Maroons

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Leonard Parkinson, Anführer aufständischer Maroons (Jamaica 1796)[1]

Als Maroons (Singular: Maroon, französisch und niederländisch: Marron, von spanisch cimarrón) werden seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Bevölkerungsgruppen überwiegend afrikanischer Herkunft bezeichnet, die sich der Sklaverei in den britischen, französischen und niederländischen Kolonien Amerikas durch Flucht oder auch aktiven Widerstand entziehen konnten. In den spanischen Kolonien wurde die Bezeichnung Cimarrón verwendet.

Begriffsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Maroon und Marron sind korrumpierte Formen des spanischen Adjektivs cimarrón ‚verwildert, wild, nicht domestiziert‘. Auch wenn die Etymologie von cimarrón nicht eindeutig geklärt ist, wird die Ableitung von cima ‚Berggipfel‘ weitgehend akzeptiert.[2]

Wortbedeutungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im hispanoamerikanischen Sprachraum bezieht sich cimarrón meist auf verwilderte Kulturpflanzen und entlaufene, wild lebende Haustiere oder deren ursprüngliche Wildformen.[3] Somit charakterisiert der Begriff in seiner Grundbedeutung pflanzliche und tierische Ressourcen, deren unmittelbare Verwertbarkeit für den Menschen durch ihren schwer zugänglichen Lebensraum oder die Wehrhaftigkeit einer Spezies eingeschränkt wird. So wird z. B. das Wildschwein in Spanien als jabalí[4] bezeichnet, in Lateinamerika jedoch als cerdo cimarrón, was darauf verweist, dass es sich hierbei um Tiere handelt, die vom verwilderten, im 16. Jahrhundert aus Europa in die Neue Welt eingeführten Hausschwein (spanisch cerdo) abstammen.

Bedeutungswandel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ursprüngliche Bedeutung von cimarrón wurde von den spanischen Eroberern zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch auf die „menschlichen Ressourcen“ der Neuen Welt übertragen, zunächst auf die indigenen Ureinwohner, die den Spaniern nicht nur als „ungezähmte Wilde“ erschienen, sondern sich deren Herrschaftsansprüchen auch durch Rückzug in schwer zugängliche Regionen oder unter Anwendung von Waffengewalt widersetzten.

Mit den indios cimarrones erfuhr die Bezeichnung durch die Anwendung auf Vertreter der menschlichen Spezies eine Bedeutungserweiterung, die einerseits den Aspekt der Flucht aus einem Herrschaftsverhältnis beinhaltete, andererseits aber auch die Bereitschaft eines Geflohenen, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse durch Schaffung eigener Siedlungen, durch Koalitionen mit anderen marginalisierten Bevölkerungsgruppen und notfalls auch durch gewaltsamen Widerstand zu verändern. Dieser Sinngehalt wurde im weiteren Verlauf der amerikanischen Kolonisation auch auf flüchtige afrikanische Sklaven (negros cimarrones) übertragen und fand in der substantivierten Wortform cimarrón, m. (Plural: cimarrones) unter Wegfall der ersten Silbe als maroon oder marron Eingang in die Sprachen anderer europäischer Kolonialmächte. Bei den Fluchtvorgängen (auch: cimarronaje) wurde zwischen petit marronage (Einzelausbrüche) und grand marronage (Gruppenausbrüche und bandenmäßiges Auftreten) unterschieden.[5]

Cimarronaje und Marronage in den transatlantischen Gebieten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karibik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jamaika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jamaikanische Maroons im Hinterhalt, Szene aus dem 2. Maroon-Krieg (1795). Aquatinta nach einem Gemälde von F. J. Bourgoin.

