Hüttenbrennen

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Hüttenbrennen auf der Prümerburg in Prümzurlay

Das Hüttenbrennen, teilweise auch als Burgbrennen bezeichnet, ist ein althergebrachter Feuerbrauch in vielen Orten der Eifel. Er wird jedes Jahr an „Schafssonntag“ (Moselfränkisch: „Schoof-, Schoofs-, Schöf-, Schoaf-, Schaufs-, Scheifsunndich“ oder „Scheefsunndich“ [Scheef=Strohbund]), dem ersten Sonntag nach Fastnacht, auch „Funkensonntag“, begangen.[1][2]

Ablauf

Das Hüttenbrennen wird in jedem Eifelort etwas anders gehandhabt. Gemeinsam ist allen Orten, dass die – meist männliche Dorfjugend – Stroh und andere brennbare Materialien sammelt. Auf den meisten Dörfer sammelt man das Material nur sonntags; manche tragen aber auch schon viele Wochen vorher gebundenes Reisig aus den nahe gelegenen Fichtenwäldern zusammen. Diese werden dann zu einem aufgeschichteten Haufen, meist auf einer erhabenen Stelle, zusammengetragen, welcher nach Anbruch der Dunkelheit entzündet wird. In vielen Orten wird das Brennmaterial auch mit einem Holzkreuz bestückt, das ebenfalls mit Stroh etc. ausstaffiert wird. An einigen Orten wird bereits samstags mit den Vorbereitungen begonnen.

In manchen Orten, wie Gees, Neroth, Steffeln, Walsdorf, Pellingen, Franzenheim (Trier-Saarburg), wird zur Wintervertreibung ein Feuerrad den Berg hinunter gerollt (Moselfränkisch: "Radscheewen, Radscheywen, Radschiwwele, Raderscheiben"). Das Rad symbolisiert die lebenspendende Frühlingssonne - auch Freudenrad genannt.

Im Anschluss an das Feuer zieht die Dorfjugend in der Regel von Haus zu Haus, um sich die Belohnung für die getane Arbeit abzuholen. Diese besteht in der Regel aus Eiern, die nach dem Einsammeln gemeinsam in Form von Rührei verzehrt werden. Geld wird natürlich auch nicht verschmäht. An einigen Orten wird das Feuer auch traditionsgemäß von der Freiwilligen Feuerwehr bereitet, die dann von Haus zu Haus zieht, um sich bewirten zu lassen. Es gibt jedoch auch Orte, in denen die jüngst zugezogenen Einwohner die Jugendlichen bewirten, oder wo nur die Junggesellen die Eier einsammeln und verspeisen dürfen.

In einzelnen Orten der Eifel ist es Brauch, am Schafsonntagabend bei demjenigen Paar die Eier und Nautzen (Krapfen) zu verspeisen, das zuletzt geheiratet hat oder neu ins Dorf gezogen ist. Teilweise hat sich dies auch in örtliche Lokale etc. verlagert.

Ablauf in Bildern

Verse

Während des Sammelns wird an jedem Haus ein von Ort zu Ort variierender Spruch aufgesagt.

Ein Spruch aus Malbergweich[3]
Für den armen Feuermann,
wollen wir paar Eier hann.
Die folgenden Verse sind aus Prümzurlay überliefert
Eier rouß, Eier rouß,
Oder de Wiesel kennt ant Hous,
Een Ei, kän Ei,
Zwä Eier, Ustaeier,
Drei Eier, Klabbaeier,
Ver Eier, Hetteneier!

Das Interessante an diesem Spruch ist, dass beim Brauch des Klapperns der gleiche verwendet wird; lediglich die letzten beiden Zeilen werden dabei vertauscht. Dies zeigt auch den Zusammenhang des Brauchtums. In aller Regel nehmen beim Brauch des Klapperns jüngere Kinder teil (die „Klapperjungen“), die dann ab einem gewissen Alter zu den „Hüttenjungen“ wechseln. Auch dies variiert jedoch von Ort zu Ort.

