David Berger (Theologe)

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David Berger (* 8. März 1968 in Würzburg) ist ein habilitierter katholischer Theologe, Doktor der Philosophie und Religionslehrer und Deutschlehrer am Ville-Gymnasium in Erftstadt. Sein Arbeitsschwerpunkt sind Geschichte und Doktrin des Thomismus.

Leben

Berger studierte von 1991 bis 1998 in Würzburg, Köln und Dortmund Philosophie, Theologie und Germanistik. Im Jahre 1998 erfolgte die Promotion in Philosophie. Berger erhielt den geteilten Dissertationspreis der Universität Dortmund für den Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Philosophie und Theologie und lehrte anschließend für kurze Zeit an der theologischen Ausbildungsstätte der Kongregation der Diener Jesu und Mariens in Blindenmarkt (Niederösterreich) im Bistum St. Pölten.

Zusammen mit Rudolf Michael Schmitz gründete er 2000/01 das Jahrbuch „Doctor Angelicus“ (Institut Christus König und Hoherpriester). Im Januar 2001 folgte die Ernennung zum Socio Corrispondente der Päpstlichen Akademie des heiligen Thomas von Aquin. Am 25. September 2003 wurde Berger Professor correspondens dieser Akademie und im selben Jahr Vizepräsident der neu gegründeten Deutschen Thomas-Gesellschaft e.V. (DTG); Präsident: P. Michael Dillmann O.P. Im Herbst 2003 wählte man Berger zum Herausgeber und Chefredakteur der katholischen Monatsschrift Theologisches.[1]

2005 habilitierte sich Berger mit seinem Buch Thomismus. Große Leitmotive der thomistischen Synthese und ihre Aktualität für die Gegenwart im Fach Dogmatik an der Katholischen Universität Lublin in Polen. Am 2. Oktober 2005 erfolgte seine Investitur zum Ritter des 1991 gegründeten polnischen Ritterordens der Gottesmutter von Jasna Góra (Stowarzyszenie Rycerstwa Orderu Jasnogórskiej Bogarodzicy). Rückgabe des Ehrentitels "Ritter von Jasna Gora" im Juli 2007 aus Protest gegen den Konservativismus und die Homophobie bestimmter polnischer Politiker, die ebenfalls dem Ritterorden nahe stehen.[2]

Im Herbst 2007 hat die Fördergemeinschaft der Zeitschrift „Theologisches“ Berger erneut ihr Vertrauen ausgesprochen und ihn in seinem Amt bestätigt, nachdem in bestimmten traditionalistischen Kreisen über Monate der Versuch unternommen worden war, ihn als Herausgeber der Zeitschrift zu verdrängen.

Im Mai 2009 wurde Berger zum Lektor der Päpstlichen Glaubenskongregation ernannt mit der Aufgabe zwei theologische Zeitschriften zu überwachen.[3]

Ende März 2010 wurden die Vorwürfe von 2007 erneut aktuell, da Bergers Facebook-Profil „eindeutig das Verwurzeltsein in einem homosexuellen Milieu“ bekunde. Vor einem vom Vorstand der Fördergemeinschaft angesetzten „klärenden Gespräch“ legte Berger von sich aus das Amt als Herausgeber der Monatszeitschrift „Theologisches“ nieder, verwahrte sich aber gegen die von Manfred Hauke geäußerten Vorwürfe,[4][5] bevor er sich im April 2010 in der Frankfurter Rundschau als homosexuell outete.[6] Im Juli 2010 wurde er deshalb als Dozent der Päpstlichen Akademie des heiligen Thomas von Aquin entlassen.[7] Sofort nach Erscheinen seines Buches "Der heilige Schein" (November 2010) prüfte die Erzdiözese Köln, ob man ihm wegen Ketzerei die Lehrerlaubnis entziehen kann.[8]

Theologisches Betätigungsfeld

David Berger ist heute im deutschsprachigen Raum der führende Vertreter des Neuthomismus und galt eine Zeit lang als ausgewiesener Gegner der Theologie Karl Rahners und seiner Schüler. Eduard von Habsburg-Lothringen schreibt: „Berger hat sich in den letzten Jahren durch mehrere sehr gelungene deutschsprachige Einführungen in Thomas, sein Werk und den Thomismus allgemein hervorgetan.“[9] Berger ist Herausgeber des von ihm mitbegründeten Internationalen Thomistischen Jahrbuchs „Doctor Angelicus“, das allerdings seit 2007 nicht mehr erschienen ist, und war von 2003 bis 2010 auch Herausgeber und Schriftleiter der von Wilhelm Schamoni begründeten Zeitschrift Theologisches. Katholische Monatsschrift.

