Hambacher Schloss

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Hambacher Schloss
Hambacher Schloss von Südosten (Rheinebene)

Hambacher Schloss von Südosten (Rheinebene)

Alternativname(n) Kästenburg/Kestenburg/Keschdeburg, Maxburg
Staat Deutschland
Ort Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Hambach
Entstehungszeit 11. Jahrhundert
Erhaltungszustand teilrestauriert
Ständische Stellung Ministerialen (Bistum Speyer bzw. Kaiser des HRR)
Geographische Lage 49° 19′ N, 8° 7′ OKoordinaten: 49° 19′ 29,9″ N, 8° 7′ 5,4″ O
Höhenlage 379,2 m ü. NHN
Hambacher Schloss (Rheinland-Pfalz)
Hambacher Schloss (Rheinland-Pfalz)
Blick auf den Hambacher Schlossberg

Das Hambacher Schloss (früher Kästenburg, im Volksmund auch Maxburg) beim Ortsteil Hambach der rheinland-pfälzischen Stadt Neustadt an der Weinstraße wurde im Mittelalter als Burg erbaut und in der Neuzeit schlossartig ausgestaltet. Wegen des 1832 dort ausgerichteten Hambacher Festes gilt es neben der Frankfurter Paulskirche als wichtigstes Symbol der deutschen Demokratiebewegung.

Geographische Lage

Das Hambacher Schloss steht westlich oberhalb der Oberrheinischen Tiefebene auf dem Osthang der Haardt, einem Gebirgszug im Osten des Pfälzerwaldes. Es befindet sich südwestlich oberhalb der Ortschaft Hambach und westlich oberhalb von Diedesfeld auf dem nach ihm benannten Schlossberg (379,2 m ü. NHN).[1]

Geschichte

Frühe Geschichte

Die ursprüngliche Anlage stammte aus dem 11. Jahrhundert und gehörte zum Eigentum der Salier. Weil sie an strategisch günstiger Lage auf dem Hambacher Schlossberg errichtet wurde, beherrschte sie sowohl als Schutz- wie auch als Raubritterburg die sich bei Neustadt kreuzenden Handelswege und ebenfalls die Nordroute des vorderpfälzischen Abschnitts des Jakobswegs.

Der Speyerer Bischof Johannes I. († 1104), der verwandtschaftlich mit den Saliern verbunden war, vermachte die Burg dem Bistum Speyer, dem sie über Jahrhunderte bis zum Ende der Feudalzeit gehörte. Viele Speyerer Bischöfe haben zeitweise hier residiert; Nikolaus von Wiesbaden empfing am 12. Juni 1388 in der Burgkapelle die Bischofsweihe.

1552 eroberten Truppen des Markgrafen und Söldnerführers Albrecht Alcibiades die Burg und brannten sie nieder. Bischof Marquard von Hattstein ließ sie notdürftig wieder aufbauen. Die Anlage diente danach einem bischöflichen Förster als Domizil.

Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde die marode Veste 1688 von den Franzosen niedergebrannt und blieb Ruine. Lediglich die dem Heiligen Michael geweihte Burgkapelle wurde nochmals aufgebaut und am 9. Juli 1723 wieder eingeweiht. Französische Revolutionäre plünderten diese am 30. Juli 1794 erneut und zerstörten sie. Die dort bisher von den Gläubigen verehrte Figur des Erzengels Michael banden sie dabei zum Spott an den Schweif eines Pferdes und ritten damit durch die Straßen. Die gesamte Burgruine fiel zunächst an den französischen Staat, später an das Königreich Bayern.[2][3]

Hambacher Fest

Der Zug zum Hambacher Schloss 1832

1832 wurde die Schlossruine durch die sechstägige Protestveranstaltung (27. Mai bis 1. Juni 1832) von etwa 30.000 Menschen zum Schauplatz der frühen Demokratiebestrebungen auf deutschem Boden.

Anlass war die Unzufriedenheit der pfälzischen Bevölkerung über Repressionsmaßnahmen der bayerischen Verwaltung. Diese hatte in den Jahren nach 1816 wichtige Errungenschaften zurückgenommen, die dem Volk in der Zeit der Besatzung durch Frankreich gewährt worden waren. Nachdem die bayerische Obrigkeit eine strenge Zensur eingeführt und politische Kundgebungen verboten hatte, gaben die Organisatoren die Veranstaltung als „Volksfest“ aus. Die Pfälzer fanden Unterstützung bei zahlreichen anderen Volksgruppen und Einzelpersonen. Seit jenem Fest gilt das Hambacher Schloss als Sinnbild der Demokratie in ganz Deutschland.

