Frank Ulrich Montgomery

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. Mai 2020 um 17:57 Uhr durch Kikerikikipedia (Diskussion | Beiträge) (Korrektur "National Academy of Sciences" zu "National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine" (Dachorganisation der ersteren und tatsächlicher Herausgeber der im Artikel zitierten Studie)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Frank Ulrich Montgomery (2019)

Frank Ulrich Montgomery (* 31. Mai 1952 in Hamburg) ist ein deutscher Radiologe. Von 1989 bis 2007 bekleidete er das Amt des Ersten Vorsitzenden des Bundesvorstandes der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, deren Ehrenvorsitzender er seit 2007 ist. Ebenfalls 2007 wurde er zum Vizepräsidenten der Bundesärztekammer berufen. Von 2011 bis 2019 war er deren Präsident.[1][2] Am 16. April 2015 hat der Vorstand des Weltärztebundes (World Medical Association, WMA) Montgomery zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Im Juli 2017 wurde er als Nachfolger von Hermann Stefan Keller Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Apotheker- und Ärztebank. Montgomery wurde auf der Sitzung des Vorstandes des Weltärztebundes am 25. April 2019 in Santiago de Chile einstimmig für zwei Jahre zum Vorstandsvorsitzenden gewählt.[3]

Werdegang

Montgomerys Vater war ein britischer Offizier, der in der Folge des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland gekommen war, seine Mutter eine deutsche Ärztin. Montgomery lebt in Hamburg. Er ist mit einer Ärztin verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Nach dem Medizinstudium in Hamburg und Sydney erhielt er 1979 seine Approbation als Arzt und wurde im selben Jahr promoviert. Seit 1986 ist er Facharzt für Radiologie.

Von 1983 bis 2016 war er zudem Vorsitzender des Landesverbandes des Marburger Bundes in Hamburg. Außerdem sitzt er im Aufsichtsrat der Deutschen Ärzteversicherung und war Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer von 1987 bis 2002. Seit 2006,[4] sowie von 1994 bis 2002, war bzw. ist er Präsident der Ärztekammer Hamburg. In seiner Funktion als Präsident der Bundesärztekammer war er einer der beiden Vorsitzenden des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin.

Montgomery arbeitete bis Ende 2018 als Oberarzt der Radiologischen Klinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.[5] Im Jahr 2012 bekam er vom Senat der Hansestadt Hamburg den Ehrentitel Professor verliehen. Damit soll sein Engagement im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik, der Wissenschaft und der medizinischen Ethik gewürdigt werden.[6] 2013 wurde er mit dem Dr.-Günther-Buch-Preis für Medizin der Johanna-und-Fritz-Buch-Gedächtnis-Stiftung ausgezeichnet.[7]

Von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf hat Montgomery, der auch eine Verbindung zur israelischen Ärztekammer aufgebaut habe, 2019 für seinen Einsatz bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Bundesärztekammer die Josef-Neuberger-Medaille erhalten.[8]

Positionen

Montgomery befürwortete 2001 das Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID).[9] Er sprach sich 2002 gegen den zwangsweisen Einsatz von Brechmitteln zur Beweissicherung aus und befürwortete stattdessen die Verabreichung von Abführmitteln.[10] Er hat eine obligatorische Masern-Impfung befürwortet.[11] Im Mai 2020 sprach er sich für eine obligatorische Corona-Impfung aus, sofern es eines Tages einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 gebe.[12]

Kritik

Als Vizepräsident der Bundesärztekammer erntete Montgomery 2009 Kritik für seine Äußerungen zu einem Bestechungsskandal. Etwa 3000 Ärzte hatten Geld oder Geschenke für die Verschreibung von Ratiopharm-Produkten erhalten und die Staatsanwaltschaft Ulm ermittelte wegen des Verdachts von Betrug und Untreue. Die Geschäftspraktiken der Ärzte mit Ratiopharm bezeichnete er als „ein ganz normales, natürliches Verhalten“ und fügte hinzu: „Man kann doch nicht von den Menschen verlangen, dass, wenn etwas nicht strafbar ist, dass sie das dann schlicht und einfach nicht machen, wenn auch noch die Krankenkassen dabei sparen.“ Dass die Krankenkassen durch die Schmiergeldzahlungen Einsparungen erzielen konnten, halten Experten für unzutreffend, da Produkte von Ratiopharm häufig teurer waren als diejenigen anderer Generika-Hersteller. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Ulm einen Strafbefehl gegen die ersten beiden Ärzte aus dem Verfahren beantragt, die zwischen 2002 und 2005 mit einem Gesamtbetrag von 19.180 Euro von Ratiopharm geschmiert wurden.[13]

Im Juni 2012 stellte der Bundesgerichtshof fest: Vertragsärzte können wegen Bestechung nicht nach dem Strafgesetzbuch belangt werden.[14] Montgomery äußerte sich hierzu, das Gericht sei hier „einen sehr guten Weg gegangen.“[15] Gemäß § 34 der Berufsordnung für Ärzte in Deutschland ist die Annahme von Geld und Geschenken jedoch ein klarer Verstoß und nicht gestattet.[13] Im Januar 2013 hat Montgomery auf die politische Forderung nach einem gesetzlichen Straftatbestand für Bestechung bei Ärzten ablehnend reagiert. „Wir lehnen eine gesetzliche Regelung ab, wenn sie als Lex specialis gegen Ärzte gemacht wird. Wir würden uns aber nicht gegen einen Paragraphen wehren, der für alle Freiberufler gilt – also auch für Architekten, Anwälte oder Journalisten. Er forderte vielmehr eine ‚Schärfung der Ermittlungskompetenzen‘ der Ärztekammern und eine ‚Verbesserung des Strafrahmens‘ im Berufsrecht“.[16]

Ebenfalls wurde Montgomery als verantwortlicher Verhandlungsführer auf Ärzteseite wegen ausbleibender Erfolge bei der Weiterentwicklung der Gebührenordnung für Ärzte kritisiert.