Stefan Hartmann urteilt: „Thomismus ist für David Berger kein museales Phänomen, sondern hat gerade heute eine ganz einzigartige Aktualität: Zeigt er uns doch den hl. Thomas inmitten der aufgewühlten Wogen der ‚Diktatur des Relativismus’ (Papst Benedikt XVI.) als jenen Leuchtturm, der uns den Weg zur Wahrheit weist. Vieles deutet darauf hin, daß für eine Neubelebung des Thomismus die Stunde geschlagen hat. Das bisherige Werk Bergers bietet dafür entscheidende Anstöße.“[10]

David Berger selbst vertritt aber: „Die Doktrin des heiligen Lehrers bietet weniger detaillierte Patentrezepte für einzelne zu lösende Fragen. Was sie uns im Hinblick auf die von uns mitzugestaltende Zukunft von Kirche und Theologie zu sagen hat, geht weit über kurzfristige Handlungsanweisungen hinaus. – Es sind sozusagen grundsätzliche Einstellungen oder Leitmotive, die gerade dadurch, dass sie uns eine echte Alternative zu den in Gesellschaft, Kirche und Theologie herrschenden Leitmotiven aufzeigen, höchste Aktualität für das neue Jahrhundert besitzen. Vielleicht kann man sagen, dass es niemals eine Zeit gab, in der der Ruf der Kirche Ite ad Thomam: Geht zu Thomas so aktuell war, wie er heute ist"[11].

Zu Bergers gegen Rahners Theologie gerichteten Beiträgen äußert Herbert Vorgrimler, nachdem er zuvor von Berger hart kritisiert worden war[12]: „Berger ist jedes Mittel recht, seine moralische Hemmschwelle liegt immer niedriger. Er unterliegt dem triebhaften Zwang zur Jagd auf Rahner und auf die, die zu Rahner halten. Seine Krankheit ist das „Fertigmachen“, das Kränken- und Beleidigen-Müssen.“[13]

Berger tritt in der letzten Zeit, seit Amtsantritt Papst Benedikts XVI., als Gegner eines von ihm namentlich bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. und auf der Website kreuz.net verorteten „Vulgärtraditionalismus“ auf.[14]

In seinem Buch "Der heilige Schein. Als schwuler Theologe in der katholischen Kirche" analysiert er kritisch den Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" urteilte dazu: "So viel scheint für die moraltheologische Bewertung der Homosexualität klar zu sein: Mit der Mischung aus Diskretion und Repression kommt der Vatikan nach diesem Buch nicht mehr weiter."[15] Und Thomas Assheuer meint in seiner Besprechung in der "Zeit": "Dieses Buch gehört zum Unglaublichsten, was derzeit über die katholische Kirche zu lesen ist."[16]

Zitate

„Über viele Jahre habe ich geglaubt, es ginge diesen rechtskatholischen Kräften wirklich um eine Stärkung des authentisch Christlichen, dessen Profil man mit der Abhebung vom Zeitgeist stärken müsse. Je einflussreicher diese Kräfte wurden, umso mehr radikalisierten sie sich jedoch. So bieten sie nur noch eine entstellende Karikatur des Katholischen und einen schlimmen Verrat am Geist des Christentums. Die Internetseite kreuz.net macht dies auf erschütternde Weise anschaulich. Solange die katholische Kirche diese Kräfte stärkt statt sie mit aller Entschiedenheit und Konsequenz zu bekämpfen und sich von ihnen zu distanzieren, kann ich nur entschieden davor warnen, den Einfluss der katholischen Kirche politisch und gesellschaftlich zu verstärken. Damit holt man sich unter dem heiligen Schein eines frommen Papstes, der Don Camillo-Filme schaut und mit seinem Privatsekretär betend in den Gärten seiner Sommerresidenz spazieren geht, antidemokratische Brandstifter ins Haus.“[17]

„Das Neue, für das 13. Jahrhundert geradezu Revolutionäre in der Philosophie des Thomas besteht in einer positiv bejahenden Hinwendung zur "Welt", zur realen Wirklichkeit. Thomas betrachtet Wissenschaft und Vernunft unter dem Einfluss einer klugen Aristoteles-Rezeption nun nicht mehr einseitig als Gefahren für den Glauben oder als dessen "Dienstmägde", sondern erkennt ihren Eigenwert. Angewandt auf das Verhältnis zur Homosexualität, heißt das: Wer Thomas von Aquin, den immer noch maßgeblichen Philosophen der katholischen Tradition, nicht auf periphere Ansichten festlegt, in denen er einfach Kind seiner Zeit ist, sondern sich an den Leitmotiven seines Denkens orientiert, der wird sich ein kluges Urteil über Homosexualität mit Hilfe der modernen Humanwissenschaften bilden. So widersprüchlich es konservativen Katholiken zu sein scheint, so gut wird es vor diesem Hintergrund möglich: Man kann sich als Christ auf Thomas stützen - und zugleich schwul sein.“ (Frankfurter Rundschau vom 23. April 2010, S.23)[6]

„Der Einfluss der Deutschen auf die Kirchengeschichte der Neuzeit war kein Ruhmesblatt: angefangen von der Kirchenspaltung durch den Protestantismus über jene des Altkatholizismus bis hin zu wenig glücklichen Inspirationen der deutschen Theologie im Aufstand gegen die eindeutigen Weisungen des Lehramtes in den letzten vier Jahrzehnten. Meine Hoffnung ist groß, dass dieser Papst aus Deutschland solche düsteren Nebel wie ein starker Sonnenstrahl ein Stück weit auflösen und so den Ruf Deutschlands im katholischen Kosmos wiederherstellen wird!“[18]