Neuzeit

Wiederaufbauprojekt Maximilians von Bayern

Aufriss der Ruine 1842 vor dem 1844 begonnenen Umbau
Umbauentwurf von August von Voit, etwa 1844

1842 machten die königstreuen Eigentümer die Burgruine dem bayerischen Kronprinzen und späteren König Maximilian II. zum Hochzeitsgeschenk. Seither wird das Schloss im Volksmund auch „Maxburg“ genannt. 1844 begann Bayern mit dem Wiederaufbau, zu dem August von Voit die Pläne lieferte. Obwohl dieser entsprechend dem Zeitgeschmack keine Rekonstruktion der mittelalterlichen Burg beabsichtigte, zeigen die Pläne zum neugotischen Schlossbau in Anlehnung an Hohenschwangau einen vergleichsweise behutsamen Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz. So gehört von den so neugotisch anmutenden Erkern der Ostfassade der linke tatsächlich zur mittelalterlichen Burg. Frei erfunden sind an der Fassade lediglich das Maßwerk der Fenster und der Zinnenkranz. Bereits zwei Jahre nach dem Baubeginn gerieten die Arbeiten ins Stocken und kamen endgültig in den Revolutionsjahren 1848/49 zum Erliegen. Ausgeführt wurde lediglich die Hauptfassade des Wohnbaus sowie als Torso der seitlich und rückwärtig vom Hauptbau gelegene Altan. Über mehr als ein Jahrhundert blieb das Hambacher Schloss eine offene Bauruine.

Renovierungen seit dem 20. Jahrhundert

Das Schloss gelangte ins Eigentum des Landkreises Bad Dürkheim, als dieser 1969 Rechtsnachfolger des aufgelösten Landkreises Neustadt an der Weinstraße wurde. 2002 wurde es in eine neu gegründete Stiftung eingebracht, die Stiftung Hambacher Schloss, deren Träger das Land Rheinland-Pfalz, der Bezirksverband Pfalz, der Landkreis Bad Dürkheim und die Stadt Neustadt an der Weinstraße sind. Der Bund unterstützt die Stiftung finanziell.

Zum 150-jährigen Jubiläum des Hambacher Festes wurde das Schloss zwischen 1980 und 1982 für rund 12 Mio. DM (etwa 6 Mio. €) fast vollständig restauriert. Des Weiteren wurde die erste Dauerausstellung im Hambacher Schloss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seit 1982 kamen bisher drei Dauerausstellungen, die letzte im Rahmen der großen Umbaumaßnahmen 2007/2008. Diese, mit dem Namen Hinauf, hinauf zum Schloss befindet sich seit Oktober 2008 in der 5. Etage.

Eine weitere Renovierung wurde 2006 begonnen und führte in ihrer ersten Phase zur Sperrung des Schlosses für den Besucherverkehr vom 17. Juli 2006 bis zum 24. Mai 2007. Dabei erfolgten unter anderem behindertengerechte Installationen samt Einbau eines Aufzuges. Zum 175-jährigen Jubiläum 2007 wurde das Schloss für ein halbes Jahr wieder geöffnet und zeigte in einer Ausstellung die geplanten Umbaumaßnahmen im Kontext der geschichtlichen Entwicklung der Burg bzw. des Schlosses. In der zweiten Phase der Renovierung, vom 4. November 2007 bis zum 7. November 2008, war das Gebäude wiederum für Besucher geschlossen. Die in dieser Umbauphase durchgeführten Maßnahmen, insbesondere die Entfernung einer erst 1980 eingezogenen großflächigen Holzdecke, wurden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Der Bauabschnitt 2009–2011 umfasste den Neubau eines Restaurants[4] mit über 100 Sitzplätzen.[5] Der Umbau und die Umgebung angepasste Erweiterung des Schweizer Architekten Max Dudler wurde 2012 mit dem DAM Preis für Architektur in Deutschland des Deutschen Architekturmuseums ausgezeichnet.[6]

