Biodiversitäts-Hotspot

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Als Biodiversitäts-Hotspots oder Brennpunkte der Biodiversität (englisch biodiversity hot spots) werden Regionen der Erde bezeichnet, in denen eine große Zahl an endemischen Pflanzen- und Tierarten vorkommt und deren Natur in besonderem Maße bedroht ist.

Die meisten dieser Regionen liegen um den Äquator verteilt. Die Länder, in denen sich Hotspots finden, bedecken weniger als 10 % der Erdoberfläche, sind aber Heimat von 70 % der weltweiten Fülle des Lebens (der Lebewesen).[1] Die gemeinsame Fläche der insgesamt 36 ernannten Hotspot-Regionen entspricht bloß 2,5 % der Gesamtlandfläche der Erde[2]. Ursprünglich bedeckten die 35 Hotspots einmal 15,7 % der Landoberfläche der Erde. 86 % des Habitats der Hotspots wurden jedoch durch den Menschen zerstört. 2,3 % der weltweiten Landfläche beherbergt 50 % aller Pflanzenarten, 55 % aller Süßwasserfischarten und 77 % (22.022) aller Landwirbeltiere. Ausgehend von der beobachteten Zahl der Landwirbeltiere in den Hotspots wird die Gesamtzahl aller vorkommenden Arten in den Hotspots jedoch weit höher geschätzt. In Bezug auf den Endemismus in den Hotspots wurde festgestellt, dass 43 % aller Landwirbeltiere und 50 % der weltweiten Flora nur in den 36 ermittelten Biodiversitäts-Hotspots vorkommen.[3]

Gefährdete Vogelarten (2007): Weltweite Verteilung der gefährdeten Vögel. Die größte Dichte herrscht am Äquator und in Gebirgszügen sowie an Küsten.

Ein ähnliches Konzept – das jedoch nicht auf die Gefährdungslage bezogen ist – ist das der Megadiversityländer. Es bezieht sich aber nur auf Staaten.

Entwicklung des Forschungsfeldes

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Naturschutzbiologen stellten fest, dass es global betrachtet Regionen mit einer großen Dichte an endemischen Arten gibt, die in der Regel in der Nähe des Äquators liegen. Das Konzept der Biodiversity-Hotspots wurde von den Biologen Russell Mittermeier und Norman Myers Ende der 1980er Jahre entwickelt. Auslöser war die als Dilemma empfundene Fragestellung, welche Gebiete für den Artenschutz die größte Bedeutung besitzen. Ziel war es, Naturschutzbemühungen weltweit sinnvoll zu bündeln.

Tylecodon, der Butterbaum, eine typische Pflanze der Sukkulenten-Karoo.

Mittermeier hatte Primatenschutzprogramme weltweit unter dem Gesichtspunkt der Prioritätensetzung analysiert. Er fand heraus, dass weltweit vier Länder zwei Drittel aller Primatenarten beheimaten. Er weitete seine Untersuchung auf andere Säugetierarten, Vögel, Reptilien, Amphibien, Pflanzen und ausgewählte Insektengruppen aus. Den Begriff Biodiversität-Hotspot selbst prägte 1988 der britische Biologe Myers. Als biologische Basis für die Identifizierung einer Region als Hotspot wurde die Vielfalt der dort vorkommenden Pflanzenarten zugrunde gelegt. Hintergrund hierfür war, dass die Bestimmung und Erfassung bei Pflanzen weniger aufwändig ist wie auch dass von den bestehenden Pflanzenvorkommen die Diversität anderer Arten abhängt.[1] Myers führte anhand der beiden Dimensionen Pflanzen-Endemismus und Lebensraumverlust biogeographische Kategorisierungen von Regionen durch.

1990 ergänzte Myers die bereits ausgewiesenen Hotspot-Gebiete um weitere acht Hotspots. Hierunter befanden sich auch vier Gebiete mit mediterranem Klima. 1996 überarbeitete die Non-Profit-Organisation Conservation International, deren Arbeitsschwerpunkt der Schutz der „Biodiversitäts-Hotspots“ ist, die Liste der am meisten schutzbedürftigen Hotspots.