Auf Jamaika vermischten sich die Maroons mit den indigenen Völkern der Arawaks und der Miskitos. Die von den Sklavenhändlern für die Zuckerrohr-Plantagen verschleppten Afrikaner kamen vor allem aus dem heutigen Ghana und der Elfenbeinküste. Diese Sklaven sprachen überwiegend Akan, wie die Fante und Aschanti. Durch ihre gemeinsame Sprache konnten sie Kommunikationslinien zur Vorbereitung der Flucht von den Plantagen unterhalten und Allianzen bilden.

  • Anfang des 18. Jahrhunderts – Vereinigung verschiedener Maroon-Gruppen und Verhandlung mit den Briten
  • 17301739Erster Maroon-Krieg: Dieser bildete den Höhepunkt des bereits seit 1655 bestehenden Konflikts mit der englischen Kolonialmacht. Er endete 1739 mit einem Friedensvertrag, der den Maroons weitgehende Autonomierechte zugestand. Zu den Anführern der Maroons gehörten Granny Nanny und ihr Bruder Cudjoe. Durch ihre geschickten Guerilla-Taktiken und Führungsqualitäten konnten sich die Maroons gegenüber den britischen Militärs behaupten und zwangen sie letztlich zu einem Friedensvertrag. Die Jamaikaner machten Granny Nanny in Liedern und Legenden unsterblich. Sie ist die einzige Frau auf der Liste der Nationalhelden von Jamaika. Außerdem ist die Maroon-Ansiedlung Nanny Town nordöstlich von Kingston in den Blue Mountains nach ihr benannt und ihr Abbild ist auf dem 500-Jamaika-Dollar-Schein verewigt.[6]
  • 1760 – Aufstand der Coromantee, genannt Tacky’s Rebellion: Eine Gruppe Maroons unter der Führung von Tacky, der vor seiner Verschleppung aus Afrika Stammeshäuptling gewesen war, drang in der Nacht vor Ostermontag in den Hafen von Port Maria ein und erbeutete Musketen, Schießpulver und Kugeln. Als der Tag anbrach, hatten sich schon Hunderte angeschlossen. Sie zogen ins Landesinnere, zerstörten mehrere Plantagen und töteten deren Besitzer. Die Engländer schickten zwei komplette Kompanien hinter ihnen her, und am Ende wurde Tacky von hinten erschossen.[7]
  • 1795Zweiter Maroon-Krieg: Zwei Maroons aus Trelawny Town wurden für einen (angeblichen) Diebstahl bestraft und in Montego Bay (angeblich) stark gedemütigt. Daraufhin wurde der Ruf nach Rache an den Leuten von Montego Bay laut. Der neue Gouverneur von Jamaika, der Earl of Balcarres, nahm die Sache ernst, rief das Kriegsrecht aus und entsandte ein Sonderkommando nach Trelawny Town, um die Nachschubbasis der Rebellen zu zerstören. Bei ihrer Ankunft war das gesamte Dorf jedoch schon dem Erdboden gleichgemacht. Auf dem Rückweg geriet das Sonderkommando in einen Hinterhalt und wurde vollkommen vernichtet. Dies war der Auftakt zum Zweiten Maroon-Krieg. Er sollte noch fünf Monate dauern, während derer 300 Maroons aus den Bergen einer Übermacht von etwa 1500 ausgesuchten europäischen Soldaten und 3000 Milizionären standhielten. Der Earl of Balcarres musste schließlich einsehen, dass er den Maroons so einfach nicht beikommen konnte, und importierte einhundert Bluthunde aus Kuba. Als diese Neuigkeit bei den Maroons ankam, brach fast eine Panik aus. Sie hatten zwar bewiesen, dass sie im Cockpit Country einer Übermacht standhalten konnten, gegen diese furchterregenden Tiere jedoch, die sie auch im Busch aufspüren konnten, gab es keine Chance. Noch vor dem Eintreffen der Tiere bemühten sich die Maroons um Frieden.[8]

