Ferdinand II. (Tirol)

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Ferdinand II. von Tirol

Ferdinand II. Erzherzog von Österreich (* 14. Juni 1529 in Linz; † 24. Jänner 1595 auf Schloss Ruhelust, Innsbruck) aus dem Hause Habsburg war von 1564 an Landesfürst (gefürsteter Graf) von Tirol.

Leben

Ferdinand in jungen Jahren (vor 1549)

Ferdinand von Österreich (als Mitglied der Herrscherfamilie trug er den Erzherzogtitel von seiner Geburt an) war der zweite Sohn des Kaisers Ferdinand I. und Bruder des römisch-deutschen Kaisers Maximilian II. Ferdinand war ein gebildeter und kunstsinniger Mensch, der mehrere Fremdsprachen fließend beherrschte. In späteren Jahren war er äußerst beliebt und bekannt als Mann des Ausgleichs.

Er wurde 1547 von seinem Vater an die Spitze der Verwaltung des Königreichs Böhmen gestellt und residierte für 20 Jahre als Statthalter in Prag. Er leitete 1556 eine Feldzug gegen die Türken in Ungarn. Als ständiger Stellvertreter des Königs sorgte er für die Einschränkung der Rechte der böhmischen Stände und höhere Steuereinnahmen, um die Schulden der Habsburger bei den Fuggern aus dem Schmalkaldischen Krieg abzuzahlen.[1]

Seit 1557 war er heimlich mit Philippine Welser (1527–1580), der Tochter eines Patriziers aus Augsburg, vermählt, die ihm mehrere Kinder gebar. Die Ehe wurde von Kaiser Ferdinand I. 1561 unter der Bedingung der Verschwiegenheit genehmigt; erst 1576 bestätigte Papst Gregor XIII. die Ehe im Zusammenhang mit der Ernennung von Philippines und Ferdinands Sohn Andreas zum Kardinal und entband die Eheleute vom Gelübde der Geheimhaltung.[2] Die Kinder erhielten den Namen „von Österreich“, sollten aber nur für den Fall, dass das ganze männliche Haus Habsburg aussterbe, sukzessionsfähig sein (siehe Morganatische Ehe).[3]

Nach dem Tod seines Vaters Kaiser Ferdinands I., 1564, erhielt Ferdinand II. gemäß dem väterlichen Testament die Herrschaft über Tirol und die Vorlande (Vorarlberg, Breisgau, Burgau und andere). Er blieb auf Wunsch Maximilians II. aber noch bis 1567 als böhmischer Statthalter in Prag.

Bereits zu Lebzeiten seiner ersten, kränklich gewordenen Gemahlin Philippine hatte er 1573 um die Hand seiner siebenjährigen Nichte Anna Caterina von Gonzaga[4], einer Tochter des Herzogs Wilhelm von Mantua und der Eleonore von Österreich,[5] anhalten lassen. Die entsprechenden Dokumente zu diesem dynastisch bedingten Vorhaben befinden sich in einem Archiv in Mantua.

Nach dem Tode seiner ersten Ehefrau Philippine 1580 heiratete er am 1. Mai 1582 in Mantua seine Nichte Anna Caterina Gonzaga. Zu diesem Zeitpunkt war diese allerdings nicht mehr seine erste Wahl, zuvor machte er der schwedischen Prinzessin Cäcilia, der Witwe des badischen Markgrafen Christoph, vergeblich den Hof. Anschließend wollte er Maximiliana, eine Tochter seiner Schwester Anna, heiraten. Seine Schwester weigerte sich aber, da seine sittlichen Ausschweifungen weit über die Grenzen Tirols bekannt seien.

Schließlich wurde er erneut in Italien vorstellig, wobei der Vater der inzwischen sechzehnjährigen Anna Caterina u. a. die Zuerkennung des Titels Altezza für das Haus Gonzaga verlangte. Kein Problem war die päpstliche Dispens aufgrund zu naher Verwandtschaft.[6]

Erzherzog Ferdinand starb am 24. Jänner 1595. Wegen der ausgehandelten Erbfolge waren seine Söhne erster Ehe sowie seine Töchter zweiter Ehe nicht erbberechtigt, und so kam Tirol nach seinem Tod wieder an die beiden anderen habsburgischen Linien.

Bedeutung

Gesetzgeberisch trat Ferdinand 1573 mit dem Erlass einer neuen Tiroler Landesordnung hervor, die vor allem straf- und prozessrechtliche Materien regelte und 1603 auch im Druck erschien.[7]

In den von ihm verwalteten Ländern verhalf Ferdinand der katholischen Gegenreformation zum Durchbruch.

