Benutzer:Ulybka/Enrico Filippini

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Enrico Filippini (* 21. Mai 1932 in Locarno, Kanton Tessin; † 21. Juli 1988 in Rom) war ein Schweizer Kulturjournalist, Übersetzer und Schriftsteller italienischer Sprache.

Leben und Schaffen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kindheit, Jugend und frühes Erwachsenenalter im Tessin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Enrico Filippini wuchs in Cevio im Maggiatal auf und besuchte dort die Primarschule. Das Gymnasium absolvierte er in Locarno. Zwanzigjährig, bereits verheiratet und Vater einer Tochter, unterrichtete er kurze Zeit in Ascona an der Grundschule. Die Privatbibliothek seines Schwiegervaters weckte sein Interesse für deutsche Literatur und Philosophie, was Filippini dazu bewog, sich gründliche Kenntnisse der deutschen Sprache anzueignen. Mitte der Fünfzigerjahre liess Filippini Frau und Kind zurück und schrieb sich in Mailand für das Studium der Philosophie ein.

Studium und Verlagsarbeit in Mailand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Mailand lernte Filippini Giorgio Strehler kennen und verbrachte seine Nachmittage häufig im Theater, um der Probenarbeit beizuwohnen. In Mailand nahm auch die Zusammenarbeit mit dem noch jungen Verlagshaus Feltrinelli, die bis 1968 dauerte, ihren Anfang. Für den Verlag arbeitete Filippini als literarischer Konsulent und Übersetzer. In dieser Rolle brachte er dem italienischen Publikum die damals in Italien noch weitgehend unbekannten jungen deutschsprachigen Schriftsteller Günter Grass, Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt und Uwe Johnson näher, deren Werke er übersetzte und mit denen er gleichzeitig in Freundschaft verbunden war. Später begann er sich vermehrt auch für Literatur aus Lateinamerika zu interessieren. Seiner Vermittlungsarbeit ist es zu verdanken, dass der spätere Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez in Italien früh bekannt wurde. Gleichzeitig engagierte sich Filippini auch für die Erneuerung der literarischen Form in der italienischen Sprache. Er war Mitbegründer der Gruppo 63.

Als Stipendiat in Paris[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Stipendium aus der Schweiz ermöglichte Filippini von 1961 bis Anfang 1963 einen Aufenthalt in Paris.

Bewerbung für Lehrstuhl an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1970 bewarb sich Filippini erfolglos um den freigewordenen Lehrstuhl für italienische Sprache und Literatur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Der Kandidatur Filippinis begegnete man in der Schweiz, insbesondere in der italienischen Schweiz, mit Misstrauen.[1].

Journalist in Rom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1976 zog er nach Rom, wo er während zwölf Jahren für die Kulturseiten der Zeitung La Repubblica arbeitete. In dieser Zeit entstanden über 500 Artikel. Einen grossen Raum nahmen hierbei Interviews ein. Der Einaudi-Verlag publizierte 1990 eine Sammlung dieser Artikel unter dem Titel La verità del gatto, wozu Umberto Eco das Vorwort verfasste.

Literarische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausser seiner Tätigkeit als Journalist und Übersetzer veröffentlichte Filippini auch einige Erzählungen und Theaterstücke. Im Verlag Feltrinelli kam 1991 ein Band mit dem Titel L’ultimo viaggio heraus. Dieser schmale Band enthält das gesamte literarische Werk Filippinis. Der Titel bezieht sich auf die letzte, posthum veröffentlichte Erzählung Filippinis, die bei ihm aber keine Überschrift trug.

Übersetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filippini hat einerseits literarische, anderseits philosophische Texte übersetzt.

Der Nachlass von Filippini befindet sich in der Biblioteca cantonale di Locarno[2].

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersetzungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Philosophische und theoretische Werke

  • Edmund Husserl: La crisi delle scienze europee e la fenomenologia trascendentale. Feltrinelli, Mailand 1961. (dt. Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie)
  • Erwin Panofsky: La prospettiva come forma simbolica. Feltrinelli, Mailand 1961. (dt. Die Perspektive als symbolische Form)
  • Ludwig Binswanger: Tre forme di esistenza mancata : esaltazione fissata, stramberia, manierismo. Saggiatore, Mailand 1964. (dt. Drei Formen missglückten Daseins: Verstiegenheit, Verschrobenheit, Manieriertheit)
  • Edmund Husserl: Idee per una fenomenologia pura e per una filosofia fenomenologica. Einaudi, Turin 1965. (dt. Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie)
  • Walter Benjamin: L'opera d'arte nell'epoca della sua riproducibilità tecnica. Einaudi, Turin 1966. (dt. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit)
  • Alfred Andersch: La cecità dell'opera d'arte e altri saggi. Pantarei, Lugano 1968. (dt. Die Blindheit des Kunstwerks und andere Aufsätze)
  • Ludwig Binswanger: Per un'antropologia fenomenologica. Saggi e conferenze psichiatriche. Feltrinelli, Mailand 1970.
  • Walter Benjamin: Il dramma barocco tedesco. Einaudi, Turin 1971. (dt. Ursprung des deutschen Trauerspiels)

Literarische Werke

Journalistische Arbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Enrico Filippini: Frammenti di una conversazione interrotta. Interviste 1976-1987 : Scritti. Castelvecchi, Roma 2013. ISBN 978-8-87615-967-1

Literarische Texte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Settembre, 1962 (erschienen in der Zeitschrift Menabò). Erzählung. "il racconto d'esordio di Filippini, che assieme ai testi di Sanguineti e di Furio Colomba segnava, in un certo senso (...) l'ingresso definitivo anche della narrativa avanguardistica italiana nel circuito del dibattito letterario ufficiale" (Bosco, S. 19)[3].
  • In negativo. Erzählung.
  • L'ultimo viaggio. Erzählung, posthum erschienen.
  • Nella coartazione letteraria, 1964.
  • Giuoco con la scimmia. Frammento di una farsa psicologica. Theater.
  • Flettere flettere amore
  • "Vesch" (ponderaciòn misteriosa), 1967. "una riflessione narrativa in forma autobiografica sul teatro d'avanguardia" (Bosco, S. 13-14)

Sämtliche Texte enthalten in Enrico Filippini: L'ultimo viaggio. Feltrinelli,

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Guglielmo Volonterio: Il delitto di essere qui: Enrico Filippini e la Svizzera. Feltrinelli, Milano 1996. ISBN 88-07-42077-5
  • Sandro Bianconi (Hrsg.): Enrico Filippini, le neoavanguardie, il tedesco: atti del Convegno di Locarno, 3-4 ottobre 2008. Salvioni, Bellinzona 2009, ISBN 978-88-7967-180-4.
  • Maike Albath: Gymnastik und Liebe – Enrico Filippini, ein Tessiner in Italien. (Neue Zürcher Zeitung, 5. April 2014).

Dokumentationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Film

  • Enrico, Nani o il Filippini (2008, 38 Minuten). Film von Concita Filippini über ihren Vater.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ausführliche Darstellung in Volonterio (op. cit.), S. 95-111 (La questione del Politecnico federale).
  2. Ausführliches Verzeichnis des Bestandes in Bianconi (op. cit.), S. 71-168 oder im Internet
  3. Dt. Übersetzung von Paul-Wolfgang Wuehrl, erschienen in Alice Vollenweider: Neue Erzähler aus dem Tessin, Benziger Verlag, Zürich 1968, S. 99-126.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]