Bis zum heutigen Tag sind die Maroons auf Jamaika autonom und haben ihre ursprüngliche Kultur bewahrt. Der Ort Accompong in den Bergen von Saint Elizabeth, im Südwesten der Insel, kennt noch eine lebendige Gemeinschaft von ungefähr 600 Personen. Jedes Jahr, am 6. Januar, wird hier ein großes Festival zum Gedenken an den Tag der Unterzeichnung des Friedensvertrages mit den Briten organisiert. Außerdem werden für Touristen Führungen durch den Ort angeboten. Insgesamt existieren noch etwa 7.000 Maroons in Jamaika. Sie leben hauptsächlich im Cockpit Country, einer schwer zugänglichen Karstlandschaft im Landesinneren.[9]

Die lebendige Maroon-Kultur in Moore Town wurde 2008 durch die Aufnahme in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit gewürdigt.[10]

Lateinamerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Suriname[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dorf der Maroons am Suriname (1955)

Die Maroons von Suriname (Schreibweise in der ehemaligen niederländischen Kolonie: Marrons) sind Nachkommen von geflohenen Sklaven. Sie stammen ursprünglich überwiegend aus den heutigen Ländern Ghana, Benin, Togo und Angola.

Sie lebten und leben nach wie vor Seite an Seite mit den indigenen Einwohnern des Landes. Im Landesinneren bilden sie verschiedene Gemeinschaften und sind stammesmäßig organisiert. Die beiden größten Gruppen sind die Ndyuka (auch: Aukaner) und die Saramaccaner (auch: Saamaka). Die anderen vier Gruppen sind die Aluku (auch: Boni), die Kwinti, die Matawai und die Paramaccaner.[11]

Bei der letzten Volkszählung im Jahre 2012 gaben 117.567 Personen (21,7 % der Bevölkerung) an, zu einer dieser Gruppen zu gehören.[12]

Kolumbien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im kolumbianischen Dorf Palenque de San Basilio bei Cartagena leben noch heute Maroons mit einer bantu-spanischen Kreolsprache, dem Palenquero.[13]

Brasilien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Brasilien leben Maroons noch heute in den Siedlungen Quilombos und Palmares.

Vereinigte Staaten von Amerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Virginia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fugitive Slaves in the Dismal Swamp, Virginia, von David Edward Cronin, 1888

Im Marschland Great Dismal Swamp von Virginia und North Carolina siedelten die Great Dismal Swamp Maroons unter schwierigen Verhältnissen.

Florida[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gracia Real de Santa Teresa de Mose (Fort Mose), nördlich von St. Augustine, Florida, wurde 1738 von entflohenen Sklaven aus Carolina in damals spanischem Gebiet gegründet. Es wurde Teil der spanischen Befestigungsanlagen in Florida. Die Kultur der Bewohner war eine Mischung aus spanischen und afrikanischen Elementen.[14]

Die Schwarzen Seminolen waren ein Stamm, der aus entkommenen Sklaven und Angehörigen der lokalen indianischen Bevölkerung bestand, die als Seminolen bezeichnet wurden.[15]

