Brushit

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Brushit
Winzige, weiße Brushitkristalle auf grauem, derbem Montmorillonit (Sichtfeld 2 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bsh[1]

Andere Namen

Epiglaubit[2]

Chemische Formel
  • Ca[PO3(OH)]·2H2O[3]
  • CaH[PO4]·2H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/C.25
VII/C.25-010

8.CJ.50
39.01.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[5]
Raumgruppe (Nr.) A2/a[4] (Nr. 15)
Gitterparameter a = 6,24 Å; b = 15,18 Å; c = 6,36 Å
β = 125,4°[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,328; berechnet: 2,257[6]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010} und {001}[6]
Farbe farblos, weiß, hellgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz, Perlglanz auf Spaltflächen
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,539 bis 1,540
nβ = 1,544 bis 1,546
nγ = 1,551 bis 1,552[7]
Doppelbrechung δ = 0,012[7]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = gemessen: 59 bis 87°; berechnet: 80°[7]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in Salzsäure (HCl)
Besondere Merkmale piezoelektrisch

Brushit (auch Epiglaubit) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca[PO3(OH)]·2H2O,[3] ist also ein wasserhaltiges, basisches Calcium-Phosphat bzw. das Dihydrat von Calciumhydrogenphosphat.

Brushit entwickelt meist prismatische Kristalle mit nadeligem oder tafeligem Habitus bis etwa zwei Zentimeter Größe. Unverletzte Oberflächen weisen einen glasähnlichen Glanz auf, Spaltflächen schimmern dagegen eher perlmuttähnlich. Selten tritt Brushit auch in blättrigen oder pulvrig-erdigen, matten Mineral-Aggregaten auf. In reiner Form ist das Mineral farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann es aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine hellgelbe Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Mit einer Mohshärte von 2,5 gehört Brushit zu den weichen Mineralen, die sich leichter als das nächstliegende Referenzmineral Calcit (3) mit einer Kupfermünze ritzen lassen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde das Mineral in Guano auf der von Venezuela beanspruchten Insel Aves (spanisch Isla de Aves, „Vogel-Insel“) und 1856 durch Charles Upham Shepard zunächst als Epiglaubit bezeichnet, allerdings nur unvollständig beschrieben. Eine wissenschaftlich präzise Beschreibung folgte 1865 durch Gideon Emmet Moore (1842–1895), der das Mineral nach dem US-amerikanischen Mineralogen George Jarvis Brush benannte. In Knochen hatte der deutsche Mediziner und Bonner Orthopädie-Professor Karl Joachim Münzenberg (* 1931) Brushit erstmals[8] entdeckt.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Brushit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er als Namensgeber die „Brushit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/C.25 und den weiteren Mitgliedern Churchit-(Dy), Churchit-(Nd), Churchit-(Y) und Pharmakolith bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Brushit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Ausschließlich mit großen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Ardealit, Churchit-(Nd), Churchit-(Y) und Pharmakolith die „Churchitgruppe“ mit der System-Nr. 8.CJ.50 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Brushit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige saure Phosphate etc.“ ein. Hier ist er zusammen mit Pharmakolith in der unbenannten Gruppe 39.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige saure Phosphate etc., A+[HXO4] × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brushit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe A2/a (Raumgruppen-Nr. 15, Stellung 2)Vorlage:Raumgruppe/15.2 mit den Gitterparametern a = 6,24 Å; b = 15,18 Å; c = 6,36 Å und β = 125,4° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brushit ist piezoelektrisch, baut also ähnlich wie der bekannte Quarz bei wechselnder, elastischer Verformung eine elektrische Spannung auf. In Salzsäure (HCl) ist er leicht löslich.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brushit bildet sich überwiegend in Guano-Lagerstätten, kann aber auch Bestandteil von Harnsteinen sein sowie als sekundäre Bildung auf menschlichen und tierischen Knochen auftreten. Begleitminerale sind unter anderem Ardealit, Gips, Hydroxylapatit, Tanarakit und Variscit.

Als seltene Mineralbildung konnte Brushit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) rund 80 Fundorte[9] als bekannt gelten. Neben seiner Typlokalität, der Insel Aves, fand man das Mineral in Venezuela noch in der „Cueva de San Sebastián“ im Bundesstaat Aragua sowie in der „Cueva Ricardo Zuloaga“ und der „Cuevo del Indio“ im Bundesstaat Miranda.