„Allzuoft hat sich in den letzten Monaten allerdings die Frage nach einer großzügigeren Zulassung der klassischen Liturgie gegenüber jener nach einer 'Reform der reformierten Liturgie' in den Vordergrund gerückt. So erfreulich eine solche großzügige Regelung auch im Hinblick auf die sukzessive Beilegung des lefebvristischen Schismas wäre; - die zahlreichen Unterschriftenaktionen, die nicht immer ganz glücklich verlaufen sind und zudem eine gewisse, freilich ganz anders ausgerichtete Analogie zu den Kirchenvolksbegehren bilden, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auf absehbare Zeit realistisch gesehen zu einer breitenwirksamen Rückkehr der klassischen Liturgie nicht kommen wird. Auch wenn sich manche über die Position Kardinal Lehmanns geärgert haben, bestätigen es selbst mit der Materie vertraute Freunde der klassischen Liturgie immer wieder, dass die Zahl der Gläubigen, die die klassische Liturgie mitfeiern, auch nach dem Motu proprio Ecclesia Dei prozentual gesehen in Deutschland gering geblieben ist. In den 'typisch katholischen' Ländern wie Spanien, Italien, Polen oder im ganzen mittel- und südamerikanischen Raum sieht diese Situation nicht anders aus.“[19]

Werke

  • Eigenpublikationen:
    • Natur und Gnade in systematischer Theologie und Religionspädagogik von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. S. Roderer, Regensburg 1998, ISBN 3-89073-980-6
    • Thomas von Aquin und die Liturgie. Ed. Thomisticae, Köln 2000, ISBN 3-89811-286-1 (Übersetzungen ins Englische [USA] und Französische).
    • Thomismus. Große Leitmotive der thomistischen Synthese und ihre Aktualität für die Gegenwart. Ed. Thomisticae, Köln 2001, ISBN 3-8311-1620-2
    • Thomas von Aquins „Summa theologiae“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17456-9
    • Was ist ein Sakrament? Der hl. Thomas von Aquin und die Sakramente im allgemeinen. Franz Schmitt, Siegburg 2004, ISBN 3-87710-278-6
    • Thomas von Aquin begegnen. Sankt-Ulrich, Augsburg 2002, ISBN 3-929246-77-5 (Übersetzung ins Ungarische: Budapest 2008)
    • In der Schule des hl. Thomas von Aquin. Studien zur Geschichte des Thomismus. nova et vetera, Bonn 2005, ISBN 3-936741-30-1
    • Der heilige Schein: Als schwuler Theologe in der katholischen Kirche. Berlin 2010, ISBN 978-3550088551
  • Herausgeber und Mitverfasser:
    • Karl Rahner - Kritische Annäherungen. Franz Schmitt, Siegburg 2004, ISBN 3-87710-280-8
    • zusammen mit Jörgen Vijgen: Thomistenlexikon. nova et vetera, Bonn 2006, ISBN 3-936741-37-9

Einzelnachweise

  1. Homepage der Monatsschrift
  2. David Berger, Der heilige Schein, Berlin 2010, 254.
  3. David Berger, Der heilige Schein, Berlin 2010, 245-246.
  4. Stellungnahme der Fördergemeinschaft „Theologisches“ vom 13. April 2010
  5. David Berger: Ansonsten muss ich dies als Verleumdung betrachten, kath.net, 14. April 2010
  6. a b David Berger: "Ich darf nicht länger schweigen", Frankfurter Rundschau, 22. April 2010
  7. Kirche feuert schwulen Theologen, Frankfurter Rundschau, 27. Juli 2010
  8. Vgl. ZDF/3Sat-Bericht: http://www.youtube.com/watch?v=W7y8MjizXnY
  9. Das Ende des Neuthomismus, Bonn 2007, 275
  10. in: Die neue Ordnung 1-2006. Online
  11. D. Berger: „Ist Thomas von Aquin heute noch aktuell?“. Ein Vortrag, München 2006
  12. Vgl. David Berger: „Man könnte meinen, man sei im Irrenhaus“ – über Herbert Vorgrimler
  13. Vgl. Herbert Vorgrimler: Zum Kampf Bergers gegen Karl Rahner (PDF)
  14. Vgl. David Berger: Über den 'Vulgärtraditionalismus' – Kath.net-Interview, im Internet Archive und Lustvolles Entsetzen: Eine Glosse über den Traditionalismus - kreuts.net-Weblogbeitrag von David Berger
  15. Kurzbesprechung von Christian Geyer: Als schwuler Theologe, 24.11.2010.
  16. Thomas Assheuer, Gottlos christlich. David Berger klagt die katholische Kirche an, in: Die Zeit 2.12.2010, S.57
  17. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33835/1.html
  18. Berger, Papst Benedikt XVI. Hoffnungen und Freuden. In: Timor Domini 34, 4 (2005) 7.
  19. Berger, Editorial, in: Theologisches 3-4, 2007, 99.