Hannes Miebach

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Hans Adalbert „Hannes“ Miebach (* 15. Januar 1902 in Köln; † 20. Januar 1934 in der Ostsee bei Warnemünde) war ein deutscher rechtsradikaler Aktivist und mehrfacher Mörder. Er verübte 1923 einen Mordanschlag auf Josef Smeets und war einer der Attentäter, die den Pfälzer Separatistenführer Heinz-Orbis im Januar 1924 in Speyer erschossen.

Leben und Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gebürtige Kölner Miebach war bereits früh ein glühender Nationalist. Im Jahr 1915 riss er als Dreizehnjähriger von Zuhause aus, um, es war die Zeit des Ersten Weltkriegs, nach Belgien zu gehen und sich dort der deutschen Feldtruppe anzuschließen. In seinem Schulzeugnis erhielt er daraufhin einen Verweis („weil er sich von Haus und Schule entfernt hat, um nach Beglien zu gehen“). Die Entwicklung ging hin zum gewaltbereiten nationalistischen Fanatiker.

Aus Sehnsucht nach dem während des Krieges verpassten Soldatenleben schloss Miebach sich 1919 oder 1920 einem der nach Kriegsende gebildeten Freikorpsverbände an. Im Jahr 1921 nahm er mit einem Freikorps an den deutsch-polnischen Grenzkämpfen in Oberschlesien während des sogenannten Dritten Oberschlesischen Aufstandes teil.

Um 1922 kam Miebach nach München, wo er sich der rechtsradikalen Geheimorganisation Organisation Consul des Kapitäns Hermann Ehrhardt anschloss. Im selben Jahr ist er als Teilnehmer am Deutschen Tag in Coburg nachweisbar.

Zum Hauptfeindbild von Miebach während der Nachkriegsjahre entwickelte sich bald die separatistische Bewegung in seiner westdeutschen Heimatregion, die damals Pläne verfolgte, die linksrheinischen Gebiete (die Pfalz) bzw. die westrheinischen Rheinlande vom Deutschen Reich abzutrennen und einen oder mehrere autonome Staaten in diesen Gebieten zu errichten. Die Anhänger und zumal die Führer dieser Bestrebungen galten Miebach als Verräter, die mit allen Mitteln ausgeschaltet werden mussten.

Aus dieser Gesinnung heraus drang Miebach im März 1923 in seiner Heimatstadt Köln in das Büro von Josef Smeets, der als führender Kopf der Separatistenbewegung in Köln galt, ein: Er schoss Smeets und dessen Schwager nieder. Der Schwager starb am Tatort, Smeets überlebte, wurde aber so schwer verwundet, dass er zwei Jahre später den Folgen seiner Schussverletzung erlag.[1][2] Nach seiner geglückten Flucht kehrte Miebach nach Bayern zurück, wo er in einer Einheit der Schwarzen Reichswehr untertauchte.

Nach der Auflösung der Schwarzen Reichswehr und dem gescheiterten Hitlerputsch vom November 1923 betätigte er sich wieder in der Organisation Hermann Ehrhardt.

Im Januar 1924 war Miebach an dem von Edgar Jung organisierten Attentat auf Wilhelm Heinz-Orbis beteiligt, den Anführer der Separatistenbewegung in der Pfalz und Präsident der von ihm ausgerufenen autonomen Pfälzer Republik, deren Anerkennung durch Frankreich zu dieser Zeit weithin erwartet wurde. Das Unternehmen lief in der Form ab, dass der etwa zwanzigköpfige Kommandotrupp den Rhein überquerte und sich nach Speyer begab, wo Heinz-Orbis und einige Getreue während einer Besprechung in dem Gasthaus Wittelsbacher Hof überrascht und niedergeschossen wurden. Dabei waren von vornherein Miebach und zwei weitere Männer, die Erhardts Organisation (die damals als Wiking-Bund firmierte) für das Unternehmen zur Verfügung gestellt hatte, als Vollstrecker des 'Todesurteils' vorgesehen, das die Anführer des antiseparatistischen Unternehmens gegen Heinz-Orbis verhängt hatten.

In den folgenden Jahren wurde Miebach zu einem der engsten Mitarbeiter von Hermann Ehrhardt.

Miebach starb im Januar 1934 als Flugzeugführer, als er bei einem Landungsmanöver bei Warnemünde in die Ostsee stürzte: Er konnte aus der geschlossenen Maschine nicht gerettet werden und ertrank.[3]

Er wurde auf dem Kriegsgräberfeld des Kölner Melaten-Friedhofs im Rahmen eines Staatsbegräbnisses beigesetzt.[4] Es war dies das erste Staatsbegräbnis, das jemals in Köln stattfand. Die Grabrede hielt Hermann Ehrhardt, während der Luftfahrtminister und Ministerpräsident von Preußen Hermann Göring einen riesigen Kranz schickte. Angehörigen der SA, SS und der Hitler-Jugend sowie des Stahlhelms standen mit trauerumflorten Fahnen Spalier auf dem Friedhof. 200 Männern der ehemaligen Brigade Ehrhardt folgten dem Sarg zur Grabstelle. Als höchste Staatsvertreter waren der Gauleiter Joseph Grohé, der Regierungspräsident Rudolf zur Bonsen und der Kölner Oberbürgermeister Riesen anwesend.[5][6][7]

1939 wurde die Luxemburger Glacis in Köln nach Miebach in Hannes-Miebach-Straße umbenannt. Die Umbenennung wurde 1945 rückgängig gemacht. In gleicher Weise wurde die Hannes-Miebach-Straße in Lindenthal 1958 in Offenbachstraße/Offenbachplatz umbenannt.[8]

Nach dem Urteil von Gräber und Spindler, den Verfassern einer Monografie über die „Pfalzbefreier“, war Miebachs Werdegang „recht typisch“ für die „aktivistische Rechtsradikalenszene aus den Anfangsjahren der Weimarer Republik“. Er sei ein Mensch gewesen, der zu einer „bürgerlichen Existenz [...] nie gefunden“ hatte, sondern „Kampf, Gefahr, Abenteuer“ gesucht und „das Leben eines Pistoleros“ in der Illegalität gelebt habe. Das geplante Attentat habe er mit den bezeichnenden Worten „Endlich wieder positive Arbeit!“ kommentiert.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gerhard Gräber/ Matthias Spindler: Die Pfalzbefreier. Volkes Zorn und Staatsgewalt im bewaffneten Kampf gegen den pfälzischen Separatismus 1923–24, 2005.
  • Anselm Weyer: Die Insel der Seligen. Köln 1918–1926. True Crime. Greven, Köln 2022, ISBN 978-3-7743-0949-4.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anselm Weyer: Die Insel der Seligen, S. 131–140.
  2. Helmut Frangenberg: True Crime.Köln. Attentat auf einen rheinischen Separatisten.
  3. Friedrich Wilhelm von Oertzen: Die deutschen Freikorps, 1918-1923, 1939, S. 494; Das Echo. Mit Beiblatt Deutsche Export Revue. Wochenzeitung Für Politik, Literatur, Export und Import, Bd. 53, 1934, S. 170.
  4. Hannes Miebach in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 19. März 2024 (englisch).
  5. Gräber/Spindler: Pfalzbefreier, S. 90.
  6. Anselm Weyer: Die Insel der Seligen, S. 131–140.
  7. Helmut Frangenberg: True Crime.Köln. Attentat auf einen rheinischen Separatisten.
  8. Historische Quellen im DaF-Unterricht, 2012, S. 161.
  9. Gräber/Spindler: Pfalzbefreier, S. 46f.