Während der COVID-19-Pandemie wurde ihm im April 2020 vorgeworfen, zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen zu haben und damit seiner Verantwortung nicht gerecht geworden zu sein. Er hatte das Tragen von Schals oder Tüchern als lächerlich bezeichnet.[17] Der Virologe und Epidemiologe Alexander S. Kekulé bezeichnete die Mundschutz-Thesen des Radiologen Montgomery für nicht nachvollziehbar und teils als „krassen Unsinn“.[18] Es wurde Montgomery ein gefährliches Verhalten vorgeworfen, weil er in der Bevölkerung Zweifel an der Maskenpflicht säe. Recht habe er allerdings mit dem Vorwurf, dass es die Politiker in Deutschland nicht geschafft hätten, rechtzeitig genügend hochwertige Masken zu produzieren oder zu importieren.[19] Im April 2020 waren unter anderem die US-amerikanische National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der Auffassung, dass der Einfluss von Stoffmasken auf die zwischenmenschliche Virenübertragung ohne weitere Studien nicht belegt werden kann.[20][21]

Commons: Frank Ulrich Montgomery – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Montgomery neuer Ärztepräsident. In: apotheke-adhoc.de. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Februar 2016; abgerufen am 2. Februar 2015.
  2. Pressemitteilung der Bundesärztekammer auf Bundesaerztekammer.de (Memento vom 30. Dezember 2013 im Internet Archive) (abgerufen am 2. Juni 2011)
  3. Weltärztebund wählt Montgomery zum Vorstandsvorsitzenden, Pressemitteilung Bundesärztekammer, 29. April 2019. Abgerufen am 30. April 2019.
  4. Ärztekammer wählt Montgomery an die Spitze. In: abendblatt.de. 5. Dezember 2006, abgerufen am 2. Februar 2015.
  5. Uwe Groenewold: Tschüss, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. In: uke.de. 30. Januar 2019, abgerufen am 21. Juni 2019.
  6. Ärzte Zeitung: Ehrentitel: Montgomery jetzt 'Professor'. In: aerztezeitung.de. 2. September 2012, abgerufen am 2. Februar 2015.
  7. Elke Bartholomäus: Namen und Nachrichten. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 110, Nr. 18. Deutscher Ärzteverlag, 3. Mai 2013, S. A-891 / B-777 / C-773.
  8. Elke Bartholomäus: Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 117, Nr. 1–2, 6. Januar 2020, S. B 33.
  9. U. Montgomery: Krieg der Ärzte. Die Regierung plant eine ethische Revolution. In: FAZ, 22. Februar 2001.
  10. Sandra Wilsdorf: Die mildeste Folter. Die Tageszeitung, 10. Januar 2002, abgerufen am 24. Mai 2016.
  11. montgomery.de: Masernimpfpflicht ist ein wichtiger Schritt zur richtigen Zeit
  12. Weltärztepräsident spricht sich für Corona-Impfpflicht aus. In: MSN, 20. Mai 2020, abgerufen am 20. Mai 2020.
  13. a b Markus Grill: Fernsehauftritt: Ärzte-Lobbyist verteidigt Schmiergeld für Mediziner. In: Spiegel Online. 17. September 2009, abgerufen am 2. Februar 2015.
  14. BGH, Beschl. v. 20. 7. 2011 – Az. 5 StR 115/11.
  15. hil/aerzteblatt.de: BGH-Urteil bedeutet für Ärzte keinen Freibrief. In: aerzteblatt.de. 25. Juni 2012, abgerufen am 2. Februar 2015.
  16. Bundesärztekammer - Montgomery fordert bessere Ermittlungskompetenzen und höhere Strafen. In: bundesaerztekammer.de. Februar 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2015; abgerufen am 2. Februar 2015.
  17. Lucia Schmidt: Masken tragen können nicht nur Medizinstudenten. In: FAZ online. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. April 2020, abgerufen am 26. April 2020.
  18. Kekulés Corona-Kompaas #36 vom 23. April 2020
  19. Maskenpflicht - Warum jetzt eine Aufklärungskampagne nötig ist
  20. Mary van Beusekum, CIDRAP: Data do not back cloth masks to limit COVID-19, experts say. In: Center for Infectious Disease Research and Policy, University of Minnesota. 9. April 2020, abgerufen am 20. Mai 2020 (englisch).
  21. NDR Info: Schutzmasken richtig tragen und reinigen. In: NDR Ratgeber Verbraucher. Norddeutscher Rundfunk, 29. April 2020, abgerufen am 20. Mai 2020.
VorgängerAmtNachfolger
Jörg-Dietrich HoppePräsident der Bundesärztekammer
2011–2019
Klaus Reinhardt