Liedtext der Kinder und Jugendlichen aus Utscheid-Rußdorf
Streißchen ob dem Sterchen,
liechten mengem Herr sching.
Gelen Foden om dat Hous,
dält da Fosicht Ajer ous,
än Äh oder zwäh,
drej soll da gewehen,
gleckseelisch soll da sterwen.
Petrus as den hellien Man,
deen den Hiemel ob´schlessen kaan.
Stellt de Lader un de Wand,
hullt eh Meesser an de Hand,
schnett en decke fette Greev,
dat de Kärchjen iwerlääääft.
Ein rheinisches Heische- und Bettellied (Rhein. Archiv)[4]
Streißchen ob dem Sterichen,
Ech leichten mengem herrichen,
E gellen Fodem um et Haus
Speck on Aier on Mähl heraus
Oder ech schecken euch de Wolf an et Haus.
In Alsdorf (Eifel) ist am 1. Fastensonntag folgendes zu hören
De Hett as ouß, Eier rouß,
Sieven Eier oder en aal Hohn.
In Niersbach heißt es
De Hett as verbrannt,
et kemmt nei ant Land,
ma kommen ophewen
fier et Strieh zu bezollen.
In Hüttingen an der Kyll heißt es
Hei kommen die Hättinger Jungen,
sei heschen Bieren un Bungen,
Bieren un Bungen as got Speis,
gägisch Noaren sein net weis.
Ent, zwei, drei, Hanes komm herbei,
schneid en decken Greven an dä Koref,
dat en iwa left.
Spruch beim Strohsammeln in Kerschenbach (Eifel)
Strüh, Strüh
zur neuer Burch,
die ahl jitt verbrannt,
die neu kütt ent Land.
Jitt oss eh jot Scheutche,
su deck wie en Perdslief,
dann jit ühr Kohr och zu allerischt riief.
Spruch beim Eiersammeln nach dem Hüttenbrennen in Kerschenbach (Eifel)
Hie kun mer jejange
de Burch`eier ze fange,
un wenn Ihr oss kein Eier jitt,
dan woll mer och ühr Mädcher nett.
Spruch in Auw bei Prüm (Eifel)
Groß groß Krummen,
de Hohner pecken Dreck.
Jett ma eh jut Steck Speck,
da jomar von da Dürre weg
Spruch beim Strohsammeln in Habscheid (Eifel)[5]
Strieh, Strieh zur neijer Burisch,
die aal die oss verbraant,
die neij die kennt ont Laand,
we kee Strieh jet, krett de Lepp verbraant.
Spruch beim Eiersammeln in Habscheid (Eifel)
Eier, Eier, Eier rouß,
wä keen Eier jett,
krett de Wolef ont Hous

Herkunft

Steffeln (Eifel); brennendes Feuerrad
Radscheewen in der Eifel

Der genaue Ursprung des Brauches ist unklar. Vermutlich handelt es sich um eine Adaption heidnischer Traditionen, wobei mit dem Feuer zur Zeit des Frühlingsanfangs symbolisch der „Winter verbrannt“ und ein guter Sommer heraufbeschworen werden soll. Eine explizite Erwähnung gab es bereits 1687, da der Bischof den Brauch wegen "abergläubischer Segnungen" untersagte.[6] Im Zuge der Christianisierung wurde schließlich der heidnische Brauch durch Einbringen des Kreuzes legalisiert. Der Verzehr der Eier und anderer Leckereien sowie mitunter auch von Bier und Hochprozentigem am Schafsonntag, dem ersten Fastensonntag, widerspricht nicht den Geboten der Fastenzeit, da die Sonntage nicht zur Fastenzeit gerechnet werden.

