S. 279 f.
  16. Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. Hrsg.: Österreichische Numismatische Gesellschaft. Band 97. Wien 1983, S. 20 ff.
  17. Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. In: Österreichische Numismatische Gesellschaft (Hrsg.): Numismatische Zeitschrift. Band 97. Wien 1983, S. 35.
  18. Bernhard Koch: Der Wiener Pfennig: Ein Kapitel aus der Periode der regionalen Pfennigmünze. Hrsg.: Österreichische Numismatische Gesellschaft. Band 97. Wien 1983, S. 17 f.
  19. Günther Probszt: Österreichische Münz- und Geldgeschichte: Von den Anfängen bis 1918. 3. Auflage. Böhlau Verlag, Wien 1994, ISBN 3-205-98181-2, S. 282 f.