Gertrude Wagner

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gertrude Wagner, Linz 1982

Gertrud Irmgard Magdalena Wagner (* 26. Juni 1925 in Graz; † 25. Oktober 2009 ebenda) war Internationaler Schachschiedsrichter und maßgeblich im internationalen Schach tätig. Von 1986 bis 1998 war sie Präsidentin der Zone 2 des Internationalen Schachverbands (FIDE).[1] Die Zone 2 der FIDE wurde beim FIDE-Kongress während der Schacholympiade 1986 in Dubai aus BRD, Liechtenstein, Österreich, der Schweiz und aus politischen Gründen auch Israel gebildet, d. h. Israel wurde Zentraleuropa zugeordnet.[2]

Gertrud Wagner wurde am 26. Juni 1925 als Gertrud Irmgard Magdalena Stein in Graz geboren. Die Eltern waren Ferdinand Josef und Anna Stein. Nach der Schule lernte sie Verkäuferin bei der Firma Palmers. Im Krieg wurde sie dienstverpflichtet im Arbeitsamt Graz. Am 23. April 1949 heiratete sie Karl Wagner (* 7. Jänner 1923 in Graz; † 6. März 1993 in Graz). Am 8. September 1956 kam ihr Sohn Peter und am 3. März 1958 ihre Tochter Elisabeth zur Welt. Gertrud Wagner verstarb am 25. Oktober 2009 in Graz.

Aktive Spielerin

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Gertrude Wagner, Interzonenturniere Rio 1979

Erst 1947 lernte sie Schachspielen, wurde aber schon 1951 Österreichische Staatsmeisterin. Das Turnier wurde vom 11. bis 15. Juni in Wien ausgetragen. In den darauf folgenden Jahren ging Gertrud Wagner (von allen liebevoll Gertrude oder Gerti genannt) mit dem Schachklub Arland auf mehrere Tourneen.

Funktionärstätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Karpow – Kortschnoi, 1981 in Meran

Nach mehreren Jahren der ehrenamtlichen Tätigkeit beim Landesverband Steiermark wurde sie 1971 zum Bundesspielleiter des Österreichischen Schachbundes gewählt. Damit begann ein steiler Aufstieg. Schon 1972 errang sie den Titel „Internationaler Schiedsrichter“ des Weltschachbundes.[3] Damit waren sie und ihr Gatte Karl das einzige Ehepaar auf der Welt mit dieser Bezeichnung.[4]

Großes Wissen und souveränes Verhalten als Schiedsrichter waren Grundlage ihrer Erfolge. So wurde sie 1975 als Schiedsrichter beim Schachfestival Pula (Jugoslawien) – mit 280 Mannschaften aus 8 Nationen berühmt.[5] Außerdem war sie 1976 beim internationalen Großmeisterturnier in Kapfenberg Schiedsrichter.[6]

Zusammen mit ihrem Gatten Karl gründete sie 1976 den Mitropacup, den sie über Jahre selber leitete.

Gertrud Wagner leitete 1979 das Zonenturnier der Damen in Tel Aviv, 1993 das Zonenturnier in Graz[7] sowie das Zonenturnier der Damen am gleichen Ort und 1979 das Interzonenturnier der Damen in Rio de Janeiro. Schiedsrichter beim Interzonenturnier der Herren 1979 in Rio waren Harry Golombek und Gertrude Wagner.[8]

Im Jahre 1980 wurde sie als Schiedsrichter beim Viertelfinalwettkampf des Kandidatenturniers zur Weltmeisterschaft 1981 zwischen Viktor Kortschnoi und Tigran Petrosjan in Velden eingesetzt. Ein Wettkampf, der bereits im Voraus als ausgesprochen schwierig zu leiten taxiert wurde, da die beiden Spieler, Petrosjan, der frühere Weltmeister und Kortschnoi, der inzwischen als Dissident die Sowjetunion verlassen hatte und als staatenlos geführt wurde, welche zum vierten Mal in Folge in einem Kandidaten-Zyklus zur Weltmeisterschaft aufeinander trafen, nicht mehr miteinander sprachen.[9] Während 1983 die Ausscheidungskämpfe Hübner-Smyslow und Kortschnoi-Portisch in Velden stattfanden, leitete Gertrude Wagner das Viertelfinalmatch des Kandidatenturniers der Damen zur Schachweltmeisterschaft der Frauen 1984 zwischen Liu Shilan und Nana Iosseliani.[10]

Weiterer Höhepunkt ihrer Schiedsrichterkarriere war der Weltmeisterschaftskampf 1981 zwischen Anatoli Karpow und Viktor Kortschnoi in Meran mit Hauptschiedsrichter Paul Klein aus Ecuador.[11] Karpow blieb damals Weltmeister.

