Benutzer:Jotivio/Pina Bausch

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Herkunft und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pina Bausch war das dritte Kind von Anita und August Bausch, die eine Gastwirtschaft mit einem kleinen Hotelbetrieb in Solingen an der Focher Straße führten,[1] wo sie auch geboren wurde. Ab 1967 lebte und arbeitete Pina Bausch mit dem Bühnenbildner Rolf Borzik, bis er im Jahr 1980 an Leukämie starb. Danach lebte sie mit Ronald Kay zusammen, einem chilenischen Dichter und Professor für Ästhetik und Literatur an der Universidad de Chile. Mit Kay bekam sie 1981 den Sohn Rolf-Salomon, den sie nach Borzik benannte.


Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon als Kind nahm Pina Bausch Ballettunterricht und trat in Kinderstücken und Operetten auf. Im Jahr 1955, mit 14 Jahren, begann sie ein Tanzstudium an der Essener Folkwangschule mit dem Tanzerneuerer [2] und Choreografen Kurt Jooss als Lehrer. 1958 schloss sie ihr Studium in Bühnentanz und Tanzpädagogik mit dem erstmalig ausgelobten Folkwang-Leistungspreis ab. Wegen dieser Auszeichnung erhielt sie 1959 ein Stipendium des DAAD und konnte in den USA als Special Student an der Juilliard School unter der Leitung von Martha Hill in New York studieren. Choreografen wie José Limón und Antony Tudor waren dort ihre Lehrer. Anschließend bildete sie sich in der Dance Company von Paul Sanasardo und Donya Feuer weiter.


Künstlerische Stationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Solistin im "Folkwang-Ballett" von Kurt Jooss (1962-1968)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach ihrem dreijährigen Aufenthalt in den USA kehrte Pina Bausch 1962 auf Einladung von Kurt Jooss nach Deutschland zurück. Nun tanzte sie in dem von ihm neu gegründeten "Folkwang-Ballett" als Solistin und assistierte zunehmend auch Jooss bei der Entwicklung seiner Stücke. Mit dem Ballett war sie in den nachfolgenden Jahren weltweit auf Tour. 1962, 1964 und 1968 war sie als Tänzerin bei den Schwetzinger Festspielen in Baden-Württemberg zu sehen. Im Jahr 1967 arbeitete sie mit dem Tänzer und Choreografen Jean Cébron beim "Festival of the Two Worlds Spoleto" in Charleston, USA zusammen. 1968 tanzte sie beim "Jacob's Pillow Dance Festival" in Massachusetts und bei den Salzburger Festspielen.

Ab 1968 erarbeitete Pina Bausch zunehmend eigene Stücke. Impulsgebend war anfangs ein "gewisses Unbehagen an den tänzerisch-thematischen Möglichkeiten"[3] als Solistin im Folkwang-Ballett. Ihre erste Choreografie trägt den Namen Fragment (1968), ein Stück für das Ensemble des Folkwang-Balletts zu Musik von Béla Bartók. Darauf folgt im selben Jahr Wind der Zeit (Musik von Mirko Dorner), womit sie beim Kölner Choreografen-Wettbewerb ein Jahr später den ersten Preis gewann.

Leitung des Folkwang-Studios und Dozentur in Essen (1969-1973)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1969 übernahm Pina Bausch die Nachfolge von Kurt Jooss als künstlerische Leiterin des "Folkwang-Studios", das aus dem "Folkwang-Ballett" hervorgegangen war. Zudem begann sie, als Dozentin an der Folkwang Hochschule in Essen-Werden zu lehren. Im Jahr 1969 ist sie außerdem in The Fairy Queen zu sehen, eine von Kurt Jooss bearbeitete Version der Purcell-Oper.

In den darauf folgenden Jahren erarbeitete Pina Bausch weitere Stücke. Mit Nachnull (1970, Musik: Ivo Malec) entfernte sie sich erstmals von der Tradition des Modern Dance[4]. Im Jahr 1970 wurde sie vom "Rotterdam Danscentrum" als Gastchoreografin eingeladen. Darüber hinaus gab sie Unterricht in Modernem Tanz bei den "Frankfurter Sommerkursen" in Frankfurt am Main. Es folgen erste Auftragsarbeiten für die Wuppertaler Bühnen, darunter Aktionen für Tänzer (1971) und Tannhäuser-Bacchanal (1972), welches ein "großer Erfolg"[5] wurde. 1972 entstand ebenfalls ihre Choreografie Wiegenlied. Im selben Jahr war Pina Bausch auch für die "Dance Company Paul Sanasardo" (New York) tätig.