Afrika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sierra Leone[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten etwa 550 Maroons siedelten Ende des 18. Jahrhunderts als befreite Sklaven an die Küste von Sierra Leone über. Sie fanden ein Zuhause vor allem in der Maroon Town, einem heutigen Stadtteil der Hauptstadt Freetown. Besonders bekannt ist die St. John’s Maroon, eine nach ihnen benannte Kirche.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • R. C. Dallas: Historia de los Cimarrones. Havanna 1980
  • E. Kofi Agorsah: Archaeology of Maroon heritage in Jamaica. In: Archaeology of Jamaica, Bd. 2, 1990, S. 14–19.
  • Richard B. Allen: Maroonage and its legacy in Mauritius and in the colonial plantation world. In: Outre-mers, Band 89, Nr. 336–337, 2002, S. 131–152
  • Chris de Beet: De eerste Boni-oorlog, 1765–1778. Centrum voor Caraïbische Studies, Instituut voor Culturele Antropologie, Rijksuniversiteit Utrecht 1984.
  • Kathleen Deagan, Darcie MacMahon: Fort Mose: Colonial America's black fortress of freedom. University Press of Florida, Gainesville 1995, ISBN 0-8130-1351-8.
  • Sylviane A. Diouf: Slavery's Exiles: The Story of the American Maroons. New York University Press, New York 2016, ISBN 978-0-8147-2437-8.
  • Jane Landers: Gracia Real de Santa Teresa de Mose. A free black town in Spanish colonial Florida. In: American Historical Review. Jg. 95 (1990), S. 9–30.
  • Charles E. Orser Jr.: The archaeology of the African diaspora In: Annual Review of Anthropology, Jg. 27 (1998), S. 63–82.
  • Elizabeth J. Reitz: Zooarchaeological analysis of a free African community: Gracia Real de Santa Teresa de Mose. In: Historical Archaeology, Bd. 28/1 (1994), S. 23–40.
  • Werner Zips: Eine afrikanische Gegenmacht in der Karibik. In: Zeitschrift für Lateinamerika Wien, Bd. 40/41 (1991), S. 85–106.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Maroon culture in Suriname – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kupferstich aus: The Proceedings of the Governor and Assembly of Jamaica, in Regard to the Maroon Negroes. With an Introduction by Bryan Edwards. London 1796, Neuauflage Cambridge University Press 2013, ISBN 978-1-108-06553-5
  2. Vergl. hierzu Stichwort cimarrón, na in rea.es, abgerufen am 28. April 2023 (spanisch).
  3. Zum von dieser Denotation abweichenden rezenten Gebrauch des Wortes in verschiedenen Regionen und Ländern Lateinamerikas siehe ASALE: Diccionario de americanismos Stichwort cimarrón, abgerufen am 28. April 2023 (spanisch).
  4. DRAE Stichwort jabalí, abgerufen am 28. April 2023 (spanisch).
  5. Rebekka Heil: Flucht in den Wald. In: uni-muenchen.de. 25. Juni 2018, abgerufen am 25. Dezember 2023.
  6. Richard Price: Maroon societies: rebel slave communities in the Americas. 1st ed. Anchor Press, Garden City, N.Y 1973, ISBN 978-0-385-06508-5.
  7. Michael Craton: Testing the chains: resistance to slavery in the British West Indies. Cornell university press, Ithaca London 1982, ISBN 978-0-8014-1252-3.
  8. Michael Sivapragasam: After the Treaties: A Social, Economic and Demographic History of Maroon Society in Jamaica, 1739-1842. (Dissertation, PDF). In: soton.ac.uk. Juni 2018, abgerufen am 28. August 2023.
  9. Maroon Connection: A Brief History of the Trelawny Town Maroons. In: Maroon Connection. Abgerufen am 28. August 2023.
  10. Maroon heritage of Moore Town. UNESCO Intangible Cultural Heritage, 2008, abgerufen am 25. Dezember 2023 (englisch).
  11. Richard Price: The Guiana maroons: a historical and bibliographical introduction (= Johns Hopkins studies in Atlantic history and culture). Johns Hopkins university press, Baltimore London 1976, ISBN 978-0-8018-1840-0.
  12. De Volkstelling of Census. In: Algemeen Bureau voor de Statistiek in Suriname. Abgerufen am 28. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  13. Aquiles Escalante: Palenques in Colombia. In: Johns Hopkins University Press (Hrsg.): Maroon Societies: Rebel Slave Communities in the Americas. Baltimore, S. 77–80.
  14. Charles K. Mills: Harvest of Barren Regrets: The Army Career of Frederick William Benteen 1834–1898. Hrsg.: University of Nebraska Press. 2011.
  15. John K. Mahon: History of the Second Seminole War 1835-1842 (Revised Edition). Hrsg.: University of Florida Press. 1967.