Gertrude Wagner war Schiedsrichter bei den Schacholympiaden 1980 auf Malta, 1982 in Luzern, 1984 in Thessaloniki, 1986 in Dubai, 1990 in Novi Sad und 1994 in Moskau. Im Jahre 1998 leitete sie die Senioren-Weltmeisterschaft in Grieskirchen.[12]

Gertrude Wagner war ab 1978 in der Regelkommission der FIDE.[13]
Im Jahre 1982 wurde sie in das Qualifikationskomitee des Weltschachbundes berufen.

Bürger der Stadt Graz (1996)

Postum wurde 2013 nach ihr die Gertrud-Wagner-Allee in Graz benannt.[25]

  • Schach in Österreich – gestern heute morgen. 3., erw. Auflage. Österreichischer Schachbund, Schach-Aktiv, Graz 2010, DNB 1030580332
  • WEG. Nach der Grazer Schach-Ikone und Vorreiterin Gertrude Wagner soll eine Straße benannt werden. 14 der Grazer, 6. Oktober 2013.
Commons: Gertrude Wagner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924–2002. Euroadria, Slovenia 2002, S. 13.
  2. Kurt Jungwirth: Licht und Schatten in Dubai. In: Schach Aktiv. 1/1987, S. 3 (Bericht über FIDE-Kongress und ECU).
  3. Urkunde Internationaler Schiedsrichter für Gertrude Wagner, von der FIDE 1972 ausgestellt.
  4. Internationale Schiedsrichter in Österreich. Schach in Österreich - gestern heute morgen, 3. erw. Auflage. Österreichischer Schachbund Graz 2010, S. 57 (Würdigung und Bild des Ehepaars).
  5. Gertrude Wagner: Schachfestival 1975 in Pula, handschriftliche Notizen
  6. Gertrude Wagner als Schiedsrichter beim Internationalen Turnier 1976 in Kapfenberg, Bericht und Tabelle
  7. Kreuztabelle des Zonenturniers 1993 in Graz, Dokument der Schiedsrichterin Gertrude Wagner.
  8. H. Benesch: Auf dem Weg zur WM 1980 - Interzonenturnier in Rio. Schach Aktiv 11/1979, S. 239 (Bericht und Kreuztabelle).
  9. VELDEN: Viktor Kortschnoj - Tigran Petrosjan. Schach Aktiv 3/1980, (Bericht)
  10. Nach 7:7 entschied die Kugel für Smyslow. Kortschnoi siegte über Portisch 6:3. Schach Aktiv 5/1983 (Berichte, Bilder)
  11. https://www.chessgames.com/perl/chessplayer?pid=40133 in Englisch
  12. 8. Weltmeisterschaft der Senioren und Seniorinnen 1998 in Grieskirchen auf TeleSchach
  13. Gerti Wagner 1978 in die FIDE-Regelkommission berufen Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  14. Ehrenzeichen in Gold des Landesverbandes Steiermark des Österreichischen Schachbundes, 1970 Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  15. Ehrenzeichen in Gold des Landesverbandes Steiermark der Österreichischen Turn- und Sportunion, 1977 Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  16. Ehrenzeichen in Gold des Österreichischen Schachbundes Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  17. Großes Ehrenzeichen des Landes Steiermark, 1981 Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  18. Ehrenzeichen der Landeshauptstadt Graz in Gold, 1985 Dokument aus Nachlass Gertrude Wagner
  19. Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich, Urkunde zur Verleihung an Gertrude Wagner. Präsidentschaftskanzlei, Juli 1987.
  20. Goldenes Ehrenzeichen der Republik Österreich, Brief Erster Landeshauptmannstellvertreter Hans Gross an Gertrude Wagner, 7. Dezember 1987.
  21. Ehrenmitglied der Generalversammlung des Weltschachbundes FIDE, gezeichnet von Kirsan Iljumschinow am 1. Dezember 1998.
  22. Ehrenmitglieder der FIDE auf FIDE (englisch)
  23. Eintragung ins Goldene Buch des Weltschachbundes FIDE, gezeichnet von Kirsan Iljumschinow am 20. November 1999.
  24. Ehrenmitgliedschaft des Österreichischen Schachbundes für Gertrude Wagner, Brief von Präsident Kurt Jungwirth, Graz 5. Januar 2001.
  25. Straßenschild der Gertrude-Wagner-Allee in Graz auf TeleSchach