Ballettdirektorin an den Wuppertaler Bühnen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Trotz ihrer Bedenken konnte Arno Wüstenhöfer, der Intendant der Wuppertaler Bühnen, Pina Bausch mit Beginn der Spielzeit 1973/74 als Leiterin der Ballettsparte gewinnen. Er billigte ihr künstlerische Autonomie zu, entsprechend wurde das Wuppertaler Ballett auf ihren Wunsch hin in Tanztheater Wuppertal umbenannt.

Die erste Arbeit, die sie als neue künstlerische Leiterin in Wuppertal kreierte, hieß Fritz. Tanzabend von Pina Bausch (1974, Musik: Gustav Mahler). In der Kritik war von einer "halbstündigen Ekligkeit" und "verquältem Psychologisieren" zu lesen.[6] Im Gegensatz dazu wurde die darauf folgende Tanzoper Iphigenie auf Tauris (1974, Musik: Christoph W. Gluck) zu einem großen Erfolg. Die Presse sprach von einem "der wichtigsten deutschen Ballettereignisse der Saison"[7]. Im selben Jahr entstanden zwei weitere Arbeiten, die im Dezember 1974 gemeinsam Uraufführung feierten: Adagio - Fünf Lieder von Gustav Mahler, basierend auf Mahlers Kindertotenliedern nach Gedichten von Friedrich Rückert und Ich bring dich um die Ecke, ein Schlagerballett.

Aufführung von "Le Sacre du Printemps"

1975 entwickelte Bausch eine auf den Modern Dance begründete Variante von Orpheus und Eurydike (Musik: Christoph W. Gluck), seit 2005 im Repertoire der Pariser Oper, sowie Frühlingsopfer - ein Tanzabend in drei Teilen mit den Ballettmusiken von Igor Strawinsky. Den letzten Teil Le sacre du printemps führte das Tanztheater Wuppertal später auch eigenständig auf.

Bei all diesen in den frühen siebziger Jahren entstanden Stücken bediente sich Pina Bausch musikalischer Vorlagen, die sie im Rahmen der Choreografie-Entwicklung mehr oder weniger stark bearbeitete. Sie verwandelte die "formale Stringenz und expressive Wucht" der ausgewählten Musikwerke in "ein dem modern dance verwandtes Bewegungsspektrum"[8]. Diese Arbeiten deuten bereits eine ganz eigene Bewegungssprache an. Die geschlossene Form und Dramaturgie der Stücke stimmten indessen mit damaligen Konventionen der Bühnenproduktion überein. In der Entwicklung weiterer Arbeiten wendete sich Pina Bausch schließlich von der Inszenierung mit herkömmlichen Mitteln ab.

Herausbildung von Pina Bauschs Tanztheater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einem Brecht-Weill-Abend im Jahre 1976 („Die sieben Todsünden“) erprobte Pina Bausch neue Formen der Tanzkunst. Hier brach sie endgültig mit den konventionellen Tanzformen. Seit sie 1981 zum ersten Mal zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, kann man davon sprechen, dass sich das Tanztheater endgültig im deutschen Theaterleben durchgesetzt hat und neben dem Sprechtheater eine gleichwertige Stellung einnimmt. Dann erfolgte 1983 die Einladung zum Festival von Avignon. Seit Mitte der 1980er Jahre gilt das Wuppertaler Tanzensemble auch im Ausland als wohl wichtigster Vertreter des bundesdeutschen Balletts.

Szene aus Nelken (1982)

Im Oktober 1998 feierte die Prinzipalin das 25-jährige Bühnenjubiläum ihres Ensembles mit einer Retrospektive ihrer erfolgreichen Stücke. In einem großen, mehrwöchigen Tanzfest mit 428 Künstlern aus 31 Ländern wurde Pina Bausch als „Königin“ der internationalen Tanzkunstszene geehrt.

Anlässlich des 30. Bühnenjubiläums des Tanztheaters Wuppertal im Herbst 2004 wurden neben ihren Stücken auch die Choreographien von Sasha Waltz, Akram Khan, Sidi Larbi Cherkaoui oder Anne Teresa De Keersmaeker gezeigt.