Limpopo-Fluss -Coastal Forests of Eastern Africa

Conservation International legte zunächst zwei strikte Kriterien fest, nach denen eine Region als Hotspot identifiziert wird:

  1. Sie muss mindestens 1500 endemische Arten von Gefäßpflanzen aufweisen (und damit über 0,5 Prozent der Summe aller auf der Erde).
  2. 70 Prozent ihres ursprünglichen Habitats müssen die Pflanzenarten dort bereits verloren haben.

1999 identifizierte CI 25 Biodiversitäts-Hotspots nach diesen Kriterien in dem Buch Hotspots: Earth’s Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions. 2005 veröffentlichte die Organisation ein Update mit dem Titel Hotspots Revisited: Earth's Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions.[4]

Die für die Identifikation von Biodiversitäts-Hotspots verwendeten Kriterien werden in der Fachöffentlichkeit kontrovers diskutiert. Zum einen wird die Frage aufgeworfen, ob die Bedrohung der Biodiversität in die Definition eines Hotspots eingehen sollte.[5] Zum anderen führt die Berücksichtigung anderer Organismengruppen[6] oder die Betrachtung von Tieren neben Pflanzen[7] zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Biodiversitäts-Hotspots nach Regionen

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Biodiversität-Hotspots: erweiterte biogeographische Verteilung der Regionen und Meeresgebiete mit der größten Artendichte auf unserem Planeten (teilweise stimmen die geographischen Markierungen nicht exakt mit den farblichen Gebieten überein)
Gebiete 1–25 nach Myers u. a. 2000[8]
Gebiete 26–36 nach dem Jahr 2000 ergänzt

Nord- und Zentralamerika:

Südamerika:

Afrika:

Europa und Zentralasien:

Asien-Pazifik:

Strategie zum Schutz der Biodiversitäts-Hotspots

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Philippinischer Koboldmaki
Nationalpark Chiloé

Nachdem die Regionen mit besonders hohem Artenreichtum und einer besonders prekären Schutzsituation identifiziert worden waren, wurden verschiedene Programme aufgelegt. Das Konzept der Hotspots ist mittlerweile Bestandteil vieler weltweit tätiger Institutionen wie der MacArthur and Moore Foundations, der Weltbank und der Global Environment Facility. Daneben arbeiten viele NGOs am Schutz der Hotspots. Insgesamt wurden bisher 750 Millionen Dollar (2003) in die Umsetzung der Strategie investiert. Dies ist die größte Summe, die jemals in ein Naturschutz-Projekt investiert wurde.

Die These der Hotspots basiert auf dem Fakt, dass Naturschützer nicht alle bedrohten Arten mit den bestehenden finanziellen Mitteln aus Spendengeldern schützen können. Deshalb mussten die Aktivisten Prioritäten bei der Planung ihrer Maßnahmen setzen: Wo kann mit dem vorhandenen Geld der größte „Schutzwert“ erzielt werden?[10]

Die Biodiversitäts-Hotspots sind in den meisten Fällen in sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungs- und Schwellenländern verortet. Deshalb ist in den meisten Fällen logistische und finanzielle Unterstützung von westlichen Staaten und Organisationen Teil der Strategie.

Zwölf Megadiversityländer trafen sich 2002 im mexikanischen Cancún und schlossen die Declaración de Cancún,[11] der sich bis 2003 zwei weitere Staaten anschlossen.[12]

Biodiversitäts-Hotspots von nationaler Bedeutung in Deutschland

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Das Bundesamt für Naturschutz griff die Hotspot-Idee auf und definierte für die nationale Biodiversitätsstrategie „nationale Hotspots“. Deutschlandweit wurden anhand von Daten zu den FFH-Lebensraumtypen und zum Vorkommen verschiedener Artengruppen 30 Hotspots der Biodiversität identifiziert. Sie weisen eine besonders hohe Dichte und Vielfalt charakteristischer Arten, Populationen und Lebensräume auf. Die Hotspot-Regionen sind über ganz Deutschland verteilt und umfassen etwa 11 % der Landesfläche.