Ferdinands II. größte Bedeutung liegt vor allem auf der Kunstgeschichte. Als humanistisch gebildeter Kunstfreund legte er schon in seiner Zeit als Statthalter von Böhmen die Basis zur berühmten Ambraser Sammlung. Diese bedeutende Harnischsammlung, Kunst- und Wunderkammer, Porträtgalerie und Bibliothek waren von hohem Wert; und der Erzherzog verschuldete sich auch dafür. Seine Sammlung galt neben jener von Kaiser Rudolf II. oder von Kurfürst August von Sachsen als eine der bedeutendsten Sammlungen ihrer Art. Jakob Schrenck von Notzing (1539–1612), ein Verwandter Philippine Welsers, war sein Privatsekretär und historischer Mitarbeiter, der über die Rüstungssammlung auch das Buch Armamentarium Heroicum oder Ambraßische Heldenkammer herausgab.[8][9] Ferdinands II. Sammlungen sind heute überwiegend Teil des Kunsthistorischen Museums[3] und befinden sich auf Schloss Ambras Innsbruck (Rüstkammern, Kunst- und Wunderkammer, Sammlung gotischer Skulpturen, Habsburger Porträtgalerie) sowie in Wien im Haus am Ring (Kunstkammer, Gemäldegalerie, Münzkabinett) und der Neuen Burg (Hofjagd- und Rüstkammer, Weltmuseum Wien, Sammlung alter Musikinstrumente) zu sehen. Andere Teile gelangten etwa in die Österreichische Nationalbibliothek oder das MAK – Museum für angewandte Kunst.

Kunsthistorisch kann Ferdinand II. als der Begründer des systematischen Sammlungswesens gelten. Sein eigens für seine Sammlungen errichtetes Museum (Unterschloss von Schloss Ambras) ist das einzige noch erhaltene Museumsgebäude der Renaissance, in dem sich bis heute Sammlungsteile an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort erhalten haben und immer noch ausgestellt sind: Schloss Ambras Innsbruck ist in dieser Hinsicht das älteste Museum der Welt. Zudem ist seine Kunst- und Wunderkammer überhaupt die einzige noch am Ort erhaltene Kunstkammer der Renaissance. Besondere kulturhistorische Bedeutung kommt Ferdinand II. auch als Ausrichter großer repräsentativer Turniere und höfischer Feste zu. Nicht zuletzt war er der erste Fürst der Renaissance, der sich den kostspieligen Luxus einer eigenen Hofglashütte leistete.[10] Die Handschriftensammlung seiner Bibliothek wurde 2018 in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen.[11]


Nachkommen

  1. ⚭ 1557 Philippine Welser (* 1527; † 24. April 1580)
    1. Andreas (1558–1600), Kardinal und Statthalter der Niederlande (1598–1600)
    2. Karl, Markgraf von Burgau (1560–1618/1627)[12]Sibylle von Jülich-Kleve-Berg (1557–1627) aus dem Haus der Grafen von der Mark, Tochter von Herzog Wilhelm dem Reichen (1516–1592)
    3. Philipp (1562–1563) und Maria (1562–1563)
  2. ⚭ 14. Mai 1582 Anna Caterina Gonzaga[4] (* 17. Januar 1566; † 3. August 1621 als Nonne)
    1. Anna Eleonore (1583–1584)
    2. Maria[13] (1584–1649), Nonne
    3. Anna (1585–1618) ⚭ Cousin Kaiser Matthias

Literatur

Weblinks

Commons: Ferdinand II. (Tirol) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jörg Konrad Hoensch: Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart. Verlag Beck, München 1997³, ISBN 3-406-41694-2, S. 194ff.
  2. Sabine Haag, Veronika Sandbichler (Hrsg.): Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst. Jubiläumsausstellung. (Katalog) Innsbruck: Haymon Verlag 2017, S. 123.
  3. a b Erzherzog Ferdinand II. (1529–1595)
  4. a b Wurzbach: Anna Katherina von Mantua. Nr. 31. In: Biographisches Lexikon. 6. Theil. Wien 1860, S. 154 (Digitalisat).
  5. Wurzbach: Eleonore von Oesterreich. Nr. 53. In: Biographisches Lexikon. 6. Theil. Wien 1860, S. 161 (Digitalisat).
  6. Sigrid-Maria Größing: AEIOU Glück und Unglück des österreichischen Kaiserhauses. Amalthea-Verlag, S.?.
  7. Hannes Obermair: Gesetz und Herrschaft – Tirols Landesordnung von 1573/1603. In: Stadtarchiv Bozen (Hrsg.): Das Exponat des Monats des Stadtarchivs Bozen. Nr. 67, Juli 2017 (gemeinde.bozen.it (PDF) [abgerufen am 6. Juli 2017]).
  8. Digitalscan der Auflage von 1735
  9. Webseite zu Büchern aus dem Stift Heiligenkreuz mit eigenem Abschnitt über das Werk von Jakob Schrenck von Notzing (Punkt 3.3.) (Memento des Originals vom 24. September 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stift-heiligenkreuz.org
  10. Sabine Haag, Veronika Sandbichler (Hrsg.): Ferdinand II. 450 Jahre Tiroler Landesfürst Haymon, Innsbruck 2017, ISBN 978-3-7099-3401-2.
  11. Die Handschriften der Ambraser Sammlung in der Österreichischen Nationalbibliothek und im Kunsthistorischen Museum Wien. unesco.at, 2018, abgerufen am 11. Januar 2019.
  12. Wurzbach: Karl, Markgraf von Burgau. Nr. 134. In: Biographisches Lexikon. 6. Theil. Wien 1860, S. 364 (Digitalisat).
  13. Maria. In: Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger, Ueberreuter, Wien 1988, ISBN 3-8000-3247-3, S. 289
VorgängerAmtNachfolger
?Regent (Statthalter) von Böhmen
1547–1567
?
Ferdinand I.
(als Erzherzog von Österreich)
Landesfürst in Tirol, Regent (Statthalter) von Oberösterreich
1564 (1567 Antritt)–1595
Rudolf V. Graf von Tirol, etc.
(Maximilian III. Regent)