Gänsemarkt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Mai 2014 um 20:27 Uhr durch Mogelzahn (Diskussion | Beiträge) (→‎Hamburger Zeitungsviertel: Kleinkram). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Lage des Gänsemarktes
Das Lessingdenkmal von Fritz Schaper steht heute vor der Einmündung der Gerhofstraße.

Der Gänsemarkt ist ein öffentlicher Platz an der Ecke Dammtorstraße und Valentinskamp in der Hamburger Neustadt. In den dreieckigen Platz nahe der Hamburgischen Staatsoper münden mehrere Einkaufspassagen sowie an der südöstlichen Ecke auch der bekannte Jungfernstieg.

Anlässlich des 100. Todestages wurde hier 1881 ein von Fritz Schaper entworfenes Denkmal für Gotthold Ephraim Lessing aufgestellt, da Lessing von 1767 bis 1770 in der ehemaligen Hamburgischen Entreprise seine Wirkungsstätte als Dramaturg hatte. Am 18. Juni 1944 stürzte der Luftdruck einer Sprengbombe das Denkmal. 1955 wurde es wieder neu aufgestellt.[1]

Geschichte

Südseite zwischen Gerhof- und ABC-Str.
Bis 1978 fuhr die Straßenbahn am Gänsemarkt
Gesamtansicht der Finanzbehörde von Norden, der Gänsemarkt liegt halb verdeckt links um die Ecke; rechts das Deutschlandhaus und links der Stadtbäcker
Das Deutschlandhaus
(Blickrichtung gen Nordwest)
Die Commerzbank
(Blickrichtung gen Nordost)

Das Gelände wurde 1373 vom damaligen Rat der Stadt (heute der Senat) für eine Erbpacht von 2½ Mark vom Domkapitel sowie vier Schillinge für den bremischen Erzbischof gepachtet, aber erst nach 1600 bebaut. Mit dem Bau der Hamburger Wallanlagen (1616–1625) wurde hier bei Baubeginn ein Kalkhof zur Lagerung des Segeberger Kalkes eingerichtet; noch heute heißt eine der Seitengassen auf der Nordostseite nach diesem Lagerplatz Kalkhof.

Um 1650 erwarb Andreas Heinike das Grundstück Gänsemarkt 44 und errichtete dort eine Bäckerei, die an dieser Stelle bis heute fortgeführt wird. 1655 erhielt der Platz den Namen forum anserum (lat. anser = Gans), seit 1709 ist die Bezeichnung Gänsemarkt üblich. Marktrechte haben hier jedoch nie bestanden. Vermutlich wurden von hier die Gänse vor das Dammtor getrieben. Eine andere Theorie führt den Namen auf den Besitzer eines anliegenden Grundstückes Ambrosius Gosen zurück (plattdtsch. Gos oder Goos = Gans),

Eingehender Artikel: →Oper am Gänsemarkt

Am 2. Januar 1678 wurde hier das Stadttheater als größtes bürgerliches Opernhaus des Barocks eingeweiht, an dem 1704 Georg Friedrich Händel als Geiger im Opernorchester arbeitete. 1722 bis 1738 wurde das Haus von Georg Philipp Telemann geleitet. 1765 wurde das baufällige Opernhaus abgerissen und an seiner Stelle das Hamburger Nationaltheater errichtet, an dem am 22. April 1767 Lessing für drei Jahre die dramaturgische Leitung übernahm. Im gleichen Jahr wurde hier seine Minna von Barnhelm uraufgeführt.

Seit dem Abriss des Hamburger Mariendomes 1805 hatte hier bis 1881 der Hamburger Dom – ein Jahrmarkt zur Weihnachtszeit – seinen Platz, heute findet das „größte Volksfest des Nordens“ dreimal im Jahr auf dem Heiligengeistfeld statt.