Die naturraumtypische Vielfalt von Landschaften, Lebensräumen und Lebensgemeinschaften sowie die gebietstypische, natürlich und historisch entstandene Artenvielfalt dieser Gebiete soll erhalten bleiben. Aufgrund dessen soll für jeden Hotspot ein Konzept erarbeitet und beispielhafte Maßnahmen umgesetzt werden. Eine langfristige Sicherung der Hotspots soll durch „regionale Partnerschaften“ aus Städten und Gemeinden, Naturschutzakteuren sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern erreicht werden.[13]

  • Werner Ackermann und Jens Sachteleben: Identifizierung der Hotspots der biologischen Vielfalt in Deutschland. BfN-Skripten 315. Bonn 2012, ISBN 978-3-89624-050-7.
  • Russell A. Mittermeier, Patricio Robles Gil, Michael Hoffman, John Pilgrim, Thomas Brooks, Cristina Goettsch Mittermeier, John Lamoreux, Gustavo A. B. da Fonseca u. a.: Hotspots Revisited: Earth's Biologically Richest and Most Endangered Terrestrial Ecoregions. Conservation International 2005, ISBN 978-968-6397-77-2.
  • Carl Beierkuhnlein: Biogeographie. UTB L 8341. Ulmer-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-8252-8341-0.
  • Josef H. Reichholf (Autor), Klaus Wiegand (Hrsg.): Ende der Artenvielfalt? Gefährdung und Vernichtung der Biodiversität. Fischer (Tb.), Frankfurt 2008, ISBN 978-3-596-17665-6.

Einzelnachweise

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  1. a b Thomas M. Smith, Robert L. Smith: Ökologie, Pearson Studium Verlag, Seiten 830–834, ISBN 978-3-8273-7313-7
  2. Biodiversity Hotspots. Abgerufen am 4. Juni 2024.
  3. Hotspots Revisited – Key Findings. In: Conservation International. Abgerufen am 8. April 2014.
  4. Encyclopedia of Earth: biodiversity hotspots (collection)
  5. C. D. L. Orme, R. G. Davies, M. Burgess, F. Eigenbrod: Global hotspots of species richness are not congruent with endemism or threat. In: Nature. Nr. 436, 2005, S. 1016–1019.
  6. vgl. etwa Kirsten Kaschner: Vorhersagemodell über globale Verbreitungsgebiete und Biodiversitäts-Hotspots von Meeressäugern. In: Treffpunkt Biologische Vielfalt. Nr. 6, 2005, S. 229–230.
  7. Bruno Streit: Was ist Biodiversität?: Erforschung, Schutz und Wert biologischer Vielfalt. C. H. Beck, München 2007, S. 79, 83.
  8. N. Myers u. a.: Biodiversity hotspots for conservation priorities. In: Nature. Nr. 403, 2000, S. 853–858.
  9. Christian Marchese: Biodiversity hotspots: A shortcut for a more complicated concept. Hrsg.: Université du Québec à Rimouski, Département de biologie, chimie et géographie. Rimouski (Québec), doi:10.1016/j.gecco.2014.12.008 (englisch, Abstract [abgerufen am 28. März 2020] voller Download auf der Webseite möglich).
  10. Norman Myers: Biodiversity Hotspots Revisited (PDF; 173 kB) (Memento des Originals vom 31. Januar 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/files.globalmarshallplan.org
  11. Text der Declaración de Cancún auf Wikisource (spanisch)
  12. United Nations Industrial Development Organization: How can biotechnology benefit Latin America and the Caribbean? (PDF; 29 kB), 25. Juni 2003
  13. Bundesamt für Naturschutz: Hotspots der biologischen Vielfalt in Deutschland. 15. April 2015, abgerufen am 3. Juni 2019 (mit weiterführenden Links).