In Deutschland wurde Brushit unter anderem am Lüneburger Kalkberg in Niedersachsen, in der Zinkhütte Birkengang (auch Friedrich-Wilhelm-Hütte) bei Aachen und auf den Schlackehalden einer Kupferhütte bei Kall in Nordrhein-Westfalen, bei Schneeberg und im Pawel-Gang bei Oberschlema im sächsischen Erzgebirge und in der Grube „Jeremias Glück“ (Feengrotten) bei Garnsdorf in Thüringen gefunden.

In Österreich kennt man das Mineral bisher vor allem aus Kärnten, wo er unter anderem am „Kleinelend Gletscher“ (Kleinelend-Tal) und in Gesteinsproben aus dem Kaponig-Tunnel-Bau im Mölltal in der Ankogelgruppe sowie an einigen Fundpunkten bei Lanisch im zur Hafnergruppe gehörenden Pöllatal. Daneben ist auch je ein Fundpunkt bei Türnitz im Mostviertel und am Weinberg bei Amstall im Bezirk Krems-Land in Niederösterreich, die Windischkopf-Bärenhöhle bei Tenneck (Gemeinde Werfen) in Salzburg und die Grube „Roßblei“ (oder Rossblei) auf der Eschach Alp im Obertal nahe der Gemeinde Rohrmoos-Untertal in der Steiermark bekannt.

In der Schweiz trat Brushit bisher nur in der Burgdorfer Kirche im Berner Emmental und in der Payerneer Kirche im Kanton Waadt zutage, wo er bei Ausgrabungen 1968–1969 bzw. in den 1950ern auf menschlichen Knochen gefunden wurde.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Algerien, der Antarktis, Australien, den Bahamas, den British West Indies, Dänemark, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Kenia, Kiribati, Malaysia, Marokko, Mexiko, Namibia, Puerto Rico, Réunion, Rumänien, Russland, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Ungarn, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[10]

Organische Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brushit kann durch Ausfällung aus dem Urin in den ableitenden Harnwegen entstehen und so zu Harnsteinen führen. Da Brushit jedoch sehr gut löslich ist, tritt dieses Mineral eher selten in Harnsteinen auf. Voraussetzungen sind ein hoher Calcium-Gehalt im Urin und ein pH-Wert zwischen 6,5 und 6,8. Höhere pH-Werte führen zur Entstehung von (Ca3(PO4)2), bei stärker sauren Verhältnissen steigt die Löslichkeit stark an. Medizinisch zählen Brushit-Steine zu den harten Steinen, die relativ schwierig zu behandeln sind und kaum durch eine Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie zerstört werden können. Außerdem neigen sie schnell zu Rezidiven.[11]

Brushit kann auch an der Entstehung von Zahnstein beteiligt sein.

Aus zahnmedizinischer Sicht hat Brushit Bedeutung in der Schmelzätztechnik bei Restaurationen. Die Schmelzätzung erfolgt meist mit Phosphorsäure einer Konzentration von 35–37 %. Eine Konzentration von weniger als 30 % führt zur Ausfällung des gelösten Kalziums als Brushit und verhindert so ein retentives Ätzmuster.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • C. U. Shepard: Five new mineral species. In: American Journal of Science and Arts. Band 22 (1856), S. 96–99
  • Gideon Emmet Moore: On brushite, a new mineral occurring in phosphatic guano, in: The American Journal of Science and Arts, Band 39 (1865), S. 43–44 (PDF 126,6 kB)
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 626.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Brushite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Mineralienatlas:Brushit
  3. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 490.
  5. Webmineral – Brushite
  6. a b Brushite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 64,8 kB)
  7. a b c Mindat – Brushite
  8. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 875.
  9. Mindat – Anzahl der Fundorte für Brushit
  10. Fundortliste für Brushit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  11. Albrecht Hesse: Brushitsteine beim Hund. In: Animal Stone Letter 7:2/2013. (siehe auch Harnsteine von Hunden, PDF 62,8 kB, modifiziert nach A. Hesse)