Matthias Paas aus Hüttingen a. d. Kyll fand folgendes in alten Verwaltungsakten: „Im Mittelalter herrschte die "Dreifelderwirtschaft". Kunstdünger kannte man noch nicht. Um den ausgelaugten Boden wieder vollwertig zu machen, wurde jedes Jahr ein bestimmter Flur zweimal im Jahr gepflügt, aber nicht bebaut, das heißt, die Äcker wurden "gebracht". Die anderen Fluren waren mit Hackfrüchten bepflanzt oder mit Spelz eingesät. Damit jeder wußte, welcher Flur "gebracht" wurde, zündeten die Eigentümer des Flures am Anfang des Jahres an einer bestimmten Stelle ein großes Feuer (Hett = Stroh und Reisig) an.“[7]

Siehe auch

  • Burgbrennen (sehr ähnlicher Brauch in Luxemburg)[8]
  • Funkenfeuer (ähnlicher Brauch im schwäbisch-alemannischen Raum)
  • Feuerrad (ähnlicher Brauch in Westfalen, Hessen, Bayern, Schweiz)
  • Osterfeuer (ähnlicher deutscher Brauch in der Osterzeit)
  • Sechseläuten (ähnlicher Schweizer Brauch in Zürich)
  • Biikebrennen (ähnlicher Brauch in Nordfriesland)

Weblinks

Commons: Hüttenbrennen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Bores, Heinz: Hüttenbrennen. In: Der Heimatbote. - H. 1 (1997), Seite 7-8. - Ill. Vereinsschrift des Heimatvereins Irrel e.V.. – Irrel.
  • Buhrke, Heinz-Jürgen: Radschieben in Neroth. In: Nerother Hefte. - 14 (2000), Seite 18-22. - Ill. Hrsg.: Heimatverein Neroth. – Neroth.
  • Der Burgsonntag oder Scheefsonntag. Uraltes Brauchtum, das sich über die Jahrhunderte in der Westeifel lebendig erhalten hat. In: Trierische Landeszeitung. - Nr. 1950. 47.
  • Dietzen, Inge: Klappern, Jaudesjagen und Eierheischen : alte, neue und bereits vergessene Bräuche in der Karwoche und an Ostern. In: Jahrbuch für den Kreis Cochem-Zell. - (2016), Seite 55-60. - Illustrationen. - (Schwerpunktthema: Sitten und Gebräuche im Jahresablauf). Hrsg.: Kreisverwaltung Cochem-Zell. – Cochem.
  • Grasediek, Werner: Vom Steffelberg rollt das Feuerrad. In: Landkreis Daun: Jahrbuch. - (2003), Seite 112-115. - Ill. Hrsg. Kreisverwaltung Daun. – Monschau.
  • Heinz, Andreas / 1941-: Eifeler Fasten- und Osterbräuche : Vortrag im Kreismuseum Bitburg-Prüm in Bitburg am 31. März 2006. In: Beiträge zur Geschichte des Bitburger Landes. - 62/63 = 16 [vielm.: 17] (2006), 1/2, S. 42-50. Hrsg.: Geschichtl. Arbeitskreis im VBW Bitburg-Land. – Bitburg.
  • Hunz, D und Meyer, A: Radscheywen : ein Brauchtum im Wandel der Zeiten. In: Nerother Hefte. - 5 (1991), Seite 36-42. Hrsg.: Heimatverein Neroth. – Neroth.
  • Jung, Mathilde / 1884–1963: Weihnachten und Ostern im Brauchtum der Heimat. In: Pfälzer Diakonissenhaus (Speyer): Pfälzer Diakonissenhauskalender. - 66 (1953)'52, S. 67-71. - Ill.
  • Koch, Walter: Das Feuerrad von Pellingen. In: Landkreis Trier-Saarburg: Jahrbuch Kreis Trier-Saarburg. - (2010), Seite 157-159. - Ill. Hrsg. v. d. Kreisverwaltung Trier-Saarburg. – Trier
  • Mayer, Alois / 1942-: Hüttensonntag, Scheefsonntag, Feuersonntag. In: Steineberg: Steineberg in Geschichte und Geschichten. - Nr. 4 (1998), Seite 21-23. - Ill.