Veranstaltungen und Tourismus

Während der Zeiten seiner Öffnung ist das Schloss Museum und Tagungs­stätte mit rund 200.000 Besuchern pro Jahr. Die Ausstellung zeigt die Ereignisse von 1832, ihre Voraussetzungen und Nachwirkungen in Deutschland und Europa.[7]

Ganzjährig finden dort Veranstaltungen und Empfänge des Landes Rheinland-Pfalz, des Landkreises Bad Dürkheim sowie der Stadt Neustadt an der Weinstraße statt. Ein bedeutender Gast war am 6. Mai 1985 US-Präsident Ronald Reagan mit einer Rede „an die Jugend der Welt“. Auch deutsche Bundespräsidenten verbinden ihren Antrittsbesuch in Rheinland-Pfalz meist mit einer Visite der historischen Stätte.

Zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten wurde am 1. April 2007 erstmals der Hambacher-Schloss-Marathon durchgeführt, der von Neustadt hinauf zum Schloss und über verschiedene Weindörfer zurück nach Neustadt führte.[8] Von mehr als 2350 gemeldeten Teilnehmern – Profis und Amateuren – waren schließlich 2200 am Start.[9] Hauptredner des Festaktes am 27. Mai 2007 war der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker.[10] Bereits am 11. Mai 2007 war beim Mundartwettbewerb Dannstadter Höhe das Gedicht von Albert H. Keil „Nuff uffs Schloss“[10] mit einem Preis ausgezeichnet worden. Um ebenfalls an das historische Hambacher Fest zu erinnern, gingen am 19. Juni 2007 mehr als 11.000 pfälzische Schüler auf der überlieferten Route von Neustadt bzw. von Kirrweiler hinauf auf's Schloss und feierten dort das vom Bezirksverband Pfalz organisierte „Hambacher Fest der Jugend“.[11][12]

Bedeutung

Die „Maxburg“ gilt speziell bei Mitgliedern studentischer Verbindungen als nationales Denkmal und Symbol der Freiheit und Brüderlichkeit; das Bauwerk so zu nennen hat deshalb insbesondere unter Studenten und Akademikern den Charakter eines Codes der Zugehörigkeit. Das Schloss ist eine Station der 2007 eingerichteten Straße der Demokratie, die von Frankfurt bis nach Lörrach führt.

2015 wurde das Hambacher Schloss von der Europäischen Kommission zum Europäischen Kulturerbe erklärt und mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.[13] Das restaurierte Bauwerk und seine Präsentation im Internet stünden „symbol- und beispielhaft für die europäische Einigung sowie für die Ideale und die Geschichte Europas und der Europäischen Union“.[14]

Verkehrsanbindung und Wandern

Östlich, südlich und westlich um das Hambacher Schloss herum führen auf den Hängen des Schlossbergs die ineinander übergehenden Kreisstraßen 9 und 14, die südliche und nördliche Ortslagen von Hambach miteinander verbinden. Etwas südöstlich der Burgschenke Rittersberg (Hotel, Restaurant, Café) erreicht diese als Einbahnstraße angelegte Straßenachse am südöstlich vom Rittersberg (531,8 m; Südostsporn der Hohen Loog, 618,7 m) gelegenen Kreuzungspunkt mit mehreren Waldwegen 339,1 m Höhe. Dort liegt ein Wandererparkplatz, von dem aus das Schloss (40 m Höhenunterschied, etwa 300 m befestigte Wegstrecke, mit Sondergenehmigung befahrbar) erreicht werden kann.

Das Schloss ist gut an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden. Ganzjährig verkehrt zum vorgenannten Parkplatz die Buslinie 502 der Firma Imfeld. Die Busse fahren täglich etwa alle 60 Minuten und sind in den Rheinland-Pfalz-Takt des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) am Hauptbahnhof Neustadt an der Weinstraße eingebunden. Auf der Linie gilt der Tarif des VRN. Auch das Rheinland-Pfalz-Ticket sowie das Saarland-Ticket (Ländertickets) und das Schönes-Wochenende-Ticket werden auf dieser Linie anerkannt.