Pina Bausch und ihre Compagnie entfalteten eine Reisetätigkeit auf vier Kontinenten, die sich bis zum Jahr 1998 auf 105 Städte in 38 Ländern erstreckte. Im Jahr 2006 waren es rund 300 Gastspiele in über 40 Ländern seit 1977.[9] Zwei bis drei Monate im Jahr war das Wuppertaler Tanztheater unterwegs, vor allem mit Hilfe der Goethe-Institute [10]. Am häufigsten trat das Ensemble in Frankreich auf, gefolgt von Italien und den USA an dritter und Japan an vierter Stelle.[11] Bei längeren Aufenthalten ließ sich Pina Bausch von ihrer Umgebung inspirieren und entwickelte dort neue Tanzstücke in Zusammenarbeit mit den örtlichen Tanzfachleuten. So entstanden die Stücke Nur Du in Los Angeles, Der Fensterputzer in Hong Kong, Masurca Fogo in Portugal, Wiesenland in Budapest, Água in Brasilien, Nefés in Istanbul, Ten Chi in Japan und 2007 der Bamboo Blues in Indien.[12] Da die Mitglieder ihrer Tanzkompagnie aus vielen Ländern kommen, waren die Tourneen auch ein Zugeständnis an das Fernweh ihrer Tänzer. Andererseits verdankte sich die Sesshaftigkeit von Pina Bausch in der nordrhein-westfälischen Industriestadt ihren regelmäßigen Reisen.[13] Auch in den internationalen Metropolen wiederholten sich, wie in Wuppertal, die anfängliche Abwehr und Ablehnung gegenüber ihren Aufführungen. Doch bei den nächsten Auftritten bildete sich dort jeweils ein treues Stammpublikum, das alle ihre Aufführungen enthusiastisch erwartete.

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kondolenz für Pina Bausch am Schauspielhaus in Wuppertal

Pina Bausch starb am 30. Juni 2009, fünf Tage nachdem die Diagnose Lungenkrebs gestellt worden war und achtzehn Tage nach der Uraufführung ihres letzten Stückes im Wuppertaler Opernhaus.[14] Sie wurde auf dem evangelisch-reformierten Waldfriedhof in Elberfeld-Varresbeck beerdigt.[15] Am 4. September 2009 verabschiedeten sich mit einer Trauerfeier im Wuppertaler Opernhaus das Ensemble, Künstlerkollegen, Freunde, Zuschauer und Politiker von Pina Bausch. Wim Wenders würdigte in einer Ansprache das Leben und Werk der Künstlerin, das Tanztheater zeigte eine Auswahl aus ihren Werken.[16] Die Trauerfeier wurde auf eine Filmleinwand im Engelspark gegenüber der Wuppertaler Oper übertragen.[17]


<references>

  1. Günter Tewes: „Solingen: Erinnerungen an Pina Bausch“, Rheinische Post, 12. März 2010
  2. Norbert Servos: „Tanztheater in Essen. Folkwang '85 “, Die Zeit, 26. April 1985:
    „Wie sehr Jooss Bemühungen um eine radikale Erneuerung des Bühnentanzes in der heutigen Choreographengeneration Frucht trägt, bewiesen die Gastspiele ehemaliger Schüler.“
  3. Sabina Huschka: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal. Abwesendes in Erinnerung gebracht. In: Sabine Huschka: Moderner Tanz. Konzepte, Stile, Utopien. rowohlts enzyklopädie. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002, S. 282.
  4. Ernst Probst: Königinnen des Tanzes: Von Pina Bausch bis zu Mary Wigman. Verlag Ernst Probst, 2002, ISBN-10: 3935718993, s. 21.
  5. Eintrag "Bausch, Pina" in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000015526 (abgerufen von Verbund öffentlicher Bibliotheken Berlin am 13.1.2013)
  6. zitiert nach Jochen Schmidt: "Tanzen gegen die Angst". Pina Bausch. Düsseldorf / München, 1998, S.41.
  7. Eintrag "Bausch, Pina" in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000015526 (abgerufen von Verbund öffentlicher Bibliotheken Berlin am 13.1.2013)
  8. Sabina Huschka: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal. Abwesendes in Erinnerung gebracht. In: Sabine Huschka: Moderner Tanz. Konzepte, Stile, Utopien. rowohlts enzyklopädie. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002, S. 283.
  9. „Produktionsrecherche Tanztheater Wuppertal, Pina Bausch in Kalkutta und Kerala“, Goethe-Institut Kolkata, 2006
  10. Petra Roggel: „Provokateurin wider Willen: Zum Tod Pina Bauschs“, Goethe-Institut, 3. Juli 2009
  11. In: Jochen Schmidt: Pina Bausch. „Tanzen gegen die Angst“. Ullstein, Berlin 2002, ISBN 3-548-60259-2, S. 216
  12. „Pina Bausch“, The Daily Telegraph, 1. Juli 2009
  13. ebd., S. 216f. Zitat Pina Bausch: „Wenn unser Reisen nicht wäre und was alles passiert - was mir alles passiert ist -, dann wäre ich nicht mehr in Wuppertal.“
  14. „Ein Stück von Pina Bausch. Uraufführung 2009“, Pina Bausch. Tanztheater Wuppertal
  15. knerger.de: Das Grab von Pina Bausch
  16. Christian Peiseler: „Abschied von Pina Bausch“, Rheinische Post, 5. September 2009
  17. „Tanzwelt nimmt Abschied von Pina Bausch“, WDR-Kultur, 4. September 2009
    Martina Schürmann: „Welt nimmt Abschied von Pina Bausch“, Der Westen, 5. September 2009