  • Mayer, Alois / 1942-: "Scheef"-Sonntag hat nichts mit "Schieben" zu tun: ein Beitrag zum Eifeler Dialekt. In: Die Eifel. - 87 (1992), Seite 88-91. - Ill.
  • Meyer, Norbert: Das Hüttenbrennen am Schaffsonntag. In: Ous der Heemicht. - Nr. 16 = 15 (2005), S. 9. - Ill. Hefte zur Heimatkunde / Verein f. Heimatkunde in d. Verbandsgemeinde Neuerburg e.V. – Neuerburg.
  • Schad, Hans-Josef: Burgsonntag. Notwendige Gedanken und Anregungen zu einem alten Brauch. In: Prümer Land. - Jg. 8. 1978. S. 9.
  • Schlöder, Bernd: Höttenboom 2005. In: Heana-Blaad. - Ausg. 45 (2005), Seite 6-8. - Ill. [Verbrennen des Hüttenbaumes] . Zeitschrift: Mettericher Heana-Blaad : erste unabhängige Dorfzeitung in Rheinland-Pfalz . Hrsg.: Ortsgemeinde Metterich. – Metterich
  • Schmitt, Heinz: Gebt uns Eure Bohnen, Petrus wird es lohnen: ein altes Heischelied aus Oberstadtfeld. In: Landkreis Vulkaneifel: Jahrbuch / Landkreis Vulkaneifel. - (2007), Seite 221-223. Hrsg. Kreisverwaltung Daun. - Monschau
  • Schmitz, Heinz: Scheefsondisch (Scheefsonntag) - treu überlieferter Name und Brauch. In: Weidenbach / Herausgeber: Ortsgemeinde Weidenbach ; Redaktion: Heinz Altenhölscher (Weidenbach), Bernhard Dartsch (Weidenbach), Heinz Schmitz (Gerolstein), Gerd Stolz (Landscheid). - Weidenbach : Ortsgemeinde Weidenbach, [2016]. - Seite 397-399. – Illustrationen.
  • Scholzen, Reinhard / 1959-: Gemeinsam das Rad schieben. In: Landkreis Vulkaneifel: Jahrbuch / Landkreis Vulkaneifel. - (2017), Seite 71-73. – Illustrationen. Hrsg. Kreisverwaltung Daun. – Monschau.
  • Schröder, Joachim: Strohmann, Fackeln und Räder bestimmten den Winteraustrieb : Burgfeuer als ehemaliger Vegetationskult und Wachstumszauber. In: Zwischen Venn und Schneifel. - 31 (1995), Seite 53-55. - Ill. Zeitschrift für Geschichte, Folklore und Kultur. - Brüssel.
  • Steffens, Reinhard: Das Feuerrad rollt zu Tale. Altes Brauchtum in Oberstadtfeld gepflegt. In: Heimat-Jahrbuch Kreis Daun Vulkaneifel. 1986. S. 19o-191. 2 Abb..
  • Willems, Anton: Das Feuerrad. In: Pellingen: Chronik von Pellingen / [Hrsg.: Ortsgemeinde Pellingen. Autoren: Anton Willems ... ]. Pellingen, [2005]. - S. 719-721. - Ill.
  • Zender, Arnold: Kultur, Brauchtum, dörfliches Miteinander : Scheefsunndich und Hüttenbrennen. In: Idenheim: Idemer Dorfzeitung. - Ausg. 5 (2011), Seite 4-6. - Ill. Idemer Dorfzeitung. – Idenheim.

Einzelnachweise

  1. Hüttenbrennen in der Eifel. Abgerufen am 8. Mai 2016.
  2. Strohmannstag in der Eifel. Abgerufen am 16. Mai 2016.
  3. malbergweich.de (Brauchtum -> Hüttenbrennen)
  4. Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens: Freen - Hexenschuss. Herausgeber: Eduard Hoffmann-Krayer. Liedtext Seite 583
  5. Verse in Habscheid (PDF-Seite 24). Abgerufen am 25. Juli 2017.
  6. Heinz, Andreas. Beiträge zur Geschichte des Bitburger Landes. S. 42-50/ Hrsg.: Geschichtlicher Arbeitskreis Bitburg
  7. Kreisverwaltung Bitburg (Hrsg.): Heimatkalender für den Landkreis Bitburg-Prüm (= Beitrag von Matthias Paas, Hüttingen a. d. Kyll). Paulinus-Druckerei GmbH, Trier 1991, S. 198–200.
  8. Burgbrennen in Luerenzweiler (Luxemburg). Abgerufen am 16. Mai 2016.