1829 war der Kalkhof als Schwiegerstraße entstanden – benannt nach dem Vorbesitzer des Geländes, 1922 wurde diese in Kalkhof umbenannt. Hier entstand ein geschlossener Bordellbezirk, der durch den Tod des dänischen Königs Frederick VIII. am 13. Mai 1912 eine gewisse Berühmtheit erlangte[2].

Seit 1970 gibt es unter dem Gänsemarkt den gleichnamigen U-Bahnhof der Linie U2. 1986 wurde der Platz neu gestaltet, nachdem der Straßenbahnbetrieb 1978 eingestellt wurde. Das Lessing-Denkmal wurde dabei an seine heutige Stelle vor der Gerhofstraße versetzt.

Die Gänsemarktpassage – eine inhäusige Ladenpassage über drei Ebenen hin zu den Colonnaden – entstand 1980, ihr musste u. a. das traditionsreiche Restaurant Emke weichen. In der einstöckigen Ladenfront war bis 1980 die Hauptgeschäftsstelle des Hamburger Abendblattes untergebracht, auch diese musste weichen und befindet sich jetzt einige hundert Meter entfernt im Hamburger Abendblatt- und BILD-Center in der Caffamacherreihe 3.

In diesem Areal zwischen dem Gänsemarkt und den Colonnaden war 1772 ein englischer Reitstall entstanden, dessen Halle 1885 erneuert wurde.

Hamburger Zeitungsviertel

Aus technischen Gründen erfolgte die Produktion von Tageszeitungen bis in die 1970er Jahre stets unter einem Dach. Ende der 1920er Jahre residierten fast alle großen Hamburger Tageszeitungen rund um den Gänsemarkt:[3]

Bauten

An der Einmündung von Valentinskamp und Dammtorstraße kennzeichnen drei charakteristische „runde Ecken“ das Bild der Nordspitze des Platzes.

  • An die Südwestseite grenzt mit dem Bau der Finanzbehörde, ehemals Finanzdeputation, ein Beispiel der klassischen Hamburger Klinker-Architektur, das 1919 von Fritz Schumacher errichtet wurde.
  • Ganz im Nordzipfel liegt das Deutschlandhaus, 1929 von den Architekten Block & Hochfeld errichtet. Nach Entwürfen von Walther Unruh entstand hier mit 2667 Plätzen das größte Kino Europas, der UfA-Palast. Im gleichen Hause war auch das ehemalige Deutsche Familienkaufhaus (DEFAKA) untergebracht.
    Nach Abriss des Deutschen Nationaltheaters 1959 wurde hier der UfA-Palast an neuer Stelle (der Nordostseite des Gänsemarktes) errichtet. Im August 2006 wurde auch der neue UfA-Palast abgerissen und durch ein Bürohaus ersetzt.
  • Die dritte runde Ecke (mit der inzwischen geschlossenen Commerzbank-Filiale) entstand 1985/86 in Anlehnung an die beiden großen gegenüberliegenden Klinkerkomplexe.

Weiter nach Osten, eigentlich schon am Jungfernstieg, liegt die ursprünglich 1781 in der Nachbarschaft errichtete Alte englische Apotheke. Im Nebenhaus hatte die Evangelische Buchhandlung Tuchel (gegründet 1844) bis 1998 ihr Ladengeschäft, hier traf sich der Hamburger Zweig der Widerstandsbewegung Weiße Rose.

Weblinks

Commons: Gänsemarkt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hugo Schmidt-Luchs, Werner Schmidt-Luchs (Hg.) Hamburg Phönix aus der Asche, Bild Seite 50, Harry v. Hoffmann Verlag. Hamburg 1967
  2. Der Tod kam mit dem Sex t.a.z.-Artikel vom 10. März 2003
  3. Clemens Zimmermann (Hg.), Zentralität und Raumgefüge der Großstädte im 20. Jahrhundert, Seite 107, Franz Steiner Verlag 2006, ISBN 3-515-08898-9

Koordinaten: 53° 33′ 18″ N, 9° 59′ 18″ O