Vorbei am Schlossberg führen die Nordroute der Pfälzer Jakobswege und der Pfälzer Keschdeweg. Vom Berg aus bietet sich ein weiter Blick etwa 200 m hinunter auf die Rebenhügel beiderseits der Deutschen Weinstraße und auf die sich östlich anschließende Rheinebene.

Galerie

Literatur

  • Alexander Thon (Hrsg.): … wie eine gebannte, unnahbare Zauberburg. Burgen in der Südpfalz. 2., verb. Auflage. Schnell und Steiner, Regensburg 2005, ISBN 3-7954-1570-5, S. 68–73.
  • Alexander Thon, Stefan Ulrich, Dieter Barz: Kästenburg. In: Jürgen Keddigkeit (Hrsg.): Pfälzisches Burgenlexikon. Beiträge zur pfälzischen Geschichte. Band 12/3. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2005, ISBN 3-927754-51-X, S. 83–100.
  • Alexander Thon, Stefan Ulrich: Hambacher Schloss. Kästenburg – Maxburg. 6. aktualisierte und erweiterte Auflage. Schnell und Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-5043-4.
  • Alexander Thon: Trushard von Kästenburg (vor 1178 – nach 1201). Legat, Podestà, Kämmerer und kaiserlicher Stellvertreter in Italien. In: Karl-Heinz Rothenberger (Hrsg.): Pfälzische Geschichte. 2., verb. Auflage. Band 1. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2002, ISBN 3-927754-43-9, S. 208–210.

Film

  • Wo die Demokraten träumten – das Hambacher Schloss. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 29:00 Min., Buch und Regie: Utz Kastenholz, Produktion: SWR, Reihe: Bekannt im Land, Erstsendung: 16. Juni 2013 bei SWR Fernsehen, Inhaltsangabe von ARD, online-Video aufrufbar bis zum 3. Oktober 2018.

Weblinks

Commons: Hambacher Schloss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kartendienst des Landschaftsinformationssystems der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz (LANIS-Karte) (Hinweise)
  2. Franz Xaver Remling: Die Maxburg bei Hambach. Mannheim 1844 (Digitalscan).
  3. Friedrich Jakob Dochnahl: Chronik von Neustadt a. d. Haardt, nebst den umliegenden Orten und Burgen. Neustadt 1867, S. 233 (Digitalscan).
  4. Restaurant 1832. In: hambacherschloss.eu, aufgerufen am 8. Oktober 2017.
  5. Fotogalerie: Einweihung Restaurantneubau am 28. April 2011. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) In: hambacher-schloss.de, 2011.
  6. dpa/mac: Architekturpreis für Umbau des Hambacher Schlosses. (PDF; 376 kB) In: Die Rheinpfalz / hambacher-schloss.de. 4. Januar 2013, abgerufen am 16. Juli 2014.
  7. Hinauf, hinauf zum Schloss! In: hambacher-schloss.de. Abgerufen am 8. Oktober 2017.
  8. Anton Lautner: Hambacher Schloss Marathon. „Hinauf Patrioten zum Schloss“. In: marathon4you.de, 1. April 2007, aufgerufen am 8. Oktober 2017.
  9. Hambacher-Schloss-Marathon. In: Die Rheinpfalz. Ludwigshafen 2. April 2007.
  10. a b Hambacher Fest • 2007. In: Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz. Abgerufen am 8. Oktober 2017 (siehe unter Downloads: Rede Weizsäckers in Hambach 26.5.2007).
  11. Die Rheinpfalz. Ludwigshafen 20. Juni 2007.
  12. N.N.: Schüler von Hambacher Fest der Jugend begeistert. Gelungene Mischung aus Geschichte und altersgemäßem Bühnenprogramm. In: Bezirksverband Pfalz, 21. Juni 2007, aufgerufen am 8. Oktober 2017, mit Fotoalbum zum Hambacher Fest der Jugend.
  13. swz: Hambacher Schloss ist „Europäisches Kulturerbe“. In: Die Rheinpfalz. Gesamtausgabe, Rubrik Südwestdeutsche Zeitung, 12. März 2015.
  14. Pressemitteilung: Europäisches Kulturerbe-Siegel. Hambacher Schloss – Symbol europäischer Demokratiegeschichte. In: Landesregierung Rheinland-Pfalz, 11. März 2015, aufgerufen am 